(sda) Organspende: Wer nach seinem Tod keine Organe spenden möchte, soll dies künftig explizit festhalten müssen. Angehörige sollen aber eine Organspende ablehnen können. Der Ständerat hat am Montag mit 31 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung der erweiterten Widerspruchslösung zugestimmt. Der Wechsel von der Zustimmungs- zur Widerspruchslösung sei ein europäischer Trend, erläuterte Paul Rechsteiner (SP/SG), Präsident der vorberatenden Gesundheitskommission. Die Vorlage steht der Volksinitiative "Organspende fördern - Leben retten" als indirekter Gegenvorschlag entgegen. Diese empfahl der Ständerat einstimmig zur Ablehnung. In der Vorlage gibt es noch ein paar Details zu klären. Darum ist wieder der Nationalrat am Zug. Heute gilt in der Schweiz bei der Organspende die Zustimmungslösung: Eine Organspende kommt nur dann infrage, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten einer Spende zugestimmt hat. Liegt keine Willensäusserung vor, müssen die Angehörigen entscheiden.

Tabakprodukte I: Im Tabakproduktegesetz gibt es weiterhin Differenzen zwischen den Räten. Umstritten ist zum Beispiel die Frage, ob etwa Mentholzigaretten verboten werden sollen. Der Nationalrat hat sich zu Beginn der Herbstsession dafür ausgesprochen, dass Zutaten in Tabakprodukten verboten werden sollen, die das Abhängigkeitspotenzial erhöhen oder die Inhalation erleichtern. Das betrifft eben etwa Mentholzigaretten. Ein Mentholverbot würde dazu führen, dass rund 25 Prozent der in der Schweiz hergestellten Produkte nicht mehr produziert werden könnten, sagte Damian Müller (FDP/LU) von der Wirtschaftskommission. Das hätte weitreichende wirtschaftliche Folgen. Der Rat folgte seinem Votum und strich das Verbot. Das Geschäft geht zurück in den Nationalrat.

Tabakprodukte II: Das Parlament hält nichts von einem totalen Verbot von Tabakwerbung zum Schutz der Kinder und Jugendlichen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat der entsprechenden Volksinitiative eine Absage erteilt. Der Ständerat empfiehlt sie mit 27 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung zur Ablehnung. Das Geschäft geht in die Schlussabstimmung. Die Initiative geht sowohl Bundesrat als auch dem Parlament zu weit. Die Mehrheit des Ständerats ist zudem der Ansicht, dass mit der Revision des Tabakproduktegesetzes ein guter Kompromiss in Sichtweite sei. Die Revision befindet sich im Differenzbereinigungsverfahren. Das Volksbegehren fordert ein lückenloses Verbot für Tabakwerbung, die Kinder oder Jugendliche erreicht.

Filmförderung: Der Ständerat hat die letzten Differenzen zum Nationalrat beim neuen Filmgesetz, auch "Lex Netflix" genannt, ausgeräumt. Das Geschäft ist bereit für die Schlussabstimmung. Mit dem Gesetz werden Streaming-Plattformen wie Netflix, Amazon oder Disney verpflichtet, jährlich vier Prozent ihrer Einnahmen in der Schweiz in das Schweizer Filmschaffen zu investieren. Wer diese Investitionspflicht im Mittel innerhalb von vier Jahren nicht erfüllt, schuldet dem Bundesamt für Kultur (BAK) eine Ersatzabgabe, die dann wieder ins unabhängige Schweizer Filmschaffen fliessen soll.

Coronavirus - Schweiz: Bei Grenzschliessungen in Folge der Corona-Pandemie soll die Reisefreiheit und Mobilität der Grenzgänger nicht eingeschränkt werden. Der Ständerat hat mit 29 zu 7 Stimmen einen Vorstoss angenommen, der verlangt, das Epidemiengesetz entsprechend abzuändern. Der Bundesrat argumentierte, das Anliegen sei bereits in das Covid-Gesetz aufgenommen worden und deshalb erfüllt. Innenminister Alain Berset erklärte, es sei nicht notwendig, das Epidemiengesetz zu ändern. Es gebe keinen Handlungsbedarf, weil das System ja funktioniere. "Das bedeutet nicht, dass das Anliegen nicht wichtig ist", schloss Berset. Die Motion geht an den Nationalrat.

Gesundheit: Patientinnen und Patienten, die sich bei einer Hospitalisierung für ein günstiges Spital entscheiden, sollen nicht finanziell belohnt werden. Die FDP-Fraktion verlangte mit einer Motion, dass die finanzielle Belohnung in Form eines Prämienrabatts, einer Aufhebung der Kostenbeteiligung oder anderer Erleichterungen erfolgen. Der Ständerat hat eine Motion, die diese Entlastung verlangte, stillschweigend abgelehnt. Der Nationalrat hatte sich für das Anliegen ausgesprochen.

Freihandelsabkommen: Der Ständerat hat eine Standesinitiative des Kantons Neuenburg ohne Gegenstimme abgelehnt. Der Kanton fordert, dass das Parlament bei der Genehmigung der Ratifikation des Freihandelsabkommens mit den Mercosur-Staaten prüft, ob es dem fakultativen Referendum unterstellt werden soll. Der Bundesrat hatte bereits zugesichert, dass dies der Fall sein soll. Es entspreche der neuen Praxis in Bezug auf Standardabkommen. Die Kommission erwarte, dass der Bundesrat an dieser neuen Praxis festhalte, hielt diese fest. Aus diesem Grund sei das Anliegen bereits erfüllt. Das Geschäft geht an den Nationalrat.

Steuern: Der Ständerat hat einer Genfer Standesinitiative einstimmig eine Absage erteilt. Diese verlangt, dass Unterhaltsbeiträge an erwachsene Kinder bis zu deren 25. Altersjahr steuerpflichtig respektive abzugsfähig bleiben, sofern sich das Kind noch in Ausbildung befindet. Die Gesellschaft habe sich verändert und die Kinder bräuchten länger die Unterstützung ihrer Eltern, begründet der Kanton Genf sein Anliegen. Heute sind die Unterhaltsbeiträge nur bis zum 18. Altersjahr abzugsfähig. Die vorberatende Kommission des Ständerats sei sich der Schwierigkeiten bewusst, die mit den steigenden Unterhaltskosten für erwachsene Kinder in Ausbildung einhergehen, sagte deren Sprecher Erich Ettlin (Mitte/OW). Die geforderte Änderung sei aber keine zufriedenstellende Lösung. Das Geschäft geht an den Nationalrat.

Spitäler: Mit einer gesetzlichen Grundlage will das Parlament sicherstellen, dass zu Lernzwecken dokumentierte Ereignisse in Spitälern nicht von Gerichten verwendet werden können. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine Motion von Ruth Humbel (Mitte/AG) ohne Gegenstimme angenommen. Gemäss zwei Bundesgerichtsurteilen dürfen Richter bei Haftpflichtverfahren auf Lernsysteme zugreifen. Dass Krankenakten in Rechtsverfahren beigezogen werden, ist unbestritten. Können Fehlermeldungen für allfällige Sanktionen verwendet werden, werde damit aber die Vertraulichkeit und Anonymität untergraben, argumentierte Humbel. Die Spitäler befürchten, dass dadurch weniger Lernberichte erfasst werden. Der Vorstoss geht an den Bundesrat zur Ausarbeitung. Dieser lehnt die Motion ab. Er wollte zuerst ein Gutachten analysieren lassen, bevor er sich weitere Schritte überlege.

Vaterschaftsurlaub: Kantone sollen nicht die Kompetenz erhalten, Bestimmungen zum Eltern- und Vaterschaftsurlaub zu erlassen. Der Ständerat hat mit 25 zu 13 Stimmen bei einer Enthaltung eine Standesinitiative des Kantons Jura abgelehnt, die eine solche rechtliche Kompetenz forderte. Auf Bundesebene ist der Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen eingeführt worden. Der Kantone Jura wollte, dass die Kantone die Kompetenz erhalten, grosszügigere Regelungen und Modalitäten vorzusehen. Das Geschäft geht an den Nationalrat.

Die Traktanden des Ständerats für Dienstag, 21. September (08:15 bis 13:00):

Bern Pa. Iv. Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung (17.400)
Motion Verbesserung der Steuergerechtigkeit im Warenfluss des kleinen Grenzverkehrs (19.3975)
Kt. Iv. St. Gallen. Keine Subventionierung des Einkaufstourismus (18.300)
Kt. Iv. Thurgau. Beseitigung der Wertfreigrenze im Einkaufstourismus (18.316)
Motion Formen mobilen Arbeitens. Es braucht eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen (20.4010)
Motion Jährliches Reporting Personalmanagement für die Bundesverwaltung. Die Zahlen zur Mehrsprachigkeit (19.3153)
Motion Einheitssatz für die Mehrwertsteuer (21.3444)
Motion Zusatzausschüttungen der SNB dem Amortisationskonto gutschreiben (21.3603)
Kt. Iv. Genf. Solidarität der OKP-Versicherer gegenüber der Schweizer Bevölkerung in Sachen Covid-19-Tests (20.318)
Kt. Iv. Genf. Solidarität der Krankenversicherungen (KVG) mit den Covid-19-Opfern (20.337)
Pa. Iv. Präzisierung des Missbrauchsbegriffs in der Versicherungsaufsicht (17.409)
Kt. Iv. Jura. Gewinne aus den Direktinvestitionen der SNB zurück an die Schweizer Bevölkerung (20.326)
Kt. Iv. Zug. Verbot von Gewaltvideospielen (10.302)
Kt. Iv. Freiburg. Verbot von Gewaltvideospielen (09.332)
Kt. Iv. Tessin. Revision von Artikel 135 StGB (09.314)
Kt. Iv. St. Gallen. Gegen Killerspiele für Kinder und Jugendliche. (09.313)
Kt. Iv. St. Gallen. Revision des Strafgesetzbuches (08.334)
Kt. Iv. Bern. Verbot von Killerspielen (08.316)