Tabakprodukte: Das Parlament hat sich auf ein Tabakproduktegesetz mit neuen Werbe - und Sponsoringvorschriften geeinigt. Der Nationalrat hat die letzten Differenzen in der Vorlage bereinigt. Der letzte Akt bei den Beratungen stand sinnbildlich für die jahrelange Diskussion über das Gesetz: Die Ratslinke versuchte zusammen mit der GLP einen restriktiveren Umgang mit Tabakprodukten durchzusetzen, scheiterte aber. Der Nationalrat wollte schliesslich nichts von einem Verbot von Mentholzigaretten wissen und folgte somit dem Ständerat. Aus Sicht der Linken ist die gesamte Vorlage eine "Alibiübung". Sie setzen auf die Tabakwerbeverbotsinitiative, die voraussichtlich im nächsten Jahr zur Abstimmung kommt. Initiative und Gegenvorschlag sind bereit für die Schlussabstimmung.
Organspende: Wer nach seinem Tod keine Organe spenden möchte, soll dies künftig explizit festhalten müssen. Angehörige sollen aber eine Organspende ablehnen können. Der Nationalrat hat die letzten Details der erweiterten Widerspruchslösung geklärt. Damit ist der indirekte Gegenvorschlag zur Volksinitiative "Organspende fördern - Leben retten" bereit für die Schlussabstimmung. Die Volksinitiative empfehlen Bundesrat und Parlament zur Ablehnung. Es ist wahrscheinlich, dass es zu keinem Urnengang kommt, weil die Initiative zurückgezogen werden dürfte.
Versicherungen: Nach dem Ständerat hat sich auch der Nationalrat für die Einführung einer schweizweiten Erdbebenversicherung ausgesprochen - mit 108 zu 76 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Im Zentrum steht eine Lösung mit einer Eventualverpflichtung für Hausbesitzer. Diese Lösung hatte die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (Urek-S) vorgeschlagen. Nach dem Ja beider Räte zu einem entsprechenden Vorstoss ist nun der Bundesrat am Zug. Er soll gemäss Motionstext die verfassungsrechtlichen und/oder gesetzlichen Grundlagen für die Schaffung einer landesweiten Erdbebenversicherung mittels einem System der Eventualverpflichtung schaffen. Bisher sind alle Pläne für eine nationale Versicherungslösung gescheitert.
Familienbesteuerung: Der Nationalrat will neben dem höheren Steuerabzug für extern betreute Kinder an keinen weiteren Schrauben drehen. Im Gegensatz zum Ständerat lehnt er eine Erhöhung des Elterntarifes von 251 auf 300 Franken pro Kind ab. Das hat die grosse Kammer mit 112 zu 79 Stimmen entschieden. SP, Grüne, FDP und GLP wehrten sich gegen den zusätzlichen Steuerabzug für Kinder. SVP und Mitte wollten dem Ständerat folgen und die Vorlage - zu Gunsten aller Familien - ergänzen. Dies würde jährliche Mindereinnahmen von rund 69 Millionen Franken bedeuten. Über die Frage des Elterntarifes muss nun noch einmal der Ständerat befinden. Bereits einigen konnten sich die Räte darauf, dass Eltern für Kinderbetreuungskosten künftig bis zu 25'000 Franken statt wie heute 10'100 Franken von der direkten Bundessteuer abziehen können.
Bundesfinanzen: Das Parlament hat verschiedenen Nachtragskrediten im Umfang von 411 Millionen Franken zugestimmt. Der Bundesrat beantragte das Geld unter anderem für den Bahninfrastrukturfonds (BIF), für Mehrausgaben der Corona-Pandemie und Massnahmen gegen den Klimawandel. Nach dem Ständerat hiess auch der Nationalrat die Nachtragskredite gut - mit 155 zu 39 Stimmen respektive 153 zu 41 Stimmen. Damit ist die Vorlage bereinigt. An den BIF gehen 233 Millionen Franken. 102 Millionen Franken sind etwa dafür bestimmt, um die Verluste bei den weggefallenen Bahntrassee-Einnahmen auszugleichen, wie Finanzminister Ueli Maurer sagte. 164 zusätzliche Millionen Franken fallen zur Bewältigung der Corona-Pandemie an.
Immobilien: Der Nationalrat hat die Immobilienbotschaft 2021 ohne Gegenstimme gutgeheissen. Damit genehmigte er Kredite in Höhe von knapp 365 Millionen Franken. Die grössten Posten sind ein neues Schwimmsportzentrum in Tenero TI und ein Neubau im Verwaltungszentrum in Zollikofen BE. Grösstes Einzelvorhaben ist der Ersatzneubau des Schwimmzentrums in Tenero TI. Für ihn sind 91,8 Millionen Franken veranschlagt. Mit dem Neubau werden ideale Bedingungen für Breiten- und Spitzensport im Sommer und Winter geschaffen. Das Geschäft geht nun an den Ständerat.
Vereine: Mehr gemeinnützige Sport- und Kulturvereine sollen von der Mehrwertsteuer befreit werden. Der Nationalrat hat eine entsprechende Vorlage seiner Wirtschaftskommission angenommen. Demnach soll die geltende Umsatzlimite von 150'000 auf 200'000 Franken erhöht werden. Der Nationalrat stimmte der Änderung des Mehrwertsteuergesetzes mit 170 zu 15 Stimmen bei 3 Enthaltungen zu. Die Mehrwertsteuer stelle für gemeinnützige Sport- und Kulturvereine einen erheblichen finanziellen und administrativen Aufwand dar, der Ressourcen binde, die nicht für die Erfüllung der Aufgaben dieser Organisationen genutzt werden könnten, sagte Kommissionssprecherin Daniela Schneeberger (FDP/BL). Die Vorlage geht nun an den Ständerat. Der Bundesrat lehnt das Ansinnen ab.
Steuern: Umweltfreundliche Investitionen in Neubauten sollen schneller von den Steuern abgezogen werden können. Nach dem Ständerat und dem Bundesrat ist auch der Nationalrat damit einverstanden, die sogenannte Karenzfrist zu verkürzen. Die grosse Kammer hat als Zweitrat einen entsprechenden Vorstoss von Roberto Zanetti (SP/SO) diskussionslos angenommen. Heute dürfen umweltfreundliche Investitionen in Neubauten erst nach fünf Jahren von den Steuern abgezogen werden. Mit der Motion wird der Bundesrat beauftragt, die rechtlichen Grundlagen für eine Verkürzung der Karenzfrist zu schaffen. Dies soll Investitionsanreize schaffen. Zudem soll die unterschiedliche Handhabung der Kantone harmonisiert werden.
Schönheitsmedizin: Hyaluronsäure und Botox sollen künftig nur noch Ärztinnen und Ärzte spritzen dürfen, die entsprechend ausgebildet sind und über eine Haftpflichtversicherung verfügen. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion von Ruth Humbel (Mitte/AG) mit 96 zu 92 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen. Der Schutz der Patientinnen und Patienten sei heute ungenügend, so die Motionärin. Viel werde gepfuscht, weil nicht medizinisch ausgebildete Personen die Mittel vorschriftswidrig anwendeten. Für die Schäden kämen dann die Prämienzahler auf. Der Bundesrat ist der Meinung, dass die geltenden gesetzlichen Grundlagen genügen. Der Vorstoss geht an den Ständerat.
Jugendmedizin: Der Bundesrat muss die Erarbeitung einer nationalen Strategie zur Stärkung der Kinder- und Jugendmedizin prüfen. Diesen Auftrag hat ihm der Nationalrat mit 113 zu 77 Stimmen bei einer Enthaltung erteilt. Ruth Humbel (Mitte/AG) begründete ihren Vorstoss namentlich mit der drohenden Unterversorgung bis 2025 in verschiedenen Regionen der Schweiz. Zudem gebe es Mängel im Tarifsystem, Versorgungsengpässe bei Arzneimitteln und Zuständigkeitsstreitigkeiten bezüglich Vorleistungen unter den Versicherern.
Lebensmittel: Der Nationalrat verlangt vom Bundesrat eine Anpassung des Rechts, um das Schweizer Brot zu schützen. Die Regierung soll insbesondere ein Label einführen, das angibt, dass das angebotene Brot in der Schweiz und aus Schweizer Mehl hergestellt wird. In diesem Sinn hat der Rat eine Motion von alt Nationalrat Carlo Sommaruga (SP/GE) mit 107 zu 74 Stimmen bei 7 Enthaltungen angenommen. Immer mehr kleine Bäckereien in der Schweiz seien von Importbrot aus industrieller Produktion bedroht. Ein Label könne hier wieder Wettbewerbsgleichheit herstellen, argumentierte die Mehrheit. Der Vorstoss geht an den Ständerat.
Demenz: Die über 146'000 an Demenz erkrankten Menschen in der Schweiz sollen ihre spezifischen Pflegeleistungen ebenfalls über die Krankenkasse abrechnen können. Der Nationalrat hat gegen den Willen des Bundesrats einer Motion von alt Nationalrätin Maya Graf (Grüne/BL) mit 136 zu 46 Stimmen bei 10 Enthaltungen zugestimmt, die eine entsprechende Anpassung der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) verlangt. Die Finanzierung der Betreuung und spezifischen Leistungen sei nach wie vor nicht sichergestellt. Das Parlament habe bereits die Übernahme von Palliative Care gutgeheissen, eine Anpassung der KLV zugunsten der Demenzkranken sei deshalb nur logisch, argumentierte die Mehrheit. Die Motion geht an den Ständerat.
Bundesbetriebe: Der Nationalrat verlangt vom Bundesrat niedergeschriebene und klar definierte Grundlagen in der Führung von bundesnahen Betrieben, etwa für die Wahl von Verwaltungsräten. Er hat eine entsprechende Motion der FDP-Fraktion mit 95 zu 86 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen - gegen den Willen der Regierung sowie der Fraktionen von SP, Grünen und Mitte. Klarere Verantwortlichkeiten seien in der heutigen Betrachtung der Corporate-Governance-Regeln zwingend, argumentierte Peter Schilliger (FDP/LU) erfolgreich - gerade weil der Bundesrat eine Mehrfachrolle als Regulator, Aufsichtsstelle, Eigentümervertreter und Auftraggeber einnehme. Die Motion geht an den Ständerat.
Die Traktanden des Nationalrats für Donnerstag, 23. September (08:00 bis 13:00):
Bern |
Verlängerung des Gentech-Moratoriums (21.049; 29.3980) |
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Parlamentarische Vorstösse aus dem Uvek |
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Standesinitiativen GE, SG, LU, VS, FR, BE, BS, NE, BL für die Einführung einer Flugticketabgabe (19.304; 19.305; 19.310; 19.314; 19.315; 19.319; 19.307; 19.317; 19.319) |
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Standesinitiative GE für höhere Strafen für Sexualdelikte (19.301) |
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Standesinitiative BE für Finanzdatenaustausch im Inland (19.316) |
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Standesinitiative GE für eine Senkung um 50 Prozent des Einfuhrkontingents für ausländische Weine (20.303) |
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Standesinitiative GE für Verhinderung der Überwachung von chinesischen Minderheiten in der Schweiz (20.338) |
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Parlamentarische Initiativen 1. Phase (gebündelte Abstimmungen um circa 12:45) |