(sda) Landwirtschaft: Der Nationalrat hat das Moratorium für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in der Landwirtschaft um weitere vier Jahre bis Ende 2025 verlängert. Er hat die entsprechende Botschaft des Bundesrates am Donnerstag mit 144 zu 27 Stimmen bei 19 Enthaltungen gutgeheissen. Das Geschäft geht an den Ständerat. Die Befürworter der Verlängerung des Moratoriums betonten unisono, das Moratorium betreffe die Forschung ausdrücklich nicht. Zudem erhalte man damit mehr Zeit, um in vier Jahren faktenbasierte Entscheidungen über das weitere Vorgehen in dieser komplexen Thematik fällen zu können. FDP und GLP stellten vergeblich Anträge für die Entbindung der neuen gentechnischen Verfahren wie der Genom-Editierung vom Moratorium. Das Moratorium besteht seit 2005 nach dem Ja zu einer Volksinitiative. Es soll nun bereits zum vierten Mal verlängert werden.

Klima: Der Nationalrat hat neun Standesinitiativen abgelehnt, die die Einführung einer CO2-Abgabe auf Flugtickets, einer nationalen Kerosinsteuer oder beides verlangen. Der Rat will die klimapolitischen Massnahmen im Flugverkehr stattdessen umfassend diskutieren. SP und Grüne stimmten jeweils für die Initiativen. Stimmen kamen aber auch aus der Mitte. Eine Mehrheit befand jedoch, dass nach dem Nein zum CO2-Gesetz, das eine Flugticketabgabe beinhaltete, ein solcher Schritt nicht angebracht sei. Weil der Ständerat die Initiativen zuvor schon ablehnte, haben sich die Vorstösse mit dem Entscheid des Nationalrats erledigt.

Ratsbetrieb: Der Nationalrat solle weiterhin papierlos funktionieren. Der Rat hat einer parlamentarischen Initiative von Sidney Kamerzin (Mitte/VS) mit 101 zu 72 Stimmen bei 9 Enthaltungen zugestimmt, die das papierlose Parlament im Nationalrat zum Normalzustand erklärt. Eingeführt worden war das Prinzip des papierlosen Parlaments im Mai 2020 im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Nun wird das Geschäftsreglement des Nationalrats entsprechend angepasst. Diese Regelung gilt nicht für den Ständerat.

Steuern: Wenn Banken kantonalen Steuerbehörden Auskünfte erteilen, soll dies weiterhin unter Strafe stehen. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat eine Standesinitiative des Kantons Bern abgelehnt, die einen solchen Informationsaustausch verlangte. Mit den Kantonen soll nicht wie mit dem Ausland ein Finanzdatenaustausch in Steuerfragen eingeführt werden. Der Nationalrat lehnte die Initiative mit 97 zu 81 Stimmen ab - gegen den Willen von SP und Grünen.

Wolf: Der Bund soll mehr an die Kosten der Schäden bezahlen, die durch Wildtiere wie der Wolf entstehen. Der Nationalrat hat einer entsprechenden Motion von Fabio Regazzi (Mitte/TI) mit 106 zu 85 Stimmen bei 3 Enthaltungen zugestimmt. Bundesrätin Simonetta Sommaruga argumentierte vergebens, dass im Jagdgesetz festgelegt sei, dass der Bund 80 Prozent der Schäden übernehme. Um dies zu ändern müsste eine Motion zu diesem Gesetz eingereicht werden. Die Motion geht an den Ständerat.

Blaulichtorganisationen: Das Verkehrssicherheitsprogramm Via sicura soll so angepasst werden, dass Blaulichtorganisationen im Einsatz auch in den Zonen mit Tempolimit 30 in der Nacht ihrer Arbeit nachkommen könnten - ohne dass sie unverhältnismässige und ungerechtfertigte Strafen fürchten müssten. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion von Olivier Feller (FDP/VD) mit 172 zu 20 Stimmen angenommen. Der Vorstoss geht an den Ständerat.

Fotovoltaik: Der Bundesrat muss gemeinsam mit den Kantonen dafür sorgen, dass die Dächer auf allen Neubauten auf der geeigneten Seite mit Sonnenkollektoren statt mit herkömmlichen Ziegeln gedeckt werden. Der Nationalrat hat in diesem Sinne eine Motion von Jacques Bourgeois (FDP/FR) mit 191 zu 1 Stimme bei 2 Enthaltungen angenommen. Der Bundesrat werde sich "im Rahmen seiner Kompetenzen" dafür einsetzen, versprach Umweltministerin Simonetta Sommaruga. Die Hoheit in diesem Bereich liege nämlich bei den Kantonen. Auch bei der verlangten steuerlichen Privilegierung von Solaranlagen auf Neubauten müsse man genau hinschauen, um eine rechtsungleiche Behandlung mit anderen Umweltschutzmassnahmen zu verhindern. Das Geschäft geht an den Ständerat.

Sexualstrafrecht: Eine Standesinitiative des Kantons Tessin, die höhere Strafen für Sexualdelikte verlangt, ist vom Tisch. Nach dem Ständerat hat ihr auch der Nationalrat mit 123 zu 55 bei 2 Enthaltungen keine Folge gegeben. Grund dafür sind die laufenden Arbeiten am Sexualstrafrecht. Der Ständerat hat vom Bundesrat bereits eine entsprechende Revision bestellt. Dabei geht es neben höheren Strafen auch um die Umschreibung der Straftat der Vergewaltigung. Es bestehe somit kein Bedarf für ein weiteres Gesetzgebungsprojekt, sagte Kommissionssprecherin Sibel Arslan (Grüne/BS). Der Strafrahmen könne im Rahmen der hängigen Revision geprüft und eventuell angepasst werden. Die Vorlage soll nächstes Jahr vom Parlament behandelt werden.

Güterverkehr: Der Nationalrat hat den Bundesrat damit beauftragt, eine Studie zur Zukunft des alpenquerenden Güterverkehrs zu erstellen. Der Bericht zu den Vorhersagen für die nächsten 20 bis 30 Jahre soll aktualisiert werden. Dabei sollen die neuen geopolitischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten, die neuen Transeuropäischen Verkehrskorridore (TEN-T), die derzeit gebaut werden, die neue Seidenstrasse zwischen China und Europa sowie weitere sozioökonomische Entwicklungen berücksichtigt werden. Der Bundesrat erklärte sich bereit, das Postulat von SP-Nationalrat Bruno Storni (TI) entgegenzunehmen. Das Postulat wurde von der SVP bekämpft. Es wurde schliesslich mit 172 zu 20 Stimmen an den Bundesrat überwiesen.

Wein: Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat einer Genfer Standesinitiative aus formalen und inhaltlichen Gründen keine Folge gegeben, die verlangt, das Importkontingent für ausländische Weine um 50 Prozent zu senken. Begründet wird die Initiative unter anderem damit, dass der Weinkonsum in der Schweiz seit Jahrzehnten zurückgeht. Die Initiative fordert die Unterstützung einer Motion aus dem Nationalrat, die verlangt, dass der Bundesrat entsprechende Verhandlungen mit der Welthandelsorganisation WTO führen soll. Die Kontingente gelten seit über 30 Jahren. Die Unterstützung einer anderen Motion widerspreche dem Zweck einer Standesinitiative, befand die Ratsmehrheit. Man dürfe kantonale Parlamente mit einer Annahme der Initiative nicht dazu ermutigen, sagte Kommissionssprecherin Prisca Birrer-Heimo (SP/LU).

Energie: Der Bundesrat solle die Netzregulieren an die Bedürfnisse der neuen Strukturen anpassen. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion von GLP-Nationalrat Jürg Grossen (BE) mit 141 zu 53 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Mit diesem Schritt sei eine effiziente und intelligente Integration der dezentralen erneuerbaren Stromproduktion, insbesondere Fotovoltaik und Speicher, ins Energiesystem möglich. Der Bundesrat wird mit der Motion beauftragt, dem Parlament im Rahmen der Revision des Stromversorgungsgesetz gesetzliche Änderungen zu unterbreiten. Das Geschäft geht an den Ständerat.

Die Traktanden des Nationalrats für Montag, 27. September (14:30 bis 19:00):

Bern Fragestunde (bis 15:30)
Änderung Innovationsförderung, Differenzen (21.026)
Motion zur Modernisierung des Freihandelsabkommens mit China (21.3966)
Genehmigung Prümer Abkommen - Informationsaustausch für Kriminalitätsbekämpfung mit EU und USA (21.027)
Vorlage zur kostenlosen Einsicht in amtliche Dokumente, Eintreten (16.432)
Motion zur Reform der lebenslangen Freiheitsstrafe (20.4465)
Motion zu Rückführungsabkommen mit Algerien (20.4477)
Motion zur Änderung der Lex Koller (21.3598)
Postulat zu Cybermobbing im Strafgesetzbuch (21.3969)
Parlamentarische Vorstösse aus dem EJPD, Fortsetzung (gebündelte Abstimmungen um circa 18:45)