(sda) Ukraine: Der Nationalrat fordert in einer Erklärung einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine. Den "völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der politischen und militärischen Führung Russlands gegen die Ukraine" verurteilt der Nationalrat gemäss dem Text zudem "aufs Schärfste". Er verabschiedete seine Erklärung zu Beginn der Frühjahrssession, gegen den Willen eines Teils der SVP-Fraktion. Die Behandlung der Erklärung im Nationalrat verfolgte eine Zweierdelegation der ukrainischen Botschaft auf der Tribüne im Saal mit. Das Geschäftsreglement des Nationalrats erlaubt es der grossen Kammer, "zu wichtigen Ereignissen oder Problemen der Aussen- oder Innenpolitik" eine Erklärung abzugeben. Rechtlich bindend sind derartige Erklärungen für die Landesregierung nicht, sie sind aber politisch bedeutsam.

Gesundheit: Der Nationalrat will nun doch ein Monitoring mit Korrekturmöglichkeiten im Gesundheitswesen. Daran beteiligen sollen sich alle Leistungserbringer, auch die Kantone sollen einbezogen werden. Der Rat kam am Montag auf einen bereits in beiden Räten gefällten Beschluss im Rahmen der Vorlage zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen zurück. Denn beide Kammern hatten diese vom Bundesrat beantragte Kostensteuerung 2021 mit knappen Mehrheiten aus der Vorlage gestrichen. Der Nationalrat entschied nun aber erneut, weil die vorberatende Kommission auf diesen früheren Entscheid zurückgekommen war, die Mehrheit aber schliesslich doch beantragte, den Passus wegzulassen. Doch mit 103 zu 87 Stimmen und bei fünf Enthaltungen setzte sich die Minderheit durch. Die Vorlage geht wieder an den Ständerat.

Schweiz -Tunesien: Das Parlament hat dem Abkommen über soziale Sicherheit mit Tunesien zugestimmt. Der Nationalrat hiess es als Zweitrat gut, gegen den Willen der SVP-Fraktion. Die grosse Kammer fällte ihren Entscheid mit 134 zu 54 Stimmen ohne Enthaltung. Das Geschäft ist damit bereit für die Schlussabstimmung. Das Abkommen koordiniert die Alters-, Hinterlassenen- und Invaliditätsvorsorge der beiden Staaten und regelt die Auszahlung von Renten ins Ausland. Die SVP-Fraktion hatte auf das Abkommen nicht eintreten wollen, blieb mit einem entsprechenden Antrag aber ohne Erfolg.

Sozialversicherungen: Der Bundesrat soll nach dem Willen des Nationalrats die Schaffung einer öffentlich-rechtlichen Sozialversicherungsanstalt prüfen. Die grosse Kammer hat einer entsprechenden Motion seiner Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-N) zugestimmt. Der Nationalrat fällte seinen Entscheid oppositionslos. Aufgabe der neuen öffentlich-rechtlichen Bundesanstalt wäre, die Tätigkeiten des Bundes in den Bereichen AHV, IV und Erwerbsersatz (EO) zu beaufsichtigen. Heute sind mit der Aufsicht sowohl die Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS) als auch Compenswiss, der Ausgleichsfonds von AHV, IV und EO, betraut.

Vereidigungen: Der Nationalrat hat zwei neue Mitglieder. Benjamin Fischer (SVP/ZH) und Raphaël Mahaim (Grüne/VD) haben den Amtseid respektive das Amtsgelübde abgelegt. Betriebsökonom Fischer ist Parteipräsident der SVP des Kantons Zürich und ersetzt Hans-Ueli Vogt, der Ende 2021 zurücktrat. Vogt war sechs Jahre lang Nationalrat. Der promovierte Jurist und Anwalt Mahaim ist Nachfolger von Daniel Brélaz, der 1979 als erster Grüner in den Nationalrat gewählt worden war. Damit war Brélaz auch der erste grüne Parlamentarier Europas.

Digitalisierung: Der Bundesrat soll einen elektronischen Impfausweis ausarbeiten. Für die Erstellung sollen die Erfahrungen mit dem Covid-Zertifikat genutzt werden. Der Nationalrat stimmte einer entsprechenden Motion mit 141 zu 41 Stimmen bei drei Enthaltungen zu. Die Covid-Krise habe eindrücklich gezeigt, wie wichtig die Digitalisierung sei, sagte Motionär Marcel Dobler (FDP/SG). Es sei wohl klar, dass ein elektronisches Impfbüchlein, das jederzeit verfügbar sei, sinnvoll sei. Dieses solle aber freiwillig sein und ein papierner Impfausweis weiterhin möglich sein. Jean-Luc Addor (SVP/VS) stellte sich dem Anliegen entgegen. Das Covid-Zertifikat sei ein Zeichen der Diskriminierung gewesen, sagte er. Es stelle sich die Frage, ob sich das nicht wiederholen werde. Die Motion geht an den Ständerat.

Tierschutz: Der Nationalrat will ein Importverbot für Stopfleber. Er hat eine entsprechende Motion von Martin Haab (SVP/ZH) mit 119 zu 61 Stimmen bei 9 Enthaltungen angenommen. Der Vorstoss geht in den Ständerat. Nur noch in Ländern wie Frankreich, Ungarn oder Bulgarien sei die umstrittene Praxis noch üblich, sagte Haab. Die Gänse und Enten erlitten durch das Stopfen enorme und unnötige Qualen. Der Bundesrat hält nichts von einem Importverbot, arbeitet aber an einer obligatorischen Deklaration für ausländische Erzeugnisse, die nach Methoden produziert werden, die in der Schweiz verboten sind. Die Konsumentinnen und Konsumenten könnten sich so jederzeit über die Rahmenbedingungen der Herstellung informieren. Es sei sachgerechter, die transparente Deklaration sicherzustellen, damit die Konsumenten einen informierten Kaufentscheid treffen könnten.

Die Traktanden des Nationalrates für Dienstag, 1. März (08.00 bis 13.00):

Bern Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes, Differenzen (20.078)
Coronavirus: Nachtragskredite zum Voranschlag 2022
Abkommen mit Italien zur Besteuerung von Grenzgängern (21.056)
Doppelbesteuerungsabkommen mit Nordmazedonien und Japan (21.073 und 21.074)
Parlamentarische Vorstösse aus dem EFD (gebündelte Abstimmungen ca. 12.45 Uhr)