(sda) Armee: Das Parlament will ein Cyber-Kommando und eine neue Militärluftfahrtbehörde schaffen. Der Ständerat hat am Dienstag als Zweitrat die entsprechenden Gesetzesänderungen gutgeheissen. Darin werden auch die Armeeeinsätze für zivile Anlässe gesetzlich geregelt. Die Revision des Militärgesetzes und der Armeeorganisation sind damit bereit für die Schlussabstimmungen. Wer sich von der Dienstpflicht befreien will, muss neu hauptamtlich im zivilen Gesundheitswesen tätig sein, heisst, zu mindestens 80 Prozent. Kernstück der Revision ist die Schaffung eines Cyber-Kommandos mit 575 Angehörigen. Das Kommando soll künftig die militärischen Schlüsselfähigkeiten in den Bereichen Lagebild, Cyber-Abwehr, IKT-Leistungen, Führungsunterstützung, Kryptologie und elektronische Kriegsführung bereitstellen.

Kriegsverbrechen: Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) soll künftig das Aushungern der Zivilbevölkerung auch in innerstaatlichen Konflikten ahnden. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat den Bundesbeschluss über die Änderung des sogenannten Römer Statuts ohne Gegenstimme angenommen. Das Geschäft ist damit bereit für die Schlussabstimmungen. Die Ergänzung des Römer Statuts geht auf einen Vorschlag der Schweiz zurück. Im Dezember 2019 erklärten die Vertragsstaaten des ICC die verbreitete Kriegsmethode des Aushungerns der Zivilbevölkerung in Bürgerkriegen zum Kriegsverbrechen. Zuvor war dies nur für Kriege zwischen Staaten der Fall. Zurzeit gibt es laut Aussenminister Ignazio Cassis 123 ICC-Vertragsstaaten.

Ukraine: Das Schweizer Parlament fordert, dass die kriegerischen Handlungen in der Ukraine enden. In Erklärungen fordern National- und Ständerat von den Konfliktparteien einen sofortigen Waffenstillstand und verurteilen das Vorgehen Russlands scharf. Ratsmitglieder der Fraktionen Mitte, FDP, SP und Grünen beantragten im Ständerat, denselben Text zu beschliessen wie am Vortag der Nationalrat, ergänzt mit einem Bekenntnis zur humanitären Hilfe vor Ort und zur Aufnahme von Flüchtlingen in der Schweiz. Die kleine Kammer hiess die Erklärung mit 38 zu 0 Stimmen und 6 Enthaltungen gut. Die Enthaltungen kamen aus der SVP. Sie hätte den Passus in der Erklärung weglassen wollen, der von der Schweiz fordert, sich den EU-Sanktionen gegen Russland anzuschliessen.

Coronavirus: Der Ständerat hat den dritten Armeeeinsatz in der Covid-19-Pandemie nachträglich gutgeheissen. Der Bundesrat hatte den Assistenzdienst von bis zu 2500 Armeeangehörigen bis Ende März im Dezember bewilligt. Seither waren bis zu 570 Armeeangehörige gleichzeitig im Einsatz. Sie leisteten in neun Kantonen bis zum Ende des dritten Armeeeinsatzes im Februar rund 21'000 Diensttage und halfen unter anderem beim Impfen. Die Armee sprang aber nur ein, wenn in den um Hilfe bittenden Kantonen sämtliche zivilen Mittel ausgeschöpft waren. Laut Verteidigungsministerin Viola Amherd soll der Armeeeinsatz so wie die beiden vorherigen nach Möglichkeit aus dem ordentlichen Budget finanziert werden.

Armee I: Der Ständerat möchte die Armee rüsten für medizinische Einsätze. Er unterstützte mit 26 zu 15 Stimmen eine Motion von Werner Salzmann (SVP/BE). Der Vorstoss verlangt, dass die Armee "befähigt wird, mehrere hundert Patienten über mehrere Monate medizinisch zu betreuen". Sie soll übernehmen können, wenn zivile Stellen überlastet sind. Der Bundesrat ist aufgefordert, zu prüfen, ob die Armee nach dem Modell des Cyber-Lehrgangs einen medizinischen Pflegelehrgang einführen soll. Der Bundesrat lehnte die Motion ab. Er will an den heutigen subsidiär geleisteten Einsätzen der Armee festhalten. Die Motion geht an den Nationalrat.

Armee II: Der Ständerat hat die Nachrüstung der Rechtsgrundlagen für militärische Informationssysteme ohne Gegenstimme gutgeheissen. Die aktuellen Grundsätze zur Bearbeitung von Personendaten genügen den heutigen datenschutzrechtlichen Vorgaben nicht mehr. Die Vorlage geht an den Nationalrat. Die revidierten Rechtsgrundlagen sollen laut Angaben von Verteidigungsministerin Viola Amherd im Ständerat am 1. Februar 2023 in Kraft treten. Die Änderungen betreffen etwa die Dauer der Datenaufbewahrung, die erleichterte Datenübermittlung und die Beschaffung oder Bekanntgabe von Personendaten bei weiteren respektive an weitere Stellen.

Armee III: Die Armee soll auf ihren Grundstücken mehr Rücksicht auf die Biodiversität nehmen und die Lichtverschmutzung reduzieren. Entsprechend soll der Aktionsplan Biodiversität des Bundes ergänzt werden. Der Ständerat unterstützte mit 29 zu 10 Stimmen eine Motion von Céline Vara (Grüne/NE). Sie verlangt den Verzicht von synthetischen Pestiziden auf vom Verteidigungsdepartement bewirtschafteten Grundstücken, die Schaffung und Erhaltung von Wildtierkorridoren sowie das Ausschalten nächtlicher Beleuchtungen. Der Bundesrat erklärte sich mit dem Anliegen einverstanden, die Motion geht an den Nationalrat.

Schweiz - Eu: Der Ständerat verlangt vom Bundesrat im Bericht zu den Beziehungen der Schweiz mit der EU eine Liste und Analyse der Leistungen der Schweiz zugunsten der EU. Er denkt dabei nicht nur an Ein- und Ausfuhren, sondern auch an den Verkehr durch die Alpen, den Strom-Transit, die Kosten der Personenfreizügigkeit und höhere Preise, die EU-Unternehmen in der Schweiz verrechnen. Der Ständerat überwies dazu ein Postulat von Heidi Z'graggen (Mitte/UR). Der Bundesrat ist mit dem Auftrag einverstanden. Aussenminister Ignazio Cassis warnte allerdings vor überzogenen Erwartungen. Denn in vielen Bereichen lasse sich nicht bemessen, inwiefern eine Leistung der Schweiz nütze und inwiefern der EU.

Aussenpolitik: Der Ständerat hat ohne Opposition Kenntnis genommen vom Aussenpolitischen Bericht des Bundesrates. Im Zentrum standen 2021 das Ende der Verhandlungen über den Rahmenabkommen mit der EU, die wachsende Bedeutung der guten Dienste der Schweiz - etwa mit dem Treffen von US-Präsident Joe Biden und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Genf und Gespräche von Vertretern der USA und Chinas in Zürich. Auch die Covid-19-Pandemie und deren Folgen prägten die Schweizer Aussenpolitik. Die bisherige regelbasierte Ordnung stehe unter Druck, sagte Aussenminister und Bundespräsident Ignazio Cassis im Rat. Er verwies dabei auf den Angriff Russlands auf die Ukraine. "Zugleich sehen wir aber ein robustes Einstehen für die europäische Ordnung."

Vergangenheitsbewältigung: Die Schweiz dürfte einen offiziellen schweizerischen Gedenkort für die Opfer des Nationalsozialismus bekommen. Nach dem Nationalrat hat sich auch der Ständerat ohne Gegenstimme für eine entsprechende Motion ausgesprochen. Gemäss dem Vorstosstext von Nationalrat Alfred Heer (SVP/ZH) soll der Gedenkort "die Erinnerung wachhalten und durch Vermittlungsarbeit das Bewusstsein für die Bedeutung von Demokratie und Rechtsstaat, insbesondere bei jungen Menschen, stärken". Eine fast gleich lautende Motion von Ständerat Daniel Jositsch (SP/ZH) wird auch der Nationalrat noch in der Frühlingssession behandeln. Der Bundesrat kann die entsprechenden Umsetzungsarbeiten damit bald an die Hand nehmen.

Sportförderung: Der Bundesrat muss gegen seinen Willen einen Bericht erstellen über die verschiedenen Arten der Unterstützung von Sportlerinnen und Sportlern, die an Grossanlässen teilnehmen. Der Ständerat hat mit 20 zu 19 Stimmen ein entsprechendes Postulat von Elisabeth Baume-Schneider (SP/JU) beschlossen. Bei vielen Athleten gerate das Budget durch eine Teilnahme aus dem Lot, was "gewissermassen zu einer sozioökonomischen Auswahl der Talente" führe. Der Bundesrat lehnte die Forderung mit Hinweis auf das bewährte Zusammenspiel zwischen privaten Akteuren und der öffentlichen Hand bei der Unterstützung des Spitzensports ab. Matthias Michel (FDP/ZG) ortete im Vorstoss letztlich erfolglos den Anspruch auf neue finanzielle Mittel aus der Staatskasse und damit die Aushebelung oder Relativierung der Marktmechanismen in diesem Bereich.

Die Traktanden des Ständerats für Mittwoch, 2. März (08:15 bis 13:00):

Bern Jahresbericht 2021 der GPK und GPDel (22.004)
Massentierhaltungsinitiative (21.044)
Vorlage zur Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten, Differenzen (16.312)
Verpflichtungskredit für ausfallsichere Rechenleistungen und Transformation der IKT von Meteo Schweiz (21.062)
Bericht zur Abschreibung der Motion "Rechtslücke in der Unfallversicherung schliessen" (18.037)
Motion Qualitätssicherung in der Pflege (19.4055)
Motionen Versorgung mit Impfstoffen verbessern und Zulassung vereinfachen (19.3221 und 19.4131)
Motion Auszahlungsmodell für Dienstleistungen von Dritten im Bereich der IV (21.3452)