(sda) Coronavirus - Schweiz: Der Ständerat will weniger Geld für die Impfstoff-Beschaffung zur Verfügung stellen als der Bundesrat beantragt. Er beschloss am Mittwoch, den entsprechenden Nachtragskredit von 314 Millionen Franken auf noch 68 Millionen Franken und den zusätzlichen Verpflichtungskredit von 780 Millionen Franken auf noch 300 Millionen Franken zu kürzen. Im Rat kam Unmut auf wegen nicht in den vergangenen Tagen bekannt gewordener neuer Vereinbarungen des Bundes mit Impfstoff-Lieferanten. Mit dem Geld für Impfstoffe hat sich nun wieder der Nationalrat zu befassen. 16 weitere vom Bundesrat beantragte Nachtragskredite, darunter eine Zahlung des Bundes an die Arbeitslosenversicherung, sind parlamentarisch unter Dach und Fach.

Bundesfinanzen: Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat die coronabedingt erneut tiefrote Staatsrechnung 2021 gutgeheissen. Sie schliesst mit einem Fehlbetrag von 12,1 Milliarden Franken ab. Dieses Defizit ist über 3,5 Milliarden Franken kleiner als im ersten Pandemiejahr 2020. Die tiefroten Zahlen 2021 stehen im Zusammenhang mit der Bewältigung der Covid-19-Krise und deren Auswirkungen. Der Ständerat stimmte dem Jahresabschluss als Zweitrat mit 40 zu 0 Stimmen zu. Auch zwei zugehörige Bundesbeschlüsse zu den Rechnungen des Bahninfrastrukturfonds und des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds fanden einstimmige Mehrheiten. Die Vorlage ist damit erledigt.

Digitalisierung: Der Ständerat hat auf dem Weg zur Digitalisierung der Bundesverwaltung und der Förderung der digitalen Verwaltung (E-Government) einen wichtigen Pflock eingeschlagen. Als Erstrat hat er das Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben gutgeheissen, mit 33 zu 0 Stimmen. Die Vorlage geht an den Nationalrat. Das Gesetz regelt auch die Zusammenarbeit mit Behörden ausserhalb der Bundesverwaltung und Dritten. Der Bundesrat schafft darin zudem eine Grundlage für die Durchführung von Pilotversuchen. Der Rat baute zudem eine Anschubfinanzierung von Digitalisierungsprojekten von hohem öffentlichen Interesse ein.

Steuern: Unternehmen sollen Verluste aus zehn statt aus sieben der Steuerperiode vorangegangenen Geschäftsjahren abziehen können. Das fordert das Parlament mit einer während der Coronavirus-Pandemie eingereichten Motion. Heute können Unternehmen Verluste aus sieben der Steuerperiode vorangegangenen Geschäftsjahren abziehen. Dies kann dazu führen, dass Unternehmen einen Teil der Verluste nicht verrechnen können. Die Verlängerung oder Aufhebung der Frist für die Verlustverrechnung wird seit längerer Zeit diskutiert. Der Ständerat überwies mit 24 zu 15 Stimmen eine Motion der Wirtschaftskommission des Nationalrates, die eine Fristerstreckung auf zehn Jahre verlangt.

Gesamtarbeitsverträge: Die paritätischen Kommissionen der für allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge (GAV) sollen offenlegen müssen, wie sie ihre finanziellen Mittel einsetzen. Das verlangt das Parlament mit einer Motion. Der Ständerat überwies den Vorstoss der Wirtschaftskommission des Nationalrates (WAK-N) oppositionslos. Die Motion verlangt, dass die paritätisch besetzten Kommissionen der allgemeinverbindlich erklärten GAV verpflichtet werden, Jahresberichte vorzulegen. Sie sollen darin Rechenschaft ablegen über die Zweckbindung der Mittel im Fondskapital und über deren Verwendung. Der Bundesrat lehnte die Motion ab und verwies dabei auf die heutigen Vorgaben zur Transparenz.

Finanzmarktaufsicht: Eine ausdrückliche Gewaltentrennung im Finanzmarkt erachtet der Ständerat aufgrund von verschiedenen Verbesserungen als nicht mehr nötig respektive als erfüllt. Er hat eine vom Nationalrat vor mehr als vier Jahren gutgeheissene Motion abgelehnt und ist damit der Empfehlung seiner Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-S) gefolgt. Das Geschäft ist damit erledigt. Die Situation habe sich seit März 2018, als der Nationalrat den Vorstoss deutlich annahm, in verschiedener Hinsicht verändert, sagte Kommissionssprecher Martin Schmid (FDP/GR). Der Bundesrat habe unterdessen eine Verordnung in Kraft gesetzt. Diese konkretisiere die Aufgaben der Finanzmarktaufsicht (Finma) im internationalen Bereich und in der Regulierung und Zusammenarbeit zwischen der Finma und dem Finanzdepartement EFD. Die Kompetenzordnung sei nun wieder klar. Insbesondere die Banken warfen der Finma regelmässig allzu grossen Regulierungseifer vor.

Landwirtschaft: Der Ständerat ist wie der Nationalrat für mehr Transparenz im sogenannten Veredelungsverkehr im Agrarbereich. Ein generelles Verbot von Milchimporten, um sie in der Schweiz zu Käse zu verarbeiten, hat die kleine Kammer aber - relativ knapp - abgelehnt. Mit den Importen werde der Grenzschutz abgebaut, die Swissness des strategischen Produktes Käse gefährdet und der Strukturwandel in der Landwirtschaft noch zusätzlich befeuert, erklärte Motionär Werner Salzmann (SVP/BE). Diskussionslos Ja gesagt hat der Ständerat dafür zu einer Motion von Nationalrat Marcel Dettling (SVP/SZ), die mehr Transparenz in diesem Bereich verlangte. Betroffene Kreise sollen neu automatisch über die Entscheide der Verwaltung zu Veredelungsgesuchen im Agrarbereich informiert werden. Diese Informationen seien marktrelevant.

Landwirtschaft: Der Ständerat möchte mehr Spielraum beim Abtausch zwischen landwirtschaftlichen Nutzflächen und Sömmerungsflächen. Er hat eine entsprechenden Motion von Martin Schmid (FDP/GR) mit 24 zu 12 Stimmen angenommen. Diese will bei Meliorationen, Gewässerrevitalisierungsprojekten und der Ausscheidung von Gewässerräumen Abtausche ermöglichen. Auch die vorberatende Kommission war mehrheitlich der Meinung, dass der geltende Rechtsrahmen problematisch sei und den verschiedenen Situationen vor Ort nicht mehr gerecht werde. Der Bundesrat lehnte den Vorstoss ab mit der Begründung, eine Flexibilisierung würde schweizweit zu einer Ungleichbehandlung führen für Betriebe ohne angrenzende Sömmerungsgebiete. Der Grundsatz der traditionell alpwirtschaftlich genutzten Fläche würde damit faktisch aufgegeben. Der Vorstoss geht in den Nationalrat.

Die Traktanden des Ständerats für Donnerstag, 2. Juni (08:15 bis 13:00):

Bern Sicherheitspolitischer Bericht 2021 (21.070)
Motion für schrittweise Erhöhung der Armeeausgaben (22.3374)
Armeebotschaft 2022 (22.005)
Motion für Aufstockung des Armeebudgets und Erhöhung der Bestände (22.3034)
Motion für kostenlose Lenksysteme für Traktore und Mähdrescher von Landwirten (20.4732)