(sda) Ukraine: Der Ständerat will vorerst keine steuerlichen Entlastungen für die Bevölkerung wegen der gestiegenen Preise für Benzin, Diesel und Heizöl. Er hat am Montag vier entsprechende Vorstösse aus den Reihen der SVP abgelehnt. Zu entscheiden hatte die kleine Kammer im Rahmen der ausserordentlichen Session zu den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs über insgesamt vier Motionen. Dabei ging es um eine Senkung der Mineralölsteuer sowie eine Verdoppelung des Steuerabzugs für Pendler auf maximal 6000 Franken. Im Nationalrat findet am Donnerstag eine ausserordentliche Session zum selben Thema statt. Debattiert werden dabei teils gleichlautende Vorstösse.

Ukraine II: Der Bundesrat kann in Krisenzeiten auch künftig die Steuern auf Benzin, Diesel und Heizöl nicht im Alleingang senken. Der Ständerat hat eine entsprechende Motion von Charles Juillard (Mitte/JU) mit 23 zu 15 Stimmen bei drei Enthaltungen abgelehnt. Der Vorstoss ist damit vom Tisch. Der Bundesrat stellte sich gegen die Motion. Man sei sich zwar der Herausforderung bewusst, betonte die Landesregierung. Unmittelbare Massnahmen brauche es derzeit jedoch nicht.

Sexualstrafrecht: Der Ständerat hat als Erstrat das verschärfte Sexualstrafrecht gutgeheissen. Es basiert auf der "Nein heisst Nein"-Lösung bei Vergewaltigungen. Vergewaltiger sollen zwingend ins Gefängnis müssen. Rachepornografie soll neu strafrelevant werden. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat das revidierte Sexualstrafrecht mit 42 zu 0 Stimmen an. Mit der Revision wird das Sexualstrafrecht an die gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre angepasst. Die Vorlage geht nun in den Nationalrat. Dieser wird sich in der Herbstsession damit befassen. Die Ratslinke war am vergangenen Dienstag im Rahmen der Beratungen zu den Kernpunkten der Vorlage mit ihrem Versuch gescheitert, im Sexualstrafrecht die "Nur Ja heisst Ja"-Lösung als Basis zu etablieren - und hofft nun auf die grosse Kammer.

Coronavirus-Schweiz: Nach dem National- hat auch der Ständerat den Nachtragskredit für die Beschaffung von Impfstoffen gegen Covid-19 gebilligt. Weiterhin uneins sind sich die Räte hingegen, was den Verpflichtungskredit für kommende Beschaffungen angeht. Der Nationalrat hatte am vergangenen Mittwoch den Nachtragskredit nach einer Korrektur durch den Bundesrat auf rund 234 Millionen Franken festgesetzt Der Ständerat schloss sich diesem Beschuss an. Für den Verpflichtungskredit will er hingegen nur 560 Millionen Franken genehmigen. Der Nationalrat hat wie vom Bundesrat beantragt 780 Millionen Franken beschlossen. Das Geschäft geht zurück an die grosse Kammer.

Strafprozesse: Die Teilnahmerechte von Beschuldigten an Einvernahmen von im gleichen Verfahren beschuldigten Personen werden nicht eingeschränkt. Das hat der Ständerat bei der Bereinigung der revidierten Strafprozessordnung entschieden und die Vorlage für die Schlussabstimmung verabschiedet. Die Einschränkung der Teilnahmerechte von Beschuldigten war ein zentrales Element der bundesrätlichen Vorlage, auf die die Räte nun verzichten, weil sie sich nicht einigen konnten. Der Nationalrat hatte die Einschränkung von Beginn weg abgelehnt, um faire Verfahren zu garantieren. Auch das vom Bundesrat beantragte Rekursrecht der Staatsanwaltschaft gegen Entscheide von Haftrichtern und -richterinnen war bis zum Schluss umstritten. Auch hier folgte der Ständerat schliesslich dem Nationalrat.

E-Ausweise: Der Ständerat will rasch zu einer staatlichen E-ID gelangen. Er sechs parteiübergreifend gleichlautende Vorstösse im Sinne eines politischen Bekenntnisses ohne Gegenstimmen überweisen. Die Vorstösse aller sechs Fraktionen der Bundesversammlung waren nur drei Tage nach dem Nein zur Einführung einer privaten E-ID an der Urne eingereicht worden. Im März 2021 hatte das Stimmvolk einer privaten E-ID-Lösung an der Urne eine Absage erteilt. Beim Votum über das E-ID-Gesetz am 7. März 2021 stimmte eine Zweidrittelmehrheit aus Sicherheitsbedenken beim Datenschutz dagegen, wie die Vox-Analyse zeigte. Selbst die Gegner des E-ID-Gesetzes wollten allerdings eine rasche Lösung.

Altersvorsorge: Der Bundesrat muss in einem Bericht mittel- und langfristige alternative Finanzierungsmöglichkeiten der AHV aufzeigen. Der Ständerat hat ein entsprechendes Postulat von Beat Rieder (Mitte/VS) mit 21 zu 20 Stimmen bei 3 Enthaltungen gutgeheissen. Rieder denkt etwa an eine Finanzmarkt-Transaktionssteuer. Der Ständerat stellt sich damit knapp gegen seine vorberatende Kommission und den Bundesrat. Sie hielten es nicht für sinnvoll, die langfristig ausgerichtete Finanzierung der AHV auf diese neue Steuerquelle abzustützen. Rieder mahnte die "chambre de réflexion" aber mit Erfolg davor, sich nicht vorschnell selber Denkverbote aufzuerlegen. Man müsse bereits jetzt anfangen, die nächsten Schritte zu planen.

Wohneigentum: Die Hürden für den Kauf von Wohneigentum mit Mitteln aus der zweiten Säule werden nicht gesenkt. Der Ständerat hat eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat oppositionslos abgelehnt. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) wollte, dass der Eigenmittel-Anteil beim Kauf eines Hauses oder einer Eigentumswohnung vollständig mit Geld aus der zweiten Säule gedeckt werden darf. Hintergrund war ein Entscheid der Finma von 2013. Seither gilt, dass beim Erwerb von Liegenschaften die Hälfte der Eigenmittel vom künftigen Eigentümer eingebracht werden muss und die andere Hälfte der zweiten Säule entnommen werden kann.

Strafrecht: Der Ständerat hat stillschweigend zwei Standesinitiativen der Kantone Bern und Tessin abgeschrieben, die einen besseren Schutz von Polizisten und anderen Staatsangestellten wollten. Zugleich entschied er, eine Standesinitiative aus der Waadt mit dem gleichen Anliegen sowie eine Motion des Luzerner Mitte-Nationalrats Leo Müller abzulehnen. Müller wollte, dass auch die Arbeitgeber von Staatsangestellten Ehrverletzungsdelikte anzeigen können. Wie seine Kommission für Rechtsfragen (RK-S) war der Ständerat der Meinung, den Anliegen sei mit der beschlossenen Harmonisierung der Strafrahmen Rechnung getragen worden.

Wohnen: Der Bundesrat muss beim Stockwerkeigentumsrecht keine weiteren Schritte ergreifen. Der Ständerat hat eine Motion des Aargauer GLP-Nationalrats Beat Flach abgelehnt. Oppositionslos folgte die kleine Kammer Antrag ihrer Kommission für Rechtsfragen (RK-S). Der Vorstoss ist damit vom Tisch. Die vorberatende Kommission anerkannte zwar Handlungsbedarf. Ein beinahe deckungsgleicher Vorstoss des Ausserrhoder FDP-Ständerats Andrea Caroni sei jedoch bereits an den Bundesrat überwiesen worden.

Menschenhandel: Der Ständerat will einen weiteren Aktionsplan des Bundes gegen Menschenhandel. Er hat eine entsprechende Motion seiner Kommission für Rechtsfragen (RK-S) oppositionslos angenommen. Der dritte Aktionsplan soll sich nach dem Willen der Kommission auf jene Bereiche konzentrieren, in denen weiterhin Handlungsbedarf besteht. Namentlich soll der Menschenhandel mit dem Ziel, Menschen als Arbeitskräfte auszubeuten, ins Visier genommen werden. Zudem sollen die Opferunterstützung gestärkt und Straftaten im Internet neu berücksichtigt werden. Der Bundesrat war mit dem Auftrag einverstanden. Der Vorstoss geht an den Nationalrat.

Steuerpolitik: Das Parlament ist einverstanden mit Anpassungen der Doppelbesteuerungsabkommen mit Japan und Nordmazedonien. Der Ständerat hat als Zweitrat den entsprechenden Änderungsprotokollen zugestimmt. Das Geschäft ist bereit für die Schlussabstimmung. Im Falle des Abkommens mit Japan sagte die kleine Kammer mit 31 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen Ja. Die Änderungen des Vertrags mit Nordmazedonien billigte sie mit 27 zu 0 Stimmen. Bei den Anpassungen an den Doppelbesteuerungsabkommen geht es unter anderem um die Umsetzung der OECD-Mindeststandards gegen das Verschieben von Gewinnen durch multinationale Konzerne. Damit sollen Abkommensmissbräuche verhindert werden.

Bundesfinanzen: Der Ständerat will die Einrichtung eines souveränen Staatsfonds nach dem Vorbild von Norwegen oder Singapur näher angeschaut haben. Er hat am Montag eine entsprechende Motion von Beat Rieder (Mitte/VS) zur Prüfung an die vorberatende Kommission überwiesen. Ein Souveräner Staatsfonds könnte einen Teil der Währungsreserven vorteilhafter, strategischer und unabhängiger anlegen, als die Schweizerische Nationalbank (SNB) dies tue, begründete der Motionär seinen Vorstoss. Die Erträge könnten analog der Ausschüttung der SNB verteilt werden. Den Bundesrat überzeugt die Idee nicht. Für die Umsetzung der Geldpolitik sei es notwendig, dass die SNB über ihre Währungsreserven uneingeschränkt verfügen und diese, je nach geldpolitischer Erfordernis, weiter erhöhen oder auch reduzieren könne, schreibt der Bundesrat in seiner ablehnenden Antwort auf die Motion.

Arbeit: Der Ständerat will nichts wissen von einer Harmonisierung der Meldepflicht. Der Ständerat hat anders als der Nationalrat den entsprechenden Vorstoss von alt FDP-Nationalrat Giovanni Merlini (TI) diskussionslos versenkt. Ausländische Arbeitgeber, die Angestellte in die Schweiz entsenden, sind heute bezüglich Meldepflicht einem anderen Gesetz unterstellt als Ausländerinnen und Ausländer, die in der Schweiz als Selbstständige arbeiten. Auch die Sanktionen bei Verstössen sind unterschiedlich geregelt. Es gebe keine Ungleichbehandlung, war der Ständerat allerdings der Meinung. Das Thema der pekuniären Verwaltungssanktionen sei im Zusammenhang mit einem anderen Postulat zudem bereits in Arbeit. Der Bundesrat ist daran, eine Harmonisierung zu prüfen. Ein entsprechender Bericht soll im kommenden Herbst vorliegen.

Bern Mindestlöhne in Grenzkantonen - Eintretensdebatte zu einer Änderung des Entsendegesetzes (21.032)
Vier Motionen zur Milchwirtschaft, Tierhaltung in der Landwirtschaft, Alpwirtschaft und Maschinen in der Landwirtschaft (18.3711, 18.3927, 19.3494 und 21.4383)
Motion und Standesinitiative FR zur Schweizer Zuckerproduktion (20.4168 und 21.318)
Motion und Postulat zum Freihandel (19.4018 und 22.3407)
Zwei Motionen zur Stärkung des Tourismus in der Schweiz (21.3278 und 21.3743)
Motion für digitale Meldescheine in der Beherbergung (21.4426)
Motion zu allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen (20.4738)
Ukraine - Ausserordentliche Session zum Thema Sperrung von Vermögenswerten (22.3236)
Geschäftsbericht 2021 des Bundesgerichtes (22.002)
Motion für ein Nachhaltigkeitsziel bei der AHV (20.4078)
Motion für Berücksichtigung der Heizkosten bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen (22.3359)
Postulat zur Wiedereingliederung durch die IV (22.3237)
Motion zur Istanbul-Konvention (22.3233)
Motion zur Intensivmedizin (22.3246)
Coronavirus - Motion für besseren Schutz von Menschen mit geschwächtem Immunsystem vor Covid-19 (22.3005)
Motion und zwei Waadtländer Standesinitiativen zu den Krankenkassen-Reserven (19.4056, 21.324, 21.325)
Standesinitiative VD zur sexuellen Belästigung bei der Arbeit (20.340)
Standesinitiativen von TI, GE, JU, FR, NE, VD für Mitsprache der Kantone bei Genehmigung der Krankenkassenprämien (20.300, 20.304, 20.330, 20.333, 21.300 und 21.323)