(sda) Gesundheitskosten: Bund und Kantone sollen die Krankenkassenprämien mit über zwei Milliarden Franken zusätzlich verbilligen. Dieser Meinung ist die Mehrheit der Fraktionen im Nationalrat. Auch wenn erst am Donnerstag über die Vorlage abgestimmt wird, so zeichnet sich ab, dass die grosse Kammer ein neues Modell zum Ausbau der individuellen Prämienverbilligung beschliessen wird. Grundsätzlichen Widerstand gibt es nur von der SVP, wie die Fraktionsvoten am Mittwochnachmittag zeigten. Die Unterstützer der Prämien-Entlastungs-Initiative finden den Gegenvorschlag gelungen. Das Volksbegehren dürfte dagegen von einer grossen Mehrheit zur Ablehnung empfohlen werden.

Klima: Der Nationalrat stellt der Gletscher-Initiative Verminderungsziele und Etappenziele zur Reduktion der Treibhausgas-Emissionen auf "Netto Null" bis 2050 gegenüber. Hausbesitzer und die Wirtschaft will er mit Förderprogrammen finanziell unterstützen. Der Nationalrat hiess das Gesetz über die Ziele im Klimaschutz gut. Die Nein-Stimmen kamen von der SVP und vereinzelt auch aus der FDP. Ausgearbeitet hatte die Vorlage die Umweltkommission des Nationalrates (Urek-N), als indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Der Rat hielt sich an die Kommission und lehnte alle Minderheitsanträge für Abschwächungen und Verschärfungen ab. Die Vorlage geht an den Ständerat.

Medien: Die abonnierten Tages- und Wochenzeitungen der Regional- und Lokalpresse mit einer Auflage bis zu 40'000 Exemplaren im Tageskanal der Post sollen bis Ende 2022 kostenlos zugestellt werden. Das fordert der Nationalrat mit einer Motion. Diese hatte die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF-N) beschlossen. Die grosse Kammer nahm den Vorstoss mit 97 zu 89 Stimmen an. Die Pandemie habe sich auch in den ersten Monaten des Jahres noch stark auf die Kosten und auf die Werbebudgets ausgewirkt, sagte Kommissionssprecher Marco Romano (Mitte/TI). Es seien deshalb alle Voraussetzungen gegeben, um die Corona-Hilfen bis Ende 2022 zu verlängern. Als nächstes befasst sich der Ständerat damit.

Einbürgerungen: Wer in einer eingetragenen Partnerschaft mit einer Schweizerin oder einem Schweizer lebt, kann sich auch künftig nicht erleichtert einbürgern lassen. Als Zweitrat hat es der Nationalrat mit 101 zu 83 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt, auf eine entsprechende Vorlage einzutreten. Hintergrund ist die Einführung der "Ehe für alle": Ab dem 1. Juli können gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Bestehende registrierte Partnerschaften können in eine Ehe umgewandelt werden. Für Eheleute gilt schon heute die erleichterte Einbürgerung. Die Ratsmehrheit war der Ansicht, damit bestehe keine Ungleichbehandlung von Schwulen und Lesben mehr.

Öffentlichkeitsgesetz: Amtliche Dokumente der Bundesverwaltung sollen künftig grundsätzlich kostenlos eingesehen werden dürfen. Noch sind sich die Räte aber nicht einig darüber, ob für besonders aufwendige Gesuche eine Gebührenobergrenze festgelegt werden soll oder nicht. Der Nationalrat will in solchen Fällen höchstens 2000 Franken verrechnen. Er hielt an einem früheren Entscheid fest - mit 130 zu 53 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Nun ist ein letztes Mal der Ständerat am Zug. Die kleine Kammer hatte sich in der Frühjahrssession gegen eine Obergrenze entschieden. Auch der Bundesrat will es so halten.

Klima: Der Bund soll nach dem Willen des Parlaments künftig auch den Ersatz alter durch moderne Holzheizungen finanziell fördern. Als Zweitrat hat der Nationalrat eine entsprechende Motion des Thurgauer SVP-Ständerats Jakob Stark angenommen - allerdings in abgeänderter Form. Die grosse Kammer fällte ihren Entscheid mit 162 zu 28 Stimmen. Das Geschäft geht zurück an den Ständerat.

Radio: Das Parlament macht den Radiobetreibern keine Vorgaben bei der Abschaltung ihrer UKW-Sender. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion aus dem Ständerat mit 79 zu 73 Stimmen bei 24 Enthaltungen abgelehnt. Diese ist damit vom Tisch. Der Zürcher FDP-Ständerat Ruedi Noser forderte, dass die Verbreitung von Radioprogrammen über UKW erst dann enden solle, wenn die moderneren Alternativen einen Marktanteil von rund 90 Prozent haben.

Klima: Der Nationalrat will keine neue Expertenkommission zur Klimapolitik schaffen. Er hat eine entsprechende Motion des Schwyzer Mitte-Ständerats Othmar Reichmuth mit 97 zu 72 Stimmen bei 13 Enthaltungen abgelehnt. Das Begehren ist damit vom Tisch. Reichmuth hatte eine Expertenkommission vorgeschlagen, die den Bundesrat in wissenschaftlichen Fragen zum Klimaschutz beraten sollte. Die Mehrheit der Umweltkommission hielt das Anliegen für erfüllt. Der Bundesrat habe Proclim, das Forum für Klima und globalen Wandel der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT), ein Mandat zur wissenschaftlichen Beratung erteilt, machte sie geltend. Auch der Bundesrat hielt das Anliegen aus diesem Grund und nach der Gründung der Parlamentarischen Gruppe Klima im vergangenen Jahr für erfüllt.

Vereinigte Bundesversammlung

Bundesanwaltschaft: Der Walliser Oberrichter Lionel Seeberger ist neues Mitglied der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA). Die Vereinigte Bundesversammlung hat ihn am Mittwoch zum Nachfolger des Ende 2021 zurückgetretenen Hanspeter Uster gewählt. Der 1960 geborene Seeberger erhielt 121 von 227 gültigen Stimmen. Er, der mit der Unterstützung von SVP- und Mitte-Fraktion zur Wahl angetreten war, setzte sich gegen den von der Mehrheit der Gerichtskommission (GK) unterstützten Basler Rechtswissenschafter Markus Schefer durch. Schefer erhielt 106 Stimmen und blieb damit unter dem absoluten Mehr von 114 Stimmen.

Finanzkontrolle: Pascal Stirnimann kann am 1. September neuer Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) werden. Die Vereinigte Bundesversammlung hat seine Ernennung bestätigt. Gewählt worden war Stirnimann Ende April vom Bundesrat. Der Betriebsökonom FH und diplomierte Wirtschaftsprüfer ist Nachfolger von Michel Huissoud, der Ende August 2022 in Pension geht. Stirnimann ist seit 2015 als Leiter Interne und Externe Revision beim Bundesamt für Verkehr (BAV) tätig. Seine Laufbahn begann er mit einer kaufmännischen Lehre und studierte anschliessend. Daran schloss sich eine Stelle als Wirtschaftsprüfer bei Ernst & Young an. Von 2008 bis 2015 arbeitete er als Leiter Aufsicht und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde.

Die Traktanden des Nationalrats für Donnerstag, 16. Juni (08:00 bis 13:00 und 15:00 bis 19:00):

Bern Fortsetzung Prämien-Entlastungs-Initiative der SP und indirekter Gegenvorschlag (21.063)
Antrag der Einigungskonferenz zum Verpflichtungskredit für Impfstoffe (22.007)
Motion für Präventionskampagnen gegen Gewalt (21.4418)
Fortsetzung parlamentarische Vorstösse aus dem EDI (gebündelte Abstimmungen)
Fortsetzung parlamentarische Initiativen erste Phase (gebündelte Abstimmungen um circa 12:45)
ab 15:00:
Ausserordentliche Session - Entlastungsmassnahmen gegen hohe Preise zugunsten der Bevölkerung und der Wirtschaft (22.3281; 22.3255; 22.3280; 22.3289; 22.3249; 22.3260; 22.3348)
Motion für Unterstützung der Durchführung der SBB-Investitionen und einer langfristigen Vision in Covid-19-Zeiten (22.3008)
Postulat für Prüfung eines Anschlusses an den EU-One-Stop-Shop zur Abrechnung der Mehrwertsteuer (22.3384)
Fortsetzung parlamentarische Vorstösse aus dem EFD (gebündelte Abstimmungen)
Fortsetzung parlamentarische Initiativen erste Phase (gebündelte Abstimmungen um circa 18:45)