(sda) Das Parlament hat den mit zehn Milliarden Franken dotierten Rettungsschirm für Stromunternehmen gutgeheissen. Nach dem Ständerat sagte auch der Nationalrat grundsätzlich Ja zu Gesetzesbestimmungen und zum Verpflichtungskredit von zehn Milliarden Franken, gegen den Willen der SVP.

Den Rettungsschirm hat der Bundesrat mit einer Notverordnung schon vor dem Nationalratsentscheid am Dienstag aktiviert, da der Stromkonzern Axpo darum ersucht hatte. Er stellte für den Konzern vier Milliarden Franken bereit. Die Finanzdelegation der Räte hat die Summe freigegeben.

Die Axpo hat nach Angaben von Energieministerin Simonetta Sommaruga bis Dienstag noch kein Darlehen bezogen. Gesuche von anderen systemkritischen Unternehmen seien nicht eingegangen, berichtete Sommaruga in der Eintretensdebatte im Nationalrat.

Dieser hiess die Gesetzesgrundlagen für Rettungsschirm mit 137 zu 51 Stimmen bei sieben Enthaltungen und den damit verbundenen Verpflichtungskredit von zehn Milliarden Franken mit 136 zu 51 Stimmen und acht Enthaltungen gut. Die Nein-Stimmen kamen jeweils aus der SVP. Der Bund müsse handeln, lautete der Tenor der Mehrheit.

Mit dem Ja zeichnet sich ab, dass die Notverordnung für die Hilfe an die Axpo ab dem 1. Oktober durch ein dringliches und bis Ende 2026 befristetes Gesetz abgelöst werden kann. Die Debatte im Nationalrat war zuweilen emotional.

"Linke Vorlage"

Kritisiert wurde etwa, dass die Eigner der Stromunternehmen ihre Verantwortung nicht wahrnähmen. Manchen waren internationale Handelsgeschäfte der Stromkonzerne ein Dorn im Auge. Und es kam die Frage auf, warum angesichts sich abzeichnender Probleme nicht früher gehandelt worden sei.

Christian Imark (SVP/SO) kritisierte den Rettungsschirm als "weitere linke Vorlage, die Probleme verschlimmert statt sie zu lösen." Bezahlten die Stromkonzerne die Darlehen von 10 Milliarden Franken nicht zurück, koste das allein pro Kopf im Land rund 116 Franken, rechnete Mike Egger (SVP/SG) vor. Das Geld würde besser in den Zubau von einheimischen Energien investiert.

Alle anderen Fraktionen sahen die sichere Versorgung im Zentrum und befürworteten die Debatte trotz Vorbehalten. "Es ist einfach, das Gesetz zu bekämpfen und die Bevölkerung zu spalten statt in der Krise zusammenzustehen", wandte sich Nicolo Paganini (Mitte/SG) an die SVP.

In der Detailberatung nahm der Nationalrat etliche Retuschen vor und schuf damit Differenzen zum Ständerat. Diese sollen noch in der laufenden Session bereinigt und die Vorlage danach für dringlich erklärt werden. Einen Anspruch auf Darlehen etwa lehnt der Nationalrat im Gegensatz zum Ständerat ab und folgte dem Bundesrat.

Boni-Verbot eingefügt

Einig sind sich die Räte zwar, dass ein Unternehmen mit Darlehen mit Kantonen und Gemeinden nicht über die Stundung von kommunalen und kantonalen Abgaben sowie von Wasserrechtszinsen verhandeln muss. Strittig ist aber, ob ein Darlehensvertrag in die Rechte und Pflichte von Konzessions- und Leitungsverträgen eingreifen darf.

Systemkritische Stromunternehmen müssen für den Rettungsschirm jedes Jahr eine Bereitstellungspauschale entrichten. Gemäss Nationalrat sollen die Unternehmen die Pauschale aber nicht zu gleichen Teilen bezahlen, sondern ihre Anteile sollen entsprechend der Kraftwerksleistung im Inland festgelegt werden.

Überhaupt soll Geld nur fliessen, wenn ein Unternehmen alles Zumutbare unternommen hat, um seine Liquiditätsprobleme zu lösen und nicht überschuldet ist. Die Bedingungen für die Darlehen sind unattraktiv. Diese müssen marktgerecht verzinst werden, und es wird ein Risikozuschlag fällig. Es gilt zudem ein Dividendenverbot. Der Nationalrat fügte ein Verbot von Boni und Prämien hinzu.

Schliesslich hat der Nationalrat entschieden, dass die gesetzlichen Bestimmungen zum Rettungsschirm für alle subsidiären Finanzhilfen gelten, die der Bundesrat bereits vor der Inkraftsetzung gewährt hat.

Rettungsschirm bereits aktiviert

Weil 55 Nationalrätinnen und Nationalräte der SVP eine ausserordentliche Session verlangt haben, wird über den dringlichen Nachtragskredit von vier Milliarden Franken für die Breitstellung des Darlehens an die Axpo separat entschieden. Die Diskussion findet in beiden Räten in der dritten Sessionswoche statt.

Der Ständerat sagte im Juni grundsätzlich Ja zum Rettungsschirm. Er will aber im Gegensatz zum Bundesrat nicht nur die Axpo, die Alpiq und die BKW unter den Schirm nehmen, sondern auch kleinere Stromunternehmen, wenn diese systemrelevant sind. Die BKW will vom Schirm nichts wissen, wie sie zuletzt Anfang September bekräftigte.