Raubkunst: Das Parlament will eine unabhängige Kommission zum Umgang mit Kunst aus dem Besitz von Verfolgten des Nationalsozialismus. Nach dem National- hat auch der Ständerat eine entsprechende Motion angenommen. Diese soll in strittigen Fällen Empfehlungen abgeben. Die kleine Kammer strich allerdings Vorgaben zur Gestaltung des Gremiums aus dem Motionstext. Der Vorstoss geht zurück an den Nationalrat. Oppositionslos einverstanden erklärte sich der Ständerat auch mit einem Vorstoss aus dem Nationalrat, der den Aufbau einer auf wissenschaftlichen Prinzipien basierenden Plattform für die Provenienzforschung für Kulturgüter durch den Bund fordert.
Jugendschutz: Die Räte haben sich bei den neuen Regeln zum Schutz Minderjähriger vor Sex- und Gewaltdarstellungen in Filmen und Games geeinigt. Der Ständerat hat die letzte verbliebene Differenz zum Nationalrat ausgeräumt. Mit 23 zu 20 Stimmen schwenkte die kleine Kammer auf die Linie des Nationalrats ein. Damit wird das zuständige Bundesamt im Bundesgesetz über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele zu Massnahmen zur Förderung der Medienkompetenz verpflichtet. Das Geschäft ist bereit für die Schlussabstimmung.
Gesundheit: Rentnerinnen und Rentner mit Diabetes sollen häufiger orthopädische Schuhe beziehen und mit der AHV abrechnen können. Als Zweitrat hat der Ständerat oppositionslos eine Motion von SP-Nationalrat Baptiste Hurni (NE) angenommen. Derzeit werden ausserhalb der Invalidenversicherung nur alle zwei Jahre die Kosten für entsprechende Schuhe übernommen, es sei denn, es werden medizinische Gründe angegeben. Schuhe nutzten sich aber ab, es brauche zudem unterschiedliche Schuhe je nach Jahreszeit, begründete Hurni seine Motion. Der Bundesrat muss nun die Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Altersversicherung anpassen.
Kindermedizin: Der Bund soll den volkswirtschaftlichen Nutzen der Kinder- und Jugendmedizin evaluieren. Das fordert das Parlament mit einer angenommenen Motion von Verena Herzog (SVP/TG). Der Ständerat stimmte ihr mit 23 zu 19 Stimmen bei einer Enthaltung zu. Der Vorstoss verlangt weiter, dass der Bund die Kantone beim Festlegen von Massnahmen unterstützen soll, um die Unterversorgung mittelfristig abzubauen und langfristig zu verhindern. Aus Sicht des Bundesrats ist das Anliegen bereits erfüllt. Der Nationalrat hatte dem Anliegen bereits im Sommer 2021 zugestimmt.
Invalidenversicherung: Bei der Berechnung des Invaliditätsgrads sollen künftig die realistischen Einkommensmöglichkeiten berücksichtigt werden. Das hat das Parlament entschieden. Die heute für die IV-Berechnung massgebenden Tabellen basieren laut der SGK-N auf Löhnen von gesunden Personen. Die Vergleichslöhne seien entsprechend zu hoch. Künftig soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Menschen mit Behinderungen auch bei Hilfstätigkeiten auf tiefstem Kompetenzniveau gewisse Arbeiten nicht ausführen können. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine Motion der nationalrätlichen Sozialkommission (SGK-N) angenommen, mit 33 zu 4 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Der Ständerat will dem Bundesrat aber zur Umsetzung ein halbes Jahr länger Zeit geben, nämlich bis zum 31. Dezember 2023. Die Motion geht zurück an den an Nationalrat.
Forschung: Das Parlament will tiefere Hürden für die nicht-kommerzielle Forschung an Medikamenten. Namentlich verlangt es tiefere Gebühren bei der Heilmittelbehörde Swissmedic, wenn diese klinische Versuche bewilligt. Nach dem Nationalrat nahm auch der Ständerat eine entsprechende Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats oppositionslos an. Die nicht-kommerzielle klinische Forschung sei wichtig für die Innovation, begründete die Kommission ihren Vorstoss. Gerade imuniversitären Umfeld seien aber Forschungsprojekte junger Forschender kaum möglich. Sie seien schlicht nicht finanzierbar, weil das Recht und die Gebührenverordnung nicht zwischen kommerzieller und nicht-kommerzieller Forschung unterscheiden würden.
Beschaffungswesen: Der Ständerat hat zwei Motionen abgelehnt, die die Vergabekriterien beim öffentlichen Beschaffungswesen anpassen wollten. Die eine forderte einen besseren Schutz Schutz vor Mobbing und sexueller Belästigung bei Unternehmen, die einen öffentlichen Auftrag ausführen wollen. Bei der zweiten ging es darum, dass zusätzlich zu den Kernkonventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) auch Prinzipien aus weiteren IAO-Übereinkommen eingehalten werden müssen, auch wenn die Schweiz diese nicht ratifiziert hat. Der Ständerat lehnte die Vorstösse mit 26 zu 14 bei 2 Enthaltungen respektive 27 zu 16 Stimmen ab. Die Motionen sind vom Tisch. Der Nationalrat hatte die Motionen angenommen.
Gesundheitskosten: Der Ständerat hat die Frist für die Behandlung von zwei Initiativen um ein Jahr verlängert. Die Prämien-Entlastungs-Initiative, die im Januar 2020 eingereicht wurde, muss bis im Oktober 2023 behandelt werden, und die Initiative zur Kostenbremse mit Einreichdatum März 2020 muss bis im November 2023 behandelt werden. Im Normalfall müssen Bundesrat und Parlament innert 30 Monaten beschliessen, ob sie eine Initiative Volk und Ständen zur Annahme oder Ablehnung empfehlen wollen. Eine Verlängerung der Frist ist möglich, wenn ein Rat zum Beispiel über einen Gegenentwurf abgestimmt hat. Dies ist in den vorliegenden Fällen gegeben: Der Nationalrat hat im Juni 2022 je einen indirekten Gegenentwurf angenommen. Über die indirekten Gegenvorschläge muss der Ständerat noch debattieren.
Die Traktanden des Ständerates für Dienstag, 27. September (08.15 bis 13.00):
Bern |
Stärkung der Geschäftsprüfungskommissionen, Antrag der Einigungskonferenz (15.451) |
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Motion zu Massnahmen gegen Hass oder Gewalt (20.4559) |
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Motion zu Einbezug von Privaten in die internationalen Zusammenarbeit (22.3534) |
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Eventuell: Solar-Offensive im Zusammenhang mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative, Differenzen (21.501) |
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Motion für "Sofortfonds für Klimaanpassung" (22.3796) |
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Motion zu Aufenthaltsbewilligungen für Personen aus Drittstaaten (19.3882) |
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Motionen zum vorsorglichen Rechtsschutz und zur Fristenberechnung in der Rechtsordnung (22.3003 und 22.3381)) |
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Motion für Krisenzentren für Opfer von Gewalt (22.3234) |
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Motion zum Abstammungsrecht (22.3235) |
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Verlängerung zur Aussetzung von Ausschaffungsverfahren von schwangeren Frauen (22.3242) |
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Motion für Verbot von geschlechtsverändernden Eingriffen an intergeschlechtlichen Kindern (22.3355) |
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Motion für Übernahme des Verbrechens der Aggression gemäss Römer Statut ins Schweizer Recht (22.3362) |