(sda) Energie: Die Solaroffensive für mehr inländischen Winterstrom hat eine wichtige Hürde genommen. Der Ständerat hat alle Differenzen in der kurzfristig erstellten Vorlage ausgeräumt. Er folgte dabei dem Nationalrat. Das Gesetz soll bereits Ende Woche in Kraft treten. Lanciert hatte die Solaroffensive der Ständerat im Zusammenhang mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative, als Zusatzvorlage. Der Nationalrat nahm am Montag verschiedene Anpassungen zugunsten der Umwelt vor und sorgte damit - in Zusammenarbeit mit der Verwaltung - für die Verfassungsmässigkeit der Beschlüsse. Die kleine Kammer schloss sich am Dienstag allen Änderungen oppositionslos an. Das vorgeschlagene Gesetz über dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Erstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter ist damit bereit für die Schlussabstimmungen vom Freitag. Vorher soll die Vorlage noch für dringlich erklärt werden, damit sie unmittelbar nach der Verabschiedung in Kraft treten kann.

Atomwaffen: Der Ständerat will Antworten zu den Auswirkungen einer Ratifikation des Vertrags über das Verbot von Kernwaffen auf die Schweiz. Er hat oppositionslos ein entsprechendes Postulat des Urner FDP-Ständerats Josef Dittli gutgeheissen. Der Bundesrat war mit dem Auftrag einverstanden und muss nun einen Bericht vorlegen und das weitere Vorgehen definieren. Dittli will insbesondere die Frage geklärt haben, wie sich die Ausgangslage durch den Ukraine-Krieg verändert hat. Zudem will er wissen, welche Auswirkungen der Vertrag auf die Sicherheitsarchitektur Europas und das Verhältnis der Schweiz zur Nato hat.

Kriminalität: Das Parlament will Krisenzentren für die Opfer von Gewalt schaffen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine Motion zum Thema angenommen. Der Bundesrat ist mit dem Auftrag einverstanden. Gemäss der Motion von Marina Carobbio Guscetti (SP/TI) sollen Opfer in den Krisenzentren spezialisierte medizinische und psychologische Erstbetreuung und Unterstützung erhalten. Die Zentren sollen zudem die Dokumentation des Falls und die Sicherung der Spuren garantieren, ohne Verpflichtung zur Anzeige. Justizministerin Karin Keller-Sutter sagte, dass der Bund die Kantone bei der Umsetzung der Hilfe für Opfer von Gewalt unterstützen werde.

Abstammungsrecht: Der Ständerat will das Abstammungsrecht modernisieren. Als Erstrat hat er eine entsprechende Motion des Ausserrhoder FDP-Ständerats Andrea Caroni oppositionslos angenommen. Diese geht damit an den Nationalrat. Caroni will vom Bundesrat einen Reformvorschlag insbesondere betreffend die Anfechtung der Vaterschaftsvermutung, die Regelung der privaten Samenspende und das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung. In diesen Bereichen habe der Bundesrat in einem Bericht auch selber Reformbedarf festgestellt. Die Landesregierung war mit dem Vorstoss einverstanden.

Völkerrecht I: Der Ständerat will das Verbrechen der Aggression unter Strafe stellen. Er hat eine entsprechende Motion von Carlo Sommaruga (SP/GE) angenommen - mit 30 zu 8 Stimmen. In der Schweiz gibt es bisher keine innerstaatliche Zuständigkeit für die Verfolgung von Personen, die ein Verbrechen der Aggression verantworten. Für alle anderen Verbrechen, die im Römer Statut definiert werden, nämlich das Verbrechen des Völkermords, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die Kriegsverbrechen, gibt es dagegen eine solche Zuständigkeit. Der Bundesrat ist mit der Motion einverstanden. Nun ist der Nationalrat am Zug.

Völkerrecht II: Der Bundesrat muss prüfen, ob es im Schweizer Strafrecht Lücken gibt, was die Ahndung von Verstössen gegen zwingendes Völkerrecht angeht. Der Ständerat hat dazu einen Bericht verlangt. Darin soll die Landesregierung namentlich darlegen, ob die Strafbestimmungen zu Folter und Sklaverei ergänzt werden müssen. Oppositionslos überwies die kleine Kammer ein Postulat von Mathias Zopfi (Grüne/GL). Der Bundesrat war mit dem Auftrag einverstanden.

Verkehr: Der Ständerat will prüfen lassen, wie die Veloinfrastruktur in ländlichen Regionen mit Bundesunterstützung ausgebaut werden könnte. Der Bundesrat soll auch Wege aufzeigen, wo in Randregionen ein effizientes Umsteigen vom Auto zum öffentlichen Verkehr sowie zum Fuss- und Veloverkehr möglich ist. Die kleine Kammer hat ein entsprechendes Postulat von Matthias Michel (FDP/ZG) oppositionslos an die Regierung überwiesen. Während in und um Städte die Planung von Mobilitätsdrehscheiben vorwärtsgehe, würden ländliche und wenig besiedelte Regionen aktuell von solchen Projekten noch unzureichend berücksichtigt, machte Michel geltend. Es bestehe eine Finanzierungslücke. Der Bund solle Massnahmen ins Auge fassen.

Elektrofahrzeuge: Der Bundesrat muss in einem Bericht aufzeigen, wie die Batterien von parkierten Elektrofahrzeugen künftig zum Zwischenspeichern von Strom und zur Stabilisierung des Netzes genutzt werden können. Der Ständerat hat oppositionslos ein Postulat von Adèle Thorens Goumaz (Grüne/VD) gutgeheissen. Bei dem Vorstoss geht es um sogenannte "vehicle to grid"- und Smart-Charging-Technologien. Diese erlauben nicht nur das Laden, sondern auch das Einspeisen von Strom. Privatfahrzeuge seien 95 Prozent der Zeit parkiert, begründete Thorens Goumaz das Postulat. Der Bundesrat war mit dem Auftrag einverstanden.

Parlamentsaufsicht: Zur Klärung von Ereignissen von grosser Tragweite können die Finanz- und Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte auch künftig keine gemeinsame Subkommission einsetzen. Nach jahrelangem Hin und Her hat der Ständerat eine entsprechende Idee endgültig versenkt. Mit 26 zu 18 Stimmen lehnte er den Vorschlag der Einigungskonferenz ab. Am heutigen Aufsichtssystem wird also nichts geändert. Schon bisher setzten die Geschäftsprüfungskommissionen und die Finanzkommissionen der Räte bei Bedarf Arbeitsgruppen ein, etwa bei der Finanzkrise und beim Geschehen rund um die Hochseeschifffahrt.

Entwicklungszusammenarbeit: Der Ständerat will den lokalen Privatsektor in den Schwerpunktländern der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz stärken. Der Bundesrat soll diesen Bereich im Rahmen der neuen Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2025-2028 priorisieren. Die kleine Kammer hat eine entsprechende Motion von Carlo Sommaruga (SP/GE) oppositionslos und mit der Unterstützung des Bundesrats angenommen. Laut Aussenminister Ignazio Cassis wird der Bundesrat im Februar 2023 die finanziellen Eckwerte für die mehrjährigen Finanzbeschlüsse festlegen. Die Förderung des lokalen Privatsektors werde im Rahmen der Überlegungen zu den Prioritäten und thematischen Schwerpunkten berücksichtigt. Die Motion geht an den Nationalrat.

Zuwanderung: Der Ständerat will keine Neuregelung bei den Kontingenten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von ausserhalb der EU. Er hat eine Motion aus dem Nationalrat abgelehnt, der einen flexibleren Bewilligungsmechanismus für Drittstaatenangehörige forderte. Mit dem Entscheid ist der Vorstoss vom Tisch. Die vorberatende Kommission des Ständerats anerkannte zwar das Anliegen. Sie war aber der Ansicht, dass die bereits ergriffenen Massnahmen ausreichten und das heutige Kontingentierungsmodell sinnvoll sei. Unter anderem hat der Bundesrat Erleichterungen für Personen mit einem Schweizer Hochschulabschluss in die Vernehmlassung geschickt.

Klimapolitik: Der Ständerat will keinen Sofortfonds für Massnahmen in Städten und Agglomerationen zur Anpassung an den Klimawandel. Er hat mit 29 zu 12 Stimmen einen Vorstoss abgelehnt, der Bundesgeld etwa für das Pflanzen von mehr Bäumen oder den Bau von Pergolen und Pavillons forderte. Die Motion von Céline Vara (Grüne/NE) ist vom Tisch. Im Nationalrat ist allerdings eine Motion aus den Reihen der Grünen mit dem gleichen Anliegen hängig.

Einbürgerungen: Der Ständerat will wissen, warum sich nicht mehr in der Schweiz geborene oder aufgewachsene Menschen einbürgern lassen. Oppositionslos hat die kleine Kammer ein entsprechendes Postulat ihrer Staatspolitischen Kommission (SPK-S) angenommen. Der Bundesrat war mit dem Auftrag einverstanden. Er muss nun einen Bericht vorlegen. Studien zeigten, dass der Ausschluss grösserer Bevölkerungsgruppen von den politischen Rechten längerfristig zu einem Demokratiedefizit und zu gesellschaftlicher Spaltung führe, begründete die Kommission ihren Vorstoss.

Prozessrecht I: Das Parlament will die Berechnung von Fristen in der Schweizer Rechtsordnung vereinheitlichen. Als Zweitrat hat der Ständerat eine entsprechende Motion der Rechtskommission des Nationalrats (RK-N) oppositionslos angenommen. Nun muss sich der Bundesrat an die Umsetzung machen. Konkret geht es in dem Vorstoss um den Umgang mit A+-Briefen, die an einem Samstag, Sonntag oder anderen Feiertag zugestellt werden. Künftig sollen diese in allen Rechtsgebieten als am folgenden Werktag zugestellt gelten und dazu alle einschlägigen Bestimmungen in Bundesgesetzen angepasst werden.

Prozessrecht II: Der Nationalrat will mit einem Pikettdienst an Gerichten vorsorglichen Rechtsschutz ausserhalb der Bürozeiten gewährleisten. Dies soll namentlich für Persönlichkeitsverletzungen gelten, aber auch bei häuslicher Gewalt und im Familienrecht. Der Ständerat möchte hingegen noch abwarten mit einem verbindlichen Auftrag. Er hat eine entsprechende Motion oppositionslos abgelehnt. Der Vorstoss ist damit vom Tisch. Die Mehrheit war der Ansicht, dass der vom Nationalrat ebenfalls bestellte Postulatsbericht des Bundesrats abgewartet werden sollte. Insbesondere müssten die Kantone konsultiert werden.

Nahostkonflikt: Der Bundesrat muss die Kriterien für die Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen durch die Schweiz nicht präzisieren. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat oppositionslos abgelehnt. Der Vorstoss ist damit vom Tisch. Motionär Michel Matter (GLP/GE) wollte namentlich Hasspropaganda durch solche Organisationen verhindern. Er verlangte von ihnen die Übernahme der Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance. Der Bundesrat und die Aussenpolitische Kommission des Ständerats (APK-S) waren der Ansicht, es bestünden ausreichende Kontrollmechanismen.

Terrorismus: Der Ständerat hält am Auftrag an den Bundesrat fest, sich für einen besseren Rechtsschutz bei Uno-Sanktionen gegen Terrorverdächtige starkzumachen. Er hat die Frist für eine Motion aus dem Jahr 2009 um ein weiteres Jahr verlängert. Der Vorstoss geht auf den früheren Tessiner FDP-Ständerat Dick Marty zurück. Eine Minderheit um Ständerat Thomas Minder (parteilos/SH) vertrat hingegen die Meinung, dass die zuständigen Verwaltungsstellen alles getan hätten, damit das Anliegen erfüllt werde. Ferner habe die Schweiz im Rahmen der zweijährigen Mitgliedschaft im Uno-Sicherheitsrat die Möglichkeit, sich diesbezüglich einzubringen. Mit 21 zu 16 Stimmen schloss sich die kleine Kammer ihrer Kommissionsmehrheit an. Über die Fristverlängerung entscheidet nun noch der Nationalrat.

Jahresziele: Die Bewältigung der Folgen des Ukraine-Kriegs steht im Fokus der Jahresziele des Bundesrats für 2023. Das sagte Bundespräsident Ignazio Cassis im Ständerat. Herausforderungen stünden insbesondere in der Aussen- und der Migrationspolitik, aber auch bei der Energieversorgung an. Die Jahresziele der Landesregierung orientieren sich an den Leitlinien der Erhaltung des Wohlstands, des nationalen Zusammenhalts und der Sicherheit. Als zentrales Projekt für das kommende Jahr nannte Cassis unter anderem die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer.

Die Traktanden der Vereinigten Bundesversammlung für Mittwoch, 28. September (08:00 bis 08:30):

Bern Wahl eines ordentlichen Richters/einer ordentlichen Richterin ans Bundesstrafgericht (22.203)
Wahl von drei ordentlichen Richtern/Richterinnen ans Bundesgericht (22.204)
Gesamterneuerungswahl der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft für die Amtsdauer 2023 bis 2026 (22.207)

Die Traktanden des Ständerats für Mittwoch, 28. September (08:45 bis 11:45 - am Nachmittag Fraktionsausflüge):

Bern Besteuerung grosser Unternehmensgruppen - OECD-Projekt zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft (22.036)
Motion zur Finanzplanung (22.3542)
Motion zu Transparenz über ausländische Beteiligungen (22.3637)
Ausserordentliche Session zum Vier-Milliarden-Nachtragskredit für das Darlehen an die Axpo (22.042)
Parlamentarische Initiative zu Renditen auf Mieteinnahmen (21.476)