(sda) Europadebatte: Der Nationalrat hat die Präsentation der Jahresziele für 2023 des Bundesrates für eine Debatte über die Europapolitik genutzt. Von fast allen Fraktionen musste sich Bundespräsident Ignazio Cassis am Mittwoch Kritik anhören. Es gelte, den Stillstand im Verhältnis der Schweiz zur EU zu überwinden. Der Bundesrat unternehme zu wenig, lautete der Tenor bei SP, Mitte, Grünen und GLP. Die SVP ihrerseits kritisierte erneut die Russland-Sanktionen und erteilte einer weiteren Annäherung an die EU eine Absage. Cassis bekräftigte das Ziel, Regelungen zu institutionellen Fragen in den einzelnen bilateralen Abkommen zu verankern.

Energiepreise: Angesichts steigender Preise für Gas und Strom ertönen aus dem Nationalrat nicht nur Hilferufe, sondern auch Vorwürfe an den Bundesrat. Dieser habe trotz sich abzeichnender Krise nicht genügend vorgesorgt. Die Energieministerin und der Wirtschaftsminister kontern. Alle Fraktionen hatten zum Thema dringliche Interpellationen eingereicht. Zur Sprache kamen gezielte Hilfen für Haushalte und die Wirtschaft, aber auch Kurzarbeitsentschhädigung für Unternehmen, die wegen höherer Energiepreise weniger produzieren können. Beim Bund prüft eine interdepartementale Arbeitsgruppe mögliche Massnahmen. Sie soll bis Ende Oktober ihre Ergebnisse vorlegen.

Energie: Die gesetzlichen Grundlagen für den mit zehn Milliarden Franken dotierten Rettungsschirm für systemrelevante Stromunternehmen sollen am kommenden Samstag (1. Oktober) in Kraft treten, wenn sie am Freitag die Schlussabstimmung überstehen. Der Nationalrat hat die Vorlage mit 127 zu 47 Stimmen und 10 Enthaltungen für dringlich erklärt. Gegen Dringlichkeit stimmten vor allem Mitglieder der SVP-Fraktion. Der Ständerat hiess die Dringlichkeit mit 32 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen gut. Die Konditionen für die Inanspruchnahme der Hilfe vom Bund sind allerdings finanziell unattraktiv. Es soll zudem nur Geld fliessen, wenn ein Unternehmen alles Zumutbare unternommen hat, um seine Liquiditätsprobleme zu lösen und nicht überschuldet ist.

Energie - Solar-Offensive: Eine Solar-Offensive soll die Produktion von mehr einheimischem Winterstrom anheizen, und dies möglichst rasch. Der Nationalrat hat die vom Ständerat konzipierte Vorlage für einen Solar-Zwang für bestimmte Neubauten sowie eine erleichterte Bewilligungen und finanzielle Unterstützung für Gross-Solaranlagen in den Bergen für dringlich erklärt. Er tat dies mit 165 zu 14 Stimmen und 6 Enthaltungen. Sagt am Donnerstag auch der Ständerat Ja, kann die Vorlage am Samstag (1. Oktober) in Kraft treten, wenn sie durch die Schlussabstimmung kommt. Die Bestimmungen zur Solar-Offensive gelten bis Ende 2025. Sie sollen dann vom Stromversorgungsgesetz abgelöst werden.

Vereinigte Bundesversammlung

Richterwahlen: Das Bundesgericht in Lausanne erhält zwei neue Richterinnen und einen neuen Richter, das Bundesstrafgericht einen neuen Richter für die Berufungskammer. Alle vier sind von der Vereinigten Bundesversammlung gewählt worden. Federica De Rossa (SP), Karin Scherrer Reber (FDP) und Christian Kölz (Grüne) wurden als neue ordentliche Richterinnen respektive ordentlicher Richter ans Bundesgericht in Lausanne gewählt. Der promovierte Jurist Andrea Ermotti wird neuer ordentlicher Richter der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts in Bellinzona.

Bundesanwaltschaft: Die Vereinigte Bundesversammlung hat die Mitglieder der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) für die Amtsperiode 2023 bis 2026 bestimmt. Im Amt bestätigt wurden Bundesrichterin Alexia Heine, Anwalt Jörg Zumstein und Anwältin Luzia Vetterli sowie die Fachleute Isabelle Augsburger-Bucheli, Marc Thommen und Lionel Seeberger. Die Ergänzungswahl für die siebte Stelle soll nach Angaben der Gerichtskommission in der Wintersession erfolgen. Dieser Sitz ist nach dem angekündigten Rücktritt von Stefan Heimgartner aus der AB-BA derzeit vakant.

Die Traktanden des Nationalrats für Donnerstag, 29. September (08:00 bis 13:00 und 15:00 bis 19:00):

Bern Abschaffung des Eigenmietwerts (17.400)
Embargogesetz, Differenzen (19.085)
Motion zur Einführung des "Hörnerfrankens" (21.3197)
Motion für stärkere Digitalisierung im Tourismus über Innotour (21.3743)
Motion für mehr umweltschonende landwirtschaftliche Maschinen und Verfahren (21.4383)
Motion für eine kohärente, umfassende und eigenständige Sanktionspolitik (22.3395)
Motion für sozialpartnerschaftliche Lösungen im EU-Dossier (22.3871)
Motion für mehr Transparenz bezüglich der verwendeten und nicht verwendeten Mittel des Horizon-Pakets (22.3876)
Motion für Massnahmen gegen Gender-Medizin (22.3868)
Parlamentarische Vorstösse aus dem WBF (gebündelte Abstimmungen)
Parlamentarische Initaitiven erste Phase (gebündelte Abstimmungen ca. 18:45)