(sda) Der Bund soll künftig Kantone, welche bei einer ausserordentlich hohen Zahl von illegalen Grenzübertritten Ausreisezentren für Flüchtlinge einrichten, finanziell unterstützen können. Dafür hat sich nach dem Nationalrat am Dienstag auch der Ständerat ausgesprochen.

Es geht um Zentren, in denen ausreisepflichtige Personen kurzfristig festgehalten werden, bevor die Schweizer Behörden sie einem Nachbarstaat übergeben. Noch ist die entsprechende Änderung des eidgenössischen Ausländergesetzes aber nicht unter Dach.

Der Ständerat sprach sich am Dienstag mit 23 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung dafür aus, dem Bund die Kompetenz zu geben, in diesen Zentren auch Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren kurzfristig festzuhalten. Dies, wenn es die Umstände erfordern. Die Vorlage geht deshalb zurück an den Nationalrat.

Dort war im September ein Minderheitsantrag von SP und Grünen angenommen worden, mit dem diese Festhaltung von Minderjährigen verboten werden sollte.

Im Ständerat sagte der Sprecher der Mehrheit der Staatspolitischen Kommission (SPK-S), Damian Müller (FDP/LU), in den Jahren 2019 und 2020 seien nur gerade zweimal unter 15-jährige Kinder oder Jugendliche festgehalten worden. Im vergangenen Jahr sei kein einziger Fall erfasst worden.

Bundesrätin Karin Keller-Sutter sagte, manchmal sei diese Festhaltung nötig, um die Identität der Personen festzustellen. Es gehe auch darum, Kinder nicht von ihren Eltern zu trennen.

Folge der Flüchtlingsströme von 2016

Mit der Gesetzesänderung will der Bundesrat eine 2018 vom Parlament gutgeheissene Motion des früheren Tessiner FDP-Ständerats Fabio Abate umsetzen. Im Tessin waren Mitte 2016 im Zuge einer grossen Flüchtlingswelle viele illegale Grenzübertritte registriert worden. Der Kanton Tessin richtete in der Folge in Mendrisio-Rancate TI eine temporäre Unterkunft für diese Personen ein.

Die meisten blieben nur eine Nacht in der Unterkunft und wurden am folgenden Tag den italienischen Behörden übergeben. Abate argumentierte, das Tessin leiste mit diesem Zentrum der Schweiz einen Dienst und solle deshalb vom Bund finanziell unterstützt werden.

Der Ständerat stimmte der Vorlage einstimmig zu. Der Nationalrat hatte sie im September mit 182 zu einer Stimme bei zwei Enthaltungen angenommen. Auch der Bundesrat unterstützte 2018 die Motion.