(sda) Der Ständerat will den Bundesrat nicht zu mehr Unterstützung für die iranische Zivilgesellschaft im Kampf für die Rechte der Frauen und die Menschenrechte generell verpflichten. Anders als der Nationalrat hat er einen entsprechenden Vorstoss mit knappem Mehr abgelehnt.

Zu befinden hatte die kleine Kammer am Donnerstag über eine Motion ihrer Aussenpolitischen Kommission (APK-S). Diese wollte den Bundesrat beauftragen, Massnahmen zu ergreifen, soweit diese sinnvoll und angemessen sind. Der Ständerat verwarf den Vorstoss knapp mit 20 zu 19 Stimmen bei einer Enthaltung.

In der vergangenen Woche hatte der Nationalrat eine ähnliche Motion seiner eigenen Aussenpolitischen Kommission gutgeheissen. Diese verlangt allerdings zusätzlich die Übernahme aller Sanktionen, die die EU im Zusammenhang mit der gewaltsamen Unterdrückung der Protestbewegung im Iran ergriffen hat.

Über die Sanktionspolitik hatte der Ständerat am Donnerstag nicht zu befinden. Er wird sich mit der Frage zu einem späteren Zeitpunkt befassen - bei der Behandlung der Motion aus dem Nationalrat.

Kritik an Symbolpolitik

Mit dem Entscheid vom Donnerstag setzte sich eine ablehnende Minderheit der Kommission durch. Diese sah in dem Vorstoss reine Symbolpolitik. Eine Annahme des Vorstosses könnte sich als kontraproduktiv erweisen, sagte Marco Chiesa (SVP/TI).

Die Schweiz müsse die diplomatischen Türen offenhalten, um ihre Vermittlerrolle spielen zu können, kritisierte Thomas Minder (parteilos/SH). Ohnehin bewirke die Sanktionspolitik gegen den Iran kaum etwas.

Auch der Bundesrat stellte sich gegen die Kommissionsmotion. Er verwies auf den Menschenrechtsdialog mit Teheran. "Dieser Dialog ist nicht wirkungslos", betonte Aussenminister Ignazio Cassis. Man habe auch konkrete Fälle von Hinrichtungen bedrohter Personen diskutieren können. Es gebe nur wenige Staaten, die ihre Kritik an der iranischen Regierung so offen anbringen könnten.

Eine Unterstützung von Menschenrechtsorganisationen sei zudem risikoreich, da Aktivistinnen und Aktivisten Repressalien drohten, gab Cassis zu bedenken. Die Schweiz habe die Menschenrechtsverletzungen im Iran mehrfach verurteilt.

Hunderte Menschen getötet

Angesichts der Art und Weise, wie das iranische Regime Menschenrechte mit Füssen trete, sei eine Unterstützung der Zivilgesellschaft das Mindeste, was die Schweiz tun könne, warb Andrea Gmür-Schönenberger (Mitte/LU) erfolglos für die Annahme der Motion.

Hintergrund der Diskussion ist die jüngste Protestwelle im Iran. Ausgelöst hatte die Massenkundgebungen gegen das islamische Herrschaftssystem der Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini.

Amini war im September 2022 in Teheran festgenommen worden, weil sie angeblich ihr Kopftuch nicht korrekt getragen hatte. Wenige Tage später starb sie in Polizeigewahrsam. Laut ihrer Familie war die junge Frau vor ihrem Tod misshandelt worden. Laut Menschenrechtsorganisationen töteten Angehörige der Sicherheitskräfte seit Beginn der Proteste hunderte Demonstrierende.