Noch im Juni dieses Jahres war der Ständerat auf die Vorlage eingetreten, welche einen Beitrag im Kampf gegen den Fachkräftemangel darstellen soll. Der Nationalrat hatte ihr schon im März zugestimmt.
Der Bundesrat will mit ihr erreichen, dass Menschen aus dem Nicht-EU- und Nicht-Efta-Raum leichter eine Arbeitsbewilligung erhalten, wenn sie einen Schweizer Abschluss auf höherer Bildungsebene aufweisen.
Auslöser für die geplante Gesetzesänderung war ein Vorstoss von Nationalrat und Unternehmer Marcel Dobler (FDP/SG). Dieser argumentierte, wenn die Schweiz teure Spezialistinnen und Spezialisten ausbilde, sollten diese auch hier arbeiten können. Nachdem der Nationalrat eine Motion von ihm überwiesen hatte, arbeitete der Bundesrat die Vorlage aus.
Laut Caroni ist Ausnahme unnötig
Schon im Juni hatte die vorberatende Kommission des Ständerats beantragt, auf die Vorlage wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nicht einzutreten. Doch scheiterte sie damals: Der Ständerat trat mit 24 zu 20 Stimmen auf die Vorlage ein.
Nun aber stimmte die kleine Kammer stillschweigend dem Rückweisungsantrag ihrer staatspolitischen Kommission zu. Diese ist laut den Aussagen ihres Präsidenten Andrea Caroni (FDP/AR) mit deutlicher Mehrheit der Auffassung, dass eine neue Ausnahme von einer in der Bundesverfassung festgehaltenen Bestimmung nicht zulässig ist.
Gemeint ist die Bestimmung, dass die Zahl der Bewilligungen für den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz durch jährliche Höchstzahlen und Kontingente begrenzt wird.
Zudem sei es gar nicht nötig, eine neue Ausnahme zu schaffen. Denn die Höchstzahl der zulässigen Aufenthaltsbewilligungen werde Jahr für Jahr nicht erreicht.
Die Vorlage geht laut Caronis Worten vom Dienstag nun in den Nationalrat. Wenn sich die grosse Kammer der Position des Ständerats anschliesse, werde der Bundesrat die Vorlage überarbeiten, versprach Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider.
Im Juni hatten andere Ständeratsmitglieder Caroni noch widersprochen - am vehementesten Daniel Jositsch (SP/ZH): Das Ausländer- und Integrationsgesetz enthalte schon viele Ausnahmen. Es sei zulässig, eine weitere vorzunehmen.
Auch der Bundesrat äusserte damals die Ansicht, die geplante Änderung sei verfassungsrechtlich möglich. Es gehe um etwa 400 bis 500 Personen und um Menschen mit Schweizer Ausbildung, die in der Regel bereits gut in die Schweizer Gesellschaft integriert seien.
Zum Beispiel Informatiker und Ärztinnen
Gemäss dem vom Bundesrat vorgelegten und vom Nationalrat noch leicht abgeänderten Gesetzesentwurf sollen von der Lockerung Personen profitieren, wenn sie in einer Branche mit Fachkräftemangel arbeiten. Auch muss ihre Erwerbstätigkeit "von hohem wissenschaftlichem oder wirtschaftlichem Interesse" für die Schweiz sein.
Im Auge hatten Bundesrat und Nationalrat beispielsweise Informatikerinnen, Techniker oder auch Medizinerinnen.
Der Nationalrat sprach sich im März dafür aus, dass von den Ausnahmen nicht nur Absolventinnen und Absolventen der Universitäten und der Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH) profitieren können. Die grosse Kammer will diese Ausnahmen auch Absolventen von Bildungsgängen der gesamten Tertiärstufe gewähren.
Gemeint sind damit auch Personen mit eidgenössischem Fachausweis, eidgenössischen Diplomen sowie Abschlüssen von höheren Fachhochschulen wie etwa einer Hotelfachschule.
Auch Postdoktoranden sollen einbezogen werden. Der Nationalrat will zudem, dass die genannten Personen bleiben können, "wenn es sich um eine qualifizierte Erwerbstätigkeit mit Bezug zum Hochschulabschluss handelt".
Hoteliers warben für Vorlage
Der Branchenverband Hotelleriesuisse warb im Juni vor dem Ständeratsentscheid für die vom Nationalrat ausgearbeitete Vorlage. Die Integration von Drittstaatenangehörigen mit schweizerischem Abschluss stelle ein wirksames Mittel dar, Schweizer Betriebe gezielt mit hochqualifizierten und integrierten Fachkräften zu versorgen.