​Der Freitag, 16. März 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

(sda) Mit den Schlussabstimmungen zu 23 Vorlagen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die dreiwöchige Frühjahrssession abgeschlossen. Der Nationalrat hatte sich zuvor noch mit verschiedenen Vorstössen und Petitionen befasst.

  •  ROHSTOFFHANDEL: Der Nationalrat will nicht, dass der Bundesrat die Rolle der Schweiz als Drehscheibe des Rohstoffhandels unter die Lupe nimmt. Er hat am Freitag ein Postulat von Hildegard Fässler (SP/SG) mit 98 zu 93 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgelehnt. Der Vorstoss ist damit vom Tisch. Der Bundesrat hatte sich bereit gezeigt, einen Bericht zu verfassen und die Annahme des Postulats beantragt. Eine sorgfältige Abklärung liege auch im Interesse der Rohstoffhandelsfirmen, hielt er in seiner Antwort fest. Ziel sei es, allfällige Missstände aufzuzeigen, Korrekturen einzuleiten und ungerechtfertigten Vorwürfen gegen die Firmen vorzubeugen. Die Mehrheit im Nationalrat sah dafür jedoch keine Notwendigkeit.
  • VOLKSABSTIMMUNG: Der Nationalrat will die Stichfrage bei Volksabstimmungen nicht abschaffen. Er hat es mit 138:55 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt, einer parlamentarischen Initiative von Roland Borer (SVP/SO) Folge zu geben. Der Initiant schlug vor, bei Abstimmungen mit Volksinitiative und Gegenvorschlag keine Stichfrage mehr zu stellen. Vielmehr sollte bei einem doppelten Ja jene Vorlage obsiegen, die mehr Stimmen erhalten hat. Das heutige System führe dazu, dass die Nein-Stimmenden mehr Einfluss auf das Abstimmungsresultat nehmen könnten. Denn sie könnten beide Vorlagen ablehnen, aber bei der Stichfrage ein Kreuz setzen und damit festlegen, was sie als «kleineres Übel» akzeptieren.
  • TRANSPARENZ: Das Volk soll entscheiden, ob Parlamentarier und Parlamentarierinnen ihre Nebeneinkünfte aus Mandaten offenlegen müssen. Der Nationalrat lehnte eine parlamentarische Initiative mit 96 gegen 84 Stimmen ab, die denselben Wortlaut hat wie die Transparenz-Volksinitiative, für die die Sammelfrist derzeit läuft. Wenn die SVP und die SP seinen Vorstoss unterstützten, könne das Anliegen des Volksbegehrens rascher umgesetzt werden. Dabei könnten Kosten und Aufwand gespart werden, meinte Andy Tschümperlin (SP/SZ) als Urheber der parlamentarischen Initiative.
  • RUMÄNIEN: Der Bundesrat muss untersuchen, in welcher Form eine Zusammenarbeit mit Rumänien beim Bevölkerungsschutz und der Bekämpfung von Bränden möglich wäre. Insbesondere soll er sich mit der Frage befassen, ob Material nach Rumänien geliefert werden könnte. Der Nationalrat hat ein entsprechendes Postulat von Stéphane Rossini (SP/VS) mit 106 zu 85 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen. Es geht dabei um das Programm Opération Villages Roumains, einen Austausch von schweizerischen und rumänischen Gemeinden. Der Bundesrat hatte sich nicht gegen den Auftrag gestellt.
  • BASEL-MÜLHAUSEN: Der Nationalrat sieht kein Problem bei der Zusammensetzung des Verwaltungsrates für den Flughafen Basel-Mülhausen. Er hat eine Motion von Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) abgelehnt, mit welcher der Bundesrat beauftragt werden sollte, die Zusammensetzung der Schweizer Delegation im Verwaltungsrat zu überprüfen und bei der nächsten Erneuerungswahl eine angemessene Vertretung der Anwohnergemeinden sicherzustellen.
  • STRAFVOLLZUG: Der Nationalrat hat die Petition des Vereins Reform 91 für ein eidgenössisches Strafvollzugsgesetz mit 107 gegen 48 Stimmen abgelehnt. Der Verein hatte geltend gemacht, dass zwischen den Kantonen und Konkordaten Schwierigkeiten bei der Kommunikation und bei den Zuständigkeiten bestünden. Hintergrund seiner Forderung war der Fall eines als gefährlich geltenden verwahrten Straftäters aus dem Kanton Bern, der im Juni 2011 im Kanton Neuenburg entflohen war.
  • PETITIONEN: Der Nationalrat hat drei Petitionen der Jugendsession abgelehnt. Mit 88 gegen 80 Stimmen sprach er sich gegen eine Bittschrift für einen aus der Erwerbsersatzordnung (EO) finanzierten Vaterschaftsurlaub aus. Mit 117 zu 56 Stimmen lehnte er die Forderung der Jugendsession nach einkommensunabhängigen Mindestansätzen für Kinderzulagen ab. Als erfüllt betrachtete er schliesslich die Forderung der Jugendlichen, Volksinitiativen auf Vereinbarkeit mit dem Völkerrecht zu überprüfen. Diese Petition wurde stillschweigend abgelehnt. Eine vierte Petition einer Privatperson, die die Mitbestimmung für Rentner und Rentnerinnen in den Stiftungsräten von Pensionskassen verlangt hatte, lehnte der Rat ebenfalls stillschweigend ab.

 

Der Donnerstag, 15. März 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

(sda) Wie viel Schweiz muss drin sein, damit Schweiz draufstehen darf? Diese Frage hat der Nationalrat am Donnerstag im Zusammenhang mit dem revidierten Markenschutzrecht diskutiert. Er entschied dabei, dass bestimmte Lebensmittel als "swiss made" verkauft werden können, wenn 60 Prozent des Gewichts der Rohstoffe aus der Schweiz stammen. Damit blieb er unter der Vorgabe des Bundesrates. Die Quote von 60 Prozent gilt nur für stark verarbeitete Lebensmittel. Für schwach verarbeitete Nahrungsmittel gilt ein Mindestanteil von 80 Prozent. Die Unterscheidung zwischen "stark" und "schwach verarbeitet" ist im Konzept der Rechtskommission verankert, dem der Rat zugestimmt hatte. Wie "stark" und "schwach" unterschieden werden, muss der Bundesrat festlegen. Der Bundesrat und Vertreter von SVP, SP und Grünen hätten für alle Lebensmittel einen Anteil von 80 Prozent Schweizer Rohstoffen gewünscht. 

  • MANAGERLÖHNE: Der indirekte Gegenvorschlag zur Abzocker-Initiative steht. Die Räte haben die letzte Differenz bereinigt. Die Gesetzesrevision erfüllt die meisten Forderungen der Initiative, lässt den Aktionären aber mehr Spielraum. Die letzte Differenz zwischen den Räten betraf Regeln für Abgangsentschädigungen und Vorauszahlungen. Weil sich National- und Ständerat nicht einigen konnten, musste eine Einigungskonferenz aus Mitgliedern beider Räte einen Vorschlag erarbeiten. Diese entschied sich für die Version des Ständerats. Der Nationalrat zeigte sich aber einverstanden: Er nahm den Antrag der Einigungskonferenz diskussionslos an. Damit ist der indirekte Gegenvorschlag zur Abzocker-Initiative bereit für die Schlussabstimmung.
  • BOTSCHAFTSSCHUTZ: Der Einsatz von Mitgliedern des Schweizer Armee-Aufklärungsdetachements (AAD 10) und des Spezialdetachements der Militärpolizei zur Bewachung der Schweizer Botschaft in Tripolis ist genehmigt. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat dem Bundesbeschluss der Regierung zugestimmt. Ein Nichteintretensantrag aus den Reihen der SVP scheiterte deutlich. Die Partei selbst war gespalten in der Frage, ob Schweizer Soldaten das Botschaftspersonal und -gebäude bewachen sollten. Alle anderen Parteien stimmten dafür.
  • KAMPFJETS: Verteidigungsminister Ueli Maurer hat im Nationalrat Kritik einstecken müssen. In einer dringlichen Debatte befasste sich der Rat mit dem geplanten Kauf von Kampfjets. Auslöser waren Berichte, die belegten, dass der Gripen im Evaluationsverfahren schlecht abgeschnitten hatte. Die schlechten Noten bezogen sich allerdings nicht auf das Modell, das die Schweiz kaufen will. Die Veröffentlichung vertraulicher Berichte sei der Sache nicht dienlich gewesen, sagte Ida Glanzmann (CVP/LU) dazu. die Kommunikation bezeichnete sie als "verwirrend". Peter Malama (FDP/BS) sprach von einer "mangelhaften" Kommunikation, die einem Steilpass für Armeegegner gleichkomme.
  • WEITERBILDUNG: Den Dachverbänden der Weiterbildung können die Subventionen des Bundes für das laufende Jahr ausbezahlt werden. Beide Kammern haben ein Gesetz, das die Überbrückungslösung zulässt, gutgeheissen und ohne Gegenstimme für dringlich erklärt. Der Nationalrat beschloss die Dringlichkeit mit 174 zu 0 Stimmen. Der Ständerat hatte dies zuvor mit 41 gegen 0 Stimmen beschlossen. Nötig ist das Gesetz, weil mit dem neuen Kulturförderungsgesetz die Rechtsgrundlage für Unterstützung der Dachverbände aufgehoben worden ist. In den Jahren 2013 bis 2016 sollen die Subventionen mit der Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) weitergeführt werden.
  • ABSTIMMUNGSFINANZIERUNG: Der Nationalrat hat mit 97 zu 72 Stimmen eine Motion der Staatspolitischen Kommission des Ständerates abgelehnt, welche die Offenlegung der Finanzierungsquellen von Abstimmungskampagnen forderte. Die Mehrheit des Rates folgte dem Bundesrat, der die Machbarkeit bezweifelte angesichts der Anzahl Abstimmungen und der verschiedenen Abstimmungskomitees. Zudem schmälere ein staatlicher Zwang zur Offenlegung die Spendebereitschaft. Die Minderheit forderte mehr Transparenz in der direkten Demokratie. Sie schlug vor, dass lediglich Spenden über 10'000 Franken bei der Bundeskanzlei gemeldet werden müssten. Die Motion ist damit vom Tisch.
  • GESAMTARBEITSVERTRÄGE: Der Nationalrat hat eine dringliche Interpellation der FDP zur Praxis der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Gesamtarbeitsverträgen diskutiert. Dem zuständigen Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) warfen die Bürgerlichen vor, zu grosszügig bei der Allgemeinverbindlichkeit zu sein. Die Ratslinke erinnerte daran, dass GAV dem Schutz der Arbeitnehmer und der Löhne dienten. Diesem Schutz komme mit der Personenfreizügigkeit und dem offenen Arbeitsmarkt eine besondere Bedeutung zu. Bundesrat Johann Schneider-Ammann wehrte sich gegen die Vorwürfe. Die Praxis des SECO sei unverändert und streng.
  • JUGEND UND MUSIK: Der Nationalrat hat den direkten Gegenentwurf zur Volksinitiative "jugend + musik" in der Schlussabstimmung mit 139 zu 37 Stimmen gutgeheissen. Die Volksinitiative selbst empfiehlt er zur Ablehnung.
  • PROSTITUTION: Der Nationalrat will die Prostitution von 16- bis 18-Jährigen verbieten. Wer Liebesdienste von Minderjährigen in Anspruch nimmt, soll bestraft werden. Die grosse Kammer hat vier Vorstösse mit dieser Forderung stillschweigend unterstützt. Der Bundesrat will ebenfalls, dass mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden kann, wer gegen Entgelt sexuelle Dienste von minderjährigen Prostituierten in Anspruch nimmt. In der Vernehmlassung begrüssten die vier grossen Parteien die neue Regelung.
  • SCHULDEN: Unter 25-Jährige sollen Kreditkarten nur mit gewissen Einschränkungen benützen können. Mit dieser Massnahme will der Nationalrat verhindern, dass die jungen Leute sich verschulden. Er unterstützte eine parlamentarische Initiative mit 87 zu 61 Stimmen. Der Vorstoss verlangt, dass das Konto von unter 25-Jährigen belastet wird, sobald sie mit Plastikgeld bezahlt haben. Eine Zahlung soll nicht möglich sein, wenn der Kontostand im Minus oder bei Null ist, und der Kontostand soll in Echtzeit angezeigt werden. Das soll ins Konsumkreditgesetz geschrieben werden.
  • RELIGION: Der Verfassungsartikel zu Kirche und Staat soll nicht durch einen neuen Religionsartikel ersetzt werden. Der Nationalrat hat eine Standesinitiative des Kantons Baselland abgelehnt. Dieser verlangte für das Verhältnis zwischen den Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften zum Staat verbindlichere Regeln. Der Entscheid fiel mit 108 zu 40 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Weiter lehnte der Nationalrat mit 117 zu 29 Stimmen eine parlamentarische Initiative ab, in der der frühere EVP-Nationalrat Walter Donzé (BE) Verfassungs- und Gesetzesänderungen forderte, um "bewährte christliche und freiheitliche Werte" zu schützen.
  • STEUERN: Der Nationalrat hat drei Standesinitiativen mit Steueranliegen abgelehnt. Zum ersten lehnte er mit 107 zu 51 Stimmen einen Vorschlag des Kantons Neuenburg ab, den Kantonen die Einführung einer Quellensteuer für natürliche Personen ermöglichen. Zum zweiten sagte die grosse Kammer mit 101 zu 47 Stimmen Nein zu einer Vereinfachung des Steuersystem nach baselstädtischem Modell. Steuerausnahmen und -abzüge sollten auf ein Minimum reduziert werden, um die Transparenz, Effizienz und Gerechtigkeit zu fördern. Zum dritten erteilte er dem Kanton Zürich eine Absage, der eine Easy Swiss Tax forderte: Einkommen sollten mit Einheitstarifen besteuert werden und nur fixe Einheitsabzüge zulassen, um das Steuersystem zu vereinfachen. Die Absage erfolgte jedoch knapp mit 77 zu 74 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Die Mehrheit wies bei den beiden letzten Vorlagen darauf hin, dass bereits ähnlichlautende Motionen an den Bundesrat überwiesen worden waren.
  • NATO: Der Nationalrat hat diskussionslos den Bericht der Schweizer Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der NATO zur Kenntnis genommen. 

 

Der Ständerat in Kürze

(sda) Nach der Nationalratsdebatte zur Affäre Hildebrand vom Mittwoch hat sich am Donnerstag auch der Ständerat dem Thema Nationalbank angenommen. Entscheide gab es keine zu treffen. In der kleinen Kammer herrschte Konsens, an der Unabhängigkeit der Nationalbank nicht zu rütteln. Institutionelle Änderungen seien nicht nötig. Es bestehe auch kein Handlungsbedarf, die Aufsicht grundlegend zu verändern, waren sich die Ständerätinnen und Ständeräte einig.

  • WALD: Das Schweizer Waldgesetz wird gelockert. In manchen Gebieten kann künftig Wald gerodet werden, ohne dass die gleiche Fläche andernorts aufgeforstet werden muss. Ziel ist es, das Vordringen des Waldes einzudämmen. Der Wald ist in den letzten 15 Jahren um eine Fläche von der Grösse des Kantons Schaffhausen gewachsen. Vor allem in Berggebieten nimmt er zu. Darauf hat die Politik nun reagiert. Der Ständerat räumte bei der Revision des Waldgesetzes die letzte Differenz zum Nationalrat aus. Das Gesetz ist damit bereit für die Schlussabstimmung. In Gebieten mit zunehmender Waldfläche können anstelle der Aufforstung künftig auch andere Massnahmen zugunsten des Natur- und Landschaftsschutzes getroffen werden.
  • STRASSENCAFÉS: Besitzt ein Gastronom eine Betriebsbewilligung und eine Bewilligung zur Nutzung des öffentlichen Grundes, soll er ein Strassencafé betreiben dürfen, ohne eine Baubewilligung beantragen zu müssen. Der Ständerat hat eine Motion des Nationalrats gutgeheissen. Das Parlament reagiert damit auf ein Urteil des Bundesgerichts. Dieses ist der Meinung, dass für Strassencafés eine Baubewilligung nötig ist, auch wenn der Gastronomiebetrieb bereits über eine Betriebsbewilligung verfügt. Dies führt nach Ansicht der Räte zu einer unnötigen Flut von Baubewilligungsverfahren. Anders als der Nationalrat will der Ständerat dem Bundesrat nicht vorschreiben, das Anliegen im Raumplanungsgesetz zu regeln. Deshalb geht die Motion in abgeänderter Form an den Nationalrat zurück.
  • LANDSCHAFTSSCHUTZ: Der Ständerat hat die Europäische Landschaftskonvention gutgeheissen. Mit 26 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen gab er dem Bundesrat grünes Licht, die Konvention zu ratifizieren. Die Konvention stellt das erste völkerrechtliche Instrument dar, das für Europa ein modernes Landschaftskonzept vorsieht. Gesetzesänderungen sind in der Schweiz wegen der Ratifizierung nicht nötig. Die Schweiz hat die nötigen Schutzmassnahmen bereits getroffen. Das Geschäft geht nun in den Nationalrat.
  • PREISÜBERWACHER: Der Preisüberwacher kann die Bahntarife weiterhin unabhängig von den Zielen der SBB beurteilen. Der Ständerat hat sich dem Nationalrat angeschlossen. Die Bahnreform 2 ist damit bereit für die Schlussabstimmung. Der Ständerat hatte ursprünglich vorgeschlagen, dass der Preisüberwacher nicht mehr einfach die Bahntarife beurteilen kann, sondern bereits bei der Formulierung der Ziele der SBB einbezogen wird. Er wollte damit verhindern, dass der Bundesrat der SBB Ziele vorgibt und der Preisüberwacher anschliessend sein Veto einlegt, wenn die SBB versucht, diese Ziele zu erreichen. Der Nationalrat war mit dieser Änderung aber nicht einverstanden. Er beharrte darauf, dass der Preisüberwacher die Bahntarife unabhängig von den Zielen beurteilen kann.
  • PHOSPHAT: Der Ständerat hat eine Motion von Werner Luginbühl (BDP/BE) der Umweltkommission zur vertieften Vorprüfung zugeleitet. Luginbühl fordert darin, dass der Bundesrat die Voraussetzungen für einen Pilotversuch schafft, bei den Abwasserreinigungsanlagen am Brienzersee auf die Phosphatfällung zu verzichten. Ziel ist es, dem See wieder mehr Nährstoffe zuzuleiten, damit sich Wasserflöhe wieder vermehren und die Felchen davon profitieren. Vertreter der Grünen und der SP kritisierten, dass mit der Motion Grundsätze des erfolgreichen Gewässerschutzes in der Schweiz ausgehebelt würden. Dazu brauche es vertiefte Abklärungen. Der Rat folgte diesen Vorbehalten und hiess einen Orndungsantrag mit 20 zu 13 Stimmen gut, die Motion vertieft in der Kommission vorzuberaten.
  • KINDERSITZE: Taxis müssen weiterhin Sitzpolster für Kinder mitführen, auch in Städten. Der Ständerat hat eine Lockerung der Kindersitz-Pflicht abgelehnt. Er gab einer parlamentarischen Initiative aus dem Nationalrat keine Folge. Die Kindersitzpflicht war im Frühjahr 2010 verschärft worden. Kinder müssen seither in Kindersitzen oder auf Sitzpolstern fahren, bis sie 12 Jahre alt oder 150 Zentimeter gross sind. Dies sorgte für Diskussionen im Parlament. Der Nationalrat wollte Taxis ganz von der Kindersitzpflicht ausnehmen, doch stellte sich der Ständerat dagegen. In der Folge schlug der Nationalrat Ausnahmen für Taxis auf Stadtgebiet vor. Der Ständerat wollte aber auch davon nichts wissen.
  • PETITIONEN: Der Ständerat hat beschlossen, die Anliegen von elf Petitionen nicht direkt aufzunehmen. Er hat die Petitionen - darunter eine für ein Importverbot von Reptilienhäuten - stillschweigend abgelehnt. Insbesondere sprach sich die kleine Kammer auch gegen zwei Vorstösse der Jugendsession 2009 aus. Darin forderten die Jugendlichen steuerliche Anreize für Firmen, welche die Beschäftigung von Jugendlichen fördern. Im Namen der vorberatenden Kommission führte Stefan Engler (CVP/GR) aus, dass das Anliegen an und für sich unbestritten sei. Die vorgeschlagenen Massnahmen seien aber untauglich.
  • JUGEND UND MUSIK: Der Ständerat hat in der Schlussabstimmung den direkten Gegenentwurf zur Volksinitiative "jugend + musik" mit 30 zu 6 Stimmen gutgeheissen. Die Volksinitiative selbst empfiehlt er zur Ablehnung.
  • BEHINDERTE: Der Ständerat hat eine Standesinitiative aus Zürich abgeschrieben, die grosszügigere Parkierungsregeln für Behinderte verlangt. Die Räte hatten das Anliegen in einer Motion aufgenommen. Damit hatte sich das Anliegen des Kantons Zürich erübrigt.

 

Der Mitttwoch, 14. März 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

(sda) Die Unabhängigkeit der Schweizerischen Nationalbank (SNB) wird nicht beschnitten. Der Nationalrat hat am Mittwoch Vorstösse abgelehnt, mit denen der SNB engere Zügel angelegt werden sollten. Den Entscheiden vorausgegangen ist ein teilweise harter Schlagabtausch zur Affäre um den ehemaligen SNB-Präsidenten Philipp Hildebrand. Über zweieinhalb Stunden lang stritt der Nationalrat darüber, wie die Vorkommnisse zu werten sind, die zum Rücktritt von Hildebrand geführt haben. Aus Sicht der SVP hat Hildebrand als Führungskraft auf der ganzen Linie versagt. Für die meisten Redner der anderen Parteien beging Hildebrand mit den Devisentransaktionen zwar "moralische Fehler" oder verhielt sich "ungeschickt", verletzte aber keine Reglemente oder gar Gesetze. Die von der SVP gewünschte Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) lehnt die Mehrheit ab. Am Donnerstag findet im Ständerat eine ausserordentliche Session zur Nationalbank statt. 

  • NACHRICHTENLOSE VERMÖGEN: Der Nationalrat hat einer Änderung des Bankengesetzes zugestimmt, die lange Geschichte rund um den Umgang mit nachrichtenlosen Vermögenswerten zu einem guten Ende zu bringen. Neu sollen nachrichtenlose Vermögen nach 50 Jahren liquidiert werden können und die Gelder an den Bund fliessen. Mit 88 zu 86 Stimmen hat der Nationalrat gegen den Willen des Bundesrates entschieden, dass der Rechtsanspruch der ehemaligen Kontoinhaberinnen und -inhaber erst nach weiteren 50 Jahren erlischt. Damit sei eine "Quadratur des Kreises" gelungen, sagte Hildegard Fässler (SP/SG). Die Vorlage geht an den Ständerat.
  • ERDBEBENVERSICHERUNG: Die Schweiz soll eine obligatorische Erdbebenversicherung erhalten. Gegen seinen Willen muss der Bundesrat eine gesetzliche Grundlage mit Einheitsprämien ausarbeiten. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat einer entsprechenden Motion zugestimmt. Die Gegner im Rat befanden eine solche Versicherung für nicht notwendig. Sie decke im Schadensfall nur einen Teil der Gebäudeschäden, aber keine Infrastrukturschäden, argumentierten sie. Die Befürworter appellierten jedoch an die Solidarität unter den Regionen und warnten davor, das Problem einfach an den Bund abzuschieben. Für eine Einheitsprämie braucht es eine Bundeskompetenz und damit eine Verfassungsänderung.
  • INNOVATIONSPARK: Der Bund soll die Errichtung eines nationalen Innovationsparks unterstützen können. Der Nationalrat hiess das revidierte Forschungs- und Innovationsförderungsgesetz als Erstrat mit 136 gegen 42 Stimmen gut. Die Nein-Stimmen kamen von der SVP. Kernstück des Gesetzes ist Förderung eines Innovationsparks durch den Bund. Vorgesehen ist, dass der Park mehrere Standorte haben und der Bund nicht dessen Träger sein soll. Die Gesetzesgrundlagen für den Innovationspark hatten die Räte mit einer Motion gefordert.
  • INNOVATION: Das Parlament will mehr Geld für die Innovationsförderung. Beide Kammern unterstützten in der Frühjahrssession Motionen ihrer Wissenschaftskommissionen. Beim Bundesrat rennen sie damit offene Türen ein. Die Vorstösse verlangen, dass weitere Projekte vom Bund gefördert werden, die 2011 im Rahmen des Hilfspakets zur Abfederung der negativen Folgen des starken Frankens nicht berücksichtigt wurden. Der Bundesrat hatte bereits angekündigt, den Räten im Nachtragskredit I für 2012 einen Zusatzkredit von 60 Millionen Franken für Innovationsprojekte zu beantragen. Das Parlament entscheidet in der Sommersession.
  • REGIERUNGSREFORM: Der Bundesrat soll als Kollegialbehörde gestärkt werden. Der Bundespräsident soll von einer Stabsstelle der Bundeskanzlei unterstützt werden. Die Bundeskanzlei selbst erhält mehr Gewicht. Das hat der Nationalrat als Erstrat entschieden. Vorgeschrieben wird den einzelnen Bundesratsmitgliedern zudem die Pflicht, das Kollegium regelmässig über Geschäfte zu informieren. Der Nationalrat verabschiedete entsprechende Änderungen im Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz. Bundesrat und Parlament wollen unter anderem Empfehlungen umsetzen, die die Geschäftsprüfungskommissionen des Parlaments im Nachgang zur UBS-Affäre und zur Libyen-Krise gemacht hatten.
  • MINERALÖLSTEUERN: Künftig sollen 60 statt wie heute 50 Prozent der Erträge aus der Mineralölsteuer dem Strassenverkehr zugute kommen. Mit 89 zu 78 Stimmen hat der Nationalrat einer entsprechenden parlamentarischen Initiative zugestimmt. Es gehe um Verursachergerechtigkeit, erklärten die Befürworter. Wer Erträge erzeuge, solle auch in deren Genuss und Nutzen kommen. Die Gegner hätten es bevorzugt, die Frage der Strassenfinanzierung im Gesamtzusammenhang mit der Finanzierung und dem Ausbau der Bahninfrastruktur (Fabi) einerseits und dem Nationalstrassennetzbeschluss andererseits zu klären. 

 

Der Ständerat in Kürze

(sda) Auch gleichgeschlechtliche Paare sollen Kinder adoptieren dürfen. Der Ständerat hat am Mittwoch mit 21 zu 19 Stimmen eine Motion angenommen, die dies verlangt. Im Vordergrund steht die Stiefkind-Adoption. Die Motion ist zwar offen formuliert: Künftig sollen alle Erwachsenen ungeachtet ihres Zivilstandes und ihrer Lebensform ein Kind adoptieren können. Einzige Bedingung ist, dass die Adoption für das Kind die beste Lösung ist. Die Befürworter im Ständerat machten aber deutlich, dass nicht die Adoption fremder Kinder, sondern jene von Partnerinnen und Partnern im Vordergrund steht. Mit dem Ja des Ständerates hat das Anliegen von Schwulen und Lesben eine erste Hürde genommen. Stimmt auch der Nationalrat zu, muss der Bundesrat den Räten eine Gesetzesrevision vorlegen.

  • DELFINE: Längerfristig sollen in Schweizer Zoos und Freizeitparks keine Delfine mehr leben. Dafür hat sich nach dem Nationalrat auch der Ständerat ausgesprochen. Während die grosse Kammer jedoch ein Haltungsverbot wünscht, entschied sich der Ständerat für ein Importverbot. Er folgte mit 22 gegen 19 Stimmen der Mehrheit seiner Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK). Mit dem Importverbot werde nicht generell die Haltung von Delfinen verboten. Längerfristig würde das Einfuhrverbot aber dazu führen, dass diese Meeressäuger in der Schweiz nicht mehr gehalten werden, fand die Mehrheit. Mit der Differenz wollte sie erreichen, dass der Nationalrat die Frage des Verbots vertieft prüft.
  • LOBBYING: Lobbyisten haben auch künftig ohne Akkreditierung Zugang zum Bundeshaus. Der Ständerat hat mit 19 zu 17 Stimmen eine parlamentarische Initiative für ein neues System abgelehnt. Heute darf jedes Parlamentsmitglied zwei Personen eine Zutrittskarte zum Bundeshaus ausstellen lassen. Die Karten werden meist an Lobbyisten verteilt. An wen sie gehen, ist seit Beginn der neuen Legislatur transparent: die Liste der Personen, die eine Zutrittskarte haben, wird im Internet veröffentlicht. Damit könne sich eine breite Öffentlichkeit unkompliziert darüber informieren, welchen Personen Parlamentsmitglieder ihre Karten zur Verfügung stellten, befand die Mehrheit im Ständerat. Strengere Regeln seien nicht nötig.
  • PARLAMENT: Der Lohn und die Entschädigung für National- und Ständeräte sollen an die Teuerung angepasst werden. Der Ständerat hielt mit 30 gegen 4 Stimmen daran fest, auf die entsprechende Vorlage seines Büros einzutreten. Der Nationalrat muss sich nun erneut damit befassen. Das Büro des Ständerats hatte gemäss Parlamentsressourcengesetz vorgeschlagen, Lohn, Entschädigung und Taggeld von National- und Ständeräten wie vorgesehen Anfangs Legislatur der Teuerung anzupassen. Letztmals wurden diese Posten 2008 angepasst, die Spesen und Distanzentschädigungen gar 2005.
  • WEITERBILDUNG: Der Ständerat hat die vom Bundesrat vorgeschlagene Überbrückungslösung für die Unterstützung der Dachverbände der Weiterbildung für dringlich erklärt. Er fällte den Entscheid mit 41 gegen 0 Stimmen bei einer Enthaltung. Mit dem Gesetz sollen die heutige Subventionspraxis weitergeführt und den Verbänden für das laufende Jahr die Bundesbeiträge gesichert werden. Mit dem Dringlichkeitsbeschluss wird es bis Ende 2012 gelten. Danach wird es ersatzlos gestrichen. Über die Dringlichkeit muss nun noch der Nationalrat befinden.
  • RECHTSHILFE: Die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Kolumbien im Kampf gegen Drogenhandel, Geldwäscherei, Korruption und Terrorismus soll verbessert werden. Der Ständerat hat als Erstrat das bilateralen Rechtshilfeabkommen mit Kolumbien ohne Gegenstimme gutgeheissen. Der Vertrag schafft die völkerrechtliche Grundlage, damit die Justizbehörden beider Staaten bei der Aufdeckung und Verfolgung strafbarer Handlungen besser zusammenarbeiten können. Rechtshilfeverfahren werden vereinfacht und beschleunigt. Geregelt wird auch die Herausgabe von beschlagnahmten Gegenständen und Vermögenswerten und die Teilung eingezogener Vermögenswerte.
  • ANWALTSGEHEIMNIS: Anwälte sollen sich künftig unabhängig vom Verfahren gleichermassen auf das Anwaltsgeheimnis berufen können. Der Ständerat hat entsprechenden Gesetzesänderungen zugestimmt. Mit der Revision der Zivil- und Strafprozessordnung wurde das Anwaltsgeheimnis erweitert: Seit Anfang 2011 darf die Anwaltskorrespondenz in zivil- oder strafrechtlichen Verfahren auch dann nicht beschlagnahmt werden, wenn sie sich in den Händen der Klienten oder Dritter befindet. Der Schutz erstreckt sich auf alle Unterlagen, die im Rahmen der Anwaltstätigkeit erstellt werden. Das soll nun auch für das Verwaltungsverfahrensgesetz, das Patentgerichtsgesetz, das Kartellgesetz, das Verwaltungsstrafrecht und das Militärstrafprozessrecht gelten.
  • ABZOCKER-INITIATIVE: Der indirekte Gegenvorschlag zur Abzocker-Initiative gegen überrissene Managerlöhne steht vor der Bereinigung: Der Ständerat den Vorschlag der Einigungskonferenz stillschweigend gutgeheissen. Da sich die Einigungskonferenz, die aus Mitgliedern beider Räte zusammengesetzt ist, für die Version des Ständerates entschieden hatte, war die Zustimmung der kleinen Kammer reine Formsache. Bereinigt ist der indirekte Gegenvorschlag erst, wenn der Nationalrat dem Vorschlag der Einigungskonferenz zustimmt. Dies wird er am Donnerstag voraussichtlich tun. Dann ist die Gesetzesrevision bereit für die Schlussabstimmung vom Freitag.
  • GESAMTARBEITSVERTRÄGE: Der Ständerat hat sich am Mittwoch mit Gesamtarbeitsverträgen (GAV) befasst. In einer dringlichen Interpellation kritisierte Hannes Germann (SVP/SH), der Bundesrat dehne die GAV schleichend auf andere Branchen aus, indem er sie für allgemeinverbindlich erkläre. Beim Gastro-GAV wäre dies gravierend, befand Germann. Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann wies den Vorwurf zurück: Der Bundesrat dehne Gesamtarbeitsverträge nicht auf Branchen aus, die davon nicht abgedeckt seien. Für das Gastgewerbe sei das Verfahren hängig. Zu entscheiden hatte der Rat nichts.
  • BERICHTE: Der Ständerat nahm von den Jahresberichten 2011 der Geschäftsprüfungskommissionen und Geschäftsprüfungsdelegation der Räte

 

Der Dienstag, 13. März 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

(sda) Der Nationalrat will, dass in der Schweiz keine Delfine und keine Wale mehr gehalten werden dürfen. Bei der Beratung des Tierschutzgesetzes hiess er am Dienstag einen entsprechenden Einzelantrag von Isabelle Chevalley (GLP/VD) mit 112 zu 60 Stimmen gut. Das nächste Wort dazu hat der Ständerat. Auch in anderen Fragen schuf der Nationalrat Differenzen zur kleinen Kammer. Er will beispielsweise Firmen und Forscher schützen, die an Tierversuchen beteiligt sind. Rückschlüsse auf Firmen, Forscher, Forschungsanlagen und -vorhaben sollen vermieden werden. Im Tierschutzgesetz verankern will der Nationalrat auch ein Verbot von internationalen LKW-Tiertransporten durch die Schweiz. Nicht umstritten ist das Verbot des Handels mit Hunde- und Katzenfellen. 

  • ARBEITSLOSENVERSICHERUNG I: Grossverdiener sollen mehr zur Entschuldung der Arbeitslosenversicherung beitragen. Der Nationalrat will, dass künftig auch auf den Lohnanteilen, die 315'000 Franken übersteigen, ein ALV-Solidaritätsprozent erhoben wird. Zurzeit wird auf Löhnen bis 126'000 Franken ein Beitrag an die Arbeitslosenversicherung von 2,2 Prozent erhoben. Auf Löhnen zwischen 126'000 und 315'000 Franken muss ein Solidaritätsprozent bezahlt werden. Keine ALV-Abzüge gibt es auf Lohnbestandteilen, die darüber liegen. Der Nationalrat will nun diesen Deckel aufheben. Er hiess eine Motion mit 106 zu 65 Stimmen gut. Eine bürgerliche Minderheit aus den Reihen der SVP und der FDP wehrte sich vergeblich dagegen. Der Vorstoss geht nun in den Ständerat.
  • ARBEITSLOSENVERSICHERUNG II: Mit 108 zu 59 Stimmen hat der Nationalrat eine Standesinitiative des Kantons Jura abgelehnt, die eine Eistellungsprämie und andere Anreize für Unternehmen verlangte, welche Jugendliche einstellen, die länger als sechs Monate arbeitslos sind. Die Initiative ist damit vom Tisch. Der Kanton Jura verlangte darin auch, dass in Härtefällen die Bezugsdauer für Taggelder verlängert werden kann. Die Möglichkeit, die Bezugsdauer von 400 auf 520 Tage zu erhöhen, war im Rahmen der 11. ALV-Revision abgeschafft worden.
  • TIERSEUCHEN: Der Nationalrat hat im Tierseuchengesetz die letzten Differenzen ausgeräumt. Er ist dabei stillschweigend dem Ständerat gefolgt und sieht davon ab, dass künftig auch der Bund einen Teil der Kosten für die Bekämpfung von Tierseuchen übernehmen soll. Damit ist das Gesetz bereit für die Schlussabstimmung. Ziel der Vorlage ist es, für die Prävention und Bekämpfung von Tierseuchen bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Neu übernimmt der Bund die Führungsrolle. In dem Gesetz ist auch ein Verbot des Hausier-Handels mit Welpen enthalten. Ziel ist es, den Handel mit oft kranken und ungeimpften Hundewelpen einzudämmen.
  • FORSCHUNG UND INNOVATION: Der Nationalrat hat mit der Beratung des Forschungs- und Innovationsförderungsgesetzes (FIFG) begonnen und ist gegen den Willen der SVP auf die Vorlage eingetreten. Deren Kernstück sind Grundlagen für die Schaffung eines nationalen Innovationsparks. Dieser Park soll gemäss dem Vorschlag des Bundesrates auch in Form eine Verbundes verschiedener Standorte und deren Träger möglich sein. Die Landesregierung übernahm einen entsprechenden Vorschlag der Stiftung Forschung Schweiz. Damit will sie auch Interessen der Kantone und Regionen berücksichtigen.
  • WEITERBILDUNG: Der Nationalrat ist wie der Ständerat mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Überbrückungslösung für die Unterstützung der Dachverbände der Weiterbildung einverstanden. Einstimmig mit 142 zu 0 Stimmen hiess er die gesetzlichen Grundlagen dafür gut. Mit dem befristeten Gesetz soll die heutige Subventionspraxis weitergeführt und den Verbänden für das laufende Jahr die Bundesbeiträge gesichert werden. Das Gesetz muss nun noch von den Räten für dringlich erklärt werden. Damit wird es bis Ende 2012 gelten, danach wird es ersatzlos gestrichen.
  • ELTERNBILDUNG: Die Erziehungskompetenzen von Eltern sollen gefördert werden. Der Bundesrat wird beauftragt, die Elternbildung im Zusammenhang mit dem Weiterbildungsgesetz in geeigneter Form zu berücksichtigen. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat dieser Motion von Andy Tschümperlin (SP/SZ) zugestimmt. Ursprünglich wollte der Nationalrat, dass die Elternbildung ausdrücklich im Weiterbildungsgesetz verankert wird. Dies lehnte der Ständerat ab. Er hiess die Motion jedoch in abgeänderter Form gut. Mit 88 zu 74 Stimmen segnete der Nationalrat nun die Motion ab.
  • LANDWIRTSCHAFT I: Eine Änderung der Anreize für Milchbauern soll dafür sorgen, dass der "strukturelle Überschuss" bei der Milchproduktion der Vergangenheit angehört. Der Nationalrat hiess eine Motion von des früheren Ständerats Rolf Büttiker (FDP/SO) mit 96 zu 67 Stimmen gut. Der Vorstoss verlangt eine Änderung der Landwirtschaftspolitik, die stärkere Anreize bieten soll zu einer Milchproduktion, die auf einheimischem Grasfutter statt ausländischem Kraftfutter basiert. Der Bundesrat zeigte sich bereit, die Motion annehmen. Er trage dem Anliegen in der Agrarpolitik 2014-2017 mit dem neuen Direktzahlungssystem Rechnung.
  • LANDWIRTSCHAFT II: Viehexporte werden definitiv nicht wieder subventioniert. Nachdem der Ständerat zweimal nicht auf eine entsprechende Gesetzesänderung eingetreten war, ging es nun noch darum, den dazugehörigen Finanzierungsbeschluss zu versenken. Auch auf diesen war der Ständerat letzten Dezember nicht eingetreten. Diesem Entscheid folgte nun auch der Nationalrat stillschweigend. Der Finanzierungsbeschluss sei mit dem Nichteintreten auf die Gesetzesänderung hinfällig geworden. Zur Debatte gestanden war eine Subventionierung in der Höhe von je 4 Millionen Franken für die Jahre 2012 und 2013. Die Vorlage ging auf einen Vorstoss des inzwischen abgewählten SVP-Nationalrats Elmar Bigger (SG) zurück.

 

Der Ständerat in Kürze

(sda) Der Ständerat hat am Dienstag mit 29 zu 2 Stimmen dem revidierten Bundespersonalgesetz (BPG) zugestimmt. In der Vorlage wird der Kündigungsschutz gelockert. Im Gegenzug wird eine gesetzliche Grundlage für einen Elternurlaub geschaffen. Die Vorlage sei ein Kompromiss zwischen den Sozialpartnern, erklärte Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Eingeführt hat die kleine Kammer einen Sprachförderungsartikel. Im neuen BPG werden aber vornehmlich die Anstellungsbedingungen für das Bundespersonal denjenigen der Privatwirtschaft angepasst. Damit bleibe die Eidgenossenschaft eine wettbewerbsfähige Arbeitgeberin, die mit der Privatwirtschaft Schritt halten könne, wurde argumentiert. Die Gegner wehrten sich gegen Privilegien für das Bundespersonal. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat. 

  • MEHRWERTSTEUER: Die Hotellerie wird nicht von der Mehrwertsteuer befreit. Nach dem Nationalrat hat sich auch der Ständerat gegen eine Sonderregelung ausgesprochen. Er lehnte es am Dienstag mit 24 zu 14 Stimmen ab, auf die Beratungen darüber einzutreten. Damit ist die Vorlage vom Tisch. Die Befürworter wollten damit die Folgen des starken Frankens abfedern. Die Hotellerie, die heute von einem reduzierten Mehrwertsteuersatz profitiert, sollte vom 1. April an für ein Jahr von der Mehrwertsteuer befreit werden. Dies hätte Ausfälle von 150 bis 160 Millionen Franken zur Folge gehabt. Die Gegner sahen darin eine Subventionierung nach dem Giesskannenprinzip.
  • MEHRSPRACHIGKEIT: Der Ständerat hat eine Motion aus der eigenen Staatspolitischen Kommission an den Nationalrat weitergeleitet, die vom Bund die Förderung der Mehrsprachigkeit - insbesondere bei Top-Kadern verlangt. Sie soll vom Arbeitgeber finanziert werden. Von dieser Finanzierungspflicht wollte der Bundesrat nichts wissen - vergeblich. 

 

Der Montag, 12. März 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

(sda) Die Schweiz soll ihren ordentlichen Beitrag an den Internationalen Währungsfonds (IWF) erhöhen. Als Erstrat hat am Montag der Nationalrat der Quotenerhöhung sowie diversen IWF-Reformen zugestimmt. Mit dem höheren Beitrag ans ordentliche Budget will sich die Schweiz den Sitz im IWF-Exekutivrat sichern. Geplant ist konkret, die Schweizer Quote - ausgedrückt in der Währungseinheit des IWF - von 3,46 Milliarden auf 5,77 Milliarden Sonderziehungsrechte (SRZ) zu erhöhen. Gemäss dem aktuellen Wechselkurs wird der Schweizer Beitrag von 5 auf 8,4 Milliarden Franken aufgestockt.

  •  SCHWEIZ-ITALIEN: Italien soll in Zukunft weniger Geld aus der Quellenbesteuerung von italienischen Grenzgängern erhalten. Der Nationalrat hat einer Tessiner Standesinitiative stillschweigend zugestimmt, die den Satz zugunsten Italiens von 38,8 Prozent auf 12,5 Prozent senken will. Der Kanton Tessin reagiert damit nicht zuletzt auf die seit Jahren anhaltenden Angriffe Italiens auf den Finanzplatz Lugano und den in den letzten Jahren stark angestiegenen Druck auf den Tessiner Arbeitsmarkt durch italienische Grenzgänger. Soll die Tessiner Standesinitiative umgesetzt werden, braucht es noch die Zustimmung durch den Ständerat. Dieser hatte den Vorstoss in der ersten Beratung abgelehnt.
  • SPARPAKET: Der Bundesrat muss die Aufgabenüberprüfung in der Bundesverwaltung fortsetzen und dem Parlament darlegen, auf welche Aufgaben die Verwaltung verzichtet. Der Nationalrat hat eine vom Ständerat abgeänderte Motion mit dieser Forderung überwiesen. Die Räte verlangen, dass der Bundesrat ihnen bis Ende Jahr eine Sammelbotschaft vorlegt. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf stellte sich dagegen. Die Motion sei überflüssig, der Bundesrat werde dem Parlament ohnehin ein Sparprogramm vorlegen. "Die Motion ändert gar nichts an der Planung des Bundesrates." Sie schränke bloss den Handlungsspielraum ein.
  • PERSONENFREIZÜGIGKEIT: Der Bund soll bei öffentlichen Aufträgen gegen Lohndumping vorgehen. Dies fordert der Nationalrat. Er hat eine Motion seiner Wirtschaftskommission mit 105 zu 59 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Die Motion verlangt eine Änderung des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen mit dem Ziel, Lohndumping und den Missbrauch von Unteraufträgen zu bekämpfen. Damit befassen muss sich nun noch der Ständerat.
  • SCHENGEN: Der Nationalrat stellt das Schengen-Abkommen nicht in Frage. Er hat sich mit 122 zu 47 Stimmen gegen eine parlamentarische Initiative aus den Reihen der SVP ausgesprochen. Der Vorstoss ist damit vom Tisch. Yves Nidegger (SVP/GE) wollte den Bund verpflichten, keine völkerrechtlichen Verträge abzuschliessen, welche die Befugnisse der Schweiz bei den Personenkontrollen an den Landesgrenzen einschränken.
  • BUNDESPERSONAL: Der Nationalrat möchte, dass Bundesangestellte nicht automatisch eine Lohnerhöhung von eins bis zwei Prozent erhalten, wenn sie genügende oder gute Leistungen erbringen. Wer überdurchschnittliche Leistungen erbringt, soll dafür eine Lohnerhöhung von über fünf Prozent erhalten können. Mit 104 zu 58 Stimmen hat der Rat einer Motion seiner Finanzkommission zugestimmt. Stimmt auch der Ständerat zu, wird der Bundesrat beauftragt, das Lohnsystem in der Bundesverwaltung weiter zu flexibilisieren.
  • STEUERABKOMMEN: Sollten die Steuerabkommen mit Deutschland und Grossbritannien nicht am 1. Januar 2013 in Kraft treten können, müssten sie angepasst werden. Dies hält der Bundesrat in seiner nachgereichten schriftlichen Antwort auf eine Frage aus der Fragestunde des Nationalrates fest. Insbesondere die Berechnung der Einmalzahlung für die Vergangenheitsregularisierung müsste angepasst werden. Damit die Abkommen 2013 in Kraft treten könnten, müssten sie in der Sommersession 2012 vom Parlament verabschiedet werden, hält der Bundesrat fest. Er habe deshalb den Parlamentsdiensten einen Antrag auf ein Sonderverfahren gestellt.
  • ASYLPOLITIK: Justizministerin Simonetta Sommaruga hat in der Fragestunde des Nationalrats bekräftigt, dass die Schweiz künftig kein Asylverfahren mehr eröffnet, wenn ein Asylsuchender bereits einmal in ein Dublin-Land zurückgeschickt wurde. Diese Neuerung hatte Sommaruga bereits im Februar angekündigt. In der Fragestunde gab sie nun die Details bekannt. Das neue Regime gilt ab April. Betroffen sind Asylsuchende, welche die Schweiz ins Erstasylland zurückgeschickt hat und die innerhalb von sechs Monaten ein neues Gesuch stellen.
  • SYRIEN: Die Schweiz ist vom UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge angefragt worden, ob sie eine Gruppe syrischer Flüchtlinge aufnehmen würde. Die Anfrage wird derzeit von den zuständigen Behörden geprüft. Dies erklärte Aussenminister Didier Burkhalter in der Fragestunde des Nationalrates. Die Schweiz engagiere sich vielschichtig, um "das Drama" in Syrien lösen zu helfen, fasste er die Schweizer Bemühungen zusammen.

 

Der Ständerat in Kürze 

(sda) Der Ständerat hat am Montag die Abstimmung über die SVP-Motion zur Verknüpfung von Entwicklungshilfe an die Kooperation im Asylbereich wiederholt. Mit 25 zu 17 Stimmen hat er die Motion abgelehnt. Am vergangenen Donnerstag hatte die kleine Kammer der Motion mit Stichentscheid des Präsidenten noch zugestimmt. Da jedoch bei der Abstimmung oder beim Zählen der erhobenen Hände ein Fehler unterlaufen war, musste die Abstimmung wiederholt werden. Mit dem Nein ist die Motion vom Tisch. Somit werden Entwicklungshilfegelder nicht strikt mit der Bedingung verknüpft, dass ein Staat abgewiesene Asylbewerber zurücknimmt.

  • RAUCHVERBOT: Das landesweit geltende Rauchverbot in Restaurants und Bars soll nicht verschärft werden. Das hat nach dem Nationalrat auch der Ständerat beschlossen. Beide Kammern empfehlen ein Nein zur Volksinitiative "Schutz vor Passivrauchen" der Lungenliga. Die kleine Kammer folgte der Mehrheit der Gesundheitskommission. Diese hatte von einer Verschärfung des landesweiten Rauchverbots in Gaststätten nichts wissen und auch auf einen indirekten Gegenentwurf verzichten wollen. Die auf Bundesebene geltende Regelung sei ein Kompromiss, der nicht schon wieder über Bord geworfen werden sollte, begründete sie dies. Einen Minderheitsantrag, der einen indirekten Gegenentwurf zur Initiative verlangt hatte, lehnte der Rat mit 26 zu 15 Stimmen ab.
  • DEMENZ: Demenzkranke und ihre Angehörigen sollen in der Schweiz so gut wie möglich betreut und behandelt werden. Das Parlament hat den Bundesrat gegen dessen Willen beauftragt, eine Strategie zu Behandlungsmethoden, Forschung und Infrastrukturen zu erarbeiten. Der Ständerat überwies dazu zwei Motionen. Einer der Vorstösse fordert, durch Demenzkrankheiten verursachte Kosten zu erfassen und zu überwachen. Ziel ist, Kennzahlen zu gewinnen, um dann landesweit für eine optimale Betreuung und Behandlung von Demenzpatienten zu sorgen. Der zweite verlangt, bei der Forschung nach Ursachen von Demenz, der Vorbeugung, der Entwicklung von Behandlungsmethoden und der Bereitstellung von Infrastrukturen Prioritäten zu setzen und diese in einer Demenzstrategie festzuhalten. Geregelt werden sollen auch die Zuständigkeiten.
  • IMMOBILIENPREISE: Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat abgelehnt, die eine Immobilienpreisstatistik des Bundes forderte. Die kleine Kammer war der Meinung, dass es zuerst eine Machbarkeitsstudie brauche. Sie hat dafür ein Postulat ihrer zuständigen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur an den Bundesrat überwiesen. Der Bundesrat hat nun bis Mitte Jahr Zeit, eine solche Studie vorzulegen. Bundesrat Alain Berset versprach denn auch, den Termin einzuhalten und den Ständeräten genügend Ferienlektüre zu präsentieren.
  • E-HEALTH: Der Bundesrat muss im Bereich E-Health verbindliche Standards prüfen und definieren, fachübergreifenden Wissensaustausch fördern und prüfen, ob Anreize bei den Taxpunkten Ärzte dazu bringen könnten, Patientendaten elektronisch zu dokumentieren und auszutauschen. Der Ständerat hat drei Punkte einer Motion aus dem Nationalrat zum Thema E-Health an den Bundesrat überwiesen. Von einer Anschubfinanzierung für die notwendigen Investitionen wollte die kleine Kammer hingegen nichts wissen. Gemäss Bundesrat Alain Berset ist eine Gesetzesvorlage in Arbeit, welche die beiden ersten Punkte beinhaltet.
  • TABAK: Der Ständerat verlangt vom Bundesrat, das Dossier Tabak bei den Verhandlungen mit der EU über ein Abkommen über die öffentliche Gesundheit mit besonderer Vorsicht zu behandeln. Insbesondere der Export von in der Schweiz hergestellten Zigaretten in Drittländer soll nicht eingeschränkt werden. Hintergrund ist die EU-Norm "10-1-10" (10 mg Teer, 1 mg Nikotin, 10 mg Kohlenmonoxid). Da die Schweiz laut Motionär Laurent Favre (FDP/NE) 80 Prozent ihrer Produktion nach Asien und in den Nahen Osten exportiert, forderte dieser im Namen der Arbeitnehmenden in der Tabakindustrie das Dossier von den Verhandlungen auszuschliessen. Der Ständerat folgte mit 17 zu 16 Stimmen dem Bundesrat und schwächte die Motion ab, indem er dem Bundesrat mehr Handlungsspielraum einräumte. Die abgeänderte Motion geht zurück an den Nationalrat.
  • MASERN: Der Ständerat hat eine Motion mit der Forderung nach einem Eliminatonsplan gegen die Masern abgelehnt, weil der Bundesrat diese mit seiner "Nationalen Strategie zur Ausrottung der Masern" schon erfüllt hat.

 

Der Donnerstag, 8. März 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

(sda) Der Nationalrat gibt neu allein dem Bund die Kompetenz, Impfungen für obligatorisch zu erklären, wenn wegen einer Epidemie eine aussergewöhnliche Lage droht. Das entschied er am Donnerstag bei der Beratung des Epidemiengesetzes. Impfobligatorien sollen in besonderen Lagen für Gefährdete, besonders Exponierte oder Personen mit gewissen Tätigkeiten angeordnet werden können, etwa im Gesundheitswesen. Die Frage, unter welchen Umständen das Verbreiten menschlicher Krankheiten unter Strafe gestellt werden soll, reduzierte der Rat auf das vorsätzliche Verbreiten von gefährlichen übertragbaren Krankheiten aus gemeiner Gesinnung.

  •  PRÄVENTION: Der Nationalrat bleibt bei seinem Ja zum Präventionsgesetz. Er möchte, dass die Massnahmen zur Krankheitsvorsorge und Gesundheitsförderung in der Schweiz besser gesteuert und koordiniert werden. Vor einem Jahr hatte der Nationalrat das Gesetz bereits durchberaten und gutgeheissen. Weil der Ständerat sich dagegen stellte, musste die grosse Kammer erneut entscheiden. Auch nach den Wahlen befürwortet die Mehrheit im Nationalrat das Präventionsgesetz: Mit 106 zu 79 Stimmen bei 4 Enthaltungen stimmte der Rat für Eintreten auf die Vorlage. Nun ist wieder der Ständerat am Zug. Widerstand erwächst dem Gesetz aus den Reihen der Bürgerlichen. Insbesondere die SVP stellt sich dagegen.
  • BETREUUNG: Wer einen Angehörigen pflegt, soll finanziell unterstützt werden. Der Nationalrat hat sich mit 90 zu 77 Stimmen bei 5 Enthaltungen für eine parlamentarische Initiative von Lucrezia Meier-Schatz (CVP/SG) ausgesprochen. Die Initiantin verlangt, dass pflegende Angehörige eine Betreuungszulage erhalten - im Sinne einer Anerkennung, wie sie erläuterte. Die Pflege Angehöriger könne eine grosse Belastung sein, gab Meier-Schatz zu bedenken. Partner, Söhne und Töchter von pflegebedürftigen Personen stiessen regelmässig an ihre Grenzen. Nicht selten reduzierten sie ihre Erwerbsarbeit. Über die Betreuungszulage muss noch der Ständerat befinden.
  • ELTERNURLAUB: Der Nationalrat lehnt es ab, über den Mutterschaftsurlaub hinaus einen Elternurlaub einzuführen. Er hat einer parlamentarischen Initiative der Grünen Fraktion keine Folge gegeben. Diese schlug einen Elternurlaub von maximal 24 Wochen vor. Väter und Mütter hätten dabei einen individuellen Anspruch auf je vier Wochen Elternzeit. Den Rest könnte sich das Paar nach eigenem Gutdünken aufteilen. Die Grünen orientieren sich mit ihrem Vorschlag an einem Modell der Eidgenössischen Koordinationskommission für Familienfragen.
  • ERBGUT-UNTERSUCHUNGEN: Der Nationalrat möchte genetische Untersuchungen an Menschen auch ohne medizinische Gründe zulassen. Er will mit Regeln einen unkontrollierten Markt verhindern und den Bundesrat beauftragen, die Gesetzesgrundlagen zu überprüfen. Oppositionslos unterstützte der Nationalrat eine Motion der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK). Gesundheitsminister Alain Berset hatte Verständnis für das Anliegen. Er kündigte eine Analyse des geltenden Rechts bis 2013 an, aus der dann gegebenenfalls Konsequenzen gezogen würden.
  • ASYLPOLITIK: Wer mit Drogen gehandelt hat, soll nicht vom Asylverfahren ausgeschlossen werden. Der Nationalrat hat eine parlamentarische Initiative von Sebastian Frehner (SVP/BS) mit 97 zu 73 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt. Frehner forderte, dass Asylsuchende, die wegen Drogenhandels zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten oder mehr verurteilt wurden, vom Asylverfahren ausgeschlossen werden. Die vorberatende Kommission gab zu bedenken, dass die Einstellung eines Asylverfahrens nicht automatisch dazu führe, dass ein Asylsuchender die Schweiz verlassen müsse.

 

Der Ständerat in Kürze

(sda) Noch bleibt offen, ob Schweizer Entwicklungshilfegelder künftig nur noch in Länder fliessen dürfen, die ihre Asylsuchenden wieder zurücknehmen. Der Ständerat hat am Donnerstg zwar einer Motion der SVP zugestimmt, wiederholt die Abstimmung am Montag jedoch weil es zu Unregelmässigkeiten gekommen war. Mit 22 zu 22 Stimmen und dem Stichentscheid des Ratspräsidenten hiess der Ständerat eine SVP-Motion aus dem Nationalrat gut. Diese verlangt eine Koppelung der Entwicklungshilfe an die Bereitschaft des Empfängerstaates, Asylsuchende zurückzunehmen. Da aber inklusive Präsident Hans Altherr höchstens 44 Ratsmitglieder im Saal sassen, und zur Abstimmung allgemein Verwirrung herrschte, stimmte der Rat einem Ordnungsantrag zu, der eine Wiederholung der Abstimmung verlangte.

  • ARMEEEINSATZ: Der Ständerat hat mit 33 zu 3 Stimmen den Einsatz einer Spezialeinheit der Schweizer Armee zum Schutz der Botschaft in Tripolis gutgeheissen. Der Einsatz war kaum bestritten, entspricht er doch dem Wunsch der sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats (SIK).
  • AUSSENPOLITIK: Der Ständerat hat vom Aussenpolitischen Bericht 2011 des Bundesrats Kenntnis genommen. Zu entscheiden gab es nichts. Die Auslegeordnung bot den Ständeräten Gelegenheit, die Aussenpolitik des letzten Jahres Revue passieren zu lassen und die vom neuen Aussenminister Didier Burkhalter in den letzten Wochen angekündigten Akzentverschiebungen zu kommentieren. Begrüsst wurde allgemein, dass Burkhalter den Beziehungen zu den Nachbarländern hohe Priorität einräumen will. Kenntnis nahm der Ständerat auch vom Jahresbericht 2011 der Parlamentarierdelegation beim Europarat.
  • MINDERHEITENSCHUTZ: Der Bundesrat soll sich für die christlichen Minderheiten in Irak und für die kurdischen Minderheiten in Syrien einsetzen. Der Ständerat hat zwei Motionen aus dem Nationalrat mit diesen Forderungen stillschweigend zugestimmt.
  • ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT: Der Bundesrat soll einen Bericht zur Frage vorlegen, wie das Schweizer Engagement für eine nachhaltige und demokratische Entwicklung in der Demokratischen Republik Kongo verstärkt werden kann. Der Ständerat hiess ein entsprechendes Postulat seiner aussenpolitischen Kommission stillschweigend gut.
  • WELTAUSSTELLUNG: Die Schweiz soll die Weltausstellung 2015 in Mailand zum Thema "Die Welt ernähren" als Schaufenster für die Schweizer Landwirtschaft und den Tourismus nutzen. Der Ständerat hat eine entsprechende SVP-Motion, der der Nationalrat bereits zugestimmt hatte, gutgeheissen. Da die SVP nur für die Landwirtschaft einen prominenten Auftritt forderte, ergänzte die vorberatende Ständeratskommission den Motionstext mit der Forderung, auch dem Schweizer Tourismus eine Plattform zu bieten. In dieser abgeänderten Form geht der Vorstoss zurück in den Nationalrat. Aussenminister Didier Burkhalter signalisierte, dass dem Anliegen gebührend Rechnung getragen werden soll.

 

Der Mittwoch, 7. März 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze 

(sda) Der Nationalrat hat am Mittwoch eine Art "Cannabis-Gesetz" geschaffen. Mit einer Teilrevision des Betäubungsmittelgesetzes hat er ein Bussensystem für Kiffer ab 18 Jahren eingeführt: Wenn ein Kiffer mit weniger als 10 Gramm Cannabis auf sich erwischt wird, kann er mit 200 Franken gebüsst werden, wird aber nicht mehr angezeigt. Ziel der Vorlage ist eine schweizweit einheitliche Bussenordnung bei Cannabiskonsum und die Entlastung der Polizei und der Justiz. Die Debatte im Nationalrat wurde sehr emotional geführt. SVP und BDP scheiterten mit einem Nichteintretensantrag, setzten sich aber bei der Höhe der Busse durch. Sie kippten auch den Ermessensspielraum für Polizisten, in leichten Fällen von einer Busse abzusehen. Damit verschärften sie de jure die Sanktionen für Kiffer. Die Vorlage geht nun in den Ständerat.

  • GEOTHERMIE: Das Parlament hat eine Geothermie-Offensive gestartet. Der Bundesrat muss ein Programm zur schweizweiten Erkundung des Untergrunds organisieren und finanzieren. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat zwei entsprechende Motionen angenommen. Der Bundesrat hätte es bevorzugt, im Rahmen seiner Energiestrategie 2050 das Thema zu bearbeiten. Bundesrätin Doris Leuthard warnte die Mitglieder der grossen Kammer vergeblich vor den Kosten, die auf den Bund zukämen, wenn die Motionen von Ständerat Felix Gutzwiller (FDP/ZH) angenommen würden.
  • PREISÜBERWACHER: Der Nationalrat will den Preisüberwacher nicht schwächen. Nach seinem Willen soll Stefan Meierhans die Bahntarife weiterhin unabhängig von den Zielen der Bahnunternehmen beurteilen können. Eine vom Ständerat vorgeschlagene Änderung im Rahmen der Bahnreform lehnte der Nationalrat am Mittwoch mit 151 zu 29 Stimmen bei einer Enthaltung ab. Die Mehrheit war der Auffassung, dass mit dem Vorschlag des Ständerates der Preisüberwacher erheblich geschwächt, wenn nicht gar ausgeschaltet würde. Der Ständerat hatte vorgeschlagen, dass der Preisüberwacher nicht mehr einfach die Bahntarife beurteilen kann, sondern bei der Formulierung der Ziele der SBB einbezogen wird. Die Vorlage geht zurück an den Ständerat.
  • FAMILIENPOLITIK: In der Bundesverfassung soll verankert werden, dass Bund und Kantone die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Der Nationalrat hat einem Verfassungsartikel zur Familienpolitik zugestimmt. Er hiess die Vorlage, die nun an den Ständerat geht, mit 111 zu 68 Stimmen bei einer Enthaltung gut. Gemäss dem Artikel sollen Bund und Kantone insbesondere für ein bedarfsgerechtes Angebot an familien- und schulergänzenden Tagesstrukturen sorgen. Reichen die Bestrebungen der Kantone oder Dritter nicht aus, legt der Bund Grundsätze über die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit oder Ausbildung fest. Er kann sich auch finanziell an den Massnahmen der Kantone beteiligen.
  • JUGEND UND MUSIK: Die Harmonie ist gefunden: Der Nationalrat hat sich bei den Beratungen zur Volksinitiative "jugend + musik" stillschweigend dem direkten Gegenvorschlag des Ständerates angeschlossen. Die Initiative dürfte nun zurückgezogen werden. Dem Ständerat sei es gelungen, mit seinem neu formulierten Gegenentwurf einen Kompromiss zu finden zwischen den Interessen der Kantone und jenen der Initianten, sagte Yvonne Gilli (Grüne/SG) namens der nationalrätlichen Bildungskommission. Der Bund erhält - analog zum Bildungsartikel in der Bundesverfassung - zusätzliche Kompetenzen. Denn einigen sich Bund und Kantone für den Musikunterricht an Schulen nicht "auf dem Koordinationsweg" auf harmonisierte Ziele, soll der Bund die nötigen Vorschriften erlassen. Der Bundesrat unterstützt den Gegenvorschlag ebenfalls.
  • MEDIEN: Der Nationalrat will, dass der Bundesrat rasch neue Modelle zur staatlichen Presseförderung vorlegt. Er hat mit 88 zu 77 Stimmen bei 8 Enthaltungen eine Motion seiner Staatspolitischen Kommission angenommen. Diese sieht die demokratiepolitischen Funktionen der Medien "zunehmend infrage gestellt". Deshalb soll der Bundesrat bis in zwei Jahren ein Förderkonzept und den Entwurf rechtlicher Grundlagen für die indirekte und direkte Medienförderung vorlegen. Der Bundesrat stellt sich gegen das Anliegen. Er möchte abwarten und nur eingreifen, wenn die Branche die Probleme nicht selbst lösen kann. Die Motion geht nun an den Ständerat.
  • WIEDERGUTMACHUNG: Die SVP ist im Nationalrat mit einem Antrag gescheitert, den Wiedergutmachungs-Artikel aus dem Strafgesetzbuch zu kippen. Der Nationalrat ist aber einverstanden, dass der Wiedergutmachungs-Artikel nicht genügt. Er hat deshalb gegen den Willen des Bundesrates eine Motion seiner Kommission mit 171 zu 1 Stimmen angenommen, welche eine Überarbeitung des Artikels fordert. Unter anderem soll Wiedergutmachung nur noch bei geringfügigen Delikten möglich sein. Die SVP kritisierte, dass eine Wiedergutmachung den Freikauf von strafrechtlicher Schuld ermögliche - ohne ein Schuldeingeständnis oder Reue.
  • BEICHTGEHEIMNIS: Priester, denen sexuelle Übergriffe auf Kinder gebeichtet werden, sollen die Täter nicht der Polizei melden müssen. Der Nationalrat hat abgelehnt, das Beichtgeheimnis für solche Fälle aufzuheben. Mit 121 zu 47 Stimmen bei 5 Enthaltungen lehnte er eine parlamentarische Initiative von Carlo Sommaruga (SP/GE) ab. Die Mehrheit erachtete es als problematisch, eine solche Regel nur auf Priester und nur auf pädophile Straftaten zu beschränken. Die Minderheit war derweil der Ansicht, dass etwas getan werden müsse, um das "Schweigesystem" in der katholischen Kirche zu brechen.
  • ELEFANTENRENNEN: Überholverbote für Lastwagen können künftig zeitlich und örtlich beschränkt angeordnet werden. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion angenommen. Da schon der Ständerat einem Verbot von Elefantenrennen zugestimmt hatte, steht der Umsetzung des Verbots nichts mehr im Weg. Denn auch der Bundesrat hatte nichts gegen die Motion von Ständerat This Jenny (SVP/GL) einzuwenden. "Die Elefantenrennen sind ein Ärgernis", sagte Bundesrätin Doris Leuthard. Sie verursachten Staus und seien ein Risiko. Deshalb sei das Anliegen berechtigt. This Jenny erwuchs einzig aus den eigenen Reihen Widerstand. ein Überholverbot sei eine "Schikaniererei für Lastwagenfahrer", befand Felix Müri (SVP/LU).
  • AUFSICHT: Der Nationalrat hat den Jahresbericht der Geschäftsprüfungskommissionen zur Kenntnis genommen. Der 90-seitige Bericht gibt Aufschluss über alle Arbeiten der beiden Geschäftsprüfungskommissionen (GPK), ihrer Subkommissionen sowie der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel). Unter den Themen, mit welchen sich die parlamentarische Aufsicht 2011 befasste, sind der Sprengstoffanschlag auf dem Rütli oder der Beizug externer Experten durch die Bundesverwaltung. Im Namen der GPK zeigte sich Maria Roth-Bernasconi (SP/GE) enttäuscht, dass der Bundesrat nach der UBS-Affäre die Empfehlungen der GPK nur teilweise umgesetzt habe.

 

Der Ständerat in Kürze 

(sda) Das Parlament zieht in Sachen Agrarfreihandel die Bremse: Es verbietet dem Bundesrat, die Verhandlungen mit der EU über ein Agrarfreihandelsabkommen weiterzuführen. Der Ständerat hat am Mittwoch eine entsprechende Motion mit 26 zu 16 Stimmen gutgeheissen und an die Regierung überwiesen. Mit der von CVP-Präsident Christophe Darbellay verfassten und vom Nationalrat bereits im Juni 2011 gutgeheissenen Motion wird der Bundesrat beauftragt, die laufenden Verhandlungen mit der EU über ein Freihandelsabkommen im Agrar- und Lebensmittelbereich "unverzüglich zu stoppen". Einen kompletten Verhandlungsabbruch lehnte der Ständerat im Gegensatz zum Nationalrat ab.

  •  TIERSEUCHEN: Das Parlament will dem unkontrollierten Handel mit Hundewelpen den Riegel schieben. Der Ständerat hat am Mittwoch das angepasste Tierseuchengesetz beraten und wie der Nationalrat ein generelles Verbot für den Hausier-Handel mit Tieren beschlossen. Damit sollen namentlich Geschäfte mit Hundewelpen aus Osteuropa unterbunden werden. Diese Welpen sind oft krank, nicht vorschriftsgemäss geimpft und zu wenig an Menschen gewöhnt. Vom erweiterten Verbot nicht betroffen ist der ordentliche Handel von Züchtern, Tierheimen und Fachgeschäften. Heute ist in der Schweiz lediglich der Hausier-Handel mit Nutztieren verboten.
  • ARTENSCHUTZ: Der Handel mit geschützten Tier- oder Pflanzenarten soll in der Schweiz mit einem Gesetz geregelt werden. Bisher gab es dafür nur eine Verordnung. Nach dem Nationalrat verabschiedete auch der Ständerat die Vorlage mit 40 zu 0 Stimmen. Diese setzt das internationale Artenschutz-Übereinkommen CITES um, für das die Schweiz Depositarstaat ist. Der Handelskonvention sind 175 Staaten beigetreten. Die Schweiz gehört seit 1975 dazu. Die bisherige Schweizer Praxis beim Artenschutz ändert sich damit nicht.
  • INNOVATION: Der Ständerat will, dass der Bund im laufenden Jahr mehr Mittel in die Innovationsförderung steckt. Er hat mit 29 zu 13 Stimmen eine entsprechende Motion seiner Wissenschaftskommission gutgeheissen. Der Ständerat rennt damit beim Bundesrat offene Türen ein. Die Regierung werde, wie vor zwei Wochen angekündigt, im Nachtragskredit I für das laufende Jahr einen Zusatzkredit von 60 Millionen Franken beantragen, sagte Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann vor dem Ständerat. Damit sollen "die wirklich guten Projekte" nachträglich zum Zuge kommen, die letztes Jahr im Rahmen des Massnahmenpakets nicht berücksichtigt werden konnten.
  • AUSSENWIRTSCHAFT: Der Ständerat hat wie der Nationalrat vom Aussenwirtschaftsbericht 2011 des Bundesrats zustimmend Kenntnis genommen. Im Bericht führt der Bundesrat seine Bemühungen aus, die Schweizer Wirtschaft durch die Verbesserung der aussenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu fördern. Im Vordergrund steht dabei die Strategie, mit möglichst vielen Ländern bilaterale Freihandelsverträge auszuhandeln. Im Berichtsjahr wurden solche Verträge mit Hongkong und Montenegro abgeschlossen. Letzteren hiess der Ständerat mit 29 zu 0 Stimmen gut. Dem Freihandelsabkommen mit Hongkong stimmte er mit 26 zu 0 Stimmen zu. Beide Verträge können damit ratifiziert werden. Weiter hiess der Ständerat ein Investitionsschutzabkommen mit Trinidad & Tobago und Kosovo sowie ein Handelsabkommen mit Tadschikistan gut. Gutgeheissen wurden auch Änderungen des Übereinkommens zur Errichtung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD).
  • WEITERBILDUNG: Der Ständerat ist mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Überbrückungslösung für die Unterstützung der Dachverbände der Weiterbildung einverstanden. Mit 38 zu 0 Stimmen hiess er die gesetzlichen Grundlagen dafür gut. Mit dem befristeten Gesetz soll die heutige Subventionspraxis weitergeführt und den Verbänden für das laufende Jahr die Bundesbeiträge gesichert werden. Das Gesetz soll auch vom Nationalrat noch in der laufenden Session behandelt und für dringlich erklärt werden. Damit würde es bis Ende 2012 gelten.

 

Der Dienstag, 6. März 2012 im Parlament 

Der Nationalrat in Kürze

(sda) Nach vier Jahren Seilziehen stehen die Räte in der Abzocker-Debatte vor einer Einigung: Voraussichtlich wird das Stimmvolk die Wahl haben zwischen der Initiative von Thomas Minder und einem direkten Gegenvorschlag mit Bonussteuer. Der Nationalrat sprach sich am Dienstag mit 100 zu 87 Stimmen bei 2 Enthaltungen dafür aus, die Bonussteuer dem Stimmvolk als Gegenvorschlag zur Initiative vorzulegen. Dieser Lösung dürfte auch der Ständerat zustimmen. Zudem haben die Räte in einer Gesetzesrevision, die als indirekter Gegenvorschlag dienen soll, zentrale Punkte der Initiative aufgenommen. Nur in einem Punkt sind sie sich noch nicht einig geworden. Damit befasst sich nun die Einigungskonferenz.

  • PÄDOKRIMINALITÄT: Schwere sexuelle Straftaten an bis zu 12-jährigen Kindern sollen nicht mehr verjähren. Mit diesem Grundsatz will der Nationalrat die Unverjährbarkeitsinitiative von Marche Blanche umsetzen. Anträge für höhere Alterslimiten hatten keine Chance. Im Strafrecht festgesetzt werden muss zudem, welche Straftaten unverjährbar sein sollen. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, dass Täter lediglich für sexuelle Handlungen mit Kindern sowie sexuelle Nötigung, Vergewaltigung und Schändung von Kindern lebenslang zur Verantwortung gezogen werden können sollen. Der Nationalrat nahm zudem sexuelle Handlungen mit Anstaltspfleglingen, Gefangenen, Beschuldigten sowie die sexuelle Ausnützung einer Notlage in den Katalog der unverjährbaren Delikte auf. Das Geschäft geht nun in den Ständerat.
  • ZUWANDERUNG: Der Nationalrat will nichts davon wissen, die Einwanderung über ein Punktesystem zu steuern, um nur ausreichend qualifizierte Ausländer aufzunehmen. Er lehnte eine entsprechende parlamentarische Initiative aus der SVP-Fraktion mit 130 zu 49 Stimmen ab. Der Rat fand mit der Mehrheit der Staatspolitischen Kommission, dass die Wirtschaft mit dem Punktesystem ihre Arbeitnehmer auf Grund einer Qualifikation durch den Staat auswählen müsste. Weiter würde laut der SPK der Zuzug von weniger gut qualifizierten Menschen erheblich erschwert. Die Gastronomie und auch die Landwirtschaft seien aber auf diese Arbeitskräfte angewiesen. Umgekehrt werde die Einwanderung von gut Qualifizierten gefördert, die dann in der Schweiz keine Arbeit finden würden.
  • BUCHFÜHRUNG: Firmen sollen nach eigenem Ermessen Abschreibungen vornehmen dürfen. Auch sollen sie Güter nach dem Kauf sofort auf Null abschreiben dürfen. Dies will der Nationalrat mit einer parlamentarischen Initiative erreichen, die er mit 100 zu 85 Stimmen bei 3 Enthaltungen guthiess. Damit der Nationalrat eine konkrete Vorlage ausarbeiten kann, muss noch der Ständerat zustimmen.
  • DISKRIMINIERUNG: Der Nationalrat will keine zusätzlichen Gesetzesbestimmungen, um rassistische Diskriminierungen zu verhindern, etwa bei der Suche nach einem Arbeitsplatz oder einer Wohnung. Er entschied sich mit 122 zu 63 Stimmen gegen eine entsprechende parlamentarische Initiative aus der Grünen Fraktion und folgte der Mehrheit seiner Rechtskommission. Diese fand, dass kein Bedarf nach zusätzlichen Regelungen bestehe und das Anliegen dem Grundsatz der Vertragsfreiheit zuwiderlaufe. Die grün-rote Minderheit argumentierte, Rassismus trete vorwiegend im privaten Bereich auf und müsse deshalb auch dort bekämpft werden. Gerade in der Arbeitswelt gebe es nach wie vor Rassismus-Vorfälle.
  • KANTONSVERFASSUNGEN: Der Nationalrat hat Verfassungsänderungen der Kantone Uri, Zug, Basel-Landschaft, Aargau, Thurgau, Waadt, Genf und Jura für die Schlussabstimmung verabschiedet. Die Verfassungen wurden in unterschiedlichen Punkten angepasst. Im Kanton Uri ist das revidierte Bürgerrechtsgesetz Anlass der Änderung. Der Kanton Zug gibt sich unter anderem eine Grundlage für die Genehmigung von Leistungsaufträgen durch das Kantonsparlament und hat Bestimmungen zu Grundrechten, Immunität und Gewaltentrennung neu gefasst. In Basel-Landschaft hat die gerichtliche Zuständigkeit betreffend Polizeigewahrsam für gewalttätige Personen an Sportanlässen geändert. Im Aargau ist die Zuteilung der Gemeinden auf die Bezirke Grund der Anpassung. Der Kanton Thurgau hat bei Abstimmungen und Initiativen mit Gegenvorschlag zum auf Bundesebene gebräuchlichen Verfahren gewechselt. Die Waadt hat die Möglichkeit eingeführt, bei Gemeindefusionen Gemeindemandate zu verlängern, der Kanton Genf hat neu eine Schüler-Tagesbetreuung, und der Kanton Jura hat sich Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung auferlegt.

 

Der Ständerat in Kürze

(sda) Der Ständerat will an der Pauschalbesteuerung für reiche Ausländer festhalten. Jedoch sollen nach Aufwand besteuerte Ausländerinnen und Ausländer dem Fiskus künftig mehr Geld abliefern. Mit 35 zu 0 Stimmen bei 5 Enthaltungen unterstützte die kleine Kammer am Dienstag als Erstrat den Vorschlag des Bundesrats, die minimalen Steuersätze heraufzusetzen. Nach Ansicht der bürgerlichen Ratsmehrheit handelt es sich beim Vorschlag des Bundesrats um eine austarierte Lösung, die Standortüberlegungen und Steuergerechtigkeit berücksichtigt. Die Linke blieb mit ihren Forderungen chancenlos, die Steuergerechtigkeit noch stärker zu gewichten und die Mindestsätze weiter anzuheben. 

  • ABGANGSENTSCHÄDIGUNGEN: Für Entschädigungen, die im Rahmen einer Entlassung ausgerichtet werden, soll es keine Steuerrabatte geben. Der Ständerat hat zwei parlamentarische Initiativen mit 24 zu 13 Stimmen abgelehnt, die reduzierte Steuersätze für solche Abgangsentschädigungen forderten. Bereits heute kämen im Zusammenhang mit Abgangsentschädigungen zum Teil reduzierte Steuersätze zur Anwendung, argumentierte die Mehrheit. Ausserdem sei eine Ungleichbehandlung von hohen und tiefen Abgangsentschädigungen willkürlich. Letztere werden gemeinhin als "goldene Fallschirme" bezeichnet. Im Rahmen der Abzockerdebatte steht deren Verbot zur Diskussion.
  • BUNDESSTEUERN: Der Ständerat will nichts wissen von höheren Steuerabzügen. Er hat eine Motion abgelehnt, die bei den direkten Bundesteuern einen höheren Pauschalabzug verlangte, um den steigenden Krankenkassenprämien Rechnung zu tragen. Die Argumente der Befürworter, wonach damit der Mittelstand entlastet werden könne, wurden von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf widerlegt: Nicht der Mittelstand würde entlastet, sondern die Steuerpflichtigen der obersten Einkommensschichten. Die Gegner kritisierten zudem, dass für die Steuerausfälle von bis zu 620 Millionen Franken keine Gegenfinanzierung aufgezeigt wurde, was "Zechprellerei" sei.
  • MARKTZUTRITT: Der Ständerat will derzeit keine Verhandlungen über den Zutritt von Finanzdienstleistern in den EU-Markt. Er hat eine Motion aus dem Nationalrat mit 27 zu 7 Stimmen abgelehnt. Für die Gegner wäre der Preis für einen solchen Marktzutritt zu hoch. Die Befürworter befürchteten weiteren Protektionismus seitens der EU und damit weniger Handlungsspielraum für Schweizer Finanzdienstleister im Auslandsgeschäft. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf versicherte, dass der Bundesrat auch im Zusammenhang mit anderen Verhandlungen versuche, "immer mehr Marktzutritt zu erhalten". Das Ziel sei dasselbe, der Weg aber einer anderer.
  • MIGRATION: Anerkannte Flüchtlinge sollen in der Schweiz wie heute nach fünf Jahren Aufenthalt eine Niederlassungsbewilligung erhalten. Der Ständerat hat die Forderung aus dem Nationalrat mit 22 zu 12 Stimmen abgelehnt, dass anerkannte Flüchtlinge den C-Ausweis frühestens nach zehn Jahren erhalten sollen. Da Flüchtlinge nicht nach freiem Ermessen in ihre Heimat zurückkehren könnten, müsse ihre Zukunftsperspektiven mit der Erteilung einer dauerhaften Aufenthaltserlaubnis rasch geklärt werden.

 

Der Montag, 5. März 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze 

(sda) Die Schweiz kommt den USA beim Bankgeheimnis stärker entgegen als anderen Staaten. Nach dem Ständerat ist auch der Nationalrat mit Gruppenanfragen aus den USA einverstanden. Er hat am Montag einer Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens mit den Vereinigten Staaten mit 110 zu 56 Stimmen bei 14 Enthaltungen zugestimmt. Damit wird die Schweiz den USA künftig in Fällen von Steuerhinterziehung auch dann Amtshilfe leisten, wenn sich die Anfrage auf eine Gruppe von nicht einzeln identifizierten Personen bezieht und der Verdacht auf einem bestimmten Verhaltensmuster gründet. Gegen die Vorlage, die eine Lösung im Steuerstreit mit den USA näher bringt, stimmten die SVP und vereinzelte Grüne.

  •  WEITERE DOPPELBESTEUERUNGSABKOMMEN: Der Nationalrat genehmigte auch zehn andere Doppelbesteuerungsabkommen, unter anderem jene mit Singapur, Hong Kong, Russland und Spanien. Bei einem Teil ging es um die Anpassung an die aktuelle Interpretation des OECD-Standards. Diese besagt, dass für die Amtshilfe Name und Adresse des mutmasslichen Steuersünders oder der Bank nicht zwingend sind. Es reicht, wenn der Steuerpflichtige auf andere Weise identifiziert werden kann.
  • STREUMUNITION: Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat der Ratifizierung des Übereinkommens über das Verbot von Streumunition zugestimmt. Mit 146 zu 26 Stimmen sagte die grosse Kammer Ja zur Konvention, welche die Schweiz 2008 als einer der ersten Staaten unterzeichnet hatte. Zusätzlich zum Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung, Vermittlung und Transfer von Streumunition haben National- und Ständerat zusätzlich ein Finanzierungsverbot ins Kriegsmaterialgesetz aufgenommen. Die Schweiz geht damit weiter als es die Konvention verlangt.
  • TEUERUNGSAUSGLEICH: Lohn und Entschädigung für National- und Ständeräte sollen nicht der Teuerung angepasst werden, und auch die Vorsorgebeiträge sollen nicht nach dem tatsächlichen Einkommen bemessen werden. Der Nationalrat trat mit 74 zu 78 Stimmen bei 9 Enthaltungen knapp nicht auf eine Parlamentarische Initiative des Büro des Ständerates ein. SVP und FDP wehrten sich wegen der aktuellen wirtschaftlichen Situation gegen die Vorlage. Die Ratslinke versuchte erfolglos die zunehmend anspruchsvolle Ratsarbeit in den Vordergrund zu rücken.
  • RELIGION: Christliche Symbole sollen in der Schweiz eine Sonerstellung erhalten. Der Nationalrat hat eine parlamentarische Initiative von Ida Glanzmann mit 87 zu 75 Stimmen bei 8 Enthaltungen gutgeheissen. Die Luzerner CVP-Nationalrätin fordert, dass in der Bundesverfassung festgehalten wird, dass Symbole der chritlich-abendländischen Kultur im öffentlichen Raum zugelassen sind. Sie sieht diese Symbole gefähredet und beruft sich dabei unter anderem auf einen Fall eines Freidenkers, der im Kanton Luzern die Entfernung eines Kruzifixes aus einem Klassenzimmer gefordert hatte. Die Mehrheit der vorberatenden Kommission hielt dies für unverhältnismässig. Die Toleranz gegenüber christlichen Symbolen im öffentlichen Raum sei nicht bedroht. Damit konnten sie sich aber nicht durchsetzen.
  • AUSSENPOLITIK: Der Nationalrat hat am Montag vom Aussenpolitischen Bericht 2011 Kenntnis genommen. Zu entscheiden gab es nichts. Die Parteien nahmen die aussenpolitische Auslegeordnung des Bundesrats aber zum Anlass, die Aussenpolitik des letzten Jahres Revue passieren zu lassen. Ausserdem profitierten sie von der Gelegenheit, die vom neuen Aussenminister Didier Burkhalter in den letzten Wochen angekündigten Akzentverschiebungen zu kommentieren. Kenntnis nahm der Nationalrat auch vom Jahresbericht 2011 der Parlamentarierdelegation beim Europarat.
  • KRANKENVERSICHERUNG: Gesundheitsminister Alain Berset lässt Massnahmen prüfen, wie in Zukunft ausserplanmässige Erhöhungen der Krankenkassenprämien verhindert werden können, wie sie vor zehn Tagen die EGK ankündigte. Erste Verbesserungen verspricht er sich vom neuen KVG-Aufsichtsgesetz, wie er am Montag in der Fragestunde des Nationalrats sagte.
  • VERWAHRUNG: Der Bundesrat will nicht alle Verwahrte für immer einsperren. Justizministerin Simonetta Sommaruga bekräftigte in der Fragestunde die Position des Bundesrates, wonach die Verwahrung nicht lebenslänglich verwahrter Menschen regelmässig überprüft werden müssen. Dies hielt der Bundesrat bereits in einer Antwort auf eine Motion fest, die verlangt, dass Verwahrte keinen Ausgang und keinen Hafturlaub erhalten dürfen. Ob aufgrund des sehr tragischen Vorfalls in Basel die Gesetzgebung für alle Verwahrten verschärft werde, müsse das Parlament diskutieren.
  • ARBEITSLOSENVERSICHERUNG: Der Nationalrat hat es mit 107 zu 60 Stimmen abgelehnt, die Kantonsklausel wieder ins Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG) aufzunehmen. Die Klausel hatte es früher Kantonen mit hoher Arbeitslosigkeit erlaubt, die Höchstzahl der Taggelder um 120 Tage zu erhöhen, wenn der Kanton sich mit 20 Prozent an den Kosten beteiligte. Die Mehrheit des Nationalrats wollte die Einsparungen, die durch die letzte AVIG-Revision entstanden waren, nicht rückgängig machen. Sie fürchtete um die schnelle Sanierung der Arbeitslosenversicherung.
  • GENTECHNOLOGIE: Der Verfassungsartikel zu Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich soll nicht ausgedünnt werden. Der Nationalrat hat eine parlamentarische Initiative von Jacques Neirynck (CVP/VD) mit 81 zu 78 Stimmen bei 7 Enthaltungen abgelehnt. Der Waadtländer Nationalrat wollte, dass das Gros der Bestimmungen von Artikel 119 ins Gesetz ausgelagert werden. Aufgrund der schnellen Entwicklung in diesen Forschungsfeldern seien die Bestimmungen auf Gesetzesebene besser aufgehoben, denn so könnten sie schneller angepasst werden. Der Nationalrat war jedoch der Meinung, dass der Artikel auf eine breite Debatte rund um einen Gegenentwurf zu einer Volksinitiative zurückgehe und es damit nicht opportun sei, diesen zu ändern.
  • PARTEIENFINANZIERUNG: Parteien sollen nicht alle drei Monate einer Offenlegungsstelle Einblick in ihre Bücher gewähren müssen. Der Nationalrat hat mit 98 zu 68 Stimmen eine parlamentarische Initiative der SP mit dieser Forderung abgelehnt. Die SP forderte insbesondere Transparenz zu Spenden von mehr als 10'000 Franken. Die Schweiz müsse bei der Parteienfinanzierung endlich Transparenz schaffen. Dies fordere auch die Antikorruptions-Organisation Transparency International. Die bürgerliche Ratsmehrheit wies den Vorwurf zurück, dass das Geld im politischen Entscheidungsprozess eine so wichtige Rolle spiele. Der Vorschlag sei zudem eine Scheinlösung, da die Offenlegung der Spenden leicht umgangen werden könne. Auch sei die Meldestelle mit grossem bürokratischem Aufwand verbunden. Die staatspolitische Kommission (SPK) habe sich wiederholt über das Thema gebeugt. Alle geprüften Vorschläge seien mit Nachteilen verbunden. Deshalb habe die SPK das Thema nicht weiterverfolgt.

 

Der Ständerat in Kürze 

(sda) Beim indirekten Gegenvorschlag zur Abzocker-Initiative ist eine Einigung zwischen den Räten etwas näher gerückt. Der Ständerat hat am Montag in einem zentralen Punkt einem Kompromiss zugestimmt. Es geht dabei um die Frage, ob die Aktionäre nicht nur über die Löhne des Verwaltungsrates, sondern auch über jene der Geschäftsleitung jährlich abstimmen sollen. Gemäss dem Kompromiss soll zwar die jährliche Abstimmung zwingend sein. Den Aktionären soll es aber erlaubt sein, in den Statuten festzulegen, ob diese Abstimmung bindende oder konsultative Wirkung hat. 

  • KONSUMENTENSCHUTZ: Wer Waren kauft oder in eine Immobilie einbauen lässt, hat künftig mehr Sicherheit: Garantieansprüche können länger geltend gemacht werden. Der Ständerat hat entsprechende Änderungen des Obligationenrechts für die Schlussabstimmung verabschiedet. Zuletzt umstritten war die Frage, ob das Verbot, die Verjährungsfristen für Gewährleistungsansprüche zu verkürzen, nicht nur für Verträge von Verkäufern mit Konsumenten, sondern auch für Verträge zwischen Unternehmen gelten sollte. Der Ständerat hatte dies anfänglich so beschlossen. Nachdem der Nationalrat sich aber vergangene Woche gegen diese Ausdehnung ausgesprochen hatte, stiess der Ständerat seinen früheren Entscheid um.
  • WAFFENMISSBRAUCH: Der Ständerat will die Bevölkerung besser vor Delikten mit zivilen und militärischen Waffen schützen. Er unterstützte oppositionslos eine Motion seiner Sicherheitspolitischen Kommission. Waffen sollen nach Drohungen und Gewalttaten sofort beschlagnahmt werden. Vom Bundesrat verlangt die Motion, unverzüglich Massnahmen einzuleiten, um den Missbrauch von Waffen künftig zu verhindern. Dabei soll er mit der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) zusammenarbeiten. Der Bundesrat erklärte sich mit dem Anliegen einverstanden.
  • BURKAS: Das Tragen von Burkas in Zügen und Bussen wird in der Schweiz nicht verboten. Der Ständerat hat eine Motion von Nationalrat Oskar Freysinger (SVP/VS) stillschweigend abgelehnt. Der Vorstoss ist damit vom Tisch. Freysinger forderte ein Vermummungsverbot in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie für den Gang vor Behörden. Auch an öffentlichen Veranstaltungen sollten "Vermummte" nicht teilnehmen dürfen - ob sie ihr Gesicht nun hinter einer Kapuze, einer Maske oder einem Ganzkörperschleier verstecken. Der Ständerat erachtete dies als überflüssig. In der Schweiz trügen höchstens 100 bis 150 Frauen Burkas - vornehmlich Touristinnen, sagte Kommissionssprecher Hans Stöckli (SP/BE).
  • REISEVERBOT: Vorläufig Aufgenommene mit F-Ausweis sollen nur noch in Ausnahmefällen Auslandreisen unternehmen dürfen. Der Ständerat überwies eine Motion von Nationalrätin Sylvia Flückiger (SVP/AG) mit 20 zu 17 Stimmen an den Bundesrat. Dieser muss nun eine entsprechende Regelung ausarbeiten. Justizministerin Simonetta Sommaruga stellte sich vergeblich gegen das Anliegen. Eine strikte Umsetzung würde die Flüchtlingskonvention verletzen, warnte sie. Im Vorstoss werde nämlich nicht zwischen vorläufig aufgenommenen Personen mit und ohne Flüchtlingseigenschaft unterschieden. Erstere dürften gemäss der Flüchtlingskonvention reisen - nur nicht in ihr Herkunftsland. Und für letztere ist laut Sommaruga ohnehin eine striktere Regelung geplant.
  • WEGWEISUNGEN: Der Ständerat hat mit 20 zu 15 Stimmen eine Motion an den Bundesrat überwiesen, die im Asylgesetz den zwingenden Vollzug von Wegweisungen verankern will. Hans Stöckli (SP/BE) hielt vergeblich dagegen, das Problem liege nicht in den Gesetzesgrundlagen, sondern an der fehlenden Bereitschaft der Abgewiesenen, ihre Identität offenzulegen.
  • DUBLIN-FÄLLE: Dublin-Fälle sollen direkt von Bundeszentren aus ins Land zurückgeschickt werden, in dem diese Menschen ihr erstes Asylgesuch eingereicht haben. Der Ständerat hat eine Motion von Philipp Müller (FDP/AG) mit 21 zu 4 Stimmen an den Bundesrat überwiesen. Justizministerin Simonetta Sommaruga stellte sich inhaltlich nicht dagegen. Ihrer Ansicht nach rennen die Räte aber offene Türen ein. Die Bestrebungen gingen bereits in die verlangte Richtung. Ziel sei es, die betreffenden Asylsuchenden nicht auf die Kantone zu verteilen.
  • ZAHLUNGSMORAL: Der Ständerat will die schlechte Zahlungsmoral von Privaten und Verwaltung nicht mit einem generell höheren Verzugszins bekämpfen. Er lehnte eine Motion der SVP aus dem Nationalrat ab, die den Satz von 5 auf 10 Prozent erhöhen wollte. Mit einem höheren gesetzlichen Verzugszins werde der Druck erhöht, schneller zu zahlen, war die SVP überzeugt. Laut Justizministerin Simonetta Sommaruga ist der Bundesrat bereits daran, eine Vorlage zur Hebung der Zahlungsmoral auszuarbeiten. Die Regierung war bereits mit einer Motion der FDP-Fraktion beauftragt worden, den Verzugszins zu überprüfen.
  • STRAFRECHT: Das Parlament will bedingte Geldstrafen abschaffen und stattdessen kurze Freiheitsstrafen - bedingt und unbedingt - wieder einführen. Der Ständerat überwies am Montag eine Motion aus seinen Reihen, die der Nationalrat in einen Prüfungsantrag umgewandelt hatte. Die Abschaffung von bedingten Geldstrafen und die Wiedereinführung der kurzen Freiheitsstrafen ist Bestandteil der Revision Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches, über die der Bundesrat nächstens befinden wird, wie Justizministerin Simonetta Sommaruga ausführte.
  • FERNMELDEWESEN: Der Ständerat will vom Bundesrat Aufschluss über die Kosten, die im Rahmen eines Strafverfahrens für die Überwachung von Telefon und Internetverbindungen anfallen. Er unterstützte stillschweigend ein Postulat von Luc Recordon (Grüne/GE). Recordon hatte kritisiert, dass hohe Kosten Überwachungen bremsten oder gar verhinderten oder aber Angeschuldigten astronomisch hohe Verfahrenskosten aufgebürdet würden. Deshalb brauche es Alternativen zur heutigen Situation. Der Bundesrat erklärte sich bereit, die verlangte Analyse vorzunehmen und deren Ergebnisse in Botschaft zur Revision des Gesetzes über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) aufzunehmen.
  • EINREISESPERREN: Der Ständerat will wissen, wie viele Einreisesperren der Bund in den letzten Jahren verfügt hat und weshalb. Er hat einem Postulat zugestimmt und damit einen Bericht bestellt. Der Bundesrat hatte sich nicht gegen den Auftrag gestellt.

 

Der Donnerstag, 1. März 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze 

(sda) Der Nationalrat hat in seiner neuen Zusammensetzung bei der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes eine Kehrwende gemacht: Mit deutlichen Mehrheiten hat er bei der zweiten Beratung der Vorlage einer Mehrwertabgabe von 20 Prozent zugestimmt. Diese wird erhoben, wenn bei einer Neueinzonung in Bauland der Wert einer Parzelle steigt. Befürwortet hat er auch eine Bestimmung, wonach Bauzonenreserven höchstens für 15 Jahre reichen sollen. Überschüssige Bauzonen müssen reduziert werden. Mit der Mehrabgabe können die Eigentümer entschädigt werden. Passiert die Vorlage in dieser Form die Schlussabstimmung, ziehen die Initianten der Landschaftsinitiative ihr Begehren zurück. Allerdings bestehen noch einige Differenzen zum Ständerat. Deshalb geht die Beratung des indirekten Gegenvorschlags zur Initiative in die dritte Runde.

  •  WALDGESETZ: Wie der Ständerat will auch der Nationalrat die Rodungsvorschriften lockern. Er hat eine Revision des Waldgesetzes einstimmig gutgeheissen, sich dabei aber für eine andere Lösung als der Ständerat entschieden. In Gebieten mit zunehmender Waldfläche - vor allem im Alpenraum - soll Wald gerodet werden dürfen, ohne andernorts wieder aufforsten zu müssen, sofern gleichwertige Massnahmen zu gunsten des Natur- und Landschaftsschutzes getroffen werden. In allen anderen Gebieten soll der Verzicht auf Realersatz nur ausnahmsweise erlaubt werden. Bedingung ist, dass landwirtschaftliches Kulturland sowie ökologisch oder landschaftlich wertvolle Gebiete geschont werden können. Auf den Rodungsersatz soll auch bei Waldstücken verzichtet werden können, die in den letzten 30 Jahren eingewachsen sind.
  • VERKEHR: Lastwagen bleiben künftig mindestens sieben Jahre lang in der günstigsten Kategorie der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA). Der Nationalrat hat eine vom Ständerat abgeänderte Motion an den Bundesrat überwiesen. Die Räte wollen damit den Transporteuren mehr Investitionssicherheit bieten. Auslöser des Vorstosses war der Beschluss des Bundesrates, die in der Schweiz vorherrschenden EURO-3-Fahrzeuge von der günstigsten in die mittlere der drei Abgabekategorien umzuteilen. Der Nutzfahrzeugverband ASTAG kritisierte dies.
  • ENERGIE I: Der Bundesrat soll die nötigen Voraussetzungen für den Weiterausbau der Pumpspeicherkraftwerke in der Schweiz schaffen. Insbesondere soll er Sachpläne für potenzielle Speicherstandorte erstellen. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion aus dem Ständerat an den Bundesrat überwiesen. Aus Sicht des Bundesrates sind die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben. In der Neuausrichtung der Energiepolitik sei auch der Ausbau des Anteils der Wasserkraft vorgesehen, hielt er fest. Er werde mit den Kantonen prüfen, wie Bewilligungsverfahren besser koordiniert und beschleunigt werden könnten.
  • ENERGIE II: National- und Ständerat möchten, dass die Schweizer Forschung und Industrie an dem von der EU-Kommission lancierten Strategic Energy Technology Plan (SET-Plan) gleichberechtigt mitwirken können. Der Nationalrat hat eine vom Ständerat abgeänderte Motion an den Bundesrat überwiesen. Der SET-Plan verfolgt das Ziel, die Energieproduktion aus erneuerbaren Energieträgern zu erhöhen. Er ist das zentrale Instrument der EU zur Erreichung der klimapolitischen Ziele. Der Bundesrat hielt fest, die Schweiz habe ihr prinzipielles Interesse bereits angemeldet, doch seien noch viele Fragen offen.

 

Der Ständerat in Kürze 

keine Sitzung  

 

Der Mittwoch, 29. Februar 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

(sda) Der Nationalrat hat das Steueramtshilfegesetz gutgeheissen, das die Voraussetzungen für den erleichterten Informationsaustausch bei Steuerdelikten schafft. Dabei beschloss er, dass die Schweiz bei Gruppenanfragen keine Amtshilfe leisten soll, sofern dies nicht explizit in einem Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehen ist. Die Meinungen im Rat gingen weit auseinander. Während die SVP das Bankgeheimnis verteidigte, kämpften SP und Grüne für eine weitere Lockerung. Der Rat schmetterte jedoch sowohl die Anträge von rechts als auch jene von links ab. Er sprach sich weitgehend für die Vorschläge des Bundesrates aus. Am Ende stimmte er dem Gesetz mit 113 zu 58 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu.

  •  DOPPELBESTEUERUNGSABKOMMEN: Den USA soll die Schweiz künftig in Fällen von Steuerhinterziehung auch bei Gruppenanfragen Amtshilfe leisten. Der Nationalrat hat sich am Mittwochabend im Grundsatz dafür ausgesprochen, aber noch nicht definitiv entschieden. Mit 116 zu 51 Stimmen bei 8 Enthaltungen stimmte der Rat für Eintreten auf die Vorlage. Zur Detailberatung und Gesamtabstimmung kam es nicht mehr: Nationalratspräsident Hansjörg Walter (SVP/TG) brach die Sitzung um 18.45 Uhr ab. Nun wird der Nationalrat erst am Montag entscheiden. Ein Nein ist von der SVP sowie von Teilen der Grünen und der SP zu erwarten. Die Mehrheit der Linken dürfte jedoch zustimmen. Die Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens spielt eine wichtige Rolle im Steuerstreit mit den USA. Sagt nach dem Ständerat auch der Nationalrat ja dazu, erhöht dies die Chancen für eine Globallösung.
  • AUSSENWIRTSCHAFT: Der Nationalrat hat vom Aussenwirtschaftsbericht 2011 des Bundesrats zustimmend Kenntnis genommen. Darin führt der Bundesrat seine Bemühungen aus, die Schweizer Wirtschaft durch die Verbesserung der aussenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu fördern. Im Vordergrund steht dabei die Strategie, mit möglichst vielen Ländern bilaterale Freihandelsverträge auszuhandeln. Im Berichtsjahr wurden solche Verträge mit Hong Kong und Montenegro abgeschlossen. Letzteren hiess der Nationalrat mit 172 zu 0 Stimmen gut. Den Vertrag mit Hong Kong hatte das Parlament bereits früher genehmigt. Weiter hiess der Nationalrat Investitionsschutzabkommen mit Trinidad & Tobago und Kosovo sowie ein Handelsabkommen mit Tadschikistan gut. Vergeblich forderten SP und Grüne die Rückweisung dieser Verträge. Den Interessen der Partnerstaaten sei zu wenig Rechnung getragen worden, kritisierten sie. Gutgeheissen wurden auch Änderungen des Übereinkommens zur Errichtung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD).
  • SELTENER GEBURTSTAG: Obwohl sich ihre Geburt jeweils während der Frühjahrssession jährt, hat FDP-Fraktionschefin Gabi Huber in den letzten Jahren jeweils auf die Geburtstagswünsche der Ratskolleginnen und Ratskollegen verzichten müssen. Nicht so am Mittwoch. Nationalratspräsident Hansjörg Walter profitierte vom Schalttag, um der Urner Nationalrätin wieder einmal an ihrem richtigen Geburtstag die besten Wünsche zu überbringen.

 

Der Ständerat in Kürze

(sda) Verletzen Volksinitiativen den Kerngehalt der Grundrechte, soll das Parlament sie künftig noch vor einer Abstimmung für ungültig erklären können. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat mit Stichentscheid seines Präsidenten angenommen. Das Parlament kann heute eine Initiative nur für ungültig erklären, wenn sie zwingendem Völkerrecht widerspricht. Die Diskussion drehte sich vor allem um die Frage, ob die Volksrechte eingeschränkt werden sollen oder nicht. Die Minderheit war der Meinung, dass jeder weitere Ungültigkeitsgrund die Volksrechte beschneide. Kritisiert wurde auch der Begriff "Kerngehalt", der nur schwer zu definieren sei. Für die Befürworter stärkt der erweiterte Ungültigkeitskatalog die Volksrechte. Könne eine Initiative nicht umgesetzt werden, "kann das längerfristig auch der Glaubwürdigkeit unserer Demokratie und dem Vertrauen der Bevölkerung in dieses System schaden", sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Der Bundesrat muss nun eine Verfassungsänderung ausarbeiten.

  •  OMBUDSSTELLE: Die Armee soll die Stelle eines Truppenombudsmannes schaffen, die für zwischenmenschliche Konflikte und Spannungen in der Truppe zuständig ist. Der Ständerat hat am Mittwoch eine eigene Motion, die vom Nationalrat in leicht abgeänderter Form gutgeheissen worden war, an den Bundesrat überwiesen. Dieser soll nicht den Rang eines Brigadiers bekleiden müssen, aber doch Militärdienst leisten oder geleistet haben. In dieser Form könne auch der Bundesrat der Motion zustimmen, sagte Verteidigungsminister Ueli Maurer. Ursprünglich sei der Bundesrat gegen den Vorschlag gewesen, weil es im militärischen Dienstbetrieb genügend Anlaufstellen gebe.
  • RICHTERLÖHNE: Richterinnen und Richter des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts sowie hauptamtliche Richter des Bundespatentgerichts erhalten mehr Lohn. Zudem müssen sie mit 68 Jahren ihr Amt abgeben. Der Ständerat hat als Zweitrat eine Änderung des Lohnsystems genehmigt. Die zwei Vorlagen gehen auf eine parlamentarische Initiative der nationalrätlichen Rechtskommission zurück. Der Nationalrat hatte die Anpassungen im Dezember ohne Gegenstimme gutgeheissen. In der einen Vorlage geht es um eine Erhöhung des Anfangslohnes und einen jährlichen Lohnanstieg. In der anderen wird geregelt, dass Richterinnen und Richter an den drei Gerichten spätestens in jenem Jahr aus dem Amt ausscheiden, in dem sie 68 Jahre alt werden.
  • SOUVERÄNITÄT: Ausländische Staaten sollen Personen oder Unternehmen in der Schweiz nicht mehr dazu zwingen können, Schweizer Recht zu verletzen. Um solche Verletzungen zu verhindern, haben die Räte beim Bundesrat einen Entwurf für ein "Souveränitätsschutzgesetz" bestellt. Der Ständerat überwies stillschweigend eine Motion der FDP-Fraktion aus dem Nationalrat und folgte der Rechtskommission. Diese fand, dass die Arbeiten am Souveränitätsschutzgesetz beendet werden sollten. Damit könne Problemen abgeholfen werden, die sich der Schweiz namentlich im Steuerstreit mit den USA gestellt hätten. Laut Justizministerin Simonetta Sommaruga ist die Arbeit an der Vorlage aufgenommen worden.
  • FAHRZEUGE: Der Ständerat will für Fahrzeuge, die der Bund einkauft, keine festen Schadstoff-Maximalwerte festlegen. Eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat lehnte er am Mittwoch oppositionslos ab und folgte damit seiner Umweltkommission und dem Bundesrat. Beide hatten argumentiert, dass der Bund sich beim Einkaufen an der Umweltetikette orientiere, die jährlich angepasst werde. Es würden grundsätzlich Fahrzeuge der oberen Kategorien eingekauft. Damit sei gewährleistet, dass diese dem neusten Stand der Technik entsprächen, sagte Verteidigungsminister Ueli Maurer.
  • AUSSERORDENTLICHE LAGEN: Der Ständerat will am Rechtsschutz in ausserordentlichen Lagen nichts ändern. Eine Motion der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates lehnte er ab. Der Nationalrat hätte eine Beschwerdemöglichkeit schaffen wollen gegen unmittelbar auf die Verfassung gestützte Notrechts-Verordnungen oder -Verfügungen. Der Bundesrat war damit nicht einverstanden und hatte argumentiert, dass die aktuelle Rechtsschutzregelung genüge. Anderer Meinung war die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission. Sprecher Hans Stöckli (SP/BE) sagte, durch Hochseilakte könnten zwar Lösungen gefunden werden, doch im Bereich des Notrechts bestünden grosse Rechtsunsicherheiten.
  • BUNDESRAT: Die Vertretung der Sprachregionen und Regionen des Landes im Bundesrat hat im Ständerat zu einer "Chropfleerete" und einem sehr knappen Entscheid geführt. Die Landesregierung musste für die Antwort auf ein Postulat Schelte einstecken, namentlich aus dem Tessin. Raphaël Comte (FDP/NE) hatte mit dem Vorstoss vom Bundesrat einen Bericht zur Vertretung der Sprachgebiete und Regionen bestellen und namentlich hatte er wissen wollen, was der Bundesrat von einem garantierten Sitz für die italienischsprachige Schweiz und einer Regionenklausel in der Verfassung hält. Die Tessiner Vertreter kritisierten, dass der Bundesrat mit seiner Antwort wenig Sensibilität für das Anliegen gezeigt habe. Die Kantonsvertreter lehnten den Vorstoss mit 19 gegen 18 Stimmen ab.
  • KANTONSVERFASSUNGEN: Der Ständerat hat als Erstrat Verfassungsänderungen der Kantone Uri, Zug, Basel-Landschaft, Aargau, Thurgau, Waadt, Genf und Jura gutgeheissen. Die Verfassungen wurden in unterschiedlichen Punkten angepasst. Im Kanton Uri ist das revidierte Bürgerrechtsgesetz Anlass der Änderung. Der Kanton Zug gibt sich unter anderem eine Grundlage für die Genehmigung von Leistungsaufträgen durch das Kantonsparlament und hat Bestimmungen zu Grundrechten, Immunität und Gewaltentrennung neu gefasst. In Basel-Landschaft hat die gerichtliche Zuständigkeit betreffend Polizeigewahrsam für gewalttätige Personen an Sportanlässen geändert. Im Aargau ist die Zuteilung der Gemeinden auf die Bezirke Grund der Anpassung. Der Kanton Thurgau hat bei Abstimmungen und Initiativen mit Gegenvorschlag zum auf Bundesebene gebräuchlichen Verfahren gewechselt. Die Waadt hat die Möglichkeit eingeführt, bei Gemeindefusionen Gemeindemandate zu verlängern, der Kanton Genf hat neu eine Schüler-Tagesbetreuung, und der Kanton Jura hat sich Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung auferlegt.
  • NATO: Der Ständerat hat Kenntnis genommen vom Bericht der Schweizer Delegation bei der parlamentarischen Versammlung der NATO. Die Delegation nahm im Auftrag der eidgenössischen Räte an den beiden jährlichen Tagungen sowie an Seminaren und Arbeitstreffen der Parlamentarischen Versammlung teil und liefert dazu jährlich einen schriftlichen Bericht ab.

 

Der Dienstag, 28. Februar 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

(sda) In der Schweiz sollen Zwangsheiraten nicht mehr toleriert werden. Der Nationalrat hat entsprechende Anpassungen in sechs Gesetzen gutgeheissen. Als starkes Zeichen gilt eine neuer Artikel im Strafgesetz: Wer jemanden zu einer Ehe zwingt, soll mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug bestraft werden können. "Damit bringen wir zum Ausdruck, dass Zwangsverheiratung ein Verbrechen ist", sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Wichtig ist neu der Grundsatz, dass sämtliche Voraussetzungen für eine Eheschliessung ausschliesslich nach Schweizer Recht beurteilt werden. Die SVP stimmte in der Gesamtabstimmung gegen das Gesetz. Es wurde jedoch mit 128 zu 51 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen. Zu Massnahmen über den konkreten Schutz und die Beratung von Opfern legt der Bundesrat im Sommer einen Bericht vor.

  • WAFFENMISSBRAUCH: Der Nationalrat hat sich mit dem Missbrauch von Armeewaffen für Straftaten beschäftigt und zwei Vorstösse seiner Sicherheitspolitischen Kommission (SIK) gutgeheissen. Gegen den Willen des Bundesrates hat er mit 91 zu 61 Stimmen bei 15 Enthaltungen eine Motion unterstützt, die eine frühzeitige und automatische Information der Armee über hängige Strafverfahren verlangt. Ziel ist der Schutz der Bevölkerung. Einverstanden hatte sich die Regierung mit dem Postulat der SIK erklärt. Dieses verlangt einen Bericht dazu, wie der Fluss von Informationen zwischen Armee und Strafverfolgungsbehörden in Echtzeit sichergestellt werden kann. Weiter will er abklären, ob die geltenden Rechtsgrundlagen genügen und ob es möglich ist, eine Zusatzstrafe wie ein Waffenverbot ins Strafrecht einzufügen.
  • STAATSTROJANER: Der Nationalrat will eine Auslegeordnung zu den Rechtsgrundlagen für den Einsatz von Spionage-Software und ebenso zu bisherigen Einsätzen dieser so genannten Trojaner. Er hat am Dienstag oppositionslos zwei Postulate unterstützt und beim Bundesrat Berichte zu den Einsätzen von Spionage-Software bestellt, die im vergangenen Herbst bekannt geworden waren. Der Bundesrat will die Frage in der Botschaft zur Revision des Gesetzes zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) behandeln und keinen separaten Bericht verfassen. Die Botschaft wird laut Bundesrat Mitte Jahr erwartet.
  • KONKURSVERFAHREN: Ein Konkursverfahren soll nicht mehr dazu missbraucht werden können, finanzielle Verpflichtungen loszuwerden. Der Nationalrat hat oppositionslos eine Motion aus dem Ständerat überwiesen und beim Bundesrat die nötigen Rechtsgrundlagen bestellt. Der Bundesrat hatte sich mit dem Anliegen einverstanden erklärt.
  • KONSUMENTENSCHUTZ: Wer Waren kauft oder in eine Immobilie einbauen lässt, wird künftig mit längeren Fristen für die Produktgarantie besser geschützt. Doch berufliche Käufer - beispielsweise Betriebe - will der Nationalrat nicht von verlängerten Garantiefristen profitieren lassen. Mit 87 gegen 86 Stimmen sprach sich der Nationalrat gegen eine Änderung aus, mit der der Ständerat besonders dem Kleingewerbe besseren Schutz hatte sichern wollen. In der grossen Kammer setzten sich SVP, FDP und BDP in diesem Punkt knapp durch. Die Vorlage geht nun wieder in den Ständerat. Der Bundesrat hätte die Version der kleinen Kammer bevorzugt. Nicht nur Konsumenten, sondern auch Gewerbetreibende oder Bauern sollten vom verbesserten Schutz profitieren, sagte Bundesrätin Simonetta Sommaruga.
  • VERDECKTE FAHNDUNG: Die Möglichkeit der verdeckten Fahndung zur Verbrechensprävention soll nicht in der Bundesverfassung festgeschrieben werden. Der Nationalrat hat eine Parlamentarische Initiative von alt Nationalrat Ulrich Schlüer (SVP/ZH) mit 125 zu 61 Stimmen abgelehnt. Schlüer wollte die verdeckte Fahndung eidgenössisch statt kantonal regeln. Die grosse Kammer gibt der Regelung auf Gesetzesebene den Vorrang. Die Rechtskommission hat entsprechende Arbeiten schon in Angriff genommen.
  • POKER: Pokerturniere mit kleinen Einsätzen sollen auch ausserhalb des Familien- und Freundeskreises zugelassen werden. Der Nationalrat hat mit 165 gegen 2 Stimmen eine Motion seiner Rechtskommission unterstützt. Lukas Reimann (SVP/SG) gab zu bedenken, dass heute Hobby-Spieler dazu gezwungen würden, in Spielbanken höhere Einsätze zu wagen. Dies sei auch aus Sicht der Suchtprävention bedenklich. Der Bundesrat hatte die Motion abgelehnt und auf den Verfassungsartikel zur Regelung der Geldspiele und die Vorarbeiten für dessen Umsetzung verwiesen. Bei dieser Gelegenheit würden gesetzliche Regelungen des Pokerspiels um geringe Beträge geprüft.
  • BEKANNTMACHUNGSPFLICHT: Der Nationalrat hat sich mit 122 zu 55 Stimmen bei 4 Enthaltungen dagegen ausgesprochen, dass die Medien per Gesetz zur Bekanntmachung von entflohenen Tätern verpflichtet werden. Alt Nationalrat Josef Kunz (SVP/LU) hatte mittels einer Parlamentarischen Initiative eine entsprechende Änderung des Radio- und Fernsehgesetzes gefordert: Mit Bild und Personalien sollten entflohene Täter gezeigt werden, wenn sie Straftaten begangen hatten, die zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr geführt hatte.
  • SPRACHEN: Schweizer Schüler sollen als erste Fremdsprache nicht zwingend eine Landessprache lernen müssen. Das entschied der Nationalrat. Mit 99 zu 66 Stimmen und bei 13 Enthaltungen gab er einer parlamentarischen Initiative von Antonio Hodgers (Grüne/GE) keine Folge. Hodgers hatte eine Änderung des Sprachengesetzes verlangt und das damit begründet, dass mehrere Deutschschweizer Kantone Englisch gegenüber den Landessprachen bevorzugten. Hodgers hatte zum Thema Mundart in der Deutschschweiz noch zwei weitere parlamentarische Initiativen eingereicht, die der Rat aber ebenfalls nicht weiterverfolgen wollte. Er lehnte Hodgers' Vorschlag für mehr Hochdeutsch in den Deutschschweizer SRG-Medien ebenso ab wie die verlangte Vorgabe, dass die Mitglieder des Bundesrates vor breitem Publikum eine Landessprache und nicht Mundart sprechen sollten.

 

Der Ständerat in Kürze

(sda) Der Preisüberwacher soll sich künftig zu den finanziellen Zielen der SBB äussern - und nicht mehr zu den Tarifen. Dies möchte der Ständerat. Er hat am Dienstag eine entsprechende Regelung in die Bahnreform eingebaut. Damit möchte er verhindern, dass der Preisüberwacher beim Versuch der SBB intervenieren kann, die Vorgaben des Bundesrates zu erreichen. Gegen die Änderung stellten sich die Vertreterinnen und Vertreter der SP. Sie sprachen von einer Entmachung des Preisüberwachers. Der Nationalrat muss sich noch dazu äussern.

  • STRASSENVERKEHR I: Der Ständerat hält an einem Mindestalter für Velofahrer und an einer Helmtragpflicht fest. Neu schlägt er im Rahmen des Massnahmenpakets für mehr Sicherheit im Strassenverkehr Via Sicura zudem einen Artikel zu Fussgängerstreifen vor. Am meisten zu reden gab, wie der Zustand von angetrunkenen Autolenkern gemessen werden soll. Im Gegensatz zum Nationalrat will die kleine Kammer wie der Bundesrat stärker auf Atem- statt Blutproben setzen. Letztere sollen nur noch auf Verlangen der betroffenen Person oder bei Anzeichen auf Drogen- oder Medikamentenmissbrauch durchgeführt werden.
  • STRASSENVEKREHR II: Auch in Zukunft sollen nach Verkehrsdelikten das Strafgericht für Bussen, Geldstrafen oder Freiheitsstrafen und die Verwaltungsbehörde für Führerausweisentzüge zuständig sein. Der Ständerat hat es abgelehnt, an dieser doppelten Zuständigkeit etwas zu ändern. Mit 22 zu 16 Stimmen wies er - wie vom Bundesrat beantragt - eine Motion der ständerätlichen Verkehrskommission ab, welche die Sanktionierung von Verstässen gegen die Strassenverkehrsvorschriften durch eine einzige Behörde verlangte.
  • KLIMA: National- und Ständerat empfehlen dem Stimmvolk, die Initiative "Für ein gesundes Klima" abzulehnen. Am Dienstag hat sich der Ständerat dazu geäussert, das Geschäft ist damit bereit für die Schlussabstimmung. SP, Grüne und Umweltverbände verlangen mit ihrem Volksbegehren, dass die Schweiz die Treibhausgasemissionen bis ins Jahr 2020 um 30 Prozent reduziert. Dies geht dem Bundesrat und dem Parlament zu weit. Als indirekten Gegenvorschlag haben die Räte eine Revision des CO2-Gesetzes verabschiedet. Das Gesetz schreibt eine 20-prozentige Reduktion des CO2-Ausstoss bis ins Jahr 2020 vor.
  • ATOMENERGIE: Der Ständerat will bei den Brennstoffen für Schweizer Atomkraftwerke nicht auf mehr Transparenz pochen. Er hat eine Motion aus dem Nationalrat mit 24 zu 17 Stimmen abgelehnt. Diese ist damit vom Tisch. Die Mehrheit der kleinen Kammer folgte den Argumenten von Umwelt- und Energieministerin Doris Leuthard, welche die Motion als "nicht umsetzbar" ablehnte. Die Schweiz könne im Ausland nicht Gesundheits- und Umweltstandards durchsetzen.
  • ENERGIEWENDE: Der Bundesrat will sich im April über ein Aussprachepapier mit den zentralen Punken für die Vorlage zur künftigen Energiepolitik beugen. Dies sagte Energieministerin Doris Leuthard im Ständerat. Hans Hess (FDP/OW) hatte Auskunft zum Potenzial der Geothermie verlangt. Die Pläne für die künftige Energieversorgung will der Bundesrat nach den Sommerferien in die Vernehmlassung schicken.
  • FLUGLÄRM: Stillschweigend hat es der Ständerat abgelehnt, neue Verfahrensgarantien für die Entschädigung von Hauseigentümern einzuführen, deren Häuser durch die Lärmbelastung an Wert verlieren. Er ist auf eine entsprechende Vorlage zum zweiten Mal nicht eingetreten, womit diese hinfällig ist. Bundesrätin Doris Leuthard zeigte sich froh über den Entscheid. Der Bundesrat sei dem Vorhaben immer kritisch gegenübergestanden, weil die Lärmbelastung aller Infrastrukturen erfasst worden wäre und nicht nur jene des Flugverkehrs. Der Bund habe die Probleme im Zusammenhang mit den Verjährungsfragen bei Fluglärmgeschädigten aber anerkannt und werde sich aufgrund eines für April erwarteten Berichts des Bundesamts für Umwelt schon bald zum weiteren Vorgehen äussern. 

 

Der Montag, 27. Februar 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze 

(sda) Die Hotellerie wird voraussichtlich nicht von der Mehrwertsteuer befreit. Der Nationalrat hat sich am Montag mit 92 zu 88 Stimmen bei 7 Enthaltungen gegen eine Sonderregelung für die Dauer eines Jahres ausgesprochen. Die Befürworter wollten damit die Folgen des starken Frankens abfedern. Nun muss noch der Ständerat entscheiden. Folgt er seiner Kommission und sagt ebenfalls Nein, ist die Idee vom Tisch. Die Befreiung von der Steuer hätte Ausfälle von 150 bis 160 Millionen Franken zur Folge. Gegen die Massnahme stellten sich im Nationalrat SP, Grüne, Grünliberale und FDP, dafür stimmten SVP, BDP und CVP.

  • EIGENMIETWERT: Rentnerinnen und Rentner sollen auch in Zukunft den Eigenmietwert als Einkommen versteuern müssen. Nach dem Ständerat hat nun auch der Nationalrat die Volksinitiative des Schweizerischen Hauseigentümerverbandes (HEV) zur Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung abgelehnt. Die grosse Kammer beschloss mit 102 zu 67 Stimmen bei 4 Enthaltungen, dem Stimmvolk die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Der HEV verlangt, dass Hausbesitzer im Rentenalter die Eigennutzung des Wohneigentums nicht mehr als Einkommen versteuern müssen, wenn sie dies wünschen. Wenn sie sich dafür entscheiden, dürfen sie im Gegenzug aber die Schuldzinsen nicht mehr von den Steuern abziehen. Für die Mehrheit des Parlaments ist dies aber nur ein unvollständiger Systemwechsel.
  • FINANZPLATZ: Die Ausgabe von Pflichtwandelanleihen (CoCos) soll in der Schweiz von der Verrechnungssteuer befreit werden. Hingegen soll der Bundesrat seine Vorschläge für einen grundlegenden Systemwechsel bei der Verrechnungssteuer überarbeiten. Diese Vorschläge seien noch nicht ausgereift. Deshalb beschloss der Nationalrat die vom Bundesrat vorgeschlagene Revision des Verrechnungssteuergesetzes in zwei Teile zu splitten. Der Steuerbefreiung der CoCo-Bonds, mit denen die systemrelevanten Grossbanken einen Teil ihres Eigenkapitals bereitstellen sollen, wurde in der Gesamtabstimmung mit 176 zu 0 Stimmen gutgeheissen.
  • BÜROKRATIE: Der Nationalrat möchte in der Verfassung ein Grundrecht auf verständliche Gesetze und unbürokratische Anwendung der Gesetze verankern. Er hat einer parlamentarischen Initiative des Waadtländer Kommunisten Josef Zisyadis Folge gegeben. Der Inhalt des Vorstosses entspricht fast wörtlich einer Volksinitiative der FDP: der "Bürokratie-Stopp"-Initiative. Über den Vorstoss von Zisyadis hat nun der Ständerat zu entscheiden. Andreas Gross (SP/ZH) unterstellte den Befürwortern im Nationalrat unlautere Motive: "Man hat Freude gehabt, dass ausgerechnet der letzte Kommunist eine freisinnige Volksinitiative kurzschalten will."
  • MEDIZINALBERUFE: Wer einen medizinischen Beruf lernt, soll künftig keine Prüfungs- und Diplomgebühren mehr bezahlen. Die finanzielle Belastung soll auf eine Verwaltungsgebühr von 200 Franken beschränkt werden. Der Nationalrat hat sich stillschweigend für eine parlamentarische Initiative von Jacques Neirynck (CVP/VD) ausgesprochen. Die Absolventen einer medizinischen Ausbildung seien gegenüber Studierenden anderer Fachrichtungen benachteiligt, begründete Neyrinck seinen Vorstoss. Heute beträgt die Prüfungsgebühr für die Humanmedizin 1500 Franken. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat geht.
  • MILITÄRGERICHTE: Journalistinnen und Journalisten sollen sich unter Umständen auch künftig vor einem Militärgericht verantworten müssen. Der Nationalrat hat mit 107 zu 69 Stimmen eine parlamentarische Initiative von alt Nationalrat Jo Lang (Grüne/ZG) abgelehnt. Dieser verlangte, dass Zivilpersonen nur noch von zivilen Gerichten beurteilt werden können. Der Initiant verstand dies auch als Kompromiss zur generellen Abschaffung der Militärjustiz. In Österreich und Deutschland gebe es gar keine Militärgerichte, und in Italien und Frankreich beschränkten sich deren Kompetenzen auf Militärdienstleistende, hielt er in seinem Vorstoss fest. Die Ratsmehrheit sah jedoch keinen Handlungsbedarf. 

 

Der Ständerat in Kürze

(sda) Nationalrat und Ständerat suchen nach den richtigen Tönen für den direkten Gegenvorschlag zur Volksinitiative "Jugend und Musik". Der Ständerat will mit seinem Entwurf die Kompetenzen der Kantone und die Anliegen der Initianten vereinen. Er behandelte das Geschäft am Montag zum zweiten Mal und sprach sich für einen neu formulierten direkten Gegenvorschlag aus. Demnach soll der Bund analog zum Bildungsartikel in der Verfassung Regelungskompetenzen erhalten, sollten sich Bund und Kantone beim schulischen Musikunterricht nicht auf harmonisierte Ziele einigen können. Die Initiative selbst lehnte der Ständerat mit 25 gegen 15 Stimmen ab. Das Geschäft geht nun wieder in den Nationalrat. Dieser will ebenfalls einen Gegenvorschlag, hat aber bisher die Initiative unterstützt. 

  • KINDER-BRILLEN: Krankenkassen werden künftig wieder für Kinder-Brillengläser bezahlen müssen. Der Ständerat nahm mit 34 zu 5 Stimmen eine Motion aus dem Nationalrat an. Er stützt damit den Bundesrat, der auf einen Entscheid zurückkommt. Ursprünglich sollten die Krankenversicherer für Brillen, die nicht aufgrund einer Primärkrankheit nötig wurden, nicht mehr bezahlen. Eine Studie hat jedoch aufgezeigt, dass verpasste Sehkorrekturen bei Kindern zu Folgeproblemen und -kosten führen. Dies hat den Bundesrat umgestimmt. Er wird die Verordnung erneut anpassen und die Leistungen für Brillengläser für Kinder wieder aufnehmen.
  • BERUFLICHE VORSORGE: Der Ständerat will nichts wissen von einem einheitlichen Beitragssatz in der Zweiten Säule. Er hat eine entsprechende Motion von Jean-Pierre Grin (SVP/VD) diskussionslos abgelehnt. Der Nationalrat hatte in der vergangenen Herbstsession der Motion noch zugestimmt. Grin wollte mit einem Einheitssatz bei der Beruflichen Vorsorge verhindern, dass ältere Arbeitnehmer wegen des hohen Beitragssatzes nicht angestellt werden. Der Bundesrat hatte die Motion zur Ablehnung empfohlen, da nicht erwiesen sei, dass sich die Situation der älteren Arbeitnehmer dadurch verbessere.
  • KOMPLEMENTÄRMEDIZIN: Der Ständerat hat einstimmig eine Motion angenommen, die von der IV verlangt, dass sie komplementärmedizinische Leistungen vergütet. Da der Bundesrat per Anfang Jahr die anthroposophische Medizin, die klassische Homöopathie, die Neuraltherapie, die Phytotherapie und traditionelle chinesischen Medizin unter bestimmten Bedingungen und befristet bis Ende 2017 wieder in den Leistungskatalog der Grundversicherung aufgenommen hat, ist die Motion von Edith Graf-Litscher (SP/TG) bereits erfüllt. Denn auch die IV wird verpflichtet, diese Leistungen zu vergüten.
  • SOZIALVERSICHERUNGSRECHT: Wer einen Entscheid zu Leistungen von Sozialversicherungen vor Gericht anficht, soll für das Verfahren grundsätzlich bezahlen müssen. Das hat nach dem Nationalrat auch der Ständerat entschieden und eine entsprechende Motion der SVP überwiesen. Der Vorstoss verlangt die Anpassung des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (ATSG). Für die Parteien sollen die betroffenen letztinstanzlichen kantonalen Verfahren einfach, rasch und in der Regel öffentlich sein. Sie sollen zwischen 200 und 1000 Franken kosten.
  • SOZIALWERKE: Sozialversicherungen wie AHV, Krankenkassen oder IV-Stellen sollen nicht online und kostenlos auf Register zugreifen können, um zu prüfen, ob bei ihnen angemeldete Personen tatsächlich existieren respektive sich legal in der Schweiz aufhalten. Der Ständerat hat eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat abgelehnt und ist dabei dem Antrag des Bundesrates gefolgt. Dieser hatte argumentiert, dass der Zugriff auf Registerdaten mit der Erfüllung der Aufgaben der Berechtigten zusammenhängen müsse.
  • KRANKENKASSEN I: Der Ständerat will keine öffentlich zugängliche, nationale Datenbank, in der Kosten für Leistungen des Gesundheitswesens und Prämien der Krankenkassen obligatorisch erfasst werden. Die Datenbank hätte es erlauben sollen, die Entwicklung der Gesundheitskosten besser zu steuern. Die kleine Kammer lehnte eine entsprechende Standesinitiative des Kantons Jura mit 23 zu 9 Stimmen ab. Die Mehrheit der Sozial- und Gesundheitskommission fand, es stünden genügend Daten zur Verfügung. Die Minderheit machte geltend, dass in einigen Kantonen Versicherungen und Kantone abweichende Angaben zu den Kosten für die Gesundheit machten. Das Anliegen könne ins Gesetz über die Aufsicht der Krankenkassen aufgenommen werden.
  • KRANKENKASSEN II: Der Ständerat will nichts davon wissen, bei der Krankenkasse die Erfüllung der Versicherungspflicht nicht nur an einen Vertrag, sondern auch an das Bezahlen der Prämien zu knüpfen. Einer entsprechenden Standesinitiative des Kantons Aargau gab er keine Folge. Die Mehrheit der Sozial- und Gesundheitskommission des Ständerates hatte argumentiert, dass die gesetzlichen Bestimmungen zu den nicht bezahlten Prämien erst seit Anfang Jahr in Kraft seien und noch keine Erfahrungen damit hätten gesammelt werden können.

 

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