Freitag, 21. März 2014
Das Parlament verabschiedet 15 Vorlagen
(sda) Mit den Schlussabstimmungen zu 15 Vorlagen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die Frühjahrssession abgeschlossen. Parlamentarisch unter Dach und Fach kamen:
- mit 99 : 82 Stimmen bei 14 Enthaltungen (Nationalrat) und 22 : 13 Stimmen bei 7 Enthaltungen (Ständerat) der Bundesbeschluss über die Volksinitiative "Schluss mit der MWST-Diskriminierung des Gastgewerbes", mit welchem die Räte die Initiative zur Ablehnung empfehlen;
- mit 132 : 62 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 27 : 12 Stimmen bei 3 Enthaltungen der Bundesbeschluss zur Volksinitiative "Für eine öffentliche Krankenkasse", mit welchem die Räte die Initiative zur Ablehnung empfehlen;
- mit 193: 1 Stimmen bei 0 Enthaltungen und 42 : 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen Änderungen des Krankenversicherungsgesetzes zur Korrektur der in der Vergangenheit zu viel oder zu wenig bezahlten Prämien;
- mit 139 : 52 Stimmen bei 4 Enthaltungen und 42 : 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen Änderungen des Krankenversicherungsgesetzes, mit welchen der Risikoausgleich zwischen den Krankenkassen verfeinert wird;
- mit 142 : 34 Stimmen bei 19 Enthaltungen und 42 : 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen das Bundesgesetz über die Rehabilitierung administrativ versorgter Menschen, mit welchem anerkannt wird, dass den Opfern Unrecht geschah;
- mit 137 : 56 Stimmen bei 3 Enthaltungen und 39 : 3 Stimmen bei 0 Enthaltungen Änderungen des Steueramtshilfegesetzes, die es den Schweizer Behörden ermöglichen, Steuersünder nicht mehr in jedem Fall vorgängig zu informieren, wenn Daten an andere Staaten übermittelt werden;
- mit 138 : 56 Stimmen bei 0 Enthaltungen und 42 : 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen Änderungen des Mineralölsteuergesetzes, die schärfere Bestimmungen zu Steuererleichterungen für Agrotreibstoffe beinhalten;
- mit 115 : 72 Stimmen bei 8 Enthaltungen und 31 : 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Nagoya-Protokolls über den Zugang zu genetischen Ressourcen und dessen Umsetzung im Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz;
- mit 137 : 55 Stimmen bei 3 Enthaltungen und 39 : 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen Änderungen des Gewässerschutzgesetzes zur Aufrüstung von Kläranlagen, die dazu führen soll, dass Mikroverunreinigungen nicht mehr in die Gewässer gelangen;
- mit 194 : 0 Stimmen bei 1 Enthaltung und 42 : 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen Änderungen des Bundesgesetzes über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes, mit welchen die Ausland-Datenbank (ISAS) des Nachrichtendienstes eine gesetzliche Grundlage erhält;
- mit 146 : 44 Stimmen bei 5 Enthaltungen und 42 : 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen das revidierte Schweizerschulengesetz, das für Schweizerschulen im Ausland die Mindestquote von Schweizer Schülern aufhebt;
- mit 194 : 1 Stimmen bei 0 Enthaltungen und 42 : 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen der Bundesbeschluss zur Genehmigung eines Abkommens mit Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein, das die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit regelt;
- mit 137 : 50 Stimmen bei 8 Enthaltungen und 36 : 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen die Totalrevision des Bundesgesetzes über Bauprodukte, mit welcher dieses an eine neue europäische Verordnung angepasst wird;
- mit 189 : 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen und 41 : 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen der Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Abkommens zwischen der Schweiz und Jamaika über den Schutz der geografischen Angaben.
- mit 131 : 60 Stimmen bei 5 Enthaltungen und 39 : 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen eine Änderung der Verordnung zum Parlamentsressourcengesetz, mit welcher einige Parlamentsmitglieder ihren Anspruch auf automatische Übernachtungsentschädigungen verlieren, weil neu die Reisezeit nach Bern und nicht die Distanz ausschlaggebend ist;
Mit Ausnahme der Volksinitiativen, die direkt zur Abstimmung kommen, und der Verordnung zum Parlamentsressourcengesetz unterliegen alle Beschlüsse dem fakultativen Referendum
Donnerstag, 20. März 2014
Der Nationalrat in Kürze
(sda) AUSSCHAFFUNGEN: Der Nationalrat will die Ausschaffungsinitiative im Sinn der SVP umsetzen. Er hat am Donnerstag mit 104 zu 71 Stimmen bei 6 Enthaltungen dem Entwurf seiner Kommission zugestimmt, der sich am Text der SVP-Durchsetzungsinitiative orientiert. Diese listet detailliert auf, bei welchen Delikten ein Ausländer oder eine Ausländerin die Schweiz verlassen muss. Sie enthält auch einen Ausschaffungs-Automatismus, womit die Richter den Landesverweis ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls aussprechen müssten. Dass damit der Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt würde, war den bürgerlichen Mitteparteien bewusst. Sie nahmen es in Kauf, um dem Volkswillen Genüge zu tun und zu verhindern, dass die problematischen Bestimmungen in der Verfassung verankert werden, wie dies bei einem Ja zur Durchsetzungsinitiative der Fall wäre. Im Anschluss an die Debatte über die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative beriet der Nationalrat über die Durchsetzungsinitiative. Wie der Bundesrat lehnt er diese ab und möchte sie für teilweise ungültig erklären. Über beide Vorlagen muss noch der Ständerat befinden.
- ZUWANDERUNG: Seit der Abstimmung vom 9. Februar dominiert das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative die politische Agenda in der Schweiz. Am Donnerstag hat der Nationalrat eine dringliche Debatte zum Thema geführt. Zu entscheiden gab es nichts: Der Ball liegt derzeit beim Bundesrat, der bis im Juni ein Konzept für die Umsetzung vorlegen will. Die Parteien nutzten jedoch die Gelegenheit, ihre Vorstellungen zu formulieren. Die SVP forderte eine strikte Umsetzung der Initiative. Die SP verlangte eine breite Diskussion über mögliche Wege der Zusammenarbeit mit der EU. Der Bundesrat solle alle Optionen aufzeigen, auch jene des EU-Beitritts. Die Rednerinnen und Redner der Mitteparteien plädierten für Pragmatismus und forderten eine Umsetzung, die eine Fortführung des bilateralen Wegs erlaubt.
- KANTONSVERFASSUNG: Die neue Verfassung des Kantons Genf kann in Kraft treten. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat grünes Licht gegeben. Zu diskutieren gab, dass die neue Verfassung aus der bisherigen das Verbot des "doppelten Nein" bei bestimmten Abstimmungen zum Finanzhaushalt übernimmt. Das Stimmvolk muss bei den betreffenden Abstimmungen zwischen zwei vorgeschlagenen Lösungen eine Wahl treffen. Entweder nimmt es die Sanierungsmassnahme an, oder es nimmt eine entsprechende Steuererhöhung mit gleichartiger Wirkung an. Es kann jedoch nicht beides ablehnen oder beides annehmen, also auch nicht beim Status quo bleiben. Ein Teil des Nationalrates sah darin eine unzulässige Einschränkung. Der Antrag, den Artikel zum "doppelten Nein" von der Gewährleistung auszunehmen, wurde jedoch mit 126 zu 31 Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt.
Der Ständerat in Kürze
(sda) GOTTHARD-STRASSENTUNNEL: Der Ständerat will eine zweite Röhre durch den Gotthard. Er hat die Pläne des Bundesrats am Donnerstag mit 25 zu 16 Stimmen gutgeheissen. Der neue Tunnel soll die Alpentransit-Verbindung während der Sanierung des bestehenden Gotthard-Strassentunnels sicherstellen. Nach der Renovation, etwa ab 2030, könnten dann beide Röhren betrieben werden. Die vom Ständerat genehmigte Vorlage verbietet es jedoch, die Kapazität der Verbindung zu erweitern: Geplant ist, nur eine Spur pro Tunnel für den Verkehr freizugeben und die andere als Pannenstreifen zu benutzen. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat. Das letzte Wort dürfte allerdings das Volk haben: Bundesrat und Ständerat wollen die Vorlage dem fakultativen Referendum unterstellen. Dass Umweltverbände davon Gebrauch machen werden, gilt als sicher.
- SCHWEIZ-CHINA: Das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China ist unter Dach. Der Ständerat hat dem Abkommen als Zweitrat zugestimmt. Umstritten waren im Ständerat noch Fragen zu den Menschenrechten, zur Vereinbarkeit mit der Zuwanderungsinitiative und zu einer allfälligen Volksabstimmung. Minderheitsanträge zu den drei Bereichen scheiterten aber. Das Volk kann sich somit nicht zum Abkommen äussern. Die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen hatten rund zweieinhalb Jahre gedauert. Das über 1100 Seiten starke Abkommen umfasst den Waren- und Dienstleistungshandel und soll Schweizer Firmen Wettbewerbsvorteile bringen. Dazu werden beispielsweise Zölle auf Industriegütern und landwirtschaftliche Produkten schrittweise abgebaut. Der Schutz von geistigem Eigentum wird verstärkt und der Rechtsschutz verbessert.
- BIOPIRATERIE: Die Schweiz kann dem Nagoya-Protokoll, das den Zugang zu genetischen Ressourcen und deren Nutzung international regelt,beitreten. Der Ständerat hat die letzte Differenz in der Vorlage bereinigt und diese damit für die Schlussabstimmung bereitgemacht. Im Zentrum der für die Einhaltung des Nagoya-Protokolls nötigen Anpassungen im Natur- und Heimatschutzgesetz steht die Sorgfaltspflicht für jene, die genetische Ressourcen aus anderen Vertragsstaaten nutzen. Das soll sicherstellen, dass Vorschriften der betreffenden Staaten eingehalten und Vorteile aus der Nutzung gerecht aufgeteilt werden.
- ARBEITSZEITERFASSUNG: Der Ständerat will vertieft abklären lassen, welche Angestellten künftig ihre Arbeitszeit erfassen müssen und welche allenfalls nicht. Er stellte eine Motion, die für gewisse Branchen Ausnahmen verlangt, der vorberatenden Kommission zu. Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann war mit dem Vorgehen einverstanden. Das Thema sei schwierig, und es seien schon mehrere Versuche unternommen worden, es anzugehen, räumte er ein. Eine Lösung müsse "in Richtung Praktikabilität und Gerechtigkeit" gehen. Zurzeit liefen Anstrengungen für eine sozialpartnerschaftliche Verordnungslösung. Komme eine solche nicht zu Stande, müsse eine gesetzliche Lösung gesucht werden.
- FAHREN LERNEN: Die Weiterbildungskurse für Neulenker dürfen nicht abgeschafft werden. Dieser Auffassung ist der Ständerat. Er lehnte eine entsprechende Motion der FDP-Fraktion oppositionslos ab, die der Nationalrat im Herbst unterstützt hatte. Damit ist das Geschäft vom Tisch. Die FDP hatte mit ihrem Vorstoss verlangt, dass lediglich Neulenkerinnen und Neulenker in die Weiterbildung müssen, die in der Probezeit eine schwere Verkehrsregelverletzung begangen haben. Für die anderen sollten die heute obligatorischen Kurse entfallen. Die Mehrheit der Verkehrskommission des Ständerates war wie der Bundesrat gegen das Anliegen. Kommissionsvertreter und auch Verkehrsministerin Doris Leuthard räumten aber ein, dass bei den Kursen und namentlich den Kosten Verbesserungen angezeigt seien.
- GEWERBEABFÄLLE: Das Parlament will den Markt für Gewerbekehricht nicht vollständig liberalisieren. Für die Entsorgung der Abfälle von kleinen und mittelgrossen Betrieben sollen weiterhin die Gemeinden und Kantone zuständig sein. Der Ständerat überwies eine entsprechende Motion mit 22 zu 15 Stimmen, gegen den Willen des Bundesrates. Nationalrat Kurt Fluri (FDP/SO) hatte im Vorstoss geltend gemacht, dass den Gemeinden ohne den Gewerbeabfall und die Grundgebühren des Gewerbes Geld entgehe. Die Mehrheit der Umweltkommission hatte das Anliegen zunächst abgelehnt, revidierte dann aber den Entscheid, nachdem sie auf die Einnahmenverluste der Gemeinden aufmerksam gemacht worden war.
- GEOTHERMIE: Der Bundesrat muss einen Aktionsplan zur Förderung der Geothermie in der Schweiz ausarbeiten. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer entsprechenden Motion zugestimmt. Der Ständerat hat diese allerdings auf Wunsch des Bundesrates auf zwei Forderungen reduziert. Der Aktionsplan soll demnach nur noch folgende Bereiche umfassen: Exploration und Erforschung von Standorten mit Bohrungen und seismischen Messungen sowie Entwicklung allgemeiner Richtlinien auf Bundesebene für tiefengeothermische Energieprojekte.
- NATURPÄRKE: Der Ständerat will für die Naturpärke in der Schweiz doppelt so viel Geld vom Bund als heute. Ab 2016 sollen es gemäss einer mit 25 zu 10 Stimmen unterstützten Motion von René Imoberdorf (CVP/VS) 20 Millionen Franken sein. Imoberdorf hatte seine Forderung mit der wachsenden Anzahl Pärke begründet. Bei den derzeitigen 10 Millionen Franken sei man von zehn Naturpärken von regionaler Bedeutung und einem bis zwei neuen Nationalpärken ausgegangen. Mittlerweile gibt es laut dem Ende 2013 eingereichten Motionstext aber 14 regionale Pärke und einen Naturerlebnispark. Hinzu kämen Kandidaturen für weitere Pärke. Somit seien in absehbarer Zeit 20 Pärke in Betrieb. Die Motion geht an den Nationalrat.
- HAUSANGESTELLTE: Der Ständerat will Hausangestellte bei der Arbeit besser schützen. Ohne Gegenstimme hat er die Ratifizierung eines Übereinkommens der Internationalen Arbeitsorganisation gutgeheissen. Dieses soll Hausangestellten grundlegende Rechte und ein Mindestmass an sozialem Schutz garantieren. Das Übereinkommen enthält Bestimmungen über Arbeitszeit, Lohn sowie Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Für Hausangestellte in der Schweiz wird sich durch die Vereinbarung nichts ändern. Das Übereinkommen kann ohne neue Gesetze respektive Gesetzesänderungen umgesetzt werden. Die Vorlage geht an den Nationalrat.
- ABSTIMMUNGEN: Der Ständerat will den Bundesrat nicht verpflichten, sich vor Volksabstimmungen bei der Information der Stimmberechtigten zurückzuhalten, wenn das Parlament keine Abstimmungsempfehlung beschlossen hat. Er hat eine parlamentarische Initiative von Thomas Minder (parteilos/SH) abgelehnt. Minder hatte festgestellt, dass sich der Bundesrat in der Vergangenheit selbst dann nicht zurückgehalten habe, wenn sich National- und Ständerat nicht auf eine Abstimmungsempfehlung hätten einigen können. Als Beispiel nannte Minder seine Abzockerinitiative. Die Gegner einer Regulierung vertraten die Ansicht, dass der Bundesrat nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht habe, die Öffentlichkeit zu informieren.
- NATO: Der Ständerat hat als Zweitrat den Bericht der Schweizer Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der NATO zur Kenntnis genommen. Die Delegation nimmt im Auftrag der Bundesversammlung an den zwei Tagungen jährlich sowie an Seminaren und Arbeitstreffen der Parlamentarischen Versammlung teil. Die eidgenössischen Räte sind seit Ende Mai 1999 assoziiertes Mitglied der Parlamentarischen Versammlung. Wichtige Themen im vergangenen Jahr waren die Verteidigungsbudgets der Mitgliedstaaten und der Zustand der NATO, die Lage in Nordafrika und im Nahen Osten sowie die NATO-Einsätze in Afghanistan und auf dem Balkan.
- NATIONALRATSSITZE: Sprachliche Minderheiten in mehrsprachigen Kantonen sollen keine Garantie auf eine bestimmte Anzahl Sitze im Nationalrat erhalten. Nach dem Nationalrat hat es auch der Ständerat abgelehnt, einer Standesinitiative des Kantons Bern mit dieser Forderung Folge zu geben. Der Kanton Bern hatte die Standesinitiative aufgrund der Erfahrungen bei den Nationalratswahlen 2011 eingereicht. Damals wurde kein französischsprachiger Kandidat aus dem Kanton Bern in den Nationalrat gewählt, womit der Berner Jura erstmals seit 1979 nicht mehr in der grossen Kammer vertreten ist.
- STRASSENBAU IM RHEINTAL: Ständerat und Nationalrat pochen darauf, dass sich der Bundesrat gegenüber Österreich für die Verbindung der Autobahnen im St. Galler Rheintal und im Vorarlberg einsetzt. Der Ständerat überwies dazu eine Motion aus dem Nationalrat. Der Ausbau soll die Ortschaften im Rheintal vom Verkehr entlasten und zu einer Senkung der Zahl der Staustunden beitragen. Das Rheintal sei eine Wachstumsregion mit rund 240'000 Einwohnern und einem Bevölkerungswachstum von 7 Prozent, sagte dazu Ständerätin Karin Keller-Sutter (FDP/SG).
- FAHRZEUG-MANAGEMENT: Der Bundesrat soll finanzielle Anreize für Firmen prüfen, die mit einem Fahrzeug-Management Strassen zu Spitzenzeiten entlasten. Der Bundesrat soll deshalb ein Slot-Management prüfen. Das verlangt der Ständerat mit einem Postulat von Urs Schwaller (CVP/FR). Schwaller hatte den mit 18 zu 14 Stimmen überwiesenen Vorstoss mit der im Rahmen der Nationalstrassenfinanzierung vorgesehenen höheren Steuer auf Benzin und Diesel begründet, aber auch mit der steigenden Zahl von Staustunden. Der Bundesrat verwies auf Arbeiten an einem Konzept für Mobility Pricing. Eine Reduktion des Mineralölsteuerzuschlags wirke sich relativ gering aus auf die Transportkosten der Firmen.
- ENERGIE: Der Bundesrat soll prüfen, ob für sämtlichen in der Schweizverkauften Strom eine Pflicht für einen Herkunftsnachweis geschaffen werden könnte. Der Ständerat hat stillschweigend ein entsprechendes Postulat von Verena Diener (GLP/ZH) teilweise überwiesen. Auf dem Schweizer Strommarkt herrsche heute stark asymmetrische Information, begründete Diener ihren Vorstoss. Dies darum, weil in die Schweiz importierter "Graustrom", also Strom ohne Herkunftsnachweis, verkauft werde. Der in der Schweiz produzierte Strom sei praktisch zu 100 Prozent deklariert und zu mehr als 50 Prozent Wasserstrom. Mit der Nachweispflicht würden die Konsumenten die nötige Transparenz für ihren Kaufentscheid erhalten.
- NEUER LOHNAUSWEIS: Der Ständerat hat einen Strich gezogen unter die Diskussionen um den neuen und wegen des bürokratischen Aufwandes heftig kritisierten neuen Lohnausweis, mehr als sieben Jahre nach der Einführung des Anfang 2007 eingeführten Formulars. Auf Antrag der Wirtschaftskommission (WAK) entschied die kleine Kammer, einer parlamentarischen Initiative von alt Ständerat This Jenny (SVP/GL) und einer Standesinitiative des Kantons Zürich keine Folge zu geben. Jenny hatte seine Initiative 2004 eingereicht, der Kanton Zürich die seine im Jahr 2007.
- JUGENDSCHUTZ: Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat sistiert, die ein Gütezeichen für kinder- und jugendgerechte Internetseiten verlangt. Er folgte dem Antrag seiner Bildungskommission (WBK), die zwar Lücken im Jugendschutz ausgemacht, aber gleichzeitig auf bereits überwiesene Vorstösse und bereits laufende Arbeiten verschiedenster Akteure hingewiesen hatte. Zuerst sollten die Resultate dieser Anstrengungen abgewartet werden. Namentlich laufe bis 2015 das Programm "Jugend und Medien" zur Förderung von Medienkompetenzen.
- PETITIONEN: Der Ständerat hat elf Petitionen abgewiesen, darunter eine Bittschrift aus der Jugendsession 2012. Die Jugendlichen hatten gefordert, das Frauen-Rentenalter demjenigen für Männer anzugleichen und anschliessend eine Erhöhung des Rentenalters zu prüfen. Die vorberatende Kommission hatte durchaus Sympathien für das Anliegen. Man wolle aber der "Altersreform 2020" nicht vorgreifen. Zum Teil seien die Anliegen der Petition in der Vernehmlassungsvorlage zur Reform auch bereits berücksichtigt.
MIttwoch, 19. März 2014
Der Nationalrat in Kürze
(sda) STIPENDIEN: Der Nationalrat will das Stipendienwesen auf der Tertiärstufe harmonisieren. Die Stipendieninitiative empfahl er am Mittwoch zwar zur Ablehnung, weil sie ihm in einigen Punkten zu weit geht. Er unterstützt aber den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates. Diesen hat er in einigen Punkten noch verschärft. Die wichtigste Änderung betrifft die minimale Stipendienhöhe. Im Gegensatz zum Bundesrat will der Nationalrat hier eine verbindliche Regelung. Ebenfalls entgegen dem Willen des Bundesrates hat die grosse Kammer zusätzlich die höhere Berufsbildung ins Gesetz aufgenommen.
- POLITISCHE RECHTE: Wer ein Referendum ergreift, soll künftig etwas mehr Zeit für die Unterschriftensammlung haben. Der Nationalrat hat einer entsprechenden Gesetzesänderung zugestimmt. Zwar bleiben die Vorgaben bestehen, wonach für ein Referendum innert 100 Tagen 50'000 Unterschriften gesammelt werden müssen. Allerdings sollen neu unter Umständen auch Unterschriftenlisten berücksichtigt werden, die erst nach Ablauf der Frist bescheinigt wurden. Dies sollte dann möglich sein, wenn die Listen noch innert der Referendumsfrist bei der Amtsstelle eingereicht wurden und der Eingang bestätigt ist. Die Änderung ist Teil der Revision des Bundesgesetzes über politische Rechte. In der Gesamtabstimmung hat der Nationalrat die Gesetzesvorlage mit 175 Ja-Stimmen bei drei Enthaltungen klar angenommen.
- STEMPELSTEUER: Der Nationalrat will die Abschaffung der Stempelsteuer auf Eigenkapital nicht verschieben. Der Ständerat hatte das Geschäft auf Wunsch des Bundesrates sistiert. Die Erleichterung für Firmen im Umfang von jährlich 240 Millionen Franken sollte erst mit der Unternehmenssteuerreform III eingeführt werden. Davon will nun der Nationalrat nichts wissen. Er hat sich mit 103 zu 78 Stimmen gegen eine Sistierung ausgesprochen. das Geschäft geht nun zurück an den Ständerat. "Die Steuer führt dazu, dass Firmen abwandern und Arbeitsplätze verloren gehen", sagte Jean-René Germanier (FDP/VS). Man dürfe die Abschaffung nicht weiter hinausschieben, es gebe keinen Grund für eine Verknüpfung mit der Unternehmenssteuerreform III.
- ZOLL: Der Nationalrat will die Zollverfahren vereinfachen. Er hat stillschweigend mehrere Vorstösse seiner Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) gutgeheissen. Unter anderem soll das bereits bestehende Zollanmeldeportal so ausgebaut werden, dass alle zollrelevanten Dokumente elektronisch eingereicht werden können. Der Nationalrat reagiert mit der Zustimmung zu den Vorstössen darauf, dass das Kartellgesetz im Parlament zu scheitern droht.
- INFORMATIK: Bei den Informatikprojekten des Bundes ist in den letzten Jahren alles schief gegangen, was schief gehen konnte. Diesen Eindruck jedenfalls hinterliess eine Aussprache zum Thema IT im Nationalrat. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier sparten nicht mit Kritik. Hunderte Millionen Franken seien damit in den letzten Jahren in den Sand gesetzt worden, hiess es. Als Gründe für die Misere wurden etwa Mängel bei der Gesamtstrategie, Probleme im Beschaffungsrecht, nicht angepasste Geschäftsprozesse, mangelhaftes Know-how oder die schwache Führung des Bundesrats geortet. Der Rat hiess zahlreiche Vorstösse gut, um die Situation zu verbessern.
- LANDWIRTSCHAFT: Die Landwirtschaft bleibt auf der Roadmap, die das weitere Vorgehen bei den bilateralen Verhandlungen mit der EU festlegt. Der Nationalrat hat es mit 111 zu 67 Stimmen abgelehnt, die Landwirtschaft schon jetzt von einer Gesamtlösung auszunehmen. Die stärkere Vernetzung mit der EU bringe der Schweizer Landwirtschaft keine Vorteile - im Gegenteil, sagte Motionär Rudolf Joder (SVP/BE). Der Bundesrat sei sich dieser Vorbehalte bewusst, sagte Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann. Er strebe aber weiterhin eine Lösung in den institutionellen Fragen an. Wie, sei derzeit unklar. Es sei daher falsch, bezüglich der Landwirtschaft die Türe jetzt schon zu verschliessen.
- FRISTEN: Der Bundesrat soll mit gesetzlichen Ordnungsfristen die Bewilligungsverfahren verkürzen. Das verlangt der Nationalrat mit einer Motion, die seine Wirtschaftskommission eingereicht hatte. Damit sollen die Verwaltungslasten für Unternehmen begrenzt werden. Bundesrat Johann Schneider-Ammann bestätigte zwar, dass mit Ordnungsfristen die Planungssicherheit für Unternehmen steige. Er erinnerte aber daran, dass generelle Ordnungsfristen bereits existierten. Für die 19 wichtigsten Verfahren würden die Fristen in die Erlasse eingefügt, ebenso in neue und revidierte Erlasse. Die Festlegung von Fristen in den Erlassen zu allen rund 500 bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren ist nach Ansicht des Bundesrats aber nicht verhältnismässig. Der Nationalrat überwies die Motion dennoch mit 102 zu 76 Stimmen.
- PFLICHTLAGER: Der Nationalrat will die Pflichtlagerhaltung von Getreide, Eiweisspflanzen, Zucker, Speisefetten und Speiseölen auf ihre Effizienz prüfen lassen. Er unterstützte eine Motion von Jacques Bourgeois (FDP/FR), der geltend gemacht hatte, dass sich die Gefahren für die Versorgungssicherheit, aber auch das Konsumverhalten stark verändert hätten. Zudem sei die Finanzierung der Pflichtlagerhaltung nicht mehr nachhaltig. Bundesrat Johann Schneider-Ammann hatte darauf hingewiesen, dass die Anliegen bereits in die laufenden Revision des Landesversorgungsgesetzes eingeflossen seien. Die Motion geht nun an den Ständerat.
- STUDIENGEBÜHREN: Der Nationalrat möchte den Studierenden nicht vor Augen führen, was sie den Staat tatsächlich kosten. Er hat eine Motion von Thomas Aeschi (SVP/ZG) abgelehnt. Dieser hatte verlangt, dass die Kosten gemäss Vollkostenrechnung auf der Semesterrechnung aufgeführt würden. Leider seien sich viele Studierende nicht bewusst, was sie tatsächlich kosteten, sagte Aeschi. Bundesrat Johann Schneider-Ammann gab zu bedenken, dass damit in die Autonomie der Hochschulen eingegriffen würde. Zudem würde die Motion zu grossem administrativen Aufwand führen.
- INNOVATION: Der Nationalrat verlangt, dass die Institutionen in den Bereichen Forschungs- und Innovationsförderung nach den gleichen organisatorischen, rechtlichen sowie finanziellen Gesichtspunkten geregelt werden. Namentlich soll die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) dem Modell des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) angeglichen werden. Deren Organisationsform als Behördenkommission sei nicht mehr zweckmässig, sagte Fathi Derder (FDP/VD). Um Innovation fördern zu können, müsse diese eine unabhängige und flexible Struktur erhalten. Diesen Ansprüchen genügt eine behördliche Struktur nicht. Der Rat nahm die Motion der FDP-Fraktion mit 100 zu 77 Stimmen an.
- SOZIALWISSENSCHAFTEN: Der Nationalrat will die Sozialwissenschaften in der Schweiz nicht zusätzlich stärken. Er hat eine Motion von Stéphane Rossini (SP/VS) abgelehnt, der einen nationalen Aktionsplan zur Modernisierung der Forschungseinrichtungen und zur Innovationsförderung verlangt hatte. Zudem wollte Rossini die Bedingungen für die Forschenden verbessern, um langfristige Forschung und somit bessere Leistungen zu ermöglichen. Sein Vorstoss fiel mit 61 zu 113 Stimmen durch.
- LANDWIRTSCHAFT: Der Bundesrat muss prüfen, wie der Arbeitsaufwand für die Bewirtschaftung des Waldes und für die Sömmerung in die Berechnung der Standardarbeitskraft (SAK) mit einbezogen werden kann. Mit dem Alpbetrieb würde ein wichtiger Teil des Einkommens erzielt, sagte Erich von Siebenthal (SVP/BE), der das Postulat eingereicht hatte. Auch der Wald sei für viele Betriebe eine wichtige Einkommensquelle. Diese Arbeiten seien bei er SAK-Berechnung aber zu wenig berücksichtigt. Der Rat hiess auch ein Postulat von Prisca Birrer-Heimo (SP/LU) gut: Der Bundesrat muss prüfen, wie dem realen Arbeitsaufwand eines Landwirtschaftsbetriebes bei der Bewertung des Mindestarbeitsaufkommens für landwirtschaftliche Direktzahlungen genügend Rechnung getragen wird.
Der Ständerat in Kürze
(sda) ZUWANDERUNG: Nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative der SVP hat sich der Ständerat am Mittwoch erneut mit der Beschränkung der Zuwanderung befasst. In der Ecopop-Inititative "Stopp der Überbevölkerung - zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen" sieht er aber kein taugliches Mittel zur Sicherung der Lebensgrundlagen. Er beschloss als Erstrat mit 39 zu 1 Stimme ein Nein zur Initiative. In der rund dreistündigen Debatte wurde diese als schädlich für die Schweiz und die Wirtschaft kritisiert, aber auch als Angstmacherei, als kolonialistisch und als fremdenfeindlich. Ecopop verlangt, dass die Netto-Zuwanderung pro Jahr auf höchstens 0,2 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung begrenzt wird. Gleichzeitig sollen mindestens 10 Prozent der Gelder für die Entwicklungshilfe für freiwillige
Familienplanung eingesetzt werden.
- STAATSTROJANER: Die Strafverfolgungsbehörden sollen Trojaner in Computer einschleusen dürfen, um Skype-Gespräche von Kriminellen mithören zu können. Der Ständerat hat Gesetzesänderungen gutgeheissen, mit welchen der Bundesrat die Überwachung ans Internet-Zeitalter anpassen will. Nun muss noch der Nationalrat darüber befinden. Das Abhören von Telefongesprächen im Rahmen von Strafverfahren ist schon heute möglich. Weil sich die Telekommunikation in den letzten Jahren stark verändert hat, will der Bundesrat nun aber die Regeln anpassen. Heute können sich Kriminelle mit verschlüsselter Internet-Telefonie einer Überwachung entziehen. Um in solchen Fällen mithören zu können, sollen die Strafverfolgungsbehörden künftig Government Software (GovWare) einsetzen dürfen, auch "Staatstrojaner" genannt.
- BUSSEN: Airlines drohen künftig Bussen, wenn sie Passagiere ohne gültige Reisepapiere in die Schweiz fliegen. Der Ständerat hat als Erstrat Gesetzesänderungen gutgeheissen, mit welchen der Bundesrat die Fluggesellschaften im Kampf gegen illegale Einwanderung stärker in die Pflicht nehmen will. Zwischen 2010 und 2013 mussten die Flughafenbehörden jährlich rund 1000 Personen wegen fehlender Papiere die Einreise verweigern. In keinem Fall konnte jedoch die Fluggesellschaft gebüsst werden. Deshalb soll nun das Gesetz geändert werden. Kann die Airline nicht nachweisen, dass sie alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat, damit nur Personen mit Reisedokumenten befördert werden, muss sie eine Busse von 4000 Franken pro beförderter Person bezahlen.
- ASYLPOLITIK I: Der Ständerat hält nichts von der Idee, Asylsuchende aus bestimmten Ländern systematisch einem DNA-Test zu unterziehen. Er hat eine Motion von CVP-Nationalrat Christophe Darbellay (VS) abgelehnt. Im Nationalrat fand die Idee eine Mehrheit, doch im Ständerat sprach sich niemand dafür aus. Schon die vorberatende Kommission der kleinen Kammer war zum Schluss gekommen, dass solche Tests aus rechtsstaatlicher Sicht unhaltbar seien, wie Kommissionssprecherin Verena Diener (GLP/ZH) ausführte. Asylsuchende aus bestimmten Ländern würden damit unter "Generalverdacht" gestellt. Mit dem Nein des Ständerates ist der Vorstoss vom Tisch.
- ASYLPOLITIK II: Asylsuchende sollen in ein Bundeszentrum zurückverlegt werden, wenn sie straffällig geworden sind oder randaliert haben. Asylsuchende aus Staaten, die der Bund als sicher einstuft, sollen gar nicht erst einem Kanton zugeteilt werden. Der Ständerat hat Motionen der FDP aus dem Nationalrat an den Bundesrat überwiesen. Angenommen hat er auch Forderungen der SVP zu Rückübernahmeabkommen. Die Räte beauftragen den Bundesrat, mit diversen Staaten solche Abkommen abzuschliessen. Weiter soll der Bundesrat dafür sorgen, dass Algerien ein Durchführungsprotokoll zum Rückübernahmeabkommen unterzeichnet. Der Ständerat will allerdings nicht, dass der Bundesrat Gegenmassnahmen treffen muss, sollten die Ziele nicht innert einer bestimmten Frist erreicht sein. Er hat die Motionen entsprechend abgeändert.
- TELEFONWERBUNG: Die Telefonwerbung durch Krankenversicherer wird vorläufig nicht verboten. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat mit 24 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Der Vorstoss ist damit vom Tisch. Die kleine Kammer folgte bei ihrem Entscheid der vorberatenden Kommission. Ein Verbot wäre unverhältnismässig und mit der Wirtschaftsfreiheit nicht vereinbar, sagte Urs Schwaller (CVP/FR) im Namen der Kommission. Es sei nicht einzusehen, warum ein Verbot für eine einzelne Branche erlassen werden sollte. Telefonwerbung gebe es auch für Medien, Kosmetik oder Wein. Ausserdem könnten sich die Bürgerinnen und Bürger mit einem Sternchen im Telefonbuch vor solchen Werbeanrufen schützen.
- UNFALLVERSICHERUNG: Das Parlament fordert, dass Menschen, die wegen eines Unfalles in der Jugendzeit später einmal nicht erwerbsfähig sind, Taggelder erhalten. Der Ständerat hat eine abgeänderte Motion aus dem Nationalrat mit 20 zu 11 Stimmen unterstützt. Motionär Christophe Darbellay (CVP/VS) störte sich daran, dass bei einem Rückfall oder bei Spätfolgen einer in jungen Jahren erlittenen Verletzung kein Taggeld fliesst - trotz später regelmässig bezahlter Beiträge an die Unfallversicherung. Diese Lücke im Recht müsse gestopft werden. Der Vorstoss geht zurück in die grosse Kammer.
- KUNSTMARKT: Bildende Künstlerinnen und Künstler sollen am Gewinn beteiligt werden, wenn ihre Werke über den Kunsthandel den Besitzer wechseln. Der Ständerat hat oppositionslos ein entsprechendes Postulat zum Folgerecht überwiesen. Nur beim ersten Verkauf eines Gemäldes oder eine Skulptur in einer Galerie erhalte der Urheber einen Anteil, begründete Werner Luginbühl (BDP/BE) seinen Vorstoss. Er forderte vom Bundesrat, darzulegen, wie Künstlern auch bei Weiterverkäufen - oft zu weit höheren Preisen - ein Teil des Erlöses überwiesen werden kann. Ein solches Folgerecht für Kunstschaffende gibt es laut Luginbühl in der EU seit Anfang 2012.
- STRAFPROZESSORDNUNG: Begeht eine Person zum ersten Mal eine schwere Straftat und besteht die Gefahr, dass sie ein weiteres gleichartiges Delikt begehen könnte, soll sie in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft genommen werden können. Der Ständerat überwies oppositionslos und mit der Zustimmung des Bundesrates eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat. Gemäss Strafprozessordnung kann eine verdächtigte Person heute nur in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft behalten werden, wenn sie einschlägig vorbestraft ist. Nur dann besteht Wiederholungsgefahr - sie ist neben Flucht- oder Kollusionsgefahr eine der Voraussetzungen für die Haft. Deshalb kommt es vor, dass gefährliche Tatverdächtige nach einem ersten schweren Delikt aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen.
- FINANZKRISE: Das Parlament will, dass Verantwortliche für systemrelevante Unternehmen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können, wenn die Unternehmen wegen Misswirtschaft mit staatlichen Interventionen gerettet werden müssen. Der Ständerat hat eine entsprechende Motion aus dem Jahr 2010 gegen den Willen des Bundesrates überwiesen. Justizministerin Simonetta Sommaruga hatte vergebens an inzwischen erfolgte Rechtsänderungen erinnert, namentlich auf die strengeren Vorschriften für systemrelevante Banken in der "Too big to fail"-Vorlage.
- AUSLÄNDER: Die Kantone müssen künftig Zahlen liefern über die Ausschaffung von kriminellen Ausländerinnen und Ausländern und die Gründe für die Ausweisungen. Das verlangt eine Motion aus dem Nationalrat, die der Ständerat stillschweigend überwiesen hat. Der Vorstoss verlangt, dass der Bundesrat die Kantone verpflichten muss, jedes Quartal eine detaillierte Statistik über die vollzogenen Ausschaffungen zu veröffentlichen. Diese muss Angaben darüber enthalten, ob die zur Ausreise verpflichteten Menschen die Schweiz freiwillig verlassen haben oder ob sie zwangsweise aus dem Land gebracht werden mussten. Ebenfalls genannt werden müssen die Gründe für den Entzug der Aufenthaltsbewilligung und die Länder, in die die Kriminellen ausgewiesen worden sind.
- MÜTTER IN NOT: Der Ständerat will vom Bundesrat klären lassen, wie Müttern in Not geholfen werden kann. Er soll die so genannten Babyklappen mit anderen Einrichtungen vergleichen und gegebenenfalls Abhilfen vorschlagen, etwa Adoptionen oder anonyme Geburten. Liliane Maury Pasquier (SP/GE) sprach in ihrem Vorstoss von einem Boom von Babyfenstern. Diese brächten zahlreiche ethische, menschliche und rechtliche Probleme nach sich. Unter anderem wird den Kindern das Recht verweigert, ihre Abstammung zu kennen. Dass Frauen ihre Babys töteten, vermöchten sie nicht zu verhindern. Der Bundesrat erklärte sich zu der Bestandesaufnahme bereit. In der Schweiz gibt es Babyklappen in Einsiedeln SZ, Davos GR, Olten SO, Bern und ab kommendem Mai in Zollikon ZH.
- MENSCHENRECHTSKONVENTION: Der Bundesrat soll einen Bericht erstellen zu den Erfahrungen der Schweiz mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sowie deren Einfluss auf die Gesellschaft, die Politik, die Rechtssprechung sowie die Lehre und Forschung. Der Ständerat überwies ein entsprechendes Postulat von Hans Stöckli (SP/BE). Selbst die Frage, wie und ob der Vertrag gekündigt werden könnte, will er untersuchen lassen. Die Schweiz ist vor 40 Jahren der Menschenrechtskonvention beigetreten.
- RISIKOKAPITAL: Pensionskassen sollen in langfristige, zukunftsgerichtete Anlagen investieren können. Der Ständerat hat eine Motion von Konrad Graber (CVP/LU) angenommen. Stimmt auch der Nationalrat zu, wird der Bundesrat beauftragt, Gesetzesänderungen vorzuschlagen. Weiter wird er eingeladen, einen privatwirtschaftlich organisierten "Zukunftsfonds Schweiz" zu initiieren, der auf Wunsch der Pensionskassen die Anlagen betreut. Der Bundesrat stellte sich nicht dagegen. Bundesrat Alain Berset wies darauf hin, dass Pensionskassen schon heute in solche Anlagen investierten. Die Risikofähigkeit der Kassen sei jedoch limitiert, was Investitionen in riskantes Venture Capital erschwere. Der Bundesrat sei indes bereit, Verbesserungen der Rahmenbedingungen zu prüfen. Zum Zukunftsfonds will der Bundesrat eine Arbeitsgruppe einsetzen.
- BERUFLICHE VORSORGE: Wer keiner bezahlten Arbeit nachgeht, soll kein Geld in die steuerbegünstigte gebundene Selbstvorsorge (Säule 3a) einzahlen können. Der Ständerat lehnte eine Motion von Nationalrätin Christa Markwalder (FDP/BE) ab und folgte damit dem Antrag seiner Sozialkommission. Diese hielt Steuerabzüge für Nichterwerbstätige weder für wünschenswert noch für sachgerecht. Sozialminister Alain Berset wies darauf hin, dass Erwerbstätigkeit eine Voraussetzung für Einzahlungen in die berufliche Vorsorge sei. Diesen Grundsatz stelle die Motion in Frage.
- VERSCHULDUNG: Der Bundesrat soll prüfen, wie die Gesetzgebung zur Privatverschuldung verbessert werden könnte. Der Ständerat hat stillschweigend ein Postulat mit dieser Forderung angenommen. Insbesondere soll der Bundesrat die Einführung eines Entschuldungsverfahrens auf nationaler Ebene prüfen. Dabei soll er auch die finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte und die anderen betroffenen Akteure evaluieren. Der Bundesrat stellte sich nicht gegen den Auftrag.
- KANTONSVERFASSUNG Der Ständerat hat sich dafür ausgesprochen, die neue Verfassung des Kantons Genf zu gewährleisten. Nun muss noch der Nationalrat darüber befinden. Die Genfer Stimmberechtigten hatten die Verfassung im Oktober 2012 gutgeheissen. Diese enthält einen umfassenden Grundrechtskatalog, der in verschiedenen Punkten weiter geht als jener der Bundesverfassung. So garantiert die Genfer Kantonsverfassung behinderten Personen Zugang zu Gebäuden und Einrichtungen sowie zu öffentlichen Dienstleistungen. Weiter führt sie ein Recht auf ein Leben in einer gesunden Umwelt ein und schützt im Rahmen der Meinungsfreiheit explizit auch Whistleblower, also Personen, die Missstände aufzeigen.
- GERICHTE: Die vereinigte Bundesversammlung hat Grégory Bovey als hauptamtlichen Bundesrichter, Michela Bürki Moreni als hauptamtliche Richterin ans Bundesverwaltungsgericht und Daniela Viscione als nebenamtliche Richterin ans Bundesgericht gewählt. Alle drei Kandidaturen waren von allen Fraktionen unterstützt worden.
Dienstag, 18. März 2014
Der Nationalrat in Kürze
(sda) STIPENDIEN: Der Nationalrat empfiehlt die Stipendieninitiative voraussichtlich zur Ablehnung. Die Ratsmehrheit unterstützte in der Debatte vom Dienstag zwar das Anliegen der Initianten, das Stipendienwesen in der Schweiz zu harmonisieren. Die Initiative geht einer bürgerlichen Mehrheit aber zu weit. Definitiv entscheiden will der Nationalrat erst am Mittwoch. Nach der der dreieinhalbstündigen Debatte zeichnet sich ein klares Resultat ab. Unterstützung erhielt die Initiative nur von SP und Grünen.
- WEITERBILDUNG: Die eidgenössischen Räte sind sich beim Weiterbildungsgesetz noch nicht einig geworden. Auch bei der zweiten Beratung im Nationalrat gab die Rolle der Arbeitgeber zu reden. Die Mehrheit wollte diese bei der Weiterbildung nach wie vor nicht in die Verantwortung nehmen. Anders als der Ständerat lehnte der Nationalrat die Formulierung ab, dass öffentliche und private Arbeitgeber die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden zumindest begünstigen müssten. Bildungsminister Johann Schneider-Ammann hatte vergeblich darauf hingewiesen, dass damit keine neuen Ansprüche geschaffen würden. Mit dem Weiterbildungsgesetz wird die im Mai 2006 an der Urne angenommene Bildungsverfassung umgesetzt. Der vom Bundesrat vorgelegte Entwurf folgt dem Grundsatz, dass Weiterbildung Privatsache bleiben und der Staat nur subsidiär zum Zug kommen soll.
Der Ständerat in Kürze
(sda) ERBSCHAFTSSTEUERN: Das neue Erbschaftssteuerabkommen mit Frankreich ist im Parlament durchgefallen. Der Ständerat hat am Dienstag mit 25 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung beschlossen, den Vertrag zurückzuweisen. Er will den Bundesrat beauftragen, mit Frankreich neu zu verhandeln. Das vorliegende Abkommen ist damit gescheitert. Offen ist nur noch, ob die Räte den Bundesrat mit Neuverhandlungen beauftragen oder nicht. Der Nationalrat hatte ohne Auftrag Nein gesagt, nun muss er erneut entscheiden. Allerdings scheinen die Chancen für ein anderes Abkommen ohnehin gering zu sein: Frankreich lehnt neue Verhandlungen ab. Mit dem gescheiterten Erbschaftssteuerabkommen hätten die französischen Behörden neu die Möglichkeit erhalten, Erben in Frankreich auch dann nach französischem Recht zu besteuern, wenn der Verstorbene zuletzt in der Schweiz gelebt hat.
- ZOLLFREI: Die Zollfreimenge für Wein und Bier soll nicht wie zunächst geplant von 2 auf 20 Liter erhöht werden. Grund dafür ist die harsche Kritik in der Vernehmlassung. Stattdessen sollen künftig nur 5 Liter Getränke mit bis zu 18 Volumenprozent Alkohol - beispielsweise Wein oder Bier - pro Tag und Person zollfrei eingeführt werden können, wie Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf im Ständerat sagte. Ab dem sechsten Liter solle der Zoll fällig werden. Der Bundesrat wird sich laut Aussagen der Finanzministerin noch im Frühling mit der Vorlage befassen, die auch die Verzollung von eingeführtem Fleisch neu regeln wird. Generell soll das Projekt das Einführen von Waren vereinfachen, damit Waren künftig auch über mobile Geräte beim Zoll angemeldet werden können.
- INFORMATIK: Angesichts der Probleme bei IT-Projekten des Bundes verlangt der Ständerat vom Bundesrat Rechenschaft. In einem Postulat bestellt er Verbesserungsvorschläge, eine Ausgabenplanung und Ausführungen zur departementsübergreifenden Führung und Umsetzung von IT-Projekten. Der Ständerat überwies den Vorstoss von Joachim Eder (FDP/ZG) ohne Opposition. Dieser hatte das Postulat im Dezember 2013 eingereicht, noch bevor die Korruptionsaffäre im Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und die vermuteten Unregelmässigkeiten bei der Zentralen Ausgleichsstelle (ZAS) des Bundes in Genf bekannt geworden waren.
- STEUERAMTSHILFE: Der Ständerat hat als Erstrat die drei revidierten Doppelbesteuerungsabkommen mit Australien, China und Ungarn sowie die ersten Steuerinformationsabkommen mit Jersey, Guernsey und der Insel Man gutgeheissen. Alle enthalten Bestimmungen zur Steueramtshilfe nach OECD-Standard. Weiter sehen die drei Doppelbesteuerungsabkommen Quellensteuerreduktionen vor bei Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren im Quellenstaat. Teilweise kann die Reduktion bis zur Steuerbefreiung gehen. Damit sollen die Abkommen der Exportwirtschaft entgegenkommen und bilaterale Investitionen sollen gefördert werden.
- CHINA: Der Ständerat will, dass die Schweiz die Wirtschafts- und Währungsbeziehungen mit China intensiviert. Oppositionslos stimmte er oppositionslos einer entsprechenden Motion der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) zu. Diese geht nun an den Nationalrat. Der Bundesrat soll gemäss der Motion nicht nur allgemeine Wirtschaftsbeziehungen mit China fördern, sondern auch die bilateralen Finanz- und Währungsbeziehungen. Jedes Jahr soll er das Parlament über gemachte Fortschritte informieren. Der Bundesrat ist mit der Motion einverstanden. Abgelehnt hat der Ständerat eine 2011 eingereichte Motion von Nationalrat Markus Hutter (FDP/ZH), die den Abschluss eines Währungsabkommens mit China fordert.
- FINANZPOLITIK: Der Ständerat will den Bundesrat nicht beauftragen, das Wachstum der Ausgaben einzudämmen. Mit 23 zu 15 Stimmen bei zwei Enthaltungen hat er eine Motion abgelehnt. Aus Sicht der Mehrheit wäre ein Ja reine Symbolpolitik gewesen. Der Nationalrat hatte den Vorstoss gutgeheissen. Die Finanzkommissionen beider Räte wollten den Bundesrat damit beauftragen, das Wachstum der Ausgaben einzudämmen und strukturelle Überschüsse aufbauen, ohne ein Sparpaket zu schnüren. Die Forderung begründeten sie insbesondere mit der Unternehmenssteuerreform III, die zu erheblichen Steuerausfällen führen könnte. Urs Schwaller (CVP/FR) sprach im Ständerat von "Signalpolitik mit nassem Schiesspulver".
- BANKEN: Der Ständerat will, dass der Bundesrat bestimmte italienische Finanzintermediäre als ausländische Börsenagenten anerkennt. Er unterstützte stillschweigend eine Motion von Fabio Abate (FDP/TI). Mit italienischen Steueramnestien sei die Legalisierung von in der Schweiz gehaltenen Vermögen ermöglicht worden, wenn diese Werte einer italienischen Treuhandgesellschaft übergeben worden seien, sagte Abate. Damit könnten legalisierte Gelder bei Schweizer Banken belassen werden. Die Treuhandgesellschaften müssten als ausländische Börsenagenten anerkannt werden, weil sie die Voraussetzungen der Richtlinien der eidgenössischen Steuerverwaltung erfüllten. Zwischen ihnen und einer italienischen Bank gebe es keinen Unterschied.
- LANDESSPRACHEN: Der Bund soll in Stellenausschreibungen die erforderlichen Kenntnisse der Landessprachen klar und einheitlich umschreiben müssen. Das verlangt der Ständerat. Er unterstützte oppositionslos eine Motion von Fabio Abate (FDP/TI). Er hatte geltend gemacht, dass in Stellenausschreibungen des Bundes die korrekte Formulierung der sprachlichen Anforderungen heute zu wenig beachtet werde. Es brauche deshalb eine einheitliche Praxis. Erwähnt werden müssten Grundanforderungen und mit der Funktion verbundene Anforderungen. Die Motion geht nun an den Nationalrat.
- FINMA: Die Finanzmarktaufsicht (FINMA) soll keine neuen Kompetenzen erhalten. Der Ständerat will den Bundesrat nicht beauftragen, die Einführung einer Bussenkompetenz und eine Ausweitung der Zwansmassnahmenkompetenz zu prüfen. Er hat ein Postulat von Markus Stadler (GLP/UR) mit 16 zu 13 Stimmen abgelehnt. Stadler hatte vergeblich argumentiert, die mangelhaften Kompetenzen könnten die Arbeit der FINMA erheblich einschränken. Der Bundesrat solle in einem Bericht die Gründe für und gegen die Einführung erweiterter Kompetenzen darstellen.
Montag, 17. März 2014
Der Nationalrat in Kürze
(sda) GÜTERVERKEHR: Der Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene soll weiter finanziell gefördert werden. Der Nationalrat hat am Montag einer Verlängerung der Zahlungsdauer und einer Aufstockung der Gelder für den kombinierten Verkehr zugestimmt. Sagt auch der Ständerat Ja, kann der Zahlungsrahmen für die Jahre 2011 bis 2018 um fünf Jahre verlängert und um 180 Millionen auf 1,675 Milliarden Franken erhöht werden. Einmal mehr gab im Rat das Verlagerungsziel zu reden - und dass der Bundesrat dieses in Frage stellt. Am Ziel zu schrauben, sei ein "Verrat am Volkswillen", hiess es von linker Seite. Das Verlagerungsziel sei unrealistisch, monierte die Ratsrechte.
- BIOTREIBSTOFFE: Steuererleichterungen für Biotreibstoffe werden künftig nach strengeren Kriterien gewährt. Wer beispielsweise Biodiesel herstellt, muss nachweisen, dass der Anbau der Rohstoff-Pflanzen keine negative Auswirkungen auf die Bevölkerung und die Umwelt hat. Mit der für die Schlussabstimmung verabschiedeten Vorlage wollen die Räte insbesondere verhindern, dass der Anbau von Zuckerrüben, Mais oder Soja für die Treibstoffproduktion den Anbau von Nahrungsmitteln verdrängt.
- NAGOYA-PROTOKOLL: Geht es um den Zugang zu genetischen Ressourcen für die Zucht von Pflanzen, will das Parlament, dass sich die Schweiz der internationalen Vereinbarung zum Umgang mit genetischen Ressourcen anschliesst. Der Nationalrat bereinigte eine Differenz zum Ständerat. Im Zentrum der für die Einhaltung des Nagoya-Protokolls erforderlichen Anpassungen im Natur- und Heimatschutzgesetz steht die Sorgfaltspflicht für jene, die genetische Ressourcen aus anderen Vertragsstaaten nutzen. Bei genetischen Ressourcen zur Pflanzenzucht folgte der Rat mit 96 zu 93 Stimmen der Minderheit. Diese beantragte, wie der Ständerat für die Pflanzenzucht keine Ausnahme zu machen.
- ENERGIE: Bereits realisierte Projekte sollen schneller von Geldern aus der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) profitieren können. Der Nationalrat hat einer entsprechenden Motion der FDP-Fraktion als Erstrat zugestimmt. Der Entscheid fiel mit 170 zu 11 Stimmen bei 5 Enthaltungen. Heute würden Gesuche von Projekten, deren Umsetzung zum Beispiel durch Einsprachen blockiert seien, andere Projekte blockieren, die bereits realisiert seien, argumentierte die FDP. Um dies künftig zu verhindern, sollen neu bereits realisierte Projekte an die Spitze der Warteliste für KEV-Gelder vorrücken.
- ALKOHOLVERBOT: Der Nationalrat will nichts von einem Alkoholverbot in Bahn und Bus wissen. Er hat eine entsprechende Motion von KarlVogler (CVP/OW) mit 24 zu 151 Stimmen abgelehnt. Der Motionär wollte den Konsum von Alkohol im öffentlichen Verkehr von 21 Uhr abends bis 8 Uhr morgens verbieten. Das Verbot sollte auch auf Bahnhofanlagen und bei Bushaltestellen gelten. Ausnahmen waren nur für Speisewagen vorgesehen. Vogler erhoffte sich mehr Sicherheit und Sauberkeit im öffentlichen Verkehr.
- LUFTFAHRT: Der Nationalrat will den Bundesrat beauftragen, die Rechtsetzung und Rechtsanwendung in der Luftfahrt systematisch zu überprüfen und auf Regelungen verzichten, die sich negativ auf die Wirtschaftlichkeit des Luftfahrtstandortes Schweiz auswirken oder keinen verhältnismässigen Sicherheitsgewinn bringen. Mit 108 zu 78 Stimmen bei einer Enthaltung nahm hat er eine Motion von Christian Wasserfallen (FDP/BE) angenommen. Der Bundesrat stellte sich gegen den Auftrag. Zwar seien gerade auf europäischer Ebene in den letzten Jahren viele neue Verordnungen verabschiedet worden ist, die der Luftfahrtindustrie Schwierigkeiten bereite, hielt er fest. Dem Anliegen des Motionärs werde jedoch bereits Rechnung getragen. Eine gesonderte "Entrümpelungsaktion" erübrige sich.
- BIENENSTERBEN: 15 Vorfälle von erhöhtem Bienensterben sind 2013 in der Schweiz dem Bienengesundheitsdienst gemeldet worden. In zehn Fällen wurden in den toten Insekten Pestizide nachgewiesen, wie Bundesrat Johann Schneider-Ammann in der Fragestunde des Nationalrates sagte. In fünf Fällen war die Ursache unbekannt. Seit 1983 gebe es jedes Jahr zehn bis 15 Verdachtsfälle von Vergiftungen mit Pflanzenschutzmitteln. Trotz erhöhter Sensibilisierung sei die Zahl der gemeldeten Fälle nicht gestiegen, sagte Schneider-Ammann. Und die Art der verwendeten Pestizide scheine sich auf die Häufigkeit der Fälle nicht auszuwirken. Experten gingen nicht von einer hohen Dunkelziffer aus.
- MOBILFUNKEMPFANG: Der Bundesrat anerkennt das Bedürfnis der Zugpassagiere nach gutem Mobilfunkempfang. Für ihn ist es aber Aufgabe der Bahnunternehmen und nicht des Bundes, Regionalzüge technisch nachzurüsten. Dies würde rund 100 Millionen Franken kosten, schreibt der Bundesrat in einer schriftlichen Antwort auf eine Frage aus der Fragestunde des Nationalrats vom Montag. Bernhard Guhl (BDP/AG) hatte sich erkundigt, wie hoch die Kosten für die Nachrüstung von Regionalzügen mit Signalverstärkern wären und wer dafür aufzukommen hätte. Bei neuen Fahrzeugen sei der Einbau von Repeatern Standard, heisst es in der Antwort. Repeater verstärken Mobilfunk-Signale, die von einer Antenne auf dem Wagendach einer Zugkomposition aufgefangen werden.
Der Ständerat in Kürze
(sda) AUSLANDSCHWEIZER: Der Ständerat will Rechte und Pflichten von Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern in einem neuen Gesetz bündeln. Er hat das Auslandschweizer-Gesetz am Montag ohne Gegenstimme gutgeheissen. Die Vorlage vereint die geltenden Regelungen, die Auslandschweizer betreffen, in einem einzigen Gesetz. Zusätzliche Rechte erhalten die rund 700'000 im Ausland lebenden Schweizer Bürger damit nicht. In der Debatte entschied sich der Ständerat dagegen, die bestehende Registrierungspflicht aufzuheben. Auch die Auslandschweizer-Organisation (ASO) soll im gleichen Rahmen wie bisher unterstützt werden. Die Bestimmungen über Schweizerschulen werden in einem eigenen Gesetz geregelt.
- ABKOMMEN: Der Bundesrat muss die Vor- und Nachteile eines umfassenden Freihandelsabkommens zwischen der Schweiz und der EU untersuchen. In einem Bericht soll er auch die politische Machbarkeit eines solchen Abkommens aufzeigen. Das verlangt der Ständerat. Es gehe nicht darum, das bilaterale Vertragswerk durch ein Freihandelsabkommen zu ersetzen, sagte Karin Keller-Sutter (FDP/SG), die das Postulat eingereicht hatte. Es sei aber wichtig, dass der Bundesrat frühzeitig Vor- und Nachteile beider Wege aufzeige. Der Bundesrat hatte sich bereit erklärt, den Auftrag entgegenzunehmen.
- ARMEEEINSATZ: Die Schweiz hat 2014 den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Nach dem Nationalrat hat nun auch der Ständerat den Einsatz von bis zu 5000 Armeeangehörigen zum Schutz des OSZE-Ministerratstreffen in Basel im Dezember genehmigt. Zu dem Anlass werden 1200 OSZE-Delegierte und 200 Medienschaffende erwartet. Die Zusatzkosten für den Armeeeinsatz belaufen sich auf 2 Millionen Franken. Neben den Kosten für die Sicherheit budgetiert der Bund 10,77 Millionen Franken für die eigentliche Durchführung des Anlasses. Den Assistenzeinsatz der Armee muss das Parlament bewilligen, weil mehr als 2000 Armeeangehörige zum Schutz der Konferenz eingesetzt werden.
- UKRAINE: Der Ständerat hat sich von Bundespräsident und Aussenminister Didier Burkhalter über die aktuelle Situation auf der Krim und das Vorgehen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) informieren lassen. Burkhalter bat den Rat um Verständnis dafür, dass er während der Debatte immer wieder auf sein Telefon schaue. Die Verhandlungen über ein Mandat für eine Beobachtermission auf der Krim seien in vollen Gang, führte er dazu aus. "Es ist eine grosse und sehr schwierige Arbeit. Das Ziel ist, Eskalationen zu verhindern." Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann gab bekannt, dass die EFTA-Mitgliedstaaten, darunter die Schweiz, im April geplante Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Russland, Weissrussland und Kasachstan abgesagt hätten.
- KINDERRECHTE: Der Ständerat möchte die Rechte von Kindern stärken, auch wenn dies Fragen aufwirft. Er überwies dem Bundesrat eine Motion aus dem Nationalrat, die verlangt, dass die Schweiz das dritte Fakultativprotokoll zur UNO-Kinderrechtskonvention unterzeichnet. Das Fakultativprotokoll ermöglicht es, unter bestimmten Voraussetzungen Fälle von Missachtung der Kinderrechtskonvention vom UNO-Ausschuss für Kinderrechte beurteilen zu lassen. Der Bundesrat hatte sich gegen den Vorstoss ausgesprochen. Mit der Unterzeichnung des Protokolls könne die Schweiz zwar signalisieren, dass sie die Anliegen der Kinder würdige, hielt er fest. Bedenken hatte er aber wegen der Kompatibilität des Abkommens mit der hiesigen Rechtsordnung.
Donnerstag, 13. März 2014
Der Nationalrat in Kürze
(sda) DATENSICHERHEIT: Die Enthüllungen von Edward Snowden zum US-Geheimdienst NSA haben die Politik aufgeschreckt. National- und Ständerat verlangen vom Bundesrat, dass er eine Expertenkommission zur Datensicherheit einsetzt. Der Nationalrat hat am Donnerstag mit 97 zu 80 Stimmen bei 4 Enthaltungen einer Motion von Ständerat Paul Rechsteiner (SP/SG) zugestimmt. Verteidigungsminister Ueli Maurer argumentierte vergeblich, die Expertenkommission sei nicht nötig, da der Bundesrat bereits eine Cyberstrategie entwickelt habe und bald ein Gesetz zur Informationssicherheit vorlegen werde. Für die Expertenkommission machte sich Ursula Haller (BDP/BE) stark. Die Enthüllungen Snowdens stellten einen Wendepunkt dar. Die Dimension und die Systematik der aufgedeckten Überwachungsmaschinerie überstiegen alles bisher für möglich Gehaltene.
- KULTURGÜTERSCHUTZ: Der Nationalrat will wertvolle Kulturgüter nicht nur bei Kriegen schützen, sondern auch vor Katastrophen und Notlagen wie zum Beispiel Überschwemmungen, Erdrutschen oder Bränden. Er hiess mit 168 zu 0 Stimmen das entsprechend erweiterte Kulturgüterschutzgesetz gut. Dieses schafft unter anderem die Grundlage für einen "Bergungsort", wo gefährdete Kulturgüter aus dem Ausland vorübergehend sicher aufbewahrt werden können. Die Schweiz wäre der weltweit erste Staat mit einem solchen "Safe Haven"-Angebot. Weiter kann der Bund neu neben Zivilschutzangehörigen auch Fachleute von kulturellen Institutionen für den Kulturgüterschutz ausbilden.
- SWISSCOY: Der Nationalrat stellt sich hinter die erneute Verlängerung des Swisscoy-Einsatzes im Kosovo bis Ende 2017. Ebenso hiess er eine Erhöhung des Maximalbestandes von derzeit 220 auf 235 Armeeangehörige gut, gegen den Willen der SVP. Diese hätte gar nicht auf die Vorlage eintreten wollen. Der Einsatz von Schweizer Soldaten in der internationalen Truppe sei nicht vereinbar mit der Schweizer Neutralität, im Gegensatz zur Diplomatie, argumentierte sie. Das Risiko steige, dass die Schweiz im Pulverfass Kosovo in einen Konflikt hineingezogen werde. Alle anderen Fraktionen befürworteten die Verlängerung. Nicht zuletzt aus migrationspolitischen Gründen sei es sinnvoll, Schweizer Armeeangehörige in der internationalen Schutztruppe KFOR im Kosovo einzusetzen, lautete der Tenor.
- SICHERHEITSBERATER: Schweizer Vertretungen in Krisenstaaten können künftig ohne Genehmigung des Parlaments Sicherheitsberater der Armee hinzuziehen. National- und Ständerat haben dem Bundesrat die Kompetenz gegeben, über den Einsatz von Sicherheitsberatern zu entscheiden. Der Nationalrat sprach sich mit 120 zu 12 Stimmen bei 8 Enthaltungen für eine entsprechende Vorlage aus. Maximal drei Experten können künftig in Auslandsvertretungen als Berater tätig sein. Sie leisten den Einsatz als Assistenzdienst, ohne Waffe und in zivil. Der Einsatz dieser Experten ist bis Ende 2016 befristet.
- NACHRICHTENDIENST: Für die Ausland-Datenbank ISAS des Nachrichtendienstes existiert neu eine gesetzliche Grundlage. Der Nationalrat hat diese als Zweitrat gutgeheissen. Damit stellte er sicher, dass der Nachrichtendienst die Datenbank weiterführen kann. Heute wird das Informationssystem "Äussere Sicherheit" (ISAS) auf Basis einer befristeten Verordnung betrieben. Ohne gesetzliche Grundlage hätte der Betrieb bis Mitte 2015 eingestellt werden müssen. In ISAS werden Daten ohne direkten Bezug zur Schweiz bearbeitet. Die Daten mit Bezug zur Schweiz werden im Informationssystem "Innere Sicherheit" (ISIS) gespeichert. Im neuen Nachrichtendienstgesetz, das voraussichtlich in der nächsten Session im Parlament beraten wird, ist ein anderes Konzept vorgesehen.
- PARTEISPENDEN: Der Nationalrat will zum so genannten Politsponsoring, also zu Zuwendungen von Unternehmen an Parteien, keine gesetzlichen Bestimmungen erlassen. Er gab einer parlamentarischen Initiative von Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) keine Folge. Leutenegger Oberholzer hatte gefordert, dass Beiträge von Unternehmen an Parteien nur unter klar geregelten Voraussetzungen als geschäftsmässig begründeter Aufwand von den Steuern abgezogen werden dürften. Etwa müssten die Beiträge offengelegt werden und es müsse dargelegt sein, an wen die Unterstützung gehe. Ebenso wollte sie die Beiträge begrenzen. Die bürgerliche Mehrheit lehnte die Initiative ab und folgte damit der Mehrheit der Staatspolitischen Kommission. Diese hatte auf die Gerichtspraxis und Richtlinien der Steuerämter verwiesen.
- ARMEE-IMMOBILIEN: Bauten, die die Armee nicht mehr benötigt, sollen anderweitig genutzt werden können. Der Nationalrat will vom Bundesrat wissen, wie viele Immobilien angesichts des geplanten Abbaus bei der Armee zur Verfügung stehen und welche sich für welchen Zweck eignen könnten. Stillschweigendnahm er ein entsprechendes Postulat der Finanzkommission an. Diese hatte die Fragen mit Blick auf die Weiterentwicklung der Armee und die Verkleinerung des Immobilienbestandes aufgeworfen. Der Bundesrat war mit dem Auftrag einverstanden.
- PÄDOPHILE: Der Nationalrat ist dagegen, dass Frauen und Männer, die mit Kindern arbeiten wollen, bei der Bewerbung zwingend einen Strafregisterauszug vorlegen müssen. Er gab einer vor zehn Jahren eingereichten parlamentarischen Initiative keine Folge und folgte dem Antrag der Mehrheit der Rechtskommission. Diese hatte auf inzwischen erlassene Gesetze verwiesen und die Tatsache, dass das Parlament einen so genannten Sonderprivatauszug nicht für obligatorisch habe erklären wollen. Eine Minderheit hätte der Initiative Folge geben wollen. Das vom Parlament im vergangenen Dezember per Gesetz beschlossenen Tätigkeits- sowie das Kontakt- und Rayonverbot für Pädokriminelle genüge nicht ohne die Pflicht, einen Strafregisterauszug vorzulegen.
- STAATSANWALTSCHAFT: Der Nationalrat will keine Erweiterung der Strafprozessordnung, um Zweifel an der Unbefangenheit der Staatsanwaltschaft bei Strafuntersuchungen gegen Personen auszuräumen, die selbst Mitglied einer Strafverfolgungsbehörde sind. Er hat eine parlamentarische Initiative Von Carlo Sommaruga (SP/GE) abgelehnt. Der Initiant hatte auf Fälle in den Kantonen Waadt und Freiburg verwiesen, in welchen Personen beschuldigt wurden, die selbst Mitglied einer Strafverfolgungsbehörde sind.
- NATO: Der Nationalrat hat den Bericht der Schweizer Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der NATO zur Kenntnis genommen. Die Delegation nimmt im Auftrag der Bundesversammlung an den zwei Tagungen jährlich sowie an Seminaren und Arbeitstreffen der Parlamentarischen Versammlung teil. Die eidgenössischen Räte sind seit Ende Mai 1999 assoziiertes Mitglied der Parlamentarischen Versammlung. Wichtige Themen im vergangenen Jahr waren die Verteidigungsbudgets der Mitgliedstaaten und der Zustand der NATO, die Lage in Nordafrika und im Nahen Osten sowie die NATO-Einsätze in Afghanistan und auf dem Balkan.
Der Ständerat in Kürze
(sda) GOTTHARD: Vier Stunden lang hat der Ständerat am Donnerstag über den Vorschlag des Bundesrats diskutiert, einen zweiten Strassentunnel durch den Gotthard zu bauen. Für einen Entscheid reichte die Zeit nicht. Bevor sie die Debatte unterbrach, trat die kleine Kammer aber mit 25 zu 16 Stimmen auf die Vorlage ein. Der Bundesrat schlägt vor, eine zweite Röhre durch den Gotthard zu bauen, um die Alpentransit-Verbindung während der Sanierung des bestehenden Tunnels zu gewährleisten. Nach der Renovation, ab etwa 2030, würden dann beide Röhren zur Verfügung stehen. Die Vorlage verbietet es jedoch, die Kapazität der Verbindung zu erweitern: Geplant ist, nur eine Spur pro Tunnel für den Verkehr freizugeben und die andere als Pannenstreifen zu benutzen. Die Gegner sehen darin eine Verletzung des Alpenschutz-Artikels. Der Kanton Tessin auf der anderen Seite befürchtet bei einer jahrelangen Sperrung eine Isolation vom Rest des Landes. Die Debatte wird nächsten Donnerstag fortgesetzt.
- BIOTREIBSTOFFE: In der Schweiz sind Biotreibstoffe von der Mineralölsteuer befreit, sofern ökologische und soziale Mindestanforderungen erfüllt sind. Jetzt werden die Kriterien für eine Steuererleichterung verschärft. Der Ständerat hat entsprechenden Gesetzesänderungen zugestimmt. Ziel der Vorlage ist es, negative Auswirkungen der Produktion von Treib- und Brennstoffen aus pflanzlichen Rohstoffen - zum Beispiel Zuckerrohr, Zuckerrüben, Mais, Raps oder Soja - möglichst zu vermeiden. Es zeige sich immer mehr, dass die Produktion von Biotreibstoffen auch Schattenseiten habe, sagte Kommissionssprecher Ivo Bischofberger (CVP/AI). Dies etwa dann, wenn durch den Anbau von Rohstoffen die Lebensmittelproduktion verdrängt werde.
- BIOPIRATERIE: Ständerat und Nationalrat haben zwar grundsätzlich entschieden, dass sich die Schweiz für die Nutzung genetischer Ressourcen an international vereinbarte Regeln halten soll. Doch bei der konkreten Umsetzung des Nagoya-Protokolls sind sich die Kammernnicht einig, denn der Ständerat will weniger Ausnahmen zulassen als der Nationalrat. Im Gegensatz zur grossen Kammer will er etwa, dass grundsätzlich auch genetische Ressourcen für die Zucht und Weiterentwicklung neuer Pflanzensorten der internationalen Regelung unterstehen sollen. Gleiches soll seiner Ansicht nach auch für Schädlinge und rein pathogene Organismen gelten.
Mittwoch, 12. März 2014
Der Nationalrat in Kürze
(sda) MEDIEN: Künftig sollen in der Schweiz alle eine Radio- und TV-Abgabe bezahlen, unabhängig davon, ob sie ein Radio oder einen Fernseher besitzen. Der Nationalrat stellte sich am Mittwoch im Grundsatz hinter das neue Radio- und TV-Gesetz. Eine Mehrheit befand, es sei Zeit für einen Systemwechsel. Denn heute brauche man keinen Radioapparat mehr zum Radiohören und keinen Fernseher zum Fernsehen. Über das Internet könnten die Sendungen auch mit Computern, Tablets oder Smartphones empfangen werden. Die umstrittene Abgabe für Firmen hat die grosse Kammer nicht gekippt. Die Möglichkeit eines sogenannte Opting-Out für Haushalte soll nur vorübergehend für fünf Jahre geschaffen werden.
- HOOLIGANS: Der Nationalrat will zwar etwas gegen randalierende Sportfans unternehmen. Er will sie aber nicht verpflichten, mit Extrazügen an Sportveranstaltungen zu reisen. Nun muss der Bundesrat über die Bücher. Mit einer Lockerung der Transportpflicht wollte er Bahn- oder Busunternehmen erlauben, Sportfans auf spezielle Fanzüge oder Fanbusse zu verweisen. Zudem sollte eine Rechtsgrundlage dafür geschaffen werden, dass Sportklubs unter gewissen Voraussetzungen für die Schäden haften, die ihre Fans verursachen. Dass es Probleme mit Sportfans gibt, bestritt im Nationalrat niemand. Dass der Bundesrat eine Lösung dafür vorgelegt hat, glaubten jedoch nur wenige. Die Gesetzesänderung war bereits in der Verkehrskommission durchgefallen. Diese hielt die Revision für derart untauglich, dass sie gar nicht darauf eintreten wollte.
- AUSLÄNDERGESETZ: Der Nationalrat weist den Entwurf für das neue Ausländer- und Integrationsgesetz an den Bundesrat zurück. Nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative sieht er keinen Sinn mehr in weiteren Arbeiten an der Vorlage. Die grosse Kammer verlangt mit diesem Entscheid vom Bundesrat eine Vorlage, die die neue Verfassungsbestimmung berücksichtigt. Zudem sollen die Anliegen mehrerer parlamentarischer Vorstösse in einen neuen Entwurf integriert werden. Justizministerin Simonetta Sommaruga hielt die Rückweisung ebenfalls für sinnvoll. Sie betonte aber, dass der Bundesrat am übergeordneten Ziel festhalte, wonach Integration aktiver zu fördern und einzufordern sei.
Der Ständerat in Kürze
(sda) GELDWÄSCHEREI: Bei Verdacht auf schwere Steuerdelikte sollen Banken künftig ihre Kunden den Behörden melden müssen. Der Ständerat hat am Mittwoch als Erstrat Gesetzesänderungen gutgeheissen, mit welchen der Bundesrat den Kampf gegen die Geldwäscherei verstärken und internationale Forderungen nach einem sauberen Finanzplatz erfüllen will. Nach dem Willen des Ständerates soll ein Steuerdelikt dann als Vortat zur Geldwäscherei gelten, wenn die hinterzogene Summe 300'000 Franken pro Steuerperiode übersteigen. Der Bundesrat hatte die Grenze bei 200'000 Franken setzen wollen. Gefolgt ist der Ständerat dem Bundesrat bei den Bargeldregeln: Bargeldzahlungen von über 100'000 Franken sollen für sämtliche Kaufverträge verboten werden. Wer Inhaberaktien einer nicht börsenkotierten Gesellschaft erwirbt, muss dies dem Unternehmen innert Monatsfrist melden. Die Strafbestimmungen hat der Ständerat indes gestrichen. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.
- BANKEN: Der Ständerat will im Nachgang zur "Too big to fail"-Vorlage vorläufig keine weiteren Vorschriften für systemrelevante Grossbanken in der Schweiz ausarbeiten lassen. Er lehnte zwei vom Nationalrat noch unterstützte Motionen von SVP und Grünen ab. Die SVP hatte die Loslösung des Investmentbankings von systemrelevanten Funktionen gefordert, die Grünen ein Trennbankensystem. Die ständerätliche Wirtschaftskommission (WAK) hatte mit knappem Mehr ein Nein empfohlen und verwies auf die laufende Umsetzung der "Too big to fail"-Vorlage.
- FINANZMARKTAUFSICHT: Der Bundesrat muss nicht untersuchen, mit welchen Mitteln die Effizienz und die Glaubwürdigkeit der Finanzmarktaufsicht (FINMA) erhöht werden könnte. Der Ständerat hat ein entsprechendes Postulat von Luc Recordon (Grüne/VD) mit 20 zu 10 Stimmen abgelehnt. Recordon sieht insbesondere Mängel bei den Möglichkeiten der FINMA, Sanktionen auszusprechen und die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Die Mehrheit des Ständerates sah keinen Handlungsbedarf.
- LEBENSVERSICHERUNGEN: Der Ständerat hat eine Motion von Nationalrat Hans Kaufmann (SVP/ZH) zu den Problemen der Tiefzinsphase für die Lebensversicherungen abgelehnt. Er folgte seiner vorberatenden Kommission, welche die Motion als erfüllt betrachtet. Es seien bereits Massnahmen getroffen worden, erklärte Kommissionssprecher Martin Schmid (FDP/GR). Die Finanzmarktaufsicht (FINMA) könne während ausserordentlichen Tiefzinsphasen bei der Diskontierung bestehender Verpflichtungen auch risikobehaftete Zinskurven zulassen.
Dienstag, 11. März 2014
Der Nationalrat in Kürze
(sda) WAFFEN. Der Nationalrat will nicht, dass in der Schweiz sämtliche Waffen registriert werden müssen. Er hat am Dienstag einen früheren Entscheid umgestossen und einen Teil einer Motion abgelehnt. Die Räte werden aber erneut entscheiden können, weil der Bundesrat bereits Gesetzesänderungen dazu ans Parlament geleitet hat. Der Entscheid gegen die Registrierungspflicht fiel mit 98 zu 76 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Im Herbst hatte sich der Nationalrat noch mit einer hauchdünnen Mehrheit dafür ausgesprochen. Bei der Abstimmung fehlten damals einige Vertreter aus dem bürgerlichen Lager. Am Tag nach dem Entscheid forderte CVP-Nationalrat Jakob Büchler (SG) wegen einer juristischen Unklarheit eine Wiederholung der Abstimmung.
- STAATSVERTRÄGE: In dringenden Fällen soll der Bundesrat Staatsverträge auch in Zukunft vorläufig anwenden dürfen. Sprechen sich die beiden zuständigen Parlamentskammern dagegen aus, soll er aber darauf verzichten müssen. Für diese Formulierung hat sich der Nationalrat entschieden. Es handelt sich um einen Kompromiss. Zunächst hatte der Nationalrat ins Gesetz schreiben wollen, dass der Bundesrat einen Staatsvertrag nur dann vorläufig anwenden darf, wenn beide Parlamentskammern zustimmen. Der Ständerat lehnte dies aber ab. Nun hat der Nationalrat die Bestimmung gelockert: Nur eine der beiden Parlamentskommissionen soll zustimmen müssen. Die Vorlage geht zurück an den Ständerat. Mit der Gesetzesänderung reagiert das Parlament auf den UBS-Staatsvertrag mit den USA.
- STEUERERLASS: Die Kantone sollen künftig sämtliche Gesuche um Erlass der direkten Bundessteuer beurteilen. Der Nationalrat hat als Erstrat ein Gesetz über eine Neuregelung des Steuererlasses angenommen. Die grosse Kammer stimmte ohne Diskussion mit 178 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu. Mit der Neuregelung will der Bundesrat Doppelspurigkeiten zwischen den Kantonen und dem Bund beseitigen und das Steuersystem vereinfachen. Steuerpflichtige können um den Erlass geschuldeter Steuerbeträge ersuchen, wenn sie sich in einer Notlage befinden.
- VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG: Das administrativ versorgten Menschen angetane Unrecht wird gesetzlich anerkannt. Der Nationalrat hat die Vorlage für die Schlussabstimmung bereinigt. Als letzte Differenz war die vom Bundesrat vorgeschlagene und vom Nationalrat gutgeheissene Schutzfrist von 80 Jahren für Akten verblieben. Der Ständerat war der Ansicht, dass die geltenden Archivierungsgesetze, die kürzere Schutzfristen vorsehen, angewandt werden können. Der Nationalrat schloss sich nun diesem Beschluss an. Das Gesetz rehabilitiert Menschen, die in der Schweiz bis 1981 ohne Gerichtsurteil weggesperrt wurden. Es regelt ausserdem den Zugang zu Akten und schreibt eine Aufarbeitung der Vorfälle durch unabhängige Experten vor.
- BANKEN: Der Nationalrat ist grundsätzlich damit einverstanden, die Aufsicht über Prüfgesellschaften im Finanzwesen bei der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) zu bündeln. Gegen den Willen der Mehrheit der SVP hiess er einen Gesetzesentwurf mit 129 zu 51 Stimmen gut. Die SVP hatte nicht auf die Vorlage eintreten wollen. Ihr Sprecher Pirmin Schwander (SVP/SZ) begründete dies damit, dass bei der materiellen Aufsicht und bei der Analyse der Prozesse angesetzt werden müsste und nicht bei der Änderung des Organigramms. Zurzeit üben die RAB und die Finanzmarktaufsicht (Finma) sich zum Teil überschneidende Aufsichtsfunktionen über Revisionsunternehmen und Prüfgesellschaften aus. Die Vorlage, die Vereinfachungen bringen soll, geht nun an den Ständerat.
- STRAFVERFOLGUNG: Der Nationalrat ist nicht auf die vom Bundesrat vorgeschlagene und vom Ständerat oppositionslos gutgeheissene Anpassung der Verjährungsfristen in Steuergesetzen eingetreten. Er folgte dem Antrag seiner Wirtschaftskommission, die sich bei der Anpassung der Fristen nicht hatte einigen können, ob diese nach unten oder nach oben angeglichen werden sollten. Die in den Augen von Bundesrat und Ständerat rein technische Vorlage geht nun zurück in die kleine Kammer. Bleibt diese bei ihren Beschlüssen, muss sich der Nationalrat noch einmal mit der Vorlage befassen. Tritt er erneut nicht ein, ist das Geschäft vom Tisch.
- POLIZEI: Polizisten aus der Schweiz, aus Österreich und Liechtenstein sollen enger zusammenarbeiten. Der Nationalrat hat als Zweitrat ein entsprechendes Abkommen genehmigt. Der trinationale Polizeivertrag der Schweiz, Liechtensteins und Österreichs ist seit Juli 2001 in Kraft. In den erneuerten Vertrag wurden danach erfolgte Neuerungen aufgenommen - namentlich die Teilnahme aller drei beteiligten Länder an der Schengener Zusammenarbeit. Der Vertrag sieht zusätzliche Instrumente für die Bekämpfung von Schwerkriminalität vor. Weiter regelt er die präventive verdeckte Ermittlung und den Zeugen- und Opferschutz, die Zusammenarbeit der Polizeien bei der Bekämpfung von illegaler Migration und grenzüberschreitende Einsätze.
- BUNDESGERICHT: Beratungen des Bundesgerichts in Lausanne werden nicht live im Internet übertragen. Der Nationalrat lehnte eine entsprechende Motion aus dem Ständerat ab und folgte dabei der Kommissionsmehrheit. Diese fand, es bestehe genügend Transparenz über die Beratungen am Bundesgericht. Nur 1 Prozent aller Entscheide werde überhaupt öffentlich beraten. Ohne Einführung und Informationen würden diese Übertragungen nur wenige Menschen interessieren. Die Minderheit hielt dagegen, dass Transparenz nicht nur gegeben sei, wenn sich Millionen Menschen informierten, sondern grundsätzlich dann, wenn sie möglich sei.
- GEWALT: Der Bundesrat muss Massnahmen zum besseren Schutz von Polizisten und anderen Staatsangestellten vor Gewalt prüfen. Der Nationalrat hat ein Postulat seiner Rechtskommission angenommen. Landauf, landab sei eine Zunahme der Gewalt zu beobachten, sagte Andrea Caroni (FDP/AR) im Namen der Kommission. Auf Eis gelegt hat der Rat gleichzeitig eine Standesinitiative des Kantons Genf mit konkreten Forderungen. Genf möchte, dass kurze Freiheitsstrafen wieder eingeführt werden. Weiter soll Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte mit einer Freiheitsstrafe von mindestens 60 Tagen oder einer Geldstrafe bestraft werden. Jegliche Straftat gegen Polizistinnen und Polizisten soll ausserdem als Offizialdelikt verfolgt werden.
- AUSSSCHAFFUNGSINITIATIVE: Mit Blick auf die Debatte zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative hat der Nationalrat einen Pfosten gesetzt. Er will den neu geschaffenen Straftatbestand der Zwangsheirat in den Katalog der Delikte aufnehmen, die eine Ausschaffung nach sich ziehen müssen und unterstützte mit 128 zu 54 Stimmen eine entsprechende Motion von Alois Gmür (CVP/SZ). Die Justizministerin und der Nationalrat seien sich in der Debatte zu den Zwangsheiraten einig gewesen, dass die erzwungene Heirat ein Verbrechen darstelle, argumentierte er. Justizministerin Simonetta Sommaruga sprach sich gegen den Vorstoss aus und verwies dabei auf die bevorstehende Nationalratsdebatte.
- RASSISMUS: Der Nationalrat will die Anti-Rassismus-Strafnorm nach einer Rüge des Menschenrechtsgerichtshofes nicht anpassen. Er hat eine Motion von Oskar Freysinger (SVP/VS) mit 129 zu 55 Stimmen abgelehnt. Das Urteil aus Strassburg betraf Äusserungen des türkischen Nationalisten Dogu Perincek in der Schweiz. Der Präsident der türkischen Arbeiterpartei hatte 2005 in der Schweiz den Genozid von 1915 bis 1917 an den Armeniern im Osmanischen Reich als "internationale Lüge" bezeichnet. Die Waadtländer Justiz verurteilte ihn deswegen wegen Rassendiskriminierung. Das Bundesgericht bestätigte das Urteil. Damit verletzte die Schweiz in den Augen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte das Recht auf freie Meinungsäusserung. Freysinger forderte in seiner Motion darum eine Anpassung der Anti-Rassismus-Strafnorm.
- STOCKWERKEIGENTUM: Der Nationalrat möchte das Einstimmigkeitsprinzip im Stockwerkeigentumsrecht lockern, um Gesamtsanierungen und Neubauten zu erleichtern. Er hat eine Motion von Filippo Leutenegger (FDP/ZH) mit 161 zu 9 Stimmen bei 12 Enthaltungen angenommen. Heute müssten sämtliche Stockwerkeigentümmer einem Rück- und Neubau zustimmen, argumentierte Leutenegger. In vielen Fällen führe dies dazu, dass ein Ersatzneubau oder eine Gesamtsanierung verhindert würden. Um dem Bedürfnis nach ressourcenschonenden Bauten gerecht zu werden, müssten die rechtlichen Hürden beseitigt werden. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat.
Der Ständerat in Kürze
(sda) FORTPFLANZUNGSMEDIZIN: Im Reagenzglas gezeugte Embryos sollen vor der Einpflanzung in den Mutterleib untersucht werden dürfen. Das hat der Ständerat am Dienstag entschieden. Der Selektion von Babys nach bestimmten Kriterien wollte er aber keinen Vorschub leisten. Bei der Revision von Verfassung und Fortpflanzungsmedizingesetz blieb er auf der restriktiven Linie, die der Bundesrat vorgezeichnet hatte: Die heute verbotene Präimplantationsdiagnostik soll lediglich Paaren mit einer Familiengeschichte mit Erbkrankheiten erlaubt werden. Test auf Chromosomenstörungen und die Auswahl von Retterbabys lehnte der Ständerat jedoch ab.
- PRÄMIEN: Die Räte haben sich darauf geeinigt, wie die in manchen Kantonen zu viel und in anderen zu wenig bezahlten Krankenkassenprämien ausgeglichen werden können. Umstritten war zuletzt noch, für welchen Zeitraum die Rückzahlung greifen soll. Vorgesehen war zunächst, jene Prämien auszugleichen, die zwischen 1996 und dem Inkrafttreten des Krankenkassen-Aufsichtsgesetzes zu viel bezahlt worden waren. Da inzwischen aber unklar ist, ob das Aufsichtsgesetz überhaupt zu Stande kommt, hat der Nationalrat den Ausgleich entkoppelt: Dieser soll den Zeitraum zwischen 1996 und 2013 erfassen. Der Ständerat hat dieser Lösung nun zugestimmt. Vorgesehen ist, dass 800 Millionen Franken umverteilt werden - ungefähr die Hälfte der falsch berechneten Prämiensumme. An der Finanzierung sollen sich die Versicherten, die Versicherer und der Bund zu je einem Drittel beteiligen.
- BILDUNG: Bisher mussten Schweizerschulen im Ausland je nach Grösse mindestens 20 bis 30 Prozent Schweizer Schüler unterrichten. Nun fällt diese Mindestquote. Allerdings werden die Schulen verpflichtet, bei entsprechenden Anfragen Kinder mit Schweizer Pass aufzunehmen. Der Ständerat hat sich mit dieser letzten kleinen Ergänzung einverstanden gezeigt. Die Totalrevision des Auslandschweizer-Ausbildungsgesetzes ist damit unter Dach und Fach und bereit für die Schlussabstimmung.
- GESUNDHEITSWESEN: Mit dem revidierten Medizinalberufegesetz (MedBG) sollen die medizinische Grundversorgung und die Stellung der Hausarztmedizin gestärkt werden. Der Ständerat hat derGesetzesrevision als Erstrat zugestimmt, mit 31 zu 0 Stimmen. Ergänzend zum Bundesrat fordert der Ständerat eine generelle Registrierungspflicht für alle, die einen universitären Medizinalberuf ausüben. Ein vollständiges Berufsregister führe zu mehr Sicherheit für Patienten, erleichtere den Arbeitgebern die Rekrutierung und nütze den Berufsorganisationen bei der Validierung von Weiterbildungen, sagte Kommissionssprecher Urs Schwaller (CVP/FR).
- SOZIALE SICHERHEIT: Der Ständerat ist einverstanden damit, das Abkommen mit den USA über Soziale Sicherheit zu erneuern. Einstimmig genehmigte er als Zweitrat den neuen Vertrag, welcher jenen aus dem Jahr 1979 ersetzen soll. Die zweite Revision seit 1988 ist nötig geworden, weil beide Länder Gesetze geändert haben. An den Grundsätzen ändert sich nichts. Die wichtigste Änderung betrifft die Invalidenversicherung (IV), bei der künftig erst nach drei Jahren Zugehörigkeit Leistungen ausbezahlt werden. Abkommen über die soziale Sicherheit regeln grenzüberschreitende Fragen zur Altersvorsorge und anderen Sozialversicherungen zwischen den Vertragsstaaten.
Montag, 10. März 2014
Der Nationalrat in Kürze
(sda) KRANKENKASSEN: Bei der Aufsicht über die Krankenkassen macht der Nationalrat den Weg frei für eine inhaltliche Diskussion. Nachdem er das Aufsichtsgesetz in der Wintersession zurückgewiesen hatte, ist er auf den Entscheid zurückgekommen. Stillschweigend folgte er dem Antrag seiner Gesundheitskommission (SGK), die Vorlage nicht an den Bundesrat zurückzuweisen. Der Nationalrat musste noch einmal darüber abstimmen, weil der Ständerat die Rückweisung letzte Woche abgelehnt hatte. Die Vorlage geht nun wieder in die Kommission zurück. Umstritten ist vor allem, ob ein gesondertes Aufsichtsgesetz nötig ist und wie weit die Kontrolle der Krankenkassen durch den Bund gehen soll.
- AUSBILDUNG: Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge soll künftig berücksichtigt werden, ob ein Betrieb Lehrlinge ausbildet oder nicht. Das verlangt der Nationalrat, obwohl er damit einen Konflikt mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz riskiert. Gegen den Willen des Bundesrats hat er eine Änderung des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen gutgeheissen. Damit soll die Ausbildung von Lernenden in den Katalog der Zuschlagskriterien aufgenommen werden. Der Bundesrat hatte davor gewarnt, eine Diskriminierung ausländischer Unternehmen zu riskieren. Nach seiner Ansicht könnte die Schweiz damit völkerrechtliche Verpflichtungen verletzen.
- SCHWEIZERSCHULEN: Schweizerschulen im Ausland sollen künftig auch als solche anerkannt werden, wenn dort kein einziges Schweizer Kind die Schulbank drückt. Dafür sollen die Schulen eine Berufslehre nachSchweizer Vorbild anbieten können. Dies besagt das revidierte Auslandschweizer-Ausbildungsgesetz. Der Nationalrat hat der Totalrevision des Gesetzes als Zweitrat im Grundsatz zugestimmt. Heute ist den 17 Schweizerschulen je nach Grösse ein Mindestanteil von Schweizer Schülern zwischen 20 und 30 Prozent vorgeschrieben. Diese Vorschrift hemme das Wachstum der Schulen, fand die Mehrheit. Der Antrag einer Minderheit, zumindest einen Anteil von 10 Prozent vorzuschreiben, blieb erfolglos. Die Vorlage geht zurück an den Ständerat.
- BAUPRODUKTE: Schweizer Bauprodukte können heute dank der gegenseitiger Anerkennung von Zertifikaten problemlos in die EU exportiert werden. Damit dies so bleibt, muss das Schweizer Bauprodukterecht einer neuen europäischen Verordnung angepasst werden. Der Nationalrat hat der Totalrevision des Gesetzes als Zweitrat mit 129 zu 42 Stimmen zugestimmt. Dank dem Zugang für Schweizer Exporteure entfallen zum Beispiel Doppelprüfungen, neue Produkte können schneller auf den Markt gebracht werden. Ein weiterer Vorteil: Prüfstellen in der Schweiz können Produkteprüfungen für den ganzen europäischen Markt durchführen.
- VORSORGE: Die maximalen Steuerfreibeträge in die Säule 3a sollen erhöht werden. Der Nationalrat hat am Montag eine entsprechenden Motion mit 94 zu 85 Stimmen als Erstrat angenommen. Der Bundesrat soll das Bundesrecht entsprechend anpassen. Konkret sollen die maximalen Steuerfreibeträge für Einzahlungen von Arbeitnehmenden in die Säule 3a auf 12'000 Franken erhöht werden, diejenigen von Selbstständigerwerbenden auf 40'000 Franken. Er wolle die Eigenverantwortung in der Altersvorsorge stärken, begründete Motionär Bruno Pezzatti (FDP/ZG) seinen Vorstoss. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf warnte vor einer Annahme der Motion. Diese hätte bei der direkten Bundessteuer jährliche Mindereinnahmen von 240 Millionen Franken zur Folge.
- FINANZEN: Der Bundesrat soll das Wachstum der Ausgaben eindämmen, aber ohne Sparprogramm. Das fordert der Nationalrat im Hinblick auf die nächste Unternehmenssteuerreform. Es handle sich nicht um eine Vorwegnahme der Reform, betonte Kommissionssprecher Urs Gasche (BDP/BE). Es gehe vielmehr darum, Verantwortung rechtzeitig wahrzunehmen und eine Stossrichtung festzulegen. Der Sprecher der linken Minderheit zeigte sich befremdet, dass der Bundesrat beauftragt werde, die Ausgaben einzudämmen, um noch nicht einmal beschlossene Steuerreformen zu finanzieren.
- STEUERN: Der Nationalrat will die steuerliche Ungleichbehandlung von Verheirateten gegenüber Konkubinatspaaren mit Kindern beseitigen. Er hat einer Motion von Albert Rösti (SVP/BE) zugestimmt. Rösti hatte kritisiert, dass Konkubinatspaare durch höhere Abzüge für Unterhaltsbeiträge bei Minderjährigen oder Unterstützungsbeiträgen bei Volljährigen privilegiert würden. Diese Ungleichbehandlung müsse durch eine Erhöhung des Verheiratetenabzugs beseitigt werden. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf erinnerte daran, dass dies nur gewisse Paare betreffe. Das Problem liesse sich nicht mit "Pflästerli-Politik", sondern nur mit einem unfassenden Ansatz lösen.
- DOPPELBESTEURUNG: Der Bundesrat muss mit Liechtenstein ein umfassendes Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) aushandeln. Das verlangt das Parlament. Stillschweigend hat der Nationalrat eine Motion von Walter Müller (FDP/SG) gutgeheissen. Dieser verlangte ein neues DBA, das verhindern soll, dass Liechtenstein Steuern auf Renten erhebt. Der Ständerat hatte den Vorstoss mit der Forderung ergänzt, dass das DBA auch das sich abzeichnendes Problem mit der Besteuerung von Grenzgängern, die in Liechtenstein arbeiten, aber in der Schweiz wohnen, anpacken solle. Dieser Ergänzung hat der Nationalrat nun zugestimmt.
- MEDIZIN: Der Bundesrat muss die heute geltende Regelung der hochspezialisierten Medizin unter die Lupe nehmen. Das verlangt der Nationalrat mit einem Postulat, das seine Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) eingereicht hatte. Diese will die Tauglichkeit der heutigen Gesetzesbestimmungen untersuchen lassen, insbesondere in Bezug auf Qualität, Wirtschaftlichkeit und medizinischen Fortschritt. Letzten Herbst hatte das zuständige Beschlussorgan der Gesundheitsdirektorenkonferenz entschieden, welche Spitäler bestimmte komplexe Eingriffe vornehmen dürfen. Die angekündigte Konzentration in der Spitzenmedizin blieb damals aus.
- CYBERRISIKEN: Der Bundesrat soll die Umsetzung der nationalen Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyberrisiken vorantreiben und die beschlossenen Massnahmen bis Ende 2016 umsetzen. Das im letzten Mai beschlossene Massnahmenpaket zielt auf eine Stärkung der Prävention und des Krisenmanagements ab. Der Bundesrat hatte sich bereit erklärt, den Motionsauftrag entgegenzunehmen. Er wies jedoch darauf hin, dass die Strategie bereits vor 2017 Wirkung zeigen werde. Abgeschlossen werden könne sie jedoch nicht, da sich die Gefährdungslage ständig verändere und eine kontinuierliche Anpassung nötig mache.
- KOMATRINKER: Der Bundesrat soll abklären, ob und wie Betrunkenen die Kosten für den Aufenthalt in der Ausnüchterungszelle in Rechnung gestellt werden könnten. Er soll sich dabei auf die Erfahrungen stützen, die einige Kantone bereits gemacht haben. Das verlangt der Nationalrat mit einem Postulat, das Toni Bortoluzzi (SVP/ZH) eingereicht hatte. Das Anliegen ist Teil von Bortoluzzis Forderung, dass Komatrinker den Aufenthalt in Spital und Ausnüchterungszelle selber bezahlen sollen. Die Gesundheitskommissionen beider Räte hatten der Initiative zugestimmt. Der Bundesrat hat sich bereit erklärt, den Postulatsauftrag entgegenzunehmen.
- ZOLLFORMALITÄTEN: Der Nationalrat möchte die Zollverfahren an der Südgrenze vereinfachen. Der Bundesrat soll prüfen, ob mit Italien Verhandlungen zur Vereinfachung der Zollverfahren und zur Verbesserung der Zusammenarbeit in der Verkehrsabwicklung und der Betriebsabläufe aufzunehmen sind. Die grosse Kammer hat am Montag ein entsprechendes Postulat seiner Verkehrskommission stillschweigend angenommen.
- SOZIALHILFE: Eine Regelung der Sozialhilfe auf Bundesebene ist in den eidgenössischen Räten derzeit nicht mehrheitsfähig. Der Nationalrat will den Bundesrat aber dennoch abklären lassen, wie ein Rahmengesetz für die Sozialhilfe aussehen könnte und ob ein solches sinnvoll wäre. Er stimmte einem entsprechenden Postulat mit 88 zu 87 Stimmen zu. Für die Sozialhilfe sind heute die Kantone zuständig. Wie viel Unterstützung jemand erhält, ist demnach je nach Kanton und Gemeinde verschieden. Die Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe haben lediglich den Charakter einer Empfehlung.
- RÜSTUNG: Der Nationalrat bleibt dabei: Die Regeln für den Export von Kriegsmaterial werden gelockert. Die grosse Kammer lehnte einen Rückkommensantrag von Margret Kiener Nellen (SP/BE) mit 105 zu 77 Stimmen ab. Am Donnerstag hatte der Nationalrat als Zweitrat entschieden, dass Schweizer Kriegsmaterial künftig auch in Länder exportiert werden darf, in denen Menschenrechte verletzt werden. Der Rat hiess die Motion am Donnerstag mit Stichentscheid des Präsidenten gut. Sie fühle sich mitverantwortlich für den knappen Entscheid, da sie am Donnerstagmorgen wegen der Teilnahme an einer Trauerfeier nicht im Rat gewesen sei, begründete Kiener Nellen ihren Rückkommensantrag. Von einer Wiederholung der Abstimmung wollte aber die Mehrheit des Rates nichts wissen.
- SCHWEIZ-EU: Die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative am 9. Februar war Thema in der Fragestunde des Nationalrates. Justizministerin Simonetta Sommaruga bekräftigte, dass die Initianten während der Arbeiten zur Umsetzung angehört werden sollen. Zum einen gebe es eine technische Expertengruppe, zum anderen werde das Bundesamt für Migration während der Arbeiten die interessierten Kreise anhören. Die Initianten hätten die Einladung bereits erhalten und angenommen. Im Übrigen orientiere sich der Bund an den üblichen Strukturen eines Gesetzgebungsprozesses. Angehört würden auch die Sozialpartner sowie Städte, Gemeinden und Kantone.
- KAMPFJETS: Die der Westschweiz zugesicherten 30 Prozent derKompensationsgeschäfte des Gripen-Herstellers Saab dürften erreicht werden. Das sagte Verteidigungsminister Ueli Maurer im Nationalrat. Bisher habe das schwedische Unternehmen mit 16 Westschweizer Firmen 36 Verträge abgeschlossen. 18 Prozent der Auftragssumme von 2,5 Milliarden gingen an Westschweizer Firmen, sagte Maurer. "Es ist realistisch, dass die Westschweizer Industrie innerhalb von zehn Jahren 30 Prozent erreichen wird." Es stimme nicht, dass Saab fast nur eigene Tochterfirmen sowie die Ruag und deren Töchter berücksichtige.
- ASYLPOLITIK: Justizministerin Simonetta Sommaruga hat in derFragestunde des Nationalrates erklärt, weshalb die Zahl dervorläufig Aufgenommenen im Jahr 2013 gegenüber dem Vorjahr stark zugenommen hat. Die aussergewöhnliche Zunahme von 1585 auf 2961 Personen hänge damit zusammen, dass die Zahl im Jahr 2012 unterdurchschnittlich tief gewesen sei. Dies wiederum hänge mit der damals eingeführten Strategie der Behandlung von Gesuchen zusammen. 2012 seien Gesuche aus Staaten mit einer niedrigen Anerkennungsquote prioritär behandelt worden. 2013 seien weniger Gesuche eingegangen. Damit seien Kapazitäten frei geworden, um Gesuche aus Ländern mit einer hohen Schutzquote zu behandeln.
- IMMOBILIEN: Die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative ist für den Bundesrat kein Grund, die verschärften Eigenmittelvorschriften bei Wohnbauhypotheken schon wieder zu lockern. Die Einwanderung sei nur ein Faktor unter vielen, der die Entwicklung im Immobilienmarkt beeinflusse. Das sagte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf auf eine Frage des Genfer FDP-Nationalrats Hugues Hiltpold. Deutlich stärker als die Zuwanderung wirken sich ihrer Meinung nach die Anreize für die Vergabe von Hypotheken aus. Hiltpold war der Auffassung, dass nach dem Ja zur SVP-Initiative die Nachfrage nach Wohnraum nachlassen wird.
- STEUERN: Der Nationalrat will Steuerprivilegien für sogenannte Expats nicht verbieten. Er hat am Montag zwei entsprechende Motionen abgelehnt. Die Motionäre aus den Reihen der SP und der Grünen verwiesen ohne Erfolg auf die Ungleichheit, die mit dem heutigen System entstünden. So könnten privilegierte Ausländer heute Steuerabzüge machen für Umzugs-, Wohnungs- und Privatschulkosten für ihre Kinder. Alle anderen Steuerpflichtigen könnten dies nicht im gleichen Ausmass. Der Bundesrat hatte sich gegen den Vorstoss ausgesprochen, will nun aber trotzdem über die Bücher. Ihr Departement erarbeite derzeit eine Anhörungsvorlage zur Anpassung der entsprechenden Verordnung, sagte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Die Anhörung soll von April bis Juni dieses Jahres stattfinden.
- STAATSRECHNUNG: Fiskalausgaben und Steuervergünstigungen müssen auch künftig nicht in einem Anhang zur Staatsrechnung und im Subventionsbericht ausgewiesen werden. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion von Cesla Amarelle (SP/VD) mit 68 zu 111 Stimmen abgelehnt.
- NEUES RATSMITGLIED: Die FDP-Fraktion im Bundeshaus hat ein neues Mitglied: Der 51-jährige Tessiner Giovanni Merlini hat am Montag das Gelübde als Nationalrat abgelegt. Er ersetzt Fulvio Pelli, der sich nach 18 Jahren aus der Bundespolitik zurückgezogen hat. Merlini sass 16 Jahre lang im Grossen Rat des Kantons Tessin, während 10 Jahren präsidierte er die FDP-Kantonalpartei.
Der Ständerat in Kürze
(sda) BÜRGERRECHT: Die eidgenössischen Räte können sich nicht auf neue Einbürgerungsregeln einigen. Der Ständerat ist am Montag weitgehend auf seiner Linie geblieben. Die Differenzen sind so gross, dass das Gesetz am Ende scheitern könnte. Der Nationalrat will die Hürden für die Einbürgerung höher setzen als der Ständerat, der weitgehend dem Bundesrat folgen möchte. Einig sind sich die Räte in einem Punkt: Die Niederlassungsbewilligung (C-Ausweis) soll künftig Voraussetzung sein für den roten Pass. Dies hatte der Bundesrat vorgeschlagen und im Gegenzug beantragt, die Mindestaufenthaltsdauer im Land von heute zwölf auf acht Jahre senken. Der Ständerat ist damit einverstanden. Er hat dies am Montag mit 22 zu 19 Stimmen bei einer Enthaltung bekräftigt. Der Nationalrat will dagegen die Einbürgerung nur Personen ermöglichen, die mindestens zehn Jahre in der Schweiz gelebt haben. Ebenfalls umstritten bleibt die Mindestaufenthaltsdauer in der Gemeinde und im Kanton, die heute von Ort zu Ort stark variiert. Nicht einig sind sich die Räte ausserdem bei der erleichterten Einbürgerung für Jugendliche.
- TELEFONÜBERWACHUNG: Die Strafverfolgungsbehörden sollen künftig Telefongespräche von Kriminellen auch dann mithören können, wenn die Gespräche verschlüsselt sind. Der Ständerat hat am Montagabend als Erstrat Gesetzesänderungen beraten, mit welchen der Bundesrat die Überwachung im Rahmen von Strafverfahren ans Internet-Zeitalter anpassen will. Aus Zeitgründen konnte er die Beratungen nicht zu Ende führen, er wird dies voraussichtlich am 19. März tun. Erste Pflöcke hat er jedoch eingeschlagen. So sprach er sich dafür aus, dass Fernmeldeunternehmen, welche die Überwachungen ermöglichen müssen, weiterhin für ihren Aufwand entschädigt werden.
- ADMINISTRATIV VERSORGTE: Das administrativ versorgten Menschen in der Schweiz angetane Unrecht soll gesetzlich anerkannt werden. Der Ständerat hat als Zweitrat ein Gesetz gutgeheissen, das Menschen rehabilitiert, die wegen "Arbeitsscheu", "lasterhaften Lebenswandels" oder "Liederlichkeit" ohne Gerichtsurteil in psychiatrischen Anstalten und Strafanstalten weggesperrt wurden. Der Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung war ihnen in vielen Fällen verwehrt. Im Gesetz ist festgehalten, dass Betroffene einfachen und kostenlosen Zugang sie betreffenden Akten erhalten und die Vorgänge rund um administrative Versorgungen von unabhängigen Experten aufgearbeitet werden müssen. Das Gesetz geht mit einer Differenz zu den Schutzfristen für Akten zurück in den Nationalrat.
Donnerstag, 6. März 2014
Der Nationalrat in Kürze
(sda) KARTELLGESETZ: Bei der Revision des Kartellgesetzes ist guter Rat teuer. Der Nationalrat ist am Donnerstag gar nicht erst auf die umstrittene Vorlage eingetreten. Jahrelange Bemühungen um eine Belebung des Wettbewerbs und tiefere Preise sind damit in der Schwebe. Die Gegner hatten verschiedene Gründe für ihre ungewöhnliche Allianz. Mit Befürchtungen vor negativen Auswirkungen der Revision, etwa durch das befürchtete Verbot von Arbeitsgemeinschaften, fand die SVP eine Übereinstimmung mit einem Teil der Linken. Sie fand, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen auf Arbeitsgemeinschaften angewiesen seien. Das vom Bundesrat vorgeschlagene unabhängige Wettbewerbsgericht war schon im Ständerat durchgefallen, und auch in der WAK des Nationalrates
fand sich dafür keine Mehrheit.
- KRIEGSMATERIALEXPORTE: Schweizer Kriegsmaterial darf künftig auch in Länder exportiert werden, in welchen Menschenrechte verletzt werden. Der Nationalrat hat am Donnerstag als Zweitrat einer entsprechenden Motion mit 94 zu 93 Stimmen äusserst knapp zugestimmt. Der Bundesrat muss nun die Kriegsmaterialverordnung anpassen. Heute dürfen Waffen und Munition gemäss Kriegsmaterialverordnung nicht in Länder geliefert werden, in denen "Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzt werden". Das Parlament will Exporte neu nur noch dann verbieten, wenn ein hohes Risiko besteht, dass das zu liefernde Material für Menschenrechtsverletzungen eingesetzt wird. Die Behörden sollen jeden Fall einzeln prüfen. Begründet wird die Lockerung mit der momentan schwierigen wirtschaftlichen Situation der Schweizer Rüstungsindustrie.
- STUDIENGEBÜHREN: Der Nationalrat will die Studiengebühren für ausländische Studierende an der ETH Zürich und an der EPF Lausanne erhöhen. Er hat mit 99 zu 78 Stimmen einer Motion seiner Bildungskommission (WBK) zugestimmt. Diese möchte zwei Tarife einführen: Der eine würde für jene Studierenden gelten, deren Eltern in der Schweiz steuerpflichtig sind oder während einer zu bestimmenden Zeitspanne waren. Der andere Tarif würde für alle anderen Studierenden gelten und dürfte höchstens das Dreifache betragen.
- VIEHSCHAUEN: Viehschauen müssen vom Bund wieder finanziell unterstützt werden. Der Nationalrat hat eine Motion von Ständerat Roberto Zanetti (SP/SO) mit 113 zu 53 Stimmen überwiesen, die die Wiedereinführung der per Anfang 2013 gestrichenen Beiträge verlangt. Das Anliegen fand in den Reihen fast aller Fraktionen Zustimmung. Viehschauen bedeuteten für die Züchter einen riesigen Aufwand, hatte Zanetti argumentiert. Ohne den bescheidenen Bundesbeitrag von zuletzt 300'000 Franken im Jahr könnte auch die Zahl der Schauen zurückgehen. Es sei gut möglich, dass sich etwa die Touristiker über diesen Verlust beklagten und Fördermassnahmen verlangten. Der Bundesrat empfahl die Vorlage zur Ablehnung.
- PARLAMENT: Mehrere Parlamentarierinnen und Parlamentarier verlieren den Anspruch auf ihre automatisch ausbezahlte Übernachtungsentschädigung. Der Nationalrat stimmte als Zweitrat einer Änderung der entsprechenden Regelung zu. Nur bei einer Reisezeit von über 30 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Bern soll es die Entschädigung automatisch geben. Ratsmitglieder mit kürzerem Anfahrtsweg können aber die Pauschale bei Bedarf beantragen. Heute ist die Entfernung zur Bundesstadt - mindestens 25 Kilometer - für die Auszahlung ausschlaggebend. Damit erhalten 16 Räte die Entschädigung nicht automatisch. Mit der neuen Regelung ist das für 21 Parlamentarier und Parlamentarierinnen der Fall.
- BERICHTE: Der Nationalrat hat die Jahresberichte der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) und der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) zur Kenntnis genommen. Themen waren unter anderem die Kaderselektion des Bundesrates, der Datendiebstahl beim Nachrichtendienst und Unregelmässigkeiten beim Informatikprojekt Insieme. Mehrere Votanten im Rat kritisierten, dass interne Dokumente an die Medien gelangt waren.
- VERABSCHIEDUNG: Nationalratspräsident Ruedi Lustenberger (CVP/LU) hat den Tessiner FDP-Politiker Fulvio Pelli aus dem Nationalrat verabschiedet. Seine Ratskollegen ehrten ihn mit langanhaltendem Applaus. Pelli sei ein überzeugter Liberaler, berechenbar, verlässlich, mit einem strategischen Gespür, sagte Lustenberger. Er sei einer, der zuhören könne und der denke, bevor er spreche. Pelli politisierte seit dem Jahr 1995 im Nationalrat, im Oktober hat er seinen Rücktritt bekannt gegeben. Er wolle in Lugano wieder als Anwalt tätig sein und sich vermehrt auf die Familie konzentrieren, begründete er dies. Von 2005 bis 2012 war er FDP-Parteipräsident.
Der Ständerat in Kürze
(sda) BANKGEHEIMNIS: Steuersünder müssen nicht mehr in jedem Fall vorgängig informiert werden, wenn die Schweiz Daten über sie an andere Staaten übermittelt. In bestimmten Fällen kann die Information auch nachträglich erfolgen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine Revision des Steueramtshilfegesetzes gutgeheissen. Er folgte am Donnerstag den Beschlüssen des Nationalrates und sprach sich mit 34 zu 1 Stimmen bei 3 Enthaltungen für die Vorlage aus. Diese ist damit bereit für die Schlussabstimmung am Ende der Session. Mit der Gesetzesrevision macht die Schweiz eine weitere Konzession beim Bankgeheimnis. Das Parlament hatte die Regeln für die Amtshilfe bei Steuerdelikten in den letzten Jahren mehrmals angepasst, um internationale Forderungen zu erfüllen. Ziel der jetzigen Anpassung ist es, dass die Schweiz zur zweiten Phase des Peer Review des Global Forum zugelassen wird und diese auch besteht.
- MEHRWERTSTEUER: Die Volksinitiative, mit der GastroSuisse den gleichen Mehrwertsteuersatz für Restaurants und für Take-aways fordert, kommt mit einer Nein-Empfehlung von Parlament und Bundesrat und ohne Gegenvorschlag vors Volk. Am Donnerstag äusserte sich der Ständerat als Zweitrat ablehnend zum Volksbegehren. Mit 24 zu 13 Stimmen und bei zwei Enthaltungen empfiehlt er die Volksinitiative des Branchenverbandes GastroSuisse zur Ablehnung. Die Volksinitiative "Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes" verlangt denselben Steuersatz für Restaurants und für die "Lieferung von Nahrungsmitteln", lässt aber den konkreten Steuersatz offen. Nicht gelten soll die Forderung für in Restaurants verkaufte Raucherwaren und alkoholische Getränke. Heute muss ein Restaurant den Mehrwertsteuer-Normalsatz von 8 Prozent bezahlen, während Essen zum Mitnehmen einem Satz von 2,5 Prozent untersteht.
- GOLD: Der Ständerat empfiehlt Volk und Ständen, die Initiative "Rettet unser Schweizer Gold" (Goldinitiative) aus SVP-Kreisen abzulehnen. Weil sich kein einziges Ratsmitglied für das Volksbegehren einsetzte, entfiel die Abstimmung. Mit der Goldinitiative sollen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) strenge Regeln bezüglich der Goldreserven auferlegt werden. Die SNB soll mindestens 20 Prozent der Aktiven in Gold halten müssen. Die Goldreserven sollen nicht verkauft werden dürfen und in der Schweiz gelagert werden müssen. Damit würde der Handlungsspielraum der Nationalbank erheblich eingeschränkt, lautete der Tenor im Ständerat. Die Initiative sei "brandgefährlich", sagte Anita Fetz (SP/BS). "Es ist nicht alles Gold, was glänzt." Den Initianten gehe es nicht darum, das Gold zu repatriieren, sondern der Nationalbank "Goldfesseln" anzulegen.
- VERRECHNUNGSSTEUER: Der Ständerat hat die Abstimmung über eine Motion für gezielte Senkungen der Verrechnungssteuer im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III vertagt und eine entsprechende Motion von Hans Hess (FDP/OW) zur Vorprüfung an die Finanzkommission überwiesen. Unter anderem will die kleine Kammer den vom Bundesrat für das Frühjahr in Aussicht gestellten Bericht zur Revision der Verrechnungssteuer abwarten. Mit der Überweisung soll die Kommission Gelegenheit haben, gegebenenfalls eigene Vorschläge einzubringen. Motionär Hess hatte argumentiert, dass die Steuer von 35 Prozent auf Kapitalerträgen im internationalen Vergleich sehr hoch sei. Das bedeute einen Nachteil im internationalen Wettbewerb.
- FÖDERALISMUS: Der Ständerat hat eine Forderung aus dem Nationalrat auf Eis gelegt, bei allen Verbundaufgaben von Bund und Kantonen zu untersuchen, ob die Aufgabenteilung noch zweckmässig ist. Er hiess einen Antrag von Joachim Eder (FDP/ZG) gut, die Motion erst in der Kommission zu behandeln, wenn der nächste Wirksamkeitsbericht zum Finanzausgleich vorliegt. Die Motion der nationalrätlichen Finanzkommission verlangt zu prüfen, ob Verbundaufgaben solche bleiben sollen oder ob die Verantwortung und Finanzierung ganz dem Bund oder den Kantonen übertragen werden sollen. Auch die Finanzierungsschlüssel für jede Aufgabe soll der Bundesrat im verlangten Bericht darlegen.
Mittwoch, 5. März 2014
Der Nationalrat in Kürze
(sda) EINHEITSKASSE: Der Nationalrat empfiehlt die Volksinitiative "für eine öffentliche Krankenkasse" zur Ablehnung. Die Mehrheit im Rat sieht keinen Grund für einen "radikalen Richtungswechsel". Das heutige System mit Wahlfreiheit und Wettbewerb habe sich bewährt. Der Entscheid in der grossen Kammer fiel mit 124 zu 61 Stimmen bei einer Enthaltung. Damit kommt die Einheitskasse mit einer dreifachen Nein-Empfehlung, von National-, Stände- und Bundesrat, vors Volk. Geht es nach den Initianten, soll die obligatorische Grundversicherung in Zukunft von einer einzigen Krankenkasse angeboten werden, einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung.
- PRÄMIENAUSGLEICH: Für das Problem der in manchen Kantonen zu viel und in anderen zu wenig bezahlten Krankenkassenprämien ist eine Lösung in Sicht. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat der Vorlage für eine nachträgliche Korrektur zugestimmt. Noch uneinig sind sich die Räte, ob gleichzeitig die Aufsicht über die Krankenkassen verstärkt werden soll, um ähnliche Probleme in Zukunft zu vermeiden. Der Ständerat hat den Ausgleich für die Vergangenheit formal an das neue Aufsichtsgesetz geknüpft. Der Nationalrat aber möchte dieses Gesetz an den Bundesrat zurückweisen. Folgerichtig möchte er nun auch die Verbindung zur Korrektur der Vergangenheit aufheben. Eine linke Minderheit plädierte vergeblich für die Version des Ständerats. Die Vorlage geht nun zurück an die kleine Kammer.
- PENSIONSKASSE I: Der Bundesrat muss statistisches Datenmaterial über den Vorbezug von Altersguthaben erheben. Insbesondere soll er untersuchen, wie viele der Personen, die Kapital aus der zweiten Säule beziehen, später auf Ergänzungsleistungen angewiesen sind. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat einer entsprechenden Motion zugestimmt. Allerdings will er die Fragestellung noch ausweiten. So soll der Bundesrat nicht nur den Vorbezug von Altersguthaben für Wohneigentum untersuchen, sondern auch für selbstständige Erwerbstätigkeit, Rentenalter, Wohnsitz im Ausland und weitere Bezugsmöglichkeiten. Der geänderte Vorstoss geht zurück an den Ständerat. Der Bundesrat hatte sich gegen die Motion gestellt.
- PENSIONSKASSE II: Die gesetzlichen Grundlagen für die Berechnung der Ergänzungsleistungen sollen überarbeitet werden. Der Nationalrat hat mit 118 zu 57 Stimmen bei 3 Enthaltungen eine Motion der FDP-Fraktion angenommen. Diese möchte, dass bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen ein Rentenvorbezug oder ein Kapitalvorbezug für Wohneigentum angerechnet wird, soweit das Existenzminimum nicht unterschritten wird. Der Bundesrat will eine Reform prüfen, hält Anpassungen aber für verfrüht. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat.
- RENTENALTER: Das Rentenalter soll automatisch an die steigende Lebenserwartung angepasst werden. Der Nationalrat hat einen entsprechenden Vorstoss der BDP-Fraktion angenommen. Der Bundesrat hatte den Räten mit Blick auf die geplante Reform der Altersvorsorge empfohlen, abzuwarten. Die Reform sei derzeit in der Vernehmlassung, sagte Innenminister Alain Berset. Das Parlament werde Gelegenheit haben, sich eingehend damit zu befassen. Die Vorlage des Bundesrates sieht ein flexibles Rentenalter vor. Ausserdem soll das Frauenrentenalter jenem der Männer angepasst werden. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat. Der Nationalrat hiess ihn mit 97 zu 73 Stimmen bei 8 Enthaltungen gut.
- DROGENHANDEL: Der Nationalrat will Kleindealer härter bestrafen. Er hat eine Motion angenommen, die verlangt, dass jede Form des Drogenverkaufs mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten geahndet wird. Motionär Christian Lüscher (FDP/GE) argumentierte, der Drogenhandel verbreite sich "wie ein Geschwür". Jüngst sei in der Zeitung zu lesen gewesen, die Schweiz sei ein Kokainparadies. Das geltende Recht sei zwar zweckmässig für den Grosshandel, nicht aber für den Strassenverkauf. Bundesrat Alain Berset widersprach: Das Betäubungsmittelgesetz stelle ein effizientes Instrument gegen den Strassenhandel mit Kokain zur Verfügung. Er wies auch auf die überbesetzten Haftanstalten hin. Der Nationalrat stimmte dem Vorstoss trotzdem zu, mit 98 zu 76 Stimmen bei 5 Enthaltungen. Nun muss der Ständerat über die Motion entscheiden.
- KINDERZULAGEN: Seit Anfang 2013 gibt es Familienzulagen für jedes Kind. Ausgenommen sind einzig arbeitslose Mütter, die eine Mutterschaftsentschädigung beziehen und deren Kind vom Vater nicht anerkannt worden ist oder bei denen der Aufenthaltsort des Vaters unbekannt ist. Jetzt wird das Gesetz angepasst. Der Nationalrat hat am Mittwoch als Zweirat einer entsprechenden Motion zugestimmt, mit 102 zu 69 Stimmen bei einer Enthaltung. Die heutige Situation sei stossend, da sie Personen in schwierigen Verhältnissen betreffe, schrieb Motionärin Anne Seydoux-Christe (CVP/JU) zu ihrem Vorstoss. Die Mehrheit im Nationalrat teilte die Ansicht, die Gesetzeslücke müsse geschlossen werden.
- MEDIKAMENTE: Offiziell zugelassene Medikamente können in Zukunft mit Aussagen wie "behördlich genehmigtes Arzneimittel" beworben werden. Der Nationalrat hat einer entsprechenden Motion als Zweitrat stillschweigend zugestimmt. Die Swissmedic-Zulassung sei ein Zeichen von hoher Qualität und Sicherheit eines Produktes, das in der Werbung erlaubt werden sollte, schrieb Ständerat Joachim Eder (FDP/ZG) zu seiner Motion. Zudem könnten die Käufer so rascher erkennen, ob es sich bei einem Produkt um ein Medikament oder etwa ein Nahrungsergänzungsmittel handelt.
- KRANKENVERSICHERUNG: Krankenkassen sollen Anreize schaffen können, damit teure Patienten an Fallmanagement-Programmen teilnehmen. Der Nationalrat hat einer Motion der FDP-Fraktion zugestimmt, mit 122 zu 54 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Heisst der Ständerat den Vorstoss ebenfalls gut, muss der Bundesrat dem Parlament eine entsprechende Gesetzesänderung vorlegen. Der Bundesrat hatte sich gegen das Anliegen gestellt. Gesundheitsminister Alain Berset sagte indes im Rat, er befürworte Fallmanagement-Programme. Er könne die Stellungnahme des Bundesrates nun nicht mehr ändern, doch habe diese ihn in manchen Punkten erstaunt.
- CYBERMOBBING: Der Nationalrat will den Bundesrat beauftragen, eine nationale Strategie gegen Cybermobbing und Cyberbullying vorzulegen. Er hat eine Motion von Barbara Schmid-Federer (CVP/ZH) mit 95 zu 81 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Es brauche eine kraftvolle Offensive, forderte die Motionärin, unter anderem eine nationale Aufklärungskampagne und eine zentrale Anlaufstelle für Opfer und deren Eltern. Bundesrat Alain Berset verwies vergeblich auf die bereits laufenden Präventionsprogramme. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat.
- SOZIALVERSICHERUNGEN: Der Nationalrat will den Bundesrat nicht beauftragen, in Zusammenarbeit mit den Kantonen ein permanentes Monitoring der Übergänge der Versicherten von einer Sozialversicherung zur anderen sowie von den Sozialversicherungen zur kantonalen Sozialhilfe einzuführen. Er hat eine Motion von Stéphane Rossini (SP/VS) abgelehnt. Aus Sicht der Mehrheit hätte ein solches Monitoring keinen grossen Nutzen.
- PALMÖL: Der Nationalrat hat eine Motion zur Kennzeichnung von Pflanzenölen angenommen, die allerdings überholt ist. Inzwischen sind neue Regeln in Kraft. So müssen Lebensmittel, die Palmöl enthalten, nach einer Übergangsfrist von zwei Jahren ab Anfang 2016 deklariert werden.
Der Ständerat in Kürze
(sda) WEITERBILDUNG: Anders als der Nationalrat sieht der Ständerat die Arbeitgeber bei der Weiterbildung in der Verantwortung: Diese sollen die Weiterbildung der Angestellten begünstigen müssen. Bei der Beratung des Weiterbildungsgesetzes schuf die kleine Kammer aber noch weitere Differenzen. Unter anderem will sie die Arbeitsmarktfähigkeit gering qualifizierter Personen verbessern. Hingegen sprach sich der Ständerat gegen kostenlose Informationsangebote oder Projektförderung aus. Über die Umsetzung des 2006 angenommenen Verfassungsartikels zur Weiterbildung sind sich die Räte jedoch einig: Das Weiterbildungsgesetz soll ein Rahmengesetz bleiben. Neu gefördert sollen einzig Massnahmen gegen Illetrismus.
- SICHERHEIT FÜR BOTSCHAFTEN: Schweizer Vertretungen in Krisenstaaten sollen besser geschützt werden. Der Ständerat hat ohne Gegenstimme als Erstrat den Einsatz von bis zu drei Armee-Experten bewilligt, die die Sicherheitskräfte vor Ort beraten sollen. Sie leisten den Einsatz als Assistenzdienst, ohne Waffe und in zivil. Der Einsatz dieser Experten ist bis Ende 2016 befristet. Mitte Februar beschloss der Bundesrat, die Schweizer Botschaft in Kairo bis zu zwölf Monate lang mit einem Sicherheitsexperten der Armee zu unterstützen. Dieser Einsatz war vom Aussendepartement (EDA) und vom Verteidigungsdepartement (VBS) beantragt worden.
- KEINE SCHNEESPORTTAGE: Der Bund soll keine obligatorischen Schneesporttage für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe finanziell unterstützen. Dieser Ansicht ist der Ständerat. Oppositionslos und ohne Diskussion lehnte er eine Motion aus dem Nationalrat ab. Er folgte seiner Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur, die am Nutzen und an der Umsetzbarkeit eines einzelnen obligatorischen Schneesporttages gezweifelt hatte. Auch der Bundesrat hatte sich gegen das Anliegen gestellt. Hingegen pochen die Räte auf Sportförderung: Der Ständerat überwies stillschweigend eine entsprechende zweite Motion aus dem Nationalrat.
- ARMEE-STANDORTE: Das Parlament will, dass der Bundesrat beim geplanten Abbau bei der Armee die Bedürfnisse der Randregionen berücksichtigen und in Härtefällen zu Kompensationen Hand bietet. Der Ständerat hat eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat überwiesen. Stellen abgebaut werden im Zusammenhang mit dem im November vorgelegten Stationierungskonzept für die Armee in den Kantonen Zürich, Bern, Genf, Waadt und vor allem im Wallis, wo unter anderem der Militärflugplatz Sitten geschlossen wird. Bundesrat Ueli Maurer sicherte zu, dass zusammen mit dem Kanton Wallis nach Wegen gesucht werde, um die Folgen des Abbaus abzufedern.
- GESUNDHEIT: Der Ständerat hält es nicht mehr für nötig, unter dem Titel "Überkonsum medizinischer Leistungen und Untersuchungen" ein zusätzliches Forschungsprogramm beim Bund zu bestellen. Er lehnte eine Motion aus dem Nationalrat stillschweigend ab und folgte dabei den Anträgen der Gesundheitskommission und auch des Bundesrates. Die Kommission hatte argumentiert, dass das Anliegen inzwischen erfüllt sei - die Grundlagen für das Forschungsprogramm und ein Vorschlag dazu lägen vor. Der Bundesrat entscheide voraussichtlich 2015 über die Lancierung neuer SNF-Programme.
Dienstag, 4. März 2014
Der Nationalrat in Kürze
SCHWEIZ - EU: Nach dem Ja zur Zuwanderungsinitiative hat der Nationalrat eine erste Diskussion zu möglichen Folgen für Politik und Wirtschaft geführt. Sorgen um die gesellschaftliche und wirtschaftliche Zukunft der Schweiz prägten die über dreistündige Debatte am Dienstag. Anlass dafür waren die Berichte des Bundesrates zur Aussenpolitik und zur Aussenwirtschaftspolitik. Beide hatte der Bundesrat noch vor dem Ja zur Volksinitiative "gegen Masseneinwanderung" der SVP am 9. Februar. Beide Berichte gehen nun an den Ständerat. "Bis sich ein Lösungsweg abzeichnet, stehen wir europapolitisch vor einem Vakuum", sagte zum Beispiel Tiana Angelina Moser (GLP/ZH). Walter Müller (FDP/SG) stellte fest, dass die Europapolitik innenpolitisch nicht mehr getragen werde. Viele Votanten sprachen die unsicher gewordene wirtschaftliche Zukunft an. Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann warnte davor, die wirtschaftliche Unsicherheit "zum Rezept heraufzustilisieren".
- FREIHANDEL: Der Nationalrat hat einem Freihandelsabkommen zwischen der EFTA und den zentralamerikanischen Staaten Panama und Costa Rica zugestimmt. Der Entscheid fiel deutlich, mit 149 zu 12 Stimmen bei 19 Enthaltungen. In Zentralamerika sind Panama und Costa Rica mit Abstand die wichtigsten Handelspartner der Schweiz, betonten mehrere Redner. Das Handelsvolumen lag 2012 bei 302,8 Millionen Franken (Panama) respektive 168,6 Millionen Schweizer Franken (Costa Rica). Die SP forderte eine Rückweisung an den Bundesrat und Nachverhandlungen, drang damit aber nicht durch. Das Abkommen weise grosse Mängel auf, argumentierte sie. Es brauche konkrete Bestimmungen, wie Nachhaltigkeitskriterien umgesetzt würden. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.
- ETH: Der Nationalrat hat am Dienstag den Leistungsbericht des ETH-Rats für die Periode 2008 bis 2012 einstimmig genehmigt. Die Institutionen des ETH-Bereichs hätten den Leistungsauftrag zur allgemeinen Zufriedenheit erfüllt, die Anzahl der Studenten steige stetig und in der Forschung belege die Schweiz international Spitzenpositionen, führten Kommissionssprecher aus. Allerdings seien gewisse Projekte wie das prestigeträchtige Human Brain Projekt an der ETH Lausanne durch das Ja zur SVP-Zuwanderungsinitiative langfristig gefährdet. Als weitere Herausforderung bezeichneten die Kommissionssprecher die Frauenquote bei den Professuren. Der angestrebte Anteil von 25 Prozent sei bei weitem noch nicht erreicht. Ein weiterer Effort sei nötig. Der Bericht geht nun zur Genehmigung an den Ständerat.
Der Ständerat in Kürze
(sda) DEKLARATION: Bei der Revision des Lebensmittelgesetzes ist keine Einigung zwischen den Räten in Sicht. Der Ständerat hat am Dienstag daran festgehalten, dass Lebensmittelhersteller die Herkunft von Rohstoffen nur dann auf der Etikette angeben müssen, wenn der Bundesrat dies vorschreibt. Der Nationalrat möchte, dass die Herkunft der Rohstoffe in der Regel deklariert werden muss. Aus Sicht der Mehrheit des Ständerats wäre dies bei verarbeiteten Produkten wie Birchermüesli aber gar nicht umsetzbar. Chancenlos war in der kleinen Kammer nun auch der Kompromissvorschlag, wonach nur die Herkunft jener Rohstoffe deklariert werden müsste, deren Anteil mehr als 20 Prozent beträgt. Nun ist wieder der Nationalrat am Zug. Dieser hatte sich letztes Jahr unter dem Eindruck des Pferdefleisch-Skandals für die strengeren Regeln ausgesprochen.
- AUSWÄRTSSESSION: Das Parlament dürfte im Jahr 2015 eine dreiwöchige Session im Wallis abhalten. Der Ständerat hat sich nun doch dafür ausgesprochen. Im Herbst hatte er einen ähnlichen Vorstoss noch abgelehnt. Am Dienstag hat der Ständerat nun mit 21 zu 17 Stimmen eine parlamentarische Initiative gutgeheissen, die eine Session "extra muros" im Wallis fordert. Der Vorstoss geht noch an den Nationalrat. Da dieser bereits beim ersten Versuch Ja gesagt hatte, stehen die Chancen fürs Wallis aber gut. Nicht ein Walliser, sondern ein Genfer Parlamentarier hatte einen neuen Anlauf gestartet: Der Grüne Robert Cramer. Die Auswärtssession soll dem Gedenken an das 200-jährige Bestehen der heutigen Landesgrenzen dienen.
- KRANKENKASSEN: Der Ständerat will die Krankenkassen strenger beaufsichtigen. Er hat sich einstimmig gegen eine Rückweisung des Aufsichtsgesetzes an den Bundesrat ausgesprochen. Mit diesem soll unter anderem eine Gruppen-Aufsicht möglich werden. Zudem enthält das Gesetz einen Mechanismus für die Verteilung zu viel bezahlter Prämien. Der Nationalrat hatte die Vorlage als zu starken Eingriff in den Markt kritisiert und die Rückweisung beschlossen. Hält er daran fest, muss der Bundesrat über die Bücher.
- IV-RENTEN: Ärztinnen und Ärzte, Hebammen, Chiropraktoren und andere Leistungserbringer sollen einer IV-Stelle melden müssen, wenn ein Patient längere Zeit arbeitsunfähig ist. Das verlangt der Ständerat mit einer Motion vom Bundesrat. Damit soll verhindert werden, dass Personen überhaupt aus dem Arbeitsprozess fallen. Der Ständerat verspricht sich davon weniger IV-Fälle. Der Bundesrat hatte die Motion von Alex Kuprecht (SVP/SZ) abgelehnt, unter anderem weil seiner Meinung nach der Kreis der Meldepflichtigen viel zu weit gezogen ist. Der Vorstoss geht nun an den Nationalrat.
- OFF-LABEL-USE: Nicht zugelassene oder nicht kassenpflichtige Medikamente spielen bei der Behandlung vieler Krankheiten eine wichtige Rolle, ebenso Anwendungen ausserhalb der Indikation. Nicht alle Krankenkassen kommen aber für die gleichen Kosten auf. Nun verlangt das Parlament vom Bundesrat griffigere Regeln: Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer Motion von Jean-François Steiert (SP/FR) mit dem Anliegen zugestimmt. Dessen Lösung, dass die Krankenkassen zunächst den vom Hersteller geforderten Preis zahlen müssten, diesen aber im Nachhinein anfechten könnten, unterstützt der Rat jedoch nicht.
- SUIZID: Das Parlament verlangt vom Bundesrat einen Aktionsplan zur Suizidprävention. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer entsprechenden Motion zugestimmt. Der Vorstoss von Nationalrätin Maja Ingold (EVP/ZH) verlangt, dass der Bundesrat bei den Hauptrisiken Depression und soziale Isolation ansetzt. Dies sind in der Schweiz die weitaus häufigsten Gründe für einen Suizid. Der Bundesrat hatte die Motion abgelehnt mit dem Hinweis auf verschiedene Präventionsprojekte, die der Bund bereits unterstütze. Gesundheitsminister Alain Berset wies auch darauf hin, dass für weitergehende Massnahmen die gesetzliche Grundlage fehle, weil das Parlament das Präventionsgesetz abgelehnt habe.
- UNTERSTÜTZUNG: Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat abgelehnt, die zusätzliche Entlastungen für Eltern behinderter Kinder verlangt. Diese sollten bei Bedarf unkompliziert und schnell qualifizierte Hilfe in Anspruch nehmen können, etwa von Spitex, Entlastungsdiensten oder telefonischen Beratungsangeboten. Dagegen sprach sich der Ständerat nicht aus inhaltlichen Gründen aus, sondern weil das Anliegen bereits aufgrund einer parlamentarischen Initiative umgesetzt wird. Diese bezieht sich auch nicht nur auf die Familien von Kindern mit einer Behinderung, sondern auch von Kindern mit einer schweren Erkrankung.
- SPITALINFEKTIONEN: In Fällen von Spitalinfektionen liegt die Beweislast weiterhin bei den Patienten. Diese müssen beweisen, dass das Spital seine Sorgfaltspflicht verletzt hat. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat für eine Umkehr der Beweislast abgelehnt. Dass Spitalinfektionen ein grosses Problem darstellen, ist jedoch nicht umstritten. Experten schätzen, dass jährlich 70'000 Patientinnen und Patienten Spitalinfektionen erleiden. Bei rund 2000 Personen führen die Infektionen zum Tode.
- HAUSÄRZTE: Der Ständerat hat zwei Vorstösse aus dem Nationalrat zur Bekämpfung des Hausärztemangels abgelehnt. Aus Sicht der Mehrheit genügen die bereits eingeleiteten Massnahmen. Am 18. Mai stimmen Volk und Stände über den direkten Gegenvorschlag zur zurückgezogenen Volksinitiative "Ja zur Hausarztmedizin" ab. Gesundheitsminister Alain Berset hat ausserdem einen Masterplan zur Stärkung der Hausarztmedizin lanciert, der unter anderem Massnahmen in der Ausbildung beinhaltet.
- TIERMEHL: Anders als der Nationalrat will der Ständerat die Verfütterung von Schlachtabfällen an Tiere nicht wieder zulassen. Er hat sich einstimmig gegen eine Motion ausgesprochen, die angesichts der sich verteuernden Eiweiss-Preise auf dem Weltmarkt die Nutzung einheimischer Eiweisse verlangte. Der Bundesrat hat zwar unter bestimmten Bedingungen eine Lockerung in Aussicht gestellt. Der Ständerat aber will nach den Erfahrungen mit der Tierkrankheit BSE nicht riskieren, dass Rindviehfutter wieder verunreinigt wird.
- RENTE: Wer nach dem ordentlichen Rentenalter weiterarbeitet, kann heute nur bis zum vollendeten 70. Altersjahr in die Säule 3a einzahlen. Für Frauen ist es das 69. Altersjahr. Der Ständerat will daran nichts ändern. Er hat eine Motion aus dem Nationalrat abgelehnt, welche eine Aufhebung der Beschränkung forderte. Er ist wie der Bundesrat der Auffassung, dass für die Förderung der Altersvorsorge über Steuerprivilegien eine altersmässige Beschränkung gerechtfertigt sei.
- BERICHT: Der Ständerat hat den Jahresbericht der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) und der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) zur Kenntnis genommen. Thema waren unter anderem die Enthüllungen über den US-Nachrichtendienst NSA.
Montag, 3. März 2014
Der Nationalrat in Kürze
BIOPIRATERIE: Für die Nutzung genetischer Ressourcen soll sich die Schweiz an international vereinbarte Regeln halten. Das haben der Ständerat und auch der Nationalrat beschlossen. Doch bei der Umsetzung des Nagoya-Protokolls will die grosse Kammer Ausnahmen zulassen. Damit das Protokoll in der Schweiz umgesetzt werden kann, muss das Natur- und Heimatschutzgesetz angepasst werden. Im Zentrum der Anpassungen steht die Sorgfaltspflicht für jene, die genetische Ressourcen aus anderen Vertragsstaaten nutzen. Das soll gewährleisten, dass die Vorschriften der betreffenden Staaten eingehalten und die Vorteile aus der Nutzung gerecht aufgeteilt werden. Vor der Vermarktung eines Produkts muss dem Bundesamt für Umwelt gemeldet werden, dass die Sorgfaltspflicht eingehalten worden ist. Der Rat hiess die Gesetzesänderungen samt verschiedenen Ausnahmebestimmungen mit 130 zu 49 Stimmen gut. Nun ist wieder der Ständerat am Zug.
- GEWÄSSERSCHUTZ: Rund 100 von insgesamt 700 Kläranlagen werden aufgerüstet, damit keine Kleinst-Verunreinigungen mehr in die Gewässer gelangen. Der Nationalrat hat am Montag einer entsprechenden Spezialfinanzierung als Zweitrat mit 130 zu 49 Stimmen bei 4 Enthaltungen zugestimmt. Substanzen wie Medikamente, Hormone oder Biozide werden heute in den Abwasserreinigungsanlagen (ARA) nur ungenügend entfernt. Sie gelangen in Gewässer, wo sie schon in geringsten Mengen eine Gefahr für Tiere und Pflanzen bedeuten. Auch das Trinkwasser kann beeinträchtigt werden. Darum sollen rund 100 Kläranlagen über die nächsten 20 Jahre eine zusätzliche Reinigungsstufe einbauen. Die Umsetzung kostet rund 1,2 Milliarden Franken. Ein Viertel der Kosten tragen die Betreiber der betroffenen Anlagen. Für drei Viertel soll die Bevölkerung aufkommen, die Abgabe beträgt maximal 9 Franken pro Einwohner und Jahr.
- GENTECHNOLOGIE: Die Schweiz soll ein internationales Protokoll unterzeichnen zur Haftungsregelung bei Schäden durch über Landesgrenzen gebrachte gentechnisch veränderte Organismen an der Biodiversität. Das beschloss der Nationalrat gegen den Willen der SVP und eines Teils der FDP. Der Nationalrat folgte der Mehrheit seiner Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) und hiess das Zusatzprotokoll von Nagoya/Kuala Lumpur mit 112 gegen 68 Stimmen gut, gegen den Willen der SVP. Gesetzesanpassungen sind für die Umsetzung des Abkommens nicht nötig. Das Geschäft geht an den Ständerat.
- ZIVILLUFTFAHRT: Die Terrorismusbekämpfung in der Luftfahrt soll verstärkt werden. Der Nationalrat hat sich als Erstrat einstimmig dafür ausgesprochen, das Übereinkommen von Peking zu ratifizieren. Damit werden die internationalen Strafbestimmungen in der Zivilluftfahrt verschärft. Unter anderem soll künftig bestraft werden, wer widerrechtlich Waren oder flüchtende Terroristen mit zivilen Luftfahrzeugen transportiert. Für die Passagiere ändert sich mit dem Abkommen nichts. Für die Zivilluftfahrt entstehen keine zusätzlichen Kosten. Die Schweiz muss ihre Strafrechtsordnung aufgrund des Übereinkommens nicht ändern.
- VERSÖHNUNG: Nationalratspräsident Ruedi Lustenberger (CVP/LU) und Ständeratspräsident Hannes Germann (SVP/SH) haben zum Beginn der Frühjahrssession die Gewinner und die Verlierer der Abstimmung über die SVP-Masseneinwanderungsinitiative zur Versöhnung aufgerufen. Die Schweiz sei ein demokratiepolitischer Sonderfall, sagte Lustenberger. "Dazu gehört, dass sich nach Abstimmungen die Gewinner und die Verlierer versöhnen." Diese Fähigkeit zur Versöhnung und zum Miteinbeziehen der Verlierer von Seiten der Gewinner sei etwas, was er Nationen, die vor Zerreissproben stünden, von Herzen wünsche, sagte Lustenberger. Vom "Geist der Versöhnung und der Toleranz" sprach auch Germann. Er rief dazu auf, nicht Zwietracht zu säen. Gefragt seien nicht "Profiteure" in Parteizentralen, sondern Leute, die Brücken bauen könnten.
Der Ständerat in Kürze
(sda) LEX LEUENBERGER: Das Verwaltungsratsmandat von alt Bundesrat Moritz Leuenberger beim Baukonzern Implenia bleibt wohl ohne politische Folgen. Der Ständerat will Bundesratsmitglieder bei ihren Tätigkeiten nach dem Rücktritt nicht einschränken. Er hat es am Montag mit 31 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt, auf eine Gesetzesvorlage einzutreten. Damit dürfte die "Lex Leuenberger" scheitern. Die Vorlage geht nun zwar zurück an den Nationalrat, der eine Regulierung befürwortet hatte. Dann ist aber erneut der Ständerat am Zug. Bleibt er bei seinem Nein, ist das Projekt vom Tisch. Die Gegner einer Regulierung argumentierten, Anstand lasse sich nicht gesetzlich verordnen. Für die meisten ehemaligen Bundesräte sei eine Regelung ausserdem nicht nötig. Die Befürworter gaben vergeblich zu bedenken, es gehe darum, Interessenskonflikte zu vermeiden.
- RISIKOAUSGLEICH: Nach dem Nationalrat hat sich auch der Ständerat für einen verfeinerten Risikoausgleich ausgesprochen. Mit dem System werden Krankenkassen entschädigt, die überdurchschnittlich viele Versicherte mit erhöhtem Krankheitsrisiko haben. Trotz des Ausgleichs machen die Krankenkassen aber nach wie vor Jagd auf gute Risiken, die wenig Kosten verursachen. Um das System zu verfeinern, haben die Räte beschlossen, dass der Bundesrat neben Alter, Geschlecht und Aufenthalten in Spitälern oder Pflegeheimen weitere Indikatoren für ein erhöhtes Krankheitsrisiko festlegen kann. Ein solcher könnte der Medikamentenverbrauch sein, weil dieser auf chronische Krankheiten hinweist.
- VERNEHMLASSUNG: Nach der Kritik an abgekürzten Vernehmlassungen oder ausgebliebenen Einladungen zur Stellungnahme wird das Verfahren angepasst. Der Ständerat hat die Änderung des Vernehmlassungsgesetzes einstimmig gutgeheissen. Künftig soll der Bundesrat schriftlich begründen müssen, warum er das Verfahren abkürzen will. Konferenzielle Vernehmlassungen soll es nicht mehr geben, und das Ergebnis der Vernehmlassung muss in jedem Fall in einem Bericht festgehalten werden. Auch die begriffliche Unterscheidung zwischen "Vernehmlassung" und "Anhörung" wird aufgehoben. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.
- VEREIDIGUNG: Im Ständerat ist zum Auftakt der Frühjahrssession der Glarner Thomas Hefti vereidigt worden. Der Freisinnige folgt auf Pankraz Freitag, der im Oktober unerwartet verstorben war. Der 54-jährige Hefti hatte sich in der Ersatzwahl vom 12. Januar gegen BDP-Präsident und Nationalrat Martin Landolt durchgesetzt. Der Kanton Glarus muss dieses Jahr auch den zweiten Ständeratssitz neu besetzen. Am 18. Mai wird der Nachfolger oder die Nachfolgerin des SVP-Vertreters This Jenny gewählt, der seine politische Karriere wegen einer Krebserkrankung beendet. Aus gesundheitlichen Gründen der Frühjahrssession fernbleiben wird laut Ratspräsident Hannes Germann ausserdem Roland Eberle (SVP/TG).
- VERSÖHNUNG: Nationalratspräsident Ruedi Lustenberger (CVP/LU) und Ständeratspräsident Hannes Germann (SVP/SH) haben zum Beginn der Frühjahrssession die Gewinner und die Verlierer der Abstimmung über die SVP-Masseneinwanderungsinitiative zur Versöhnung aufgerufen. Die Schweiz sei ein demokratiepolitischer Sonderfall, sagte Lustenberger. "Dazu gehört, dass sich nach Abstimmungen die Gewinner und die Verlierer versöhnen." Diese Fähigkeit zur Versöhnung und zum Miteinbeziehen der Verlierer von Seiten der Gewinner sei etwas, was er Nationen, die vor Zerreissproben stünden, von Herzen wünsche, sagte Lustenberger. Vom "Geist der Versöhnung und der Toleranz" sprach auch Germann. Er rief dazu auf, nicht Zwietracht zu säen. Gefragt seien nicht "Profiteure" in Parteizentralen, sondern Leute, die Brücken bauen könnten.
- ABSTIMMUNGEN: Der Ständerat hat erstmals in seiner Geschichte per Knopfdruck abgestimmt. Ab dieser Frühjahrssession ersetzt ein elektronisches Abstimmungssystem das altehrwürdige Abstimmen per Handerheben. Die kleine Kammer hatte lange an der traditionellen Abstimmung per Handerheben festgehalten. Für den Systemwechsel entschied sie sich vor einem Jahr, nachdem die Firma Politnetz mit Filmaufnahmen belegt, dass die Auszählungen durch die Stimmenzähler nicht immer über jeden Zweifel erhaben waren.