​Die Finanzdelegation (FinDel) empfiehlt dem Bundesrat, die Wirtschaftlichkeit der Beschaffungsverfahren in der Bundesverwaltung zu steigern, die Delegation von Beschaffungskompetenzen an Verwaltungseinheiten klarer zu regeln und seine strategische Steuerung zu optimieren. Sie bekräftigt zudem ihre bereits früher ausgesprochenen Empfehlungen zur geplanten Revision des öffentlichen Beschaffungsrechts.

​In den letzten Jahren sind in der Bundesverwaltung schwerwiegende und systematische Verletzungen von beschaffungsrechtlichen Bestimmungen festgestellt worden (z. B. bei ESTV, ZAS und SECO). Nach Ansicht der FinDel handelt es sich dabei nicht nur um bedauerliche Einzelfälle. Vielmehr weisen die Vorfälle darauf hin, dass in einzelnen Verwaltungseinheiten eine Kultur vorherrschte, bei der die Einhaltung der Regeln des Beschaffungsrechts als Option und nicht als Vorgabe aufgefasst wurde. Eine solche Kultur ist für die FinDel nicht akzeptabel. Jede Verwaltungseinheit und Dienststelle des Bundes hat sich bei Beschaffungen an die beschaffungsrechtlichen Bestimmungen zu halten.

Effiziente Beschaffungsverfahren: Die FinDel begrüsst, dass den beschaffungsrechtlichen Aspekten in der Bundesverwaltung heute eine höhere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass gemäss Artikel 2 der Verordnung über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung (Org-VöB) sowohl die Rechtmässigkeit von Beschaffungen als auch eine effiziente Durchführung der Beschaffungsverfahren sicherzustellen ist. Die FinDel ist klar der Meinung, dass den rechtlichen und finanziellen Zielen die gleiche Beachtung geschenkt werden muss. Der Beschaffungsprozess ist bereits geprägt durch sehr viele zu befolgende Rechtsvorschriften. Aus Sicht der Finanzoberaufsicht besteht das Risiko, dass als Reaktion auf die festgestellten Missstände den beschaffenden Stellen noch mehr rechtliche Vorgaben gemacht werden, sodass die Effizienz der Beschaffung leidet (Verrechtlichung des Prozesses). Sie bittet den Bundesrat deshalb zu prüfen,  mit welchen rechtlichen  und organisatorischen Massnahmen die Beschaffungsverfahren des Bundes – unter Respektierung der verbindlichen Regeln des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) – wirtschaftlicher gestaltet und durchgeführt werden können.

Delegation der Beschaffungskompetenz: Gemäss Org-VöB müssen bestimmte Güter und Dienstleistungen – darunter namentlich die Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) sowie Informatikdienstleistungen und Personalverleih im Bereich der IKT – zentral über das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) oder im militärischen Bereich über die armasuisse beschafft werden. Diese zentralen Beschaffungsstellen können die Beschaffungskompetenz befristet oder dauerhaft an eine Verwaltungseinheit, welche die Güter oder Dienstleistung zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, delegieren (Artikel 13 – 15 Org-VöB). In einzelnen Bundesstellen wurden in der Vergangenheit allerdings Beschaffungen getätigt, ohne dass sie über eine entsprechende Beschaffungsdelegation verfügten und ohne dass dies von der vorgesetzten Stelle beanstandet worden wäre. Vor diesem Hintergrund fordert die FinDel den Bundesrat auf, die Voraussetzungen für die Erteilung von Beschaffungsdelegationen rechtlich klarer zu definieren sowie festzuschreiben, dass die zentralen Beschaffungsstellen die Einhaltung der Delegationsvereinbarungen regelmässig zu prüfen haben. Die zentralen Beschaffungsstellen sollen Beschaffungsdelegationen zudem auch mit Auflagen erteilen können.

Strategisches Beschaffungscontrolling des Bundesrats: Auf Verlangen der FinDel hat der Bundesrat im 2012 ein überdepartementales Vertragsmanagement beschlossen und in der Org-VöB geregelt. Das Vertragsmanagement ist das zentrale Instrument für die strategische Steuerung der Beschaffungen durch den Bundesrat und bildet die Grundlage für die Berichterstattung der Verwaltung an die Regierung. Im ersten Halbjahr 2014 hat die FinDel das verwaltungsinterne Verfahren für diese Berichterstattung einer ersten Analyse unterzogen. Dabei hat sie festgestellt, dass nicht alle auf unteren Stufen gemeldeten Auffälligkeiten den Weg bis in den Bundesrat finden. Die Delegation ist klar der Ansicht, dass dem Bundesrat für eine wirksame Wahrnehmung seiner strategischen Gesamtverantwortung alle festgestellten Auffälligkeiten zur Kenntnis gebracht werden müssen. Um dies sicherzustellen, empfiehlt sie dem Bundesrat, die Rolle des BBL im Berichtsverfahren zu stärken. Aufgrund der Auswertungen aus dem Vertragsmanagement soll der Bundesrat zudem verbindliche und überprüfbare Handlungsempfehlungen und Massnahmen an die Departemente richten und deren Umsetzung mittels eines zentralen Massnahmencontrollings überprüfen. Zu den wichtigsten Beschaffungskennzahlen und zum Umsetzungsstand der Massnahmen unterbreitet der Bundesrat der FinDel in Zukunft jährlich einen Standbericht.

Revision des Bundesgesetzes und der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB und VöB): Mit Blick auf die geplante Revision hat die FinDel im Juni 2013 drei Empfehlungen an den Bundesrat gerichtet (vgl. Tätigkeitsbericht 2013, Kapitel 2.3.3). Diese betreffen die Sanktionierung fehlbarer Anbieter, die elektronische Publikation von Beschaffungen bereits ab einem Wert von 50'000 Franken sowie die Festschreibung und Konkretisierung des Einsichtsrechts und des Rechts auf Preisprüfung in Monopolsituationen durch die Eidg. Finanzkontrolle (EFK). Mit diesen Massnahmen soll die Transparenz der Beschaffungen des Bundes verbessert werden. Im Rahmen der laufenden Vorarbeiten zur Vernehmlassungsvorlage prüft der Bundesrat die Empfehlungen. Die Vernehmlassung soll im November 2014 eröffnet werden.

 

Bern, 4. September 2014 Parlamentsdienste