Wechselt der Arbeitgeber die Vorsorgeeinrichtung, muss nach dem Willen der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates künftig im Voraus sicher gestellt sein, wo der bisherige Rentnerbestand weiter versichert sein wird. Der Bundesrat wird beauftragt, einen Bericht zu Risiken für Lebensversicherer bei Zinserhöhungen und zu allfälligen Missbräuchen vorzulegen. Die Arbeiten für einen neuen Anlauf einer Revision des Betäubungsmittelgesetzes werden an die Hand genommen.

An ihrer Sitzung hat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates einstimmig eine Vorlage (Bericht und Erlassentwurf) für eine Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Vorsorge (BVG) zuhanden des Nationalrates und zur Stellungnahme an den Bundesrat verabschiedet. Die Kommissionsinitiative (05.411 n Pa. Iv. SGK-NR. Wechsel der Vorsorgeeinrichtung), die von der Kommission am 14. Januar 2005 einstimmig beschlossen und welche von der ständerätlichen SGK am 14. Februar 2005 ebenfalls einstimmig unterstützt wurde, verlangt im Wesentlichen folgende Änderungen des BVG: Um zu verhindern, dass die Rentnerinnen und Rentner einer Vorsorgeeinrichtung beim Wechsel der Vorsorgeeinrichtung sozusagen zwischen Stuhl und Bank fallen, kann der Arbeitgeber in denjenigen Fällen, bei denen im Anschlussvertrag vorgesehen ist, dass die Rentner bei der Auflösung des Anschlussvertrages die bisherige Vorsorgeeinrichtung verlassen, künftig den Vertrag erst auflösen, wenn die neue Vorsorgeeinrichtung schriftlich bestätigt hat, dass sie die Rentner zusammen mit den aktiven Versicherten übernimmt. Um zu verhindern, dass die Auffangeinrichtung als Auffangbecken missbraucht werden kann, soll im Gesetz explizit festgehalten werden, dass die Auffangeinrichtung nicht verpflichtet ist, laufende Rentenverpflichtungen zu übernehmen. Weiter soll neu ein gesetzliches Kündigungsrecht (Kündigungsfrist von vier Monaten) bei substanziellen Änderungen eines Anschlussvertrags oder eines Versicherungsvertrags eingeführt werden. Als substantielle Änderung gelten insbesondere: Erhöhung der Beiträge um mindestens 10 Prozent innert dreier Jahre, eine Senkung des Umwandlungssatzes, die für Versicherte zu einer Senkung ihrer Altersleistung um mindestens 5 Prozent führt, sowie - beim Versicherungsvertrag - der Wegfall der vollen Rückdeckung, was dazu führt, dass die Vorsorgeeinrichtung einen Teil der Risiken selber übernimmt.

An der gleichen Sitzung wurde ein zweiter Entwurf für eine Vorlage beraten (00.454 n Pa. Iv. Bemessung des Invaliditätsgrades bei Teilzeiterwerbstätigen" (Suter). Mit dieser Neuregelung würde künftig die Bemessung des Invaliditätsgrades für alle Teilzeiterwerbstätigen, die gleichzeitig im Haushalt tätig sind oder eine andere Tätigkeit verfolgen, analog geregelt wie im UVG, unabhängig davon, ob sie die Rente von der Unfallversicherung oder von der Invalidenversicherung erhalten. Wegen der heute angewandten unterschiedlichen Bemessungsmethoden bei der Unfall- und Invalidenversicherung kann die Rente für Teilzeiterwerbstätige, die von der IV geleistet wird, tiefer als bei der UV ausfallen. Profitieren von einer solchen Änderung würden insbesondere die Frauen. Die Kosten für die IV werden auf 35 Millionen Franken geschätzt. Schliesslich beschloss die Kommission einstimmig, das Thema definitiv im Rahmen der kommenden 5. IV-Revision fertig zu beraten.

Die Kommission prüfte die von Nationalrat Hans Kaufmann am 16. Dezember 2004 eingereichte parlamentarische Initiative „Solvenzgefährdende Entwicklungen bei Lebensversicherern" (04.488 n) vor. Die Initiative will eine neue Regelung der 1. BVG-Revision korrigieren. Gemäss Artikel 53e BVG dürfen die Versicherer den Zinsrisikoabschlag (Rückkaufkosten) bei Vertragsauflösungen nur noch dann geltend machen, wenn der Vertrag weniger als fünf Jahre gedauert hat. Gemäss Initiant kann diese Regelung im Falle eines starken Zinsanstiegs zu grossen Solvenzproblemen bei den Versicherungsgesellschaften führen. Die Kommission beschloss schliesslich ohne Gegenstimme ein Kommissionspostulat, das vom Bundesrat einen Bericht verlangt, der die Problematik breit ausleuchtet und rechtliche Lösungen vorschlägt. Daraufhin zog Nationalrat Kaufmann seine Initiative zurück.

Die SGK-N hat ebenfalls die von Kanton Jura am 15. Juni 2004 eingereichte Standesinitiative „ BVG. Bessere Berufschancen für ältere Arbeitnehmer" (04.305 s) vorgeprüft. Die Initiative verlangt eine neue Staffelung der Altersgutschriften in der beruflichen Vorsorge (Art. 16 BVG). Die Sätze sollen für ältere Erwerbstätige (45- 65jährig) leicht gesenkt und für die jüngeren 25-44jährig) leicht erhöht werden. Mit dieser Senkung der Lohnnebenkosten für ältere Erwerbstätige soll deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden. Die Kommission führte die Diskussionen zu dieser Frage bereits im Rahmen der 1. BVG-Revision, welche noch nicht einmal vollständig in Kraft ist. Auch wenn die mit der Initiative angesprochenen Probleme nicht wegdiskutiert werden können, so ist eine neue Revision des BVG, die grosse Auswirkungen auf das System der beruflichen Vorsorge nach sich ziehen würde, zum heutigen Zeitpunkt nicht opportun. Die Kommission schloss sich deshalb dem Ständerat an und beantragt mit 14 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen, der Initiative keine Folge zu geben.

Die Kommission hat weiter Subkommissionen beauftragt, Vorlagen zu zwei parlamentarischen Initiativen zu erarbeiten. Die erste, eine neue Subkommission „Drogen", soll die mehrheitsfähigen Teile der im Juni 2004 gescheiterten Revision des Betäubungsmittelgesetzes in einer neuen Vorlage vereinigen. Anschleissend soll die Cannabisfrage neue aufgerollt werden, allenfalls im Zusammenhang mit der sich noch im Sammelstadium befindlichen Volksinitiative „Für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz". Ausgangspunkt ist eine von der SGK-N am 3. Februar 2005 beschlossene und von der ständerätlichen SGK am 3. Mai 2005 einstimmig unterstützte Kommissionsinitiative. Zweitens soll die schon bestehende Subkommission „BVG" (Vorsitz: Christine Egerszegi) die Arbeiten zur parlamentarischen Initiative „BVG. Aufhebung von Artikel 69 Absatz 2" (03.432 n, Beck) aufnehmen, welcher der Nationalrat am 28. Februar 2005 gegen den Antrag der Kommissionsmehrheit Folge gegeben hat und welche eine vollständige Deckung der öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen anstrebt. Ihre Aufgabe ist es auch, die finanziellen Auswirkungen der Initiative für die öffentliche Hand abzuklären.

Die Sitzung fand am 26. Mai 2005 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Christine Goll (SP, ZH) in Bern statt

Bern, 27.05.2005    Parlamentsdienste