Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Ständerats hält an der Verlängerung des Zulassungsstopps fest und diskutiert verschiedene Varianten für eine Nachfolgeregelung. Sie fährt fort in der Detailberatung zur Strukturreform in der beruflichen Vorsorge und lehnt die Flexibilisierung des Rentenalters im Sinne der Volksinitiative des Gewerkschaftsbundes ab.

In der Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Strukturreform, 07.055 s) schlägt der Bundesrat in einer ersten Vorlage die Stärkung der Aufsicht durch Kantonalisierung der direkten Aufsicht sowie eine Stärkung der Oberaufsicht durch Schaffung einer eidgenössischen Oberaufsichtskommission vor. Auch sollen zusätzliche Verhaltensregeln für die Verwaltung von Vorsorgeeinrichtungen geschaffen werden, wie sie auf dem Hintergrund der Vorgänge rund um die Fusion von Swissfirst mit der Bank am Bellevue im Herbst 2005 allerseits gefordert wurden. Nach vertiefter Diskussion einzelner Bestimmungen beantragt die Kommission verschiedene Änderungen gegenüber der Vorlage des Bundesrates, insbesondere über die Aufgaben der Revisionsstellen. Wie schon an ihrer Sitzung vom 14. April 2008 spricht sie sich gegen die vorgeschlagene Erweiterung des Aufgabenkreises der Revisionsgesellschaften auch auf die materielle Prüfung von Anlageentscheiden aus. Diese sollen nicht die Verantwortung dafür übernehmen müssen, wie die BVG-Guthaben angelegt sind. Die Kommission wird ihre Beratungen an der Sitzung vom 26./27. Juni 2008 fortsetzen und die Vorlage in die Herbstsession 2008 bringen.

Im Weiteren hat die Kommission über die Volksinitiative „Für ein flexibles Rentenalter“ (06.107 n) entschieden. Die Initiative des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes will Personen mit Erwerbseinkommen bis rund 119 340 Franken eine ungekürzte AHV-Rente ab dem 62. Altersjahr gewähren. In der Frühjahrssession 2008 war der Nationalrat dem Bundesrat gefolgt und hatte mit 123 zu 66 Stimmen die Volksinitiative zur Ablehnung empfohlen. Die Kommission des Ständerats lehnt diese mit 9 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung ab. Die Kommissionsmehrheit hält dafür, dass eine Annahme der Volksinitiative die nachhaltige Sicherung der Finanzierung der AHV gefährdet. Eine Minderheit spricht sich für Annahme des Volksbegehrens aus.

In Bezug auf die IV. Zusatzfinanzierung sowie das Bundesgesetz zur Sanierung der Invalidenversicherung (IV) (05.053 n) hatte die Kommission an ihrer Sitzung vom 15. April 2008 folgende Anträge gestellt: Die Mehrwertsteuersätze zugunsten des IV-Fonds sollten von 2010 bis 2016 proportional um 0.4 Prozentpunkte angehoben werden (reduzierter Satz 0.1 Prozentpunkt und Sondersatz 0.2 Prozentpunkte); die Minderheit hält fest am Beschluss des Ständerats (Erhöhung um 0.5, 0.2 und 0.2 Prozentpunkte). Die 5 Milliarden Franken zur Äufnung des IV-Fonds sollen gemäss Ständerat dem IV-Fonds als Einmaleinlage überwiesen werden. Der jährliche Zinsaufwand auf dem verbleibenden IV-Verlustvortrag soll vollumfänglich vom Bund übernommen werden. Die befristete Mehrwertsteuererhöhung soll nur in Kraft treten, wenn auch ein selbständiger IV-Fonds geschaffen wird, d. h. wenn das Bundesgesetz zur Sanierung der Invalidenversicherung in Kraft tritt. Grundsätzlich hatte sich die Kommission auch dafür ausgesprochen, dass sich das Kapitalkonto der IV im Zeitraum der Mehrwertsteuererhöhung auf das aus dem AHV-Fonds überwiesene Startkapital von 5 Milliarden Franken beschränken soll. Der überschiessende Teil des Startkapitals solle zwecks Schuldenabbaus der IV an den AHV-Fonds überwiesen werden. Die noch offene Frage, ob diese Rückzahlung jährlich oder nach Ablauf der Mehrwertsteuererhöhung erfolgen solle, hat die Kommission mit 10 zu 1 bei 1 Enthaltung zugunsten der jährlichen Rückzahlung entschieden.

Sodann befasste sich die Kommission erneut mit der Vorlage KVG. Teilrevision. Vertragsfreiheit (04.032 sn). Einstimmig hält sie am Zulassungsstopp für Leistungserbringer fest, der am 3. Juli 2008 abläuft (Verlängerung gemäss Ständerat bis 31. Dez. 2010). Sollte der Zulassungsstopp ohne flankierende Massnahmen aufgehoben werden, besteht die Gefahr einer unkontrollierten Leistungsausweitung und einer entsprechenden Kostenexplosion. Auf der Suche nach einer Nachfolgeregelung hatte sie an ihrer Sitzung vom 14. April 2008 die Verwaltung beauftragt, ein Modell des differenzierten Vertragszwangs auszuarbeiten: im ambulanten Bereich sollte aufgrund der Leistungserbringerkategorien bzw. der Spezialisierung der ärztlichen Leistungserbringer (Grundversorger/Spezialisten) die Vertragsfreiheit eingeführt werden. Die Kommission stellt fest, dass dieses Vorgehen verschiedene Abgrenzungsprobleme stellt. Neu zur Diskussion gestellt wurden zwei weitere Vorschläge: 1. Eine Regelung mit zwei Basismodellen („Helsana“-Modell). Der Versicherte hätte zu entscheiden zwischen dem Basismodell A mit eingeschränkter Wahlfreiheit und einer ordentlichen Franchise von 300 Franken sowie einem Selbstbehalt von 10 Prozent und dem Basismodell B mit Wahlfreiheit unter allen ambulanten Leistungserbringern und einer ordentlichen Franchise von 1000 Franken sowie einem Selbstbehalt von 20 Prozent. Die FMH hat sich soweit positiv zu diesem Vorschlag geäussert. 2. Differenzierte bedarfsabhängige Zulassungsbeschränkung für die spezialärztliche Tätigkeit. Die Kantone könnten bei regionaler Überversorgung von einer Zulassung von spezialisierten Ärzten in den betroffenen Regionen und in der jeweiligen Spezialität von einer Zulassung absehen. Der Bundesrat definiert die Kriterien der Abgrenzung gegenüber den Grundversorgern (GDK-Modell). Die Kommission will an ihrer nächsten Sitzung vom 26./27. Juni 2008 eine Anhörung durchführen und anschliessend unter den drei Vorschlägen einen Systementscheid fällen. Sie hofft, die Vorlage dem Ständerat in der Herbstsession unterbreiten zu können.

Die Kommission tagte am 13. Mai 2008 in Bern unter dem Vorsitz von Urs Schwaller (CVP, FR) im Beisein von Herrn Bundespräsident Pascal Couchepin.

Bern, 14. Mai 2008 Parlamentsdienste