NEAT finanziell und zeitlich auf Kurs
Das Bauprojekt NEAT ist finanziell und zeitlich auf Kurs. Den bevorstehenden Hauptdurchschlag im Gotthard-Basistunnel (GBT) wertet die NEAT-Aufsichtsdelegation (NAD) nicht nur als wichtigen Meilenstein für die Schweizer Verkehrspolitik, sondern auch als klaren Tatbeweis und starkes Signal Richtung Europa. Die Schweiz meint es ernst mit der Umsetzung ihres Teils des europäischen Güterverkehrskorridors 24 von Rotterdam nach Italien. Bis die Vollauslastung der Gotthard-Achse erreicht sein wird, ist es noch ein anspruchsvoller Weg. Offene Fragen bestehen unter anderem in Bezug auf eine vorzeitige Inbetriebnahme und die zeitgerechte Bereitstellung der Zufahrten. Mit diesen Fragen setzte sich die NAD an ihrer Oktober-Tagung in Luzern auseinander.

Bei den NEAT-Zufahrten in Süddeutschland bestehen weiterhin Terminrisiken

Der bevorstehende Hauptdurchschlag im Gotthard-Basistunnel ist für die NAD ein klarer Tatbeweis und starkes Signal an Europa, dass es die Schweiz ernst meint mit der zeitgerechten Umsetzung ihres Teils des europäischen Güterverkehrskorridors 24 von Rotterdam über die deutsche Rheintalachse und die beiden NEAT-Achsen nach Italien. Weiterhin besorgt zeigt sich die NAD deshalb in Bezug auf die zeitgerechte Fertigstellung der NEAT-Zufahrt auf der Rheintalstrecke in Süddeutschland. Aufgrund zahlreicher Einsprachen auf der Strecke Karlsruhe-Basel drohen Verzögerungen. Die Delegation bekräftigt deshalb ihre Empfehlung an den Bundesrat vom November 2009 und an die Verkehrskommissionen vom April 2010. Angesichts der Milliarden, die die Schweiz für die NEAT investiert, darf der Bundesrat nicht davon ablassen, seinen politischen Einfluss gegenüber Deutschland geltend zu machen. Die NAD erwartet, dass er mit Nachdruck auf die zentrale Bedeutung der termingerechten Verfügbarkeit des durchgehenden Ausbaus zwischen Karlsruhe und Basel hinweist.

Der Gotthard- und der Ceneri-Basistunnel sind auf eine Eckhöhe von vier Metern dimensioniert. Dies erlaubt den Transit von zweistöckigen Personenzügen sowie Güterzügen mit Sattelauflegern. Auf den Zufahrtstrecken im Inland bestehen zurzeit viele bauliche Problemstellen mit einem geringeren Lichtraumprofil, die die Durchfahrt mit einstöckigen Personenzügen und Güterzügen mit Verladecontainern erlauben. Ob diese Einschränkungen in Zukunft behoben werden sollten, ist neben einer finanziellen auch eine verkehrs- und verlagerungspolitische Frage. Das BAV wird die NAD vertieft orientieren.

Positive Entwicklung des Gesamtprojekts NEAT, Kostenprognose stabil

Die NAD hat den neusten NEAT-Standbericht des BAV über den Projektstand kurz vor dem Hauptdurchschlag im Gotthard-Basistunnel (GBT) zur Kenntnis genommen. Der Bericht schätzt die Entwicklung der NEAT in Bezug auf den Baufortschritt sowie die Kosten, Kredite und Termine positiv ein. Die Kosten und Terminprognosen des BAV sind im ersten Halbjahr 2010 stabil geblieben. Für das Gesamtprojekt NEAT wird weiterhin mit Projektkosten von 18,7 Milliarden Franken (Preisstand 1998) und einem gesamten Finanzierungsbedarf (Projektkosten inklusive Teuerung, Bauzinsen und MWST) von rund 24 Milliarden Franken gerechnet.

Eine frühere Übergabe des Gotthard-Basistunnels an die SBB ist technisch machbar, eine frühere kommerzielle Inbetriebnahme bedarf einer sorgfältigen Prüfung

Angesichts des anhaltend guten Baufortschritts sind die Chancen gestiegen, dass der Gotthard-Basistunnel früher als geplant fertig gestellt werden kann. Die ATG, zuständig für den Bau und die Ausrüstung des Tunnels, hat deshalb geprüft, ob die Übergabe des fertigen Tunnels an die SBB bereits im Jahr 2016 technisch und im bestehenden finanziellen Rahmen möglich ist. Sie ist zum Schluss gekommen, dass dies der Fall ist.

Eine frühere Übergabe des Tunnels bedeutet jedoch nicht automatisch eine frühere kommerzielle Inbetriebnahme. Nach der Übergabe des Tunnelbauwerks durch die ATG wird, gestützt auf Erfahrungswerte beim kürzeren Lötschberg-Basistunnel, mindestens ein halbes Jahr für die Durchführung eines umfassenden Probebetriebs durch die SBB benötigt, bevor das BAV die erforderliche Betriebsbewilligung erteilen und der kommerzielle Betrieb aufgenommen werden kann. Eine frühere kommerzielle Inbetriebnahme macht zudem nur Sinn, wenn die direkten Zufahrten auf dem bestehenden Eisenbahnnetz aufgerüstet worden sind. Dies hat Auswirkungen auf den Zeitplan für die Umsetzung von ZEB.

Die funktionellen und finanziellen Auswirkungen auf die Inbetriebnahmephase und die Zufahrten bedürfen nach Ansicht der NAD einer weitergehenden und sorgfältigen Prüfung durch die SBB und das BAV. Für die NAD hat die Einhaltung der Kosten gegenüber der Einhaltung oder Vorverschiebung von Terminen weiterhin klare Priorität. Das Parlament hat den Kreditrahmen für die NEAT verbindlich festgelegt, hingegen bewusst auf die rechtliche Fixierung eines Inbetriebnahmezeitpunkts verzichtet.

Die NAD unterstützt die detaillierte Prüfung von Nachforderungen der Unternehmer

Treffen die Unternehmer beim Bau Verhältnisse vor Ort an, die ihrer Ansicht nach von den Abmachungen im Werkvertrag abweichen, können sie beim Ersteller Nachforderungen anmelden. Gemäss einer Weisung des UVEK aus dem Jahre 2004, muss der Ersteller Nachforderungen detailliert und sorgfältig prüfen und klar berechtigte Forderungen anerkennen. Bei nicht berechtigten Forderungen, z.B. aufgrund von Fehlkalkulationen oder Verlusten der Unternehmer, hat der Ersteller eine harte Haltung einzunehmen und nötigenfalls den Weg an die Schlichtungsstelle oder bis vor die Gerichte zu wählen. Dieses Vorgehen wird von der NAD weiterhin voll unterstützt.

Die NAD lässt sich an jeder Sitzung über den aktuellen den Stand der Nachforderungen und deren Auswirkungen auf die Kosten orientieren. Von den eingereichten Nachforderungen schlagen letztlich nur die als berechtigt anerkannten Forderungen auf die Kosten bei den Erstellern durch. Diese Kosten führen nicht automatisch zu einer Erhöhung der Projektkostenprognose des BAV, da verschiedene Risikopositionen mit ihrer Kostenauswirkung darin enthalten sind.

Vertiefte Abklärungen zu den Drainagerohren im Gotthard-Basistunnel sind im Gang

Die ATG informierte die NAD über den Stand ihrer Abklärungen bezüglich beanstandeter Drainagerohre im Gotthard-Basistunnel. Teilweise seien Rohrleitungsmaterialen eingebaut worden, welche nicht den werkvertraglichen Spezifikationen entsprechen. Die NAD hat zur Kenntnis genommen, dass zurzeit eine Arbeitsgruppe die laufenden Abklärungen mittels weiterer Stichproben am Bauwerk vertieft und die ATG ihre vertraglichen und rechtlichen Mittel konsequent durchsetzen wird.

Die NAD tagte am 8. Oktober 2010 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten Max Binder (SVP/ZH) und Vizepräsidenten Filippo Lombardi (CVP/TI) in Luzern. An der Sitzung nahmen teil Vertreter der EFK, des BAV, der Eidg. Finanzverwaltung (EFV), der SBB und der ATG.

Bern, 11. Oktober 2010 Parlamentsdienste