Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates will präziser regeln, in welchen Fällen der Bundesrat völkerrechtliche Verträge selbständig abschliessen kann. Anlässlich der Diskussionen über das Amtsabhilfeabkommen mit den USA im Fall UBS hat sich gezeigt, dass die jeweiligen Kompetenzen des Bundesrates und der Bundesversammlung beim Abschluss und der Genehmigung völkerrechtlicher Verträge nicht hinreichend klar abgegrenzt sind.

Artikel 7a Absatz 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes sieht vor, dass der Bundesrat völkerrechtliche Verträge von „beschränkter Tragweite“ selbständig abschliessend kann. Gerade das Beispiel des Abkommens mit den USA über die Amtshilfe in Sachen UBS zeigt, dass der Begriff „beschränkte Tragweite“ offenbar sehr dehnbar ist. Mit seiner parlamentarischen Initiative (10.457 Neuregelung des Abschlusses und der Genehmigung von völkerrechtlichen Verträgen) verlangt Nationalrat Rudolf Joder (SVP, BE), dass im Gesetz präzisiert wird, in welchen Fällen völkerrechtliche Verträge von beschränkter Tragweite vorliegen. Die Kommission gab der Initiative mit 21 zu 0 Stimmen und einer Enthaltung Folge. Nach Ansicht der Kommission gilt es insbesondere zu verhindern, dass der Bundesrat Verträge selbständig abschliesst, welche rechtlichen Bestimmungen widersprechen, die von der Bundesversammlung erlassen worden sind.

Das erwähnte Abkommen mit den USA zeigt auch die Problematik der vorläufigen Anwendung von Verträgen auf. Will der Bundesrat einen Vertrag, der von der Bundesversammlung genehmigt werden muss, vorläufig anwenden, dann hat er gemäss geltendem Recht zuvor die zuständigen Parlamentskommissionen unverbindlich zu konsultieren. Im Falle des Abkommens mit den USA konnten die konsultierten Kommissionen ihre Forderungen gegenüber dem Bundesrat nicht durchsetzen. Es soll daher eine verbindlichere Form der parlamentarischen Einflussnahme gefunden werden. Die Kommission wird die entsprechenden Arbeiten an die Hand nehmen können, wenn sie dafür die Zustimmung der ständerätlichen Kommission erhält.

01.080 s Staatsleitungsreform

Mit 11 zu 9 Stimmen bei zwei Enthaltungen ist die Kommission auf die vom Bundesrat im Rahmen der Zusatzbotschaft zur Regierungsreform gemachten Vorlagen eingetreten. Die wichtigste vom Bundesrat präsentierte Neuerung besteht in der Verlängerung der Amtsdauer des Bundespräsidenten oder der Bundespräsidentin auf zwei Jahre. Zudem schlägt der Bundesrat Massnahmen zur Stärkung der Kollegialbehörde (im Wesentlichen die Verankerung bundesratsinterner Informationspflichten) sowie die Möglichkeit zur Bezeichnung weiterer Amtsdirektoren als Staatssekretäre vor. Mit dem Eintreten auf die Vorlage bringt die Kommission zum Ausdruck, dass sie Handlungsbedarf sieht. Allerdings erachtet sie die vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen nicht als ausreichend. Sie will deshalb weitere Reformvorschläge eingehend prüfen. Mit 13 zu 7 Stimmen und zwei Enthaltungen hat sie die Einsetzung einer Subkommission beschlossen. Die Kommission beabsichtigt an ihrer nächsten Sitzung vom 3. Februar 2011, von einem Mitbericht der GPK Kenntnis zu nehmen und das Mandat an ihre Subkommission zu formulieren.

09.486 Pa.Iv. Graf-Litscher. Lobbying und Transparenz im Bundeshaus

Nationalrätin Edith Graf-Litscher (SP/TG) verlangt mit ihrer parlamentarischen Initiative (09.486 Pa.Iv. Lobbying und Transparenz im Bundeshaus), dass der Zugang von Lobbyisten zum Parlamentsgebäude und ihre Akkreditierung neu zu regeln ist. Die Kommission hatte der Initiative vor genau einem Jahr Folge gegeben, die Kommission des Ständerates hatte aber am 22. März 2010 ihre für die Ausarbeitung einer Gesetzesänderung nötige Zustimmung verweigert. Die Opposition zur Initiative wurde mit der Befürchtung begründet, dass die bereits heute sehr grosse Zahl von Personen mit Zugang zu den Vorzimmern der Räte durch die Schaffung einer neuen Kategorie von Zutrittsberechtigten noch weiter ansteigen könnte. Auch die nationalrätliche Kommission teilte diese Befürchtung und prüfte daher, ob die von der Initiative verlangte grössere Transparenz auch im Rahmen der geltenden gesetzlichen Regelung hergestellt werden kann, ohne dass zusätzliche Personen Zutritt zum Parlamentsgebäude erhalten. Die geltende Regelung sieht vor, dass jedes Ratsmitglied zwei Personen Zutrittskarten zu den nicht öffentlichen Bereichen des Parlamentsgebäudes ausstellen lassen kann. Diese Personen und ihre Funktionen müssen in einem Register eingetragen werden. Die Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung, die für den Vollzug dieser Bestimmung zuständig ist, hat sich nun bereit erklärt, dieses bisher nur bei den Parlamentsdiensten an Ort und Stelle einsehbare Register ab Beginn der nächsten Legislaturperiode im Internet aufzuschalten. Zudem soll auf den Zutrittskarten dieser Gäste von Ratsmitgliedern künftig ihre Funktion eingetragen werden. Die SPK betrachtet damit die Hauptforderung der Initiative als erfüllt, sieht keinen weiteren gesetzgeberischen Handlungsbedarf und beantragt daher dem Rat mit 14 zu 9 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben.

Die Kommissionsminderheit betrachtet es als nicht befriedigend, dass es gemäss der von der Verwaltungsdelegation vorgesehenen Lösung im freien Ermessen des einzelnen Ratsmitglieds bleibt, wie es die Funktion der von ihm eingeladenen Person bezeichnet. Nichtssagende Einträge wie „Berater“ bleiben damit möglich. Die Verwaltungsdelegation müsste bestimmte Kategorien von Funktionen (persönliche Mitarbeiter des Ratsmitglieds, Lobbyisten, usw.) festlegen und verlangen, dass auch der jeweilige Arbeit- oder Auftraggeber eines Lobbyisten angegeben wird.

10.090 n Für die Stärkung der Volksrechte in der Aussenpolitik (Staatsverträge vors Volk!). Volksinitiative

Im Weiteren hat die Kommission mit der Beratung der Volksinitiative der AUNS für einen Ausbau des obligatorischen Staatsvertragsreferendums und des vom Bundesrat vorgeschlagenen direkten Gegenentwurfs begonnen. Sie hat Vertreter des Initiativkomitees angehört. Die anschliessende Beratung hat gezeigt, dass die Kommission noch weiteren Abklärungsbedarf bezüglich des Vorschlages für einen direkten Gegenentwurf hat. Sie hat der Verwaltung entsprechende Aufträge erteilt und wird die Beratungen an ihrer nächsten Sitzung fortsetzen.

Die Kommission tagte am 13./14. Januar 2011 unter dem Vorsitz von Nationalrat Yvan Perrin (SVP/NE).

 

Bern, 14. Januar 2011 Parlamentsdienste