Nachdem die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates letztes Jahr dem Rat den Antrag gestellt hatte, auf die Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes nicht einzutreten, ist sie nach erneuter Analyse auf diesen Entscheid zurückgekommen.

Am 19. Mai 2011 hatte die SPK mit 14 zu 9 Stimmen beschlossen, auf die Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes (11.022 Bürgerrechtsgesetz. Totalrevision) nicht einzutreten (vgl. sda-Bericht über Medienkonferenz vom 19. Mai 2011). Dieser Antrag sollte in der kommenden Frühjahrssession vom Nationalrat behandelt werden. Nun hat die Kommission aber Rückkommen beschlossen und ist mit 16 zu 6 Stimmen bei einer Enthaltung auf die Vorlage eingetreten. Die Mehrheit der Kommission sieht im Entwurf des Bundesrates eine taugliche Beratungsgrundlage, um die heute schweizweit sehr uneinheitlichen Einbürgerungsverfahren zu harmonisieren und um die Definition der Voraussetzungen für eine Einbürgerung zu präzisieren. Die Minderheit befürchtet eine ungerechtfertigte Verschärfung der Anforderungen für eine Einbürgerung.

Weil die Detailberatung noch nicht durchgeführt werden konnte, beantragt die Kommission dem Ratsbüro, die nicht behandlungsreife Vorlage aus dem Sessionsprogramm zu streichen.

Erleichterte Einbürgerung der dritten Ausländergeneration wird verschoben

Nachdem die SPK einer parlamentarischen Initiative für die erleichterte Einbürgerung der dritten Ausländergeneration (08.432 Pa.Iv. Marra. Die Schweiz muss ihre Kinder anerkennen) im Jahre 2008 Folge gegeben hatte, hat sie einen Entwurf für die nötigen Änderungen der Bundesverfassung und des Bürgerrechtsgesetzes ausgearbeitet (vgl. Medienmitteilung vom 6. November 2009). Die Kommission hat die weitere Behandlung dieser Vorlage mit 16 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung ein drittes Mal (vgl. die früheren Medienmitteilungen vom 10. September 2010 und 1. April 2011) aufgeschoben, weil sie dieses Thema im grösseren Zusammenhang der Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes behandeln möchte.

Keine vorgezogene Behandlung der SVP-Volksinitiative „Stopp der Masseneinwanderung!“

Die Fraktion der SVP hat den Text der Volksinitiative „Stopp der Masseneinwanderung!“ auch als parlamentarische Initiative eingereicht (11.478 Pa.Iv. Fraktion V. Stopp der Masseneinwanderung!). Nachdem die Volksinitiative soeben eingereicht worden ist, sah die Kommission keinen Anlass, diese parlamentarische Initiative zu diskutieren. Sie beantragt mit 14 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung, ihr keine Folge zu geben.

Bezahlte Mandate ehemaliger Mitglieder des Bundesrates: Wartefrist

Die Kommission hält mit 15 zu 10 Stimmen daran fest, dass die Übernahme bezahlter Mandate durch ehemalige Mitglieder des Bundesrates gesetzlich geregelt werden soll. Nachdem die SPKs beider Räte 2011 entsprechenden parlamentarischen Initiativen Folge gegeben hatten (10.511 Pa.Iv. Binder. Karenzfrist bei Mandaten und Funktionen für ehemalige Bundesräte; 10.517 Pa.Iv. Leutenegger Oberholzer. Einschränkung von Mandaten von ehemaligen Bundesräten und Bundesrätinnen: vgl. Medienmitteilung der SPK-N vom 1. April 2011 und der SPK-S vom 28. Juni 2011), wurde der Kommission im Herbst 2011 in Aussicht gestellt, dass der Bundesrat selber diesbezügliche Verhaltensregeln für seine ehemaligen Mitglieder erlassen würde. Die vom Bundesrat mittlerweile beschlossene Ergänzung seines „Aide-mémoire“ erachtet die Kommission jedoch als ungenügend. Sie will deshalb gesetzliche Regelungen schaffen. Die Kommissionsminderheit sieht darin eine unnötige Überreglementierung aufgrund eines Einzelfalls.

Einstimmig für Verordnungsveto

Einmal mehr hatte sich die Kommission aufgrund einer parlamentarischen Initiative (11.480 Pa.Iv. Fraktion V. Mitsprache des Parlamentes bei Verordnungen des Bundesrates) mit der Frage zu beschäftigen, ob die Bundesversammlung ein Veto gegen bundesrätliche Verordnungen einlegen können soll. Die Kommission sprach sich auch dieses Mal wieder und sogar einstimmig dafür aus. Die Bundesversammlung muss ein Instrument haben, mit dem sie wirkungsvoll reagieren kann, wenn eine Verordnung des Bundesrates dem Willen des Gesetzgebers widerspricht. Die Kommission ist nun gespannt, wie die Kommission des Ständerates, welche dieses Ansinnen bisher immer abgelehnt hat, auf den erneuten Vorstoss reagieren wird.

Für die Schaffung eines Auslandschweizergesetzes

Wie die SPK des Ständerates erachtet es die Kommission als unbefriedigend, dass die rechtlichen Bestimmungen betreffend die Auslandschweizer und –schweizerinnen in verschiedensten Erlassen festgehalten sind. Sie unterstützt deshalb mit 13 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung das Anliegen von Ständerat Lombardi (C, TI) (11.446 Pa.Iv. Für ein Auslandschweizergesetz) und gab der Ständeratskommission grünes Licht für die Erarbeitung eines entsprechenden Bundesgesetzes.

Beginn der Detailberatung des Asylgesetzes

Die Kommission hat die Detailberatung der Änderung des Asylgesetzes (10.052 -1) begonnen. Die Kommission stimmte mit 16 zu 8 Stimmen der vom Ständerat beschlossenen Ergänzung der Definition des Flüchtlingsbegriffs mit einer kleinen Änderung zu. Damit wird klargestellt, dass Wehrdienstverweigerung oder Desertion keine Asylgründe darstellen. Mit 16 zu 7 Stimmen und einer Enthaltung wurde ein Antrag angenommen, wonach ein Asylgesuch abgeschrieben wird, wenn der Gesuchsteller während mehr als 20 Tagen nicht zur Verfügung steht. Ein neues Gesuch kann in diesem Fall frühestens nach drei Jahren gestellt werden. Mit 15 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung folgt die Kommission dem Beschluss des Ständerates, wonach auf schweizerischen Vertretungen im Ausland keine Asylgesuche mehr gestellt werden können.

Die Kommission wird die Beratung dieser Vorlage an ihren nächsten Sitzungen fortsetzen.

 

Die Kommission tagte am 23./24. Februar 2012 in Bern unter dem Vorsitz von Nationalrat Ueli Leuenberger (G, GE).

 

Bern, 24. Februar 2012 Parlamentsdienste