​Die Staatspolitische Kommission des Ständerats (SPK) lehnt eine parlamentarische Initiative aus dem Nationalrat ab, welche ein gesamtschweizerisches Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum fordert. Die Verhüllung aus religiösen Gründen stellt in der Schweiz kein wirkliches Problem dar. Die heutige Zuständigkeit der Kantone in dieser Frage soll gewahrt bleiben.

​Mit 10 Stimmen zu 1 Stimme bei 2 Enthaltungen hat die Kommission einer parlamentarischen Initiative von Nationalrat Walter Wobmann (V/SO), die für den öffentlichen Raum ein gesamtschweizerisches Verhüllungsverbot fordert, keine Folge gegeben (14.467 Pa.Iv. Wobmann. Verbot der Verhüllung des eigenen Gesichts). Anders als ihre nationalrätliche Schwesterkommission (vgl. Medienmitteilung der SPK-NR vom 24. April 2015) erachtet die SPK ein solches Verbot nicht für angezeigt. Was die religiös motivierte Verhüllung betrifft, so stellt die Kommission fest, dass sie in der Schweiz äusserst selten anzutreffen ist und somit kein reelles Problem darstellt, das nach einer gesetzgeberischen Lösung ruft. Von einem Verbot betroffen wäre allenfalls eine kleine Gruppe von Touristinnen aus islamischen Ländern, was aus der Sicht der Interessen des Tourismus negative Folgen hätte. Die Kommission sieht kein Sicherheitsproblem, das ein gesamtschweizerisches Verbot rechtfertigen würde.

Heute sind die Kantone sowohl für die Sicherheit wie auch für die Regelung des Verhältnisses zwischen Staat und Religionen zuständig. Die Kantone sollen in diesen Bereichen nach wie vor gemäss ihren unterschiedlichen Bedürfnissen Regelungen erlassen können.

Keine unnötigen Gesetzesänderungen im Asylwesen

Mit 7 Stimmen zu 1 Stimme bei 2 Enthaltungen beantragt die Kommission ihrem Rat, eine Standesinitiative des Kantons Luzern (15.314 Kt.Iv. LU. Flüchtlings- und Asylwesen) abzulehnen. Der Kanton Luzern fordert, dass die Praxis der Asylbehörden bei der Gewährung des Flüchtlingsstatus für Dienstverweigerer geändert wird und dass die Bundesbeiträge für die Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden erhöht werden. Die SPK stellt fest, dass die Bundesversammlung der falsche Adressat dieser Anliegen ist. Das Parlament ist für die Gesetzgebung, nicht für die Rechtsanwendung zuständig, und kann also die aktuelle Praxis gegenüber Dienstverweigerern aus Eritrea nicht unmittelbar ändern. Eine erneute Änderung der gesetzlichen Grundlage dieser Praxis ist nicht opportun. Die Kommission sieht auch keinen Anlass, mit einer gesetzlichen Regelung in die Kompetenz des Bundesrats einzugreifen, die Pauschalen für die Unterbringung und Betreuung der minderjährigen Asylsuchenden auf Verordnungsstufe zu regeln.

Die Minderheit stellt fest, dass die Anzahl von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden in den letzten Jahren insgesamt erheblich zugenommen hat und deshalb sowohl in der Anerkennungspraxis, als auch im Bereich der Fallpauschalen für die Kantone, Anpassungen vorgenommen werden müssten.

Schliessung einer Lücke im System der Volksrechte

Die Kommission teilt die Auffassung des Nationalrates und des Bundesrates, wonach völkerrechtliche Verträge, welche verfassungsmässigen Charakter haben, dem obligatorischen Referendum unterstellt werden sollen. Sie beantragt ihrem Rat einstimmig die Annahme einer Motion, welcher der Nationalrat am 25. September 2015 zugestimmt hatte (15.3557 Mo. Nationalrat [Caroni]. Obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge mit verfassungsmässigem Charakter). Angelegenheiten von besonderer und grundlegender Natur sollen auch dann einer Abstimmung von Volk und Ständen unterstehen, wenn sie in einem völkerrechtlichen Vertrag stehen, und nicht nur dann, wenn sie in der Bundesverfassung geregelt werden.

Bei der Beratung der Vorlage des Nationalrates für eine erleichterte Einbürgerung der dritten Ausländergeneration (08.432 Pa.Iv. Marra. Die Schweiz muss ihre Kinder anerkennen) haben sich der Kommission weitere Fragen gestellt, die sie noch näher abklären möchte. Sie wird die Beratung im zweiten Quartal dieses Jahres weiterführen.

Die Kommission tagte am 21./22. Januar 2016 erstmals unter dem Vorsitz ihres neuen Präsidenten, Ständerat Peter Föhn (V, SZ) in Bern.

Bern, 22. Januar 2016 Parlamentsdienste