Es ist davon auszugehen, dass einige Verträge zwischen BAG und Impfstoffherstellern aus Sicht des Parlaments derart ungünstig formuliert sind, dass die Budgethoheit des Parlaments unter Umständen nicht gewährt werden kann. Die Kommission hat nach eingehender Diskussion ihre Beschlussfassung ausgesetzt und erwartet in den nächsten Tagen weitere, verlässlichere Informationen über den vom Bundesrat für die Impfstoffbeschaffung beantragten Kredit.

In der gestrigen Debatte zum Nachtrag Ib zum Voranschlag 2022 (22.007 ns) beriet der Ständerat einen Mehrheitsantrag ihrer Finanzkommission (FK-S) auf eine deutliche Kürzung der Mittel zur Impfstoffbeschaffung. Es zeigte sich, dass der vom Bundesrat beantragte Nachtragskredit vom Parlament nicht nach Belieben gekürzt werden kann, da entsprechende Vorbehalte in den Kaufverträgen mit den Impfstofflieferanten seitens des zuständigen Bundesamtes für Gesundheit (BAG) – anders als in der Vergangenheit – offenbar teilweise nicht eingebaut wurden. Diese Informationen lagen den Finanzkommissionen im Rahmen ihrer Vorberatungen Mitte Mai nicht vor. Diese Problematik wurde vom Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) im Vorfeld der Ständeratsdebatte entdeckt und der Präsidentin der FK-S und dem Präsidenten der FK-N mitgeteilt.

Die Vorsteher des EDI und des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) haben die Finanzkommission des Nationalrates heute Nachmittag über die aktuelle Situation informiert. Die FK-N zeigte sich über diesen Umstand alles andere als erfreut, da die Budgethoheit des Parlaments damit stark eingeschränkt werden könnte.

Aufgrund der hohen Komplexität des Beschaffungsprozesses und der Kaufverträge war das EDI heute noch nicht in der Lage, die finanziellen Auswirkungen verlässlich zu beziffern. Die FK-N hat zur Kenntnis genommen, dass der Vorsteher des EDI nach Bekanntgabe der Problematik umgehend eine interne Administrativuntersuchung eingeleitet und eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat. Letztere arbeitet nun mit Hochdruck über die kommenden Feiertage daran, die finanzielle und vertragliche Situation zu erörtern, damit das Parlament zeitnah in Kenntnis der erforderlichen Informationen eine Entscheidung treffen kann.

Die FK-N hat die Beschlussfassung zum entsprechenden Nachtragskredit sistiert und wird sich Mitte nächster Woche auf der Grundlage von neuen Informationen erneut damit befassen. Weiter beantragt sie der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte (FinDel), die abgeschlossenen Verträge mit den Impfstoffherstellern zeitnah zu analysieren und den Finanzkommissionen anschliessend über ihre Erkenntnisse Bericht zu erstatten.

Die Kommission hat am 2. Juni 2022 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten, Nationalrat Roland Fischer (GLP, LU), im Beisein der Vorsteher des EDI und des EFD in Bern getagt.