Wer eine Immobilie erstellt oder kauft, soll inskünftig besser geschützt sein, wenn an der Baute Mängel festgestellt werden. Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats schlägt einen Systemwechsel vor, indem zukünftig auf die Frist bei der Mängelrüge verzichtet werden soll.

Nachdem die Kommission bereits an ihrer Sitzung vom 2. Februar 2023 den Handlungsbedarf im Bereich der Baumängel klar bejaht hat, hat sie sich nun detailliert mit der entsprechenden Vorlage des Bundesrates auseinandergesetzt (22.066). Heute müssen Baumängel «sofort», also innert wenigen Tagen, geltend gemacht werden, widrigenfalls die Mängelrechte verwirken. Der Entwurf des Bundesrates sieht für Immobilien eine Verlängerung der Rügefrist von offenen und versteckten Mängeln vor auf 60 Tage. Der Kommission gehen die vorgeschlagenen Verbesserungen zu wenig weit. Sie befürwortet mit 16 zu 8 Stimmen einen Systemwechsel und schlägt vor, die Rügefrist ganz abzuschaffen. Neu sollen Mängel während der Verjährungsfrist grundsätzlich jederzeit gerügt werden können, wenn eine Immobilie gekauft oder erstellt wird. Allerdings trifft den Bauherrn resp. die Käuferin einer Immobilie eine Schadenminderungspflicht. Damit besteht nach wie vor ein Anreiz, Mängel möglichst zeitnah geltend zu machen. Die Verjährungsfrist beim Grundstückskauf und bei der Erstellung eines unbeweglichen Werks soll überdies von heute 5 auf 10 Jahre angehoben werden (19 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung). Diese neuen Regeln sollen überdies auch für eingebaute Sachen gelten. Eine Minderheit der Kommission befürwortet diese Lösung, möchte sie allerdings auf verdeckte Mängel beschränken und die Verjährungsfrist bei 5 Jahren belassen. Weiter beantragt die Kommission dem Rat mit 22 zu 2 Stimmen, die Käuferinnen sowie die Besteller einer Immobilie besser zu schützen, indem das Nachbesserungsrecht vertraglich nicht mehr ausgeschlossen werden soll. Dies soll für sämtliche Verträge gelten und nicht darauf beschränkt sein, dass die Baute für den persönlichen oder familiären Bereich bestimmt ist, wie dies der Bundesrat vorgeschlagen hat. Die Vorlage wurde in der Gesamtabstimmung mit 21 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen. Sie wird voraussichtlich in der Herbstsession vom Nationalrat beraten.

Kollektiver Rechtsschutz

Die Vorlage des Bundesrates zum kollektiven Rechtsschutz (21.082) sieht im Kern einen Ausbau der bestehenden Verbandsklage zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen vor und bietet die Möglichkeit für kollektive Vergleiche im neuen Verbandsklageverfahren. Die Kommission hat Kenntnis genommen von der Regulierungsfolgeabschätzung und der rechtsvergleichenden Studie, welche sie in Auftrag gegeben hat. Die Kommission ist zum Schluss gekommen, dass vor ihrem Entscheid über das Eintreten noch eine erweiterte Prüfung möglicher Sicherheitsmassnahmen zur Verhinderung von missbräuchlicher Nutzung der Sammelklage-Instrumente sowie eine Validierung der vorliegenden Regulierungsfolgenabschätzung durch die Befragungen von direkt betroffenen Unternehmen angezeigt ist. Sie hat dem zuständigen Departement die entsprechenden Aufträge erteilt. Die Kommission wird die Beratung voraussichtlich im 1. Quartal 2024 wiederaufnehmen.

Kommission will die erbrechtliche Unternehmen​snachfolge erleichtern

Anders als der Ständerat sieht die nationalrätliche Kommission Handlungsbedarf bei der familieninternen Nachfolgeregelung bei Unternehmen und beantragt ihrem Rat mit 15 zu 8 Stimmen, auf die entsprechende Vorlage des Bundesrates zu einer Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (22.049) einzutreten. Der Ständerat hatte sich in der Sommersession gegen die Vorlage ausgesprochen. Die Kommission argumentiert, dass es nicht im Interesse der Schweizer Wirtschaft ist, wenn ein Unternehmen liquidiert werden muss, weil die Unternehmensnachfolge bei mehreren potentiellen Erbinnen oder Erben nicht regelt wurde. Dadurch gehen unter anderem Arbeitsplätze, Kontinuität und Wissen verloren. Ausserdem weist die Kommission darauf hin, dass die vorgeschlagene Regelung ausschliesslich greifen soll, wenn die Erblasserin oder der Erblasser seine Nachfolge vor dem Todesfall nicht selbst geregelt hat. Eine Minderheit hingegen ist der Meinung, es besteht kein Regulierungsbedarf, denn in den allermeisten Fällen geschieht die Vererbung eines Unternehmens einvernehmlich. Ausserdem argumentiert sie, dass mit der vorgeschlagenen Regelung die gerechte Aufteilung des Nachlasses dem Erhalt des Unternehmens untergeordnet werden würde, indem das Unternehmen derjenigen Erbin oder demjenigen Erben integral zugewiesen werden soll, die oder der am besten dazu geeignet ist. Die Kommission wir die Detailberatung voraussichtlich an ihrer nächsten Sitzung aufnehmen.

Weitere Ges​chäfte

  • Mit 11 zu 9 Stimmen beantragt die Kommission ihrem Rat die Abschreibung der parlamentarischen Initiative 03.424 («Sexuelle Handlungen mit Kindern. Erhöhung des Strafmasses gemäss Artikel 187 StGB»), deren Anliegen im Rahmen der Vorlage zur Revision des Sexualstrafrechts (18.043, E. 3) umgesetzt wurden. Eine Minderheit möchte die Vorlage nicht abschreiben.
  • Zu guter Letzt hat die Kommission vom Nachtrag zum zweiten GRECO-Konformitätsbericht «Prävention von Korruption bei Mitgliedern von Parlamenten, Gerichten und Staatsanwaltschaften» Kenntnis genommen.

Die Kommission tagte am 3. und 4. Juli 2023 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Christa Markwalder (FDP, BE) in Bern.