Die Kommission hat die  Volksinitiative zur Wiedergutmachung für Verdingkinder und Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen (Wiedergutmachungsinitiative, 15.082) beraten. Sie gibt dem indirekten Gegenentwurf des Bundesrates den Vorzug.

​Die Initiative (15.082) fordert die Schaffung eines Fonds in der Höhe von 500 Millionen Franken für die Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981. Die Kommission lehnt die Initiative ab, aber sie hat sich mit 13 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung für den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates ausgesprochen. Das geplante Gesetz über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 (AFZFG) hätte nach Ansicht der Kommission gegenüber der Initiative den Vorteil, dass es den betroffenen Menschen schneller helfen könnte. Auch im indirekten Gegenvorschlag ist vorgesehen, dass die Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 in den Genuss von finanziellen Leistungen kommen können. Die Kommission ist mit 13 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung dem Antrag des Bundesrats gefolgt, dafür einen Zahlungsrahmen im Umfang von 300 Millionen Franken zu bewilligen. Die exakte Höhe des individuell gesprochenen Solidaritätsbeitrags pro Person wird in jedem Fall von der Anzahl der bewilligten Gesuche abhängig sein. Die Kommission hat sich jedoch mit 17 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen für eine Begrenzung der Leistung auf maximal 25‘000 Franken pro Opfer ausgesprochen. Eine Minderheit der Kommission zweifelt generell an der Wirksamkeit von finanziellen Leistungen im Rahmen einer Wiedergutmachung und verweist darauf, dass der Bund mit dem Bundesgesetz über die Rehabilitierung administrativ versorgter Menschen vom 21. März 2014 das geschehene Unrecht bereits anerkannt habe.

 

Kindesschutz

Die Kommission hat mit 12 zu 10 Stimmen beschlossen, nicht auf die Bundesratsvorlage vom 15. April 2015 (15.033) einzutreten, wonach die Meldepflicht bei Verdacht auf Gefährdung des Kindeswohls ausgeweitet werden soll auf Fachpersonen, die eine besondere Beziehung zu Kindern haben. Die Mehrheit der Kommission vertritt die Ansicht, dass das heutige System zufriedenstellend ist. Sie hält fest, dass manche Kantone in diesem Bereich bereits gesetzgeberisch tätig geworden sind und dass eine Vereinheitlichung des einschlägigen Bundesrechts keinen besseren Kindesschutz ermöglicht. Sie ist der Meinung, dass eine Bundesregelung, die weniger streng als gewisse kantonale Anforderungen ist, keinen besseren Kindesschutz gewährleistet. Ausserdem weist sie auf Probleme in Zusammenhang mit der Aufhebung des Berufsgeheimnisses hin.

Die Minderheit stellt sich jedoch auf den Standpunkt, dass eine Ausweitung der Meldepflicht einen besseren Kindesschutz ermöglicht. Damit wäre gesamtschweizerisch eine klare, einheitliche Anwendung möglich und die Rechtssicherheit garantiert. Die Minderheit hält auch fest, dass man den Kantonen die Kompetenz, über die eidgenössischen Anforderungen hinauszugehen, erteilen und so die von ihnen bereits erlassenen Bestimmungen gewährleisten könnte.

 

Beurkundung des Personenstandes und Grundbuch

Die Kommission hat ohne Gegenstimme beschlossen, auf die Vorlage des Bundesrates vom 16. April 2014 (14.034) einzutreten, mit der die Beurkundung des Personenstandes und das Grundbuch modernisiert werden sollen. Bei den Bestimmungen zur Beurkundung des Personenstandes folgt die Kommission mit 22 zu 1 Stimmen den Vorschlägen des Bundesrates. Ausserdem hat sie mit 12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung beschlossen, den Teil der Vorlage, der sich mit dem elektronischen Zugang zum Grundbuch befasst, an den Bundesrat zurückzuweisen mit dem Auftrag, diesen wie folgt zu überarbeiten: Es soll dem Eigentümer ein Einsichtsrecht in die Aufzeichnungen der Zugriffe auf die Daten seines Grundstückes eingeräumt werden; statt der AHV-Nummer soll ein anderer Personen-Identifikator vorgesehen werden; die gemäss Artikel 949c ZGB berechtigten Behörden sollen im Gesetz abschliessend bezeichnetwerden.

 

Verjährungsrecht (13.100)

Die Rechtskommission hat die Arbeiten des „Runden Tisches Asbest", der unter der Leitung von alt Bundesrat Moritz Leuenberger tagt, zur Kenntnis genommen und hat in der Folge die Debatte rund um die Veränderungen des Obligationenrechtes im Bereich des Verjährungsrechtes einstimmig bis Ende August 2016 sistiert. Damit erhofft sich die Kommission, allfällige Erkenntnisse und Resultate des „Runden Tisches Asbest" in ihre Beratungen zum Verjährungsrecht einzubeziehen.

 

Anpassung des Strafrechts

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 13 zu 9 Stimmen, der Standesinitiative des Kantons St. Gallen, mit der die Bundesversammlung um verschiedene Änderungen des Strafrechts ersucht wird (09.318), keine Folge zu geben. Die Mehrheit der Kommission weist darauf hin, dass die Initiativanliegen teils bereits im Rahmen der Revision des Sanktionenrechts erfüllt wurden und teils im Rahmen des derzeit in den Räten hängigen Entwurfs zum Strafregistergesetz geprüft werden können. Weitere Anliegen können im Rahmen der Vorlage zur Harmonisierung der Strafrahmen behandelt werden, die der Bundesrat dieses Jahr der Bundesversammlung unterbreiten wird, oder im Rahmen der nächsten Revision der Strafprozessordnung. Die Minderheit der Kommission beantragt, der Initiative Folge zu geben, weil verschiedene wichtige Anliegen im Parlament noch nicht behandelt worden seien.

 

Die Kommission hat am 25. und 26. Februar 2016 unter dem Vorsitz von Nationalrat Jean Christophe Schwaab (SP, VD) in Bern getagt.

 

 

Bern, 26. Februar 2016 Parlamentsdienste