Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) hat sich im Grundsatz für eine Umsetzungsvariante der parlamentarischen Initiative 13.407 (Pa.Iv. Reynard. Kampf gegen die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung) festgelegt. Sie hat die Bundesverwaltung beauftragt, einen Entwurf zur Änderung des Strafgesetzbuchs auszuarbeiten, der nicht nur die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, sondern auch aufgrund der sexuellen Identität unter Strafe stellt.

Die Kommission hat geprüft, welche Möglichkeiten zur Umsetzung dieser parlamentarischen Initiative, der beide Kommissionen für Rechtsfragen Folge gegeben haben, bestehen. Sie spricht sich mit 15 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung dafür aus, Artikel 261bis des Strafgesetzbuchs um die Kriterien der sexuellen Orientierung und der sexuellen Identität zu erweitern. Sie geht damit weiter als von der Initiative gefordert, da diese nur die sexuelle Orientierung nennt. Die Kommission ist der Ansicht, dass niemand wegen seiner sexuellen Orientierung oder seiner sexuellen Identität diskriminiert werden sollte. Sie setzt sich dafür ein, die internationalen Empfehlungen in diesem Bereich umzusetzen oder diesen sogar vorzugreifen. Sie weist darauf hin, dass einige Nachbarländer diese Empfehlungen bereits umgesetzt haben. Ein Antrag, die Initiative abzuschreiben, wurde mit 13 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Die Kommissionsmehrheit anerkennt den Gesetzgebungsbedarf und die Notwendigkeit, diese Kriterien in die Strafnorm einzufügen, und erachtet die vorgeschlagene Variante als angemessen. Die Kommissionsminderheit hingegen beantragt dem Rat, die Initiative abzuschreiben. Sie ist der Auffassung, dass die geplante Änderung zu weit geht und auch das Problem der Diskriminierung nicht löst. Zudem würde eine solche Bestimmung die Meinungsfreiheit gefährden. Die Kommissionsminderheit kritisiert ferner den Wortlaut des Änderungsvorschlags und sieht Auslegungsschwierigkeiten in Bezug auf die Ausdrücke sexuelle Orientierung und sexuelle Identität.

Berufungskammer am Bundesstrafgericht

Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates spricht sich mit 16 zu 9 Stimmen für die Schaffung einer Berufungskammer am Bundesstrafgericht aus (13.075) und folgt damit dem Ständerat. Mit dieser Vorlage soll das Prinzip der «double instance», wonach eine Straftat sowohl in Bezug auf den Sachverhalt als auch in rechtlicher Hinsicht von zwei unabhängigen Gerichten beurteilt werden kann, auf Bundesebene umgesetzt und der Schutz der Rechtssuchenden verstärkt werden. Die Kommissionsmehrheit beantragt, das Anliegen ihrer Kommissionsinitiative 12.426 aufzunehmen und vorzusehen, dass die Strafkammer in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen in den Fällen von Artikel 19 Absatz 2 StPO urteilen kann, wenn die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse es erfordern. Die Minderheit ist hingegen der Ansicht, dass das Bundesstrafgericht als Spezialgericht keine Berufungskammer braucht, und beantragt deshalb, nicht auf die Vorlage einzutreten.

Vorlage zur Modernisierung des Grundbuchs – noch keine Entscheide

Die Kommission hat sich eingehend mit der Vorlage des Bundesrates zur Modernisierung der Personenstandsbeurkundung und des Grundbuchs (14.034) befasst, die der Nationalrat auf Antrag der Kommission ursprünglich aufteilen und im Bereich des Grundbuchs an den Bundesrat zurückweisen wollte. Der Ständerat hatte der Aufteilung und der Rückweisung in der Wintersession 2016 nicht zugestimmt. Die Kommission liess sich nun von der Verwaltung über diverse Aspekte der Vorlage wie insbesondere die Frage der Aufgabenträger im Bereich des informatisierten Grundbuchs und des Einsatzes eines sektoriellen Personenidentifikators im Grundbuch informieren. Sie wird sich an einer ihrer nächsten Sitzungen wieder mit dem Geschäft befassen.

Anpassung der Regeln zur Ernennung von Beiständinnen und Beiständen

Nach geltendem Recht ist es möglich, Personen auch gegen ihren Willen zur Übernahme eines Mandats als Beiständinnen oder Beistände zu verpflichten. Inzwischen verzichten sämtliche Kantone darauf, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Die Kommission hat deshalb entschieden, ihrem Rat die Anpassung von Art. 400 Abs. 2 ZGB zu beantragen. Zukünftig soll demnach keine Person mehr ohne ihr Einverständnis zum Beistand oder zur Beiständin ernannt werden können. Die Kommission setzt damit eine parlamentarische Initiative um (12.413 n Pa.Iv. Schwaab. Keine Ernennung als Beistand oder Beiständin wider Willen!).

Weitere Geschäfte

Die Kommission hat sich ausserdem mit zwei parlamentarischen Initiativen befasst. Sie beantragt mit 19 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung, der Initiative 15.426, welche verlangt, die Herstellung, den Kauf, den Vertrieb und den Austausch von Nacktbildern von Kindern aus sexuellen Motiven unter Strafe zu stellen, keine Folge zu geben. Damit berücksichtigt die Kommission, dass das Parlament bereits eine ähnlich lautende Motion angenommen hat (14.3022). Ferner hat die Kommission die Initiative 15.455 vorgeprüft, welche missbräuchliche Untermietverhältnisse verhindern möchte. Mit 12 zu 12 Stimmen bei 1 Enthaltung und Stichentscheid des Präsidenten beantragt sie ihrem Rat, der Initiative keine Folge zu geben.

Im Übrigen hat die Kommission den Bericht der „Groupe d’action financière" (GAFI) zur 4. Länderprüfung der Schweiz vom 7. Dezember 2016 zur Kenntnis genommen und die Gelegenheit benützt, sich von der Verwaltung näher über das Zustandekommen des Berichts zu informieren. Die Kommission wird aufmerksam verfolgen, welche Massnahmen der Bundesrat im Anschluss an den Bericht vorschlagen wird.

Die Kommission hat am 2. und 3. Februar 2017 unter dem Vorsitz von Nationalrat Jean Christophe Schwaab (SP, VD) in Bern getagt.