Die Kommission ist der Ansicht, dass die vom Bundesrat vorgesehene Abschaffung des rückwirkenden Opting-outs aus der Revisionspflicht (Art. 727a Abs. 2 und 4 E-OR) genügt, um Missbrauchsfälle zu verhindern. Sie weist darauf hin, dass die vom Ständerat beschlossene zeitliche Beschränkung des Opting-outs auf 2 Jahre einen grossen Mehraufwand für die Handelsregisterämter sowie die Unternehmen verursachen würde. Die Kommission bezweifelt aber, dass dadurch planmässige, missbräuchliche Konkurse gezielt verhindert werden könnten. In Anbetracht der grossen Popularität des Opting-outs müsste eine solche Einschränkung eingehend und umfassend geprüft werden.
Die Vorlage des Bundesrats sieht vor, dass die öffentlich-rechtlichen Gläubiger - wie beispielsweise die Steuerverwaltungen oder die SUVA - neu wählen können, ob eine Betreibung auf Pfändung oder auf Konkurs fortgesetzt wird (Art. 43 E-SchkG). Entgegen dem Ständerat, ist die Kommission der Ansicht, dass dieses Wahlrecht genügt, um sicherzustellen, dass über überschuldete Gesellschaften vermehrt der Konkurs eröffnet wird und der Schaden der öffentlich-rechtlichen Gläubiger nicht weiter vergrössert wird. Sie verzichtet deshalb mit 17 zu 7 Stimmen darauf, die Ausnahmeregelung für öffentlich-rechtliche Gläubiger ganz aufzuheben und folgt damit dem Bundesrat.
Die Kommission hat sich zudem einstimmig dafür ausgesprochen, die Nichtigkeit des Mantelhandels (Art. 684a E-OR) auf überschuldete Gesellschaften ohne Geschäftstätigkeit und ohne Aktiven zu beschränken.
Zu den Beschlüssen der Kommission wurden diverse Minderheiten eingereicht. Die Vorlage wird in der Herbstsession vom Nationalrat beraten.
Ja zur Revision des Stiftungsrechts
Die Kommission ist einstimmig auf die Vorlage zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative 14.470 von alt Ständerat Luginbühl eingetreten. Sie beantragt ihrem Rat, den Beschlüssen des Ständerates zu folgen, um die Stifterrechte zu optimieren und Änderungen an der Stiftungsurkunde zu vereinfachen. Darüber hinaus will die Kommission zwei Aspekte wieder in die Vorlage aufnehmen, welche die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates nach der Vernehmlassung verworfen hatte. So beantragt sie mit 13 zu 3 Stimmen bei 8 Enthaltungen, klarer im Gesetz zu regeln, wer berechtigt ist, bei der Aufsichtsbehörde Beschwerde zu erheben. Zudem spricht sich die Kommission mit 9 zu 8 Stimmen bei 6 Enthaltungen dafür aus, Punkt 8 der parlamentarischen Initiative umzusetzen, wonach juristische Personen, die öffentliche, gemeinnützige oder kulturelle Zwecke verfolgen, selbst dann von der Steuerpflicht befreit sind, wenn sie die Mitglieder ihrer Organe für deren Arbeit entschädigen. Die Minderheit ist gegen diese Änderung, weil die Bestimmung ihrer Meinung nach so auch für andere Arten von Rechtsträgern gelten würde und damit weiterginge als das Stiftungsrecht. In der Gesamtabstimmung hat sich die Kommission schliesslich mit 17 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen für die Annahme der Vorlage ausgesprochen. Das Geschäft kommt in der Herbstsession 2021 in den Nationalrat.
Kommission beginnt Detailberatung der Revision der Zivilprozessordnung
Nachdem die Kommission an ihrer letzten Sitzung einstimmig auf den Entwurf zur Revision der Zivilprozessordnung (20.026) eingetreten war, hat sie nun mit dessen Detailberatung begonnen. Sie hat in diesem Rahmen der Verwaltung den Auftrag erteilt, ihr Vorschläge für einen Rechtschutz rund um die Uhr (24 Stunden / 7 Tage) zu unterbreiten.
Für eine Reform der BA und deren Aufsicht im Rahmen des aktuellen Systems
Mit 14 zu 7 Stimmen hat die Kommission – wie die RK-S – beschlossen, die Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommissionen im Hinblick auf eine Verbesserung des aktuellen Systems zur Aufsicht über die BA zu befolgen. Sie hat eine gleichlautende Motion wie die RK-S (21.3972/21.3970) beschlossen und mit 12 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen entschieden, nicht an der parlamentarischen Initiative 19.485 («Entpolitisierung der Wahl des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin») festzuhalten. Die Minderheit lehnt diese Motion ab und zieht eine Rückkehr zum früheren System vor. Ferner hat sich die Kommission mit 20 zu 4 Stimmen dafür ausgesprochen, ab dem 1. Januar 2022 die Altersschwelle für die Ämter der Bundesanwältin bzw. des Bundesanwalts und der stellvertretenden Bundesanwältinnen bzw. Bundesanwälte auf 68 Jahre anzuheben. Die Minderheit ist gegen jegliche Anhebung des Pensionierungsalters und beantragt deshalb, nicht auf die Vorlage einzutreten. Zu guter Letzt hat die Kommission mit 12 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung der Initiative der RK-S zugestimmt, wonach es der Gerichtskommission möglich sein soll, einen Fachbeirat zur Begleitung ihrer Auswahlverfahren einzusetzen (21.452).
Umsetzung des indirekten Gegenentwurfs zur Konzernverantwortungsinitiative
Die Kommission hat im Rahmen ihres Konsultationsrechts (Art. 151 ParlG) die Vorentwürfe zu den Ausführungsverordnungen zur Aktienrechtsvorlage (16.077, Entwurf 1 und 2) geprüft und über allfällige Anpassungen diskutiert. Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Verordnung über Sorgfaltspflichten und Transparenz in den Bereichen Mineralien und Metalle aus Konfliktgebieten sowie Kinderarbeit (VSoTr), welche den indirekten Gegenentwurf zur Konzernverantwortungsinitiative (16.077, Entwurf 2) auf Verordnungsstufe umsetzt. Die Kommission unterstützt die Stossrichtung der Verordnung und hat mehrere Anträge für Empfehlungen an den Bundesrat abgelehnt. Die Änderung der Handelsregisterverordnung, welche die Revision des Aktienrechts (16.077, Entwurf 1) umsetzt, hat die Kommission zur Kenntnis genommen.
Die Kommission tagte am 19./20. August 2021 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Laurence Fehlmann Rielle (SP, GE) in Bern.