Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates hat die Detailberatung des vom Nationalrat im Rahmen der Aktienrechtsrevision (16.077, Entwurf 2) verabschiedeten indirekten Gegenentwurfs zur Konzernverantwortungsinitiative abgeschlossen und diesen in der Gesamtabstimmung mit 6 zu 4 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen. Die Konzernverantwortungsinitiative (17.060) empfiehlt sie mit 7 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung zur Ablehnung. Eine Minderheit beantragt die Annahme der Volksinitiative.

​Die Kommission hat an ihrer Sitzung vom 21. August 2018 Experten und Interessenverbände zum indirekten Gegenentwurf des Nationalrates angehört. Um deren Kritik Rechnung zu tragen, wurde der Entwurf des Nationalrates an verschiedenen Stellen redaktionell angepasst. Die im Entwurf des Nationalrates in Artikel 55 OR (Geschäftsherrenhaftung) integrierte Haftungsregelung wurde in einen neuen Artikel 55a OR überführt. Die Kommission hat zudem die Bestimmungen des internationalen Privatrechts überarbeitet und schlägt neu eine Regelung vor, die aufgrund der Unterstellung der ganzen Haftungsregelung unter Schweizer Recht mehr Rechtssicherheit bietet und zudem die Rechtsanwendung vereinfacht.

Die inhaltlich wichtigste Differenz zum Entwurf des Nationalrates hat die Kommission mit der Einführung einer Subsidiaritätsregelung geschaffen (mit 7 zu 6 Stimmen). Sie möchte damit sie ein sogenanntes «Forum Shopping» verhindern. Die Kläger sollen soweit zumutbar im Ausland gegen die Tochtergesellschaft vorgehen, welche die Menschenrechts- oder Umweltrechtsverletzung begangen hat. Die Kommission will dabei nicht vom Grundsatz des Wohnsitzgerichtsstandes des Beklagten im Schweizer Zivilprozessrecht abweichen. Sie schlägt hingegen vor, dass dieses Prinzip für multinationale Konzerne eine weniger verbindliche Anwendung erfahren soll. So soll die Muttergesellschaft in der Schweiz belangt werden können, wenn der Kläger glaubhaft macht, dass eine Klage gegen die Tochtergesellschaft im Ausland im Vergleich zu einem Vorgehen in der Schweiz erheblich erschwert ist, insbesondere, wenn nicht zu erwarten ist, dass ein ausländisches Gericht innert angemessener Frist eine in der Schweiz anerkennbare Entscheidung fällt. Eine Minderheit beantragt, auf eine Subsidiaritätsregelung zu verzichten.

Weiter sieht die Kommission neu vor, dass die Unternehmen den Bericht über die Sorgfaltsprüfung durch ein Revisionsunternehmen prüfen und bestätigen lassen können. Es wird festgehalten, dass das Gericht diese Bestätigung bei der Beurteilung einer Klage nach Artikel 55a berücksichtigen soll. Mit Stichentscheid des Präsidenten hält die Mehrheit der Kommission an der Version des Nationalrats fest, wonach sich die Sorgfaltsprüfungspflicht analog zu den OECD-Leitsätzen auf «Geschäftsbeziehungen mit Dritten» erstreckt. Damit wird grundsätzlich die ganze Wertschöpfungs- und Lieferkette erfasst. Eine Minderheit beantragt, dass der Umfang der Sorgfaltsprüfungspflicht auf «Zulieferer» beschränkt wird.

In einem Grundsatzentscheid hat sich die Kommission, mit 7 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen, gegen eine Streichung der Haftung ausgesprochen. Eine Minderheit möchte einen indirekten Gegenentwurf, der eine Sorgfaltsprüfungs- und Berichterstattungspflicht, aber keine Haftung vorsieht.

Damit der Nationalrat genügend Zeit hat für seine Beratungen, beantragt die Kommission ihrem Rat, die Frist für die Behandlung der Volksinitiative um ein Jahr, bis am 10. April 2020, zu verlängern.

Die Kommission hat am 19. Februar 2019 unter dem Vorsitz von Ständerat Robert Cramer (G, GE) in Bern getagt.