Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) ist in der Differenzbereinigung zur BVG-Reform in zentralen Punkten den Beschlüssen des Ständerates gefolgt. Insbesondere bei den Kompensationsmassnahmen für die Übergangsgeneration sieht sie im Modell des Ständerates eine mehrheitsfähige Kompromisslösung. Eine gewichtige Differenz verbleibt bei der Höhe und Ausgestaltung des Koordinationsabzugs.

Gestützt auf die an der letzten Sitzung in Auftrag gegebenen Berichte und Berechnungen der Verwaltung hat die Kommission die erste Runde der Differenzbereinigung bei der BVG-Reform (20.089) abgeschlossen. Sie hat erneut bekräftigt, dass eine ausgewogene Reform mit einer Senkung des Umwandlungssatzes verabschiedet werden soll. Trotz in letzter Zeit gestiegener Leitzinsen sei eine solche unumgänglich. Im Bestreben einen mehrheitsfähigen Kompromiss zu zimmern, hat sich die Kommissionsmehrheit dabei in vielen Punkten der Lösung des Ständerates angeschlossen.

Wie die kleine Kammer will sie die Eintrittsschwelle für die obligatorische Versicherung nach BVG um einen Fünftel, statt wie vom Nationalrat vorgesehen auf die Höhe des halben Koordinationsabzuges senken (Art. 2 Abs. 1; 16 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung). Dies mit dem Ziel, tiefere Einkommen nicht durch hohe und im Vergleich zum geltenden Recht unvermittelt ansteigende Abzüge zu belasten, Mehrfachbeschäftigte aber dennoch besser zu versichern. Der Sparbeginn soll dabei gemäss Bundesrat und Ständerat bei 25 Jahren belassen werden (Art. 7 Abs. 2; 14 zu 10 Stimmen). Aus dem gleichen Grund beharrt die Mehrheit der Kommission beim Koordinationsabzug auf dem heutigen System eines fixen Abzugs. Sie will diesen jedoch, wie bereits vom Nationalrat beschlossen, auf die Hälfte reduzieren, damit zusätzliche Einkommen von der beruflichen Vorsorge erfasst werden. Ein prozentualer Abzug von 15 Prozent gemäss Ständeratsbeschluss sei für tiefe Einkommen zu teuer.

Bei den Kompensationsmassnahmen für die von der Senkung des Umwandlungssatzes besonders betroffene Übergangsgeneration beantragt die Kommissionsmehrheit, sich dem Konzept des Ständerates anzuschliessen. Diese Lösung sei zielgerichtet: Die Hälfte der Versicherten profitiere von einem Zuschlag, während Personen mit hohen Renten nicht zusätzlich unterstützt würden. Verschiedene Minderheiten möchten zum ursprünglichen, vom Bundesrat unterstützen, Sozialpartnerkompromiss zurückkehren (mit 17 zu 8 Stimmen abgelehnt), beim Konzept des Nationalrates bleiben (mit 14 zu 11 Stimmen abgelehnt) oder den Mehrheitsbeschluss gemäss dem Konzept der Minderheit Müller Damian im Ständerat ausbauen (mit 15 zu 10 Stimmen abgelehnt).

Neben dem Koordinationsabzug verbleiben mit dem Antrag der Kommissionsmehrheit in weiteren kleineren Punkten Differenzen zum Ständerat. Die Vorlage, zu der 15 Minderheiten eingereicht wurden, ist damit bereit für die Frühjahrssession.

Im Rahmen der Beratung der BVG-Reform und der dazu eingereichten Petition Frauensession 2021. Gleichstellung im Alter (21.2033) will die Kommission den Bundesrat mit einem Postulat beauftragen, die Einführung eines Splittings der erworbenen BVG-Altersguthaben für Eltern (23.3011) zu prüfen.

Entlastung der Spitalnotfallaufnahmen von Bagatellfällen: Kommission will zwei Umsetzungsvarianten prüfen

Die Kommission hat sich erneut mit der pa. Iv. (Weibel) Bäumle Gebühr für Bagetellfälle in der Spitalnotfallaufnahme(17.480) befasst. Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Frage, ob die parlamentarische Initiative verfassungsgemäss umgesetzt werden kann. Ziel ist es, die derzeit hohe Belastung der Spitalnotfallaufnahmen zu verringern, indem ein finanzieller Anreiz geschaffen wird, so dass Personen in Bagatellfällen seltener die Notfallaufnahme aufsuchen.

Die Kommission hat mit 15 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung beschlossen, die Verwaltung damit zu beauftragen, für den Vorentwurf zwei Umsetzungsvarianten zu erarbeiten.

Die erste Variante, die sich stark an den Initiativtext anlehnt, soll eine Lenkungsabgabe vorsehen, die immer dann zu entrichten ist, wenn eine versicherte Person eine Notfallbehandlung in Anspruch nimmt. Personen, die aufgrund eines tatsächlichen Notfalls die Spitalnotfallaufnahme aufsuchen, sollen von der Abgabe befreit sein. Die Definition eines Notfalls soll sich auf Artikel 64a Absatz 7 nKVG stützen, der soeben vom Parlament im Rahmen des Geschäfts 16.312 verabschiedet wurde und demnächst in Kraft tritt.

Auch die zweite Variante setzt auf einen finanziellen Anreiz, in diesem Fall jedoch in Form einer Erhöhung des Selbstbehalts zulasten der versicherten Person (50 Franken), falls diese die Notfallaufnahme aufsucht, ohne von einer Ärztin bzw. einem Arzt, von einem Zentrum für Telemedizin oder von einer Apothekerin bzw. einem Apotheker dorthin geschickt worden zu sein.

In beiden Varianten sollen Kinder bis zum Alter von 18 Jahren und schwangere Frauen von diesen Zusatzkosten befreit werden.

Einige Kommissionsmitglieder wollten andere Ansätze verfolgen, um die Spitalnotfallaufnahmen zu entlasten. Ein Antrag auf eine Kommissionsmotion, welche den Bundesrat beauftragt hätte, Massnahmen zu ergreifen, die mit den betroffenen Verbänden abgestimmt sind und sich an den im Ausland praktizierten Modellen orientieren, wurde mit 12 zu 12 Stimmen und Stichentscheid der Präsidentin abgelehnt. Mit 13 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung keine Mehrheit fand auch ein Antrag auf Abschreibung der Initiative.

Weitere Geschäfte

Die Kommission hat Kenntnis genommen von der Stellungnahme des Bundesrates zur Pa. Iv. SGK-NR. Ausnahmen von der dreijährigen Tätigkeitspflicht gemäss Artikel 37 Absatz 1 KVG bei nachgewiesener Unterversorgung (22.431). Die entsprechende Gesetzesvorlage wird der Nationalrat in der Frühjahrssession behandeln. An einer nächsten Sitzung wird sich die SGK-N mit der Vereinbarkeit mit dem Freizügigkeitsabkommen (FZA) und mit Artikel 37 KVG im Allgemeinen befassen.

Die Kommission hat dem Vorentwurf und dem erläuternden Bericht zur Umsetzung der Pa. Iv. Schneeberger. Leistungen zur Prävention sind im heutigen Umfeld eine wichtige Aufgabe von Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen (19.456) zugestimmt. Sie wird in den kommenden Wochen ein Vernehmlassungsverfahren eröffnen.

Die Kommission beantragt mit 14 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen die Annahme der Mo. Ständerat (Müller Damian). Betreuungsentschädigung. Betreuung von schwer kranken Kindern im Spital gewährleisten und die Lücke im Vollzug schliessen (22.3608).

Sie beantragt mit 16 zu 6 Stimmen bei 2 Enthaltungen, die Frist für die Umsetzung der Mo. Nationalrat (Darbellay). Rechtslücke in der Unfallversicherung schliessen (11.3811) um ein Jahr zu verlängern. Vorgängig wurde die Kommission von der Verwaltung über die laufenden Arbeiten informiert.

Ferner beantragt die Kommission ihrem Rat mit 13 zu 9 Stimmen, die Pa. Iv. Frehner. Kostentransparenz der Spitäler(15.485) abzuschreiben. In den Augen der SGK-N ist das Initiativanliegen mit den laufenden Anpassungen der Verordnungen zur Tarifermittlung erfüllt.

Die Kommission wurde von der Verwaltung über die Situation der Psychologinnen und Psychologen in Weiterbildung informiert. Sie hat beschlossen, ein Schreiben an den Bundesrat zu richten und ihn zu ersuchen, Lösungen zu finden, damit Psychologinnen und Psychologen in Weiterbildung von einer Übergangsmassnahme profitieren können, bis sie ihr praktisch-klinisches SIWF-Jahr absolviert haben. Die Kommission will das Dossier eng verfolgen und wird sich an einer der nächsten Sitzungen weiter mit dem Thema befassen.