Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-SR) will das System der Ergänzungsleistungen optimieren, aber vorderhand nicht fundamental umbauen. Sie ist einstimmig auf die Vorlage des Bundesrates eingetreten.

Die Ausgaben für die Ergänzungsleistungen (EL) werden – unter anderem wegen der Alterung der Bevölkerung – von 4,8 Milliarden Franken im Jahr 2015 auf voraussichtlich 6,9 Milliarden Franken im Jahr 2030 ansteigen. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat dem Parlament im Rahmen des Geschäfts ELG. Änderung (EL-Reform; 16.065 s) eine Reihe von Massnahmen unterbreitet, die den Kostenanstieg bremsen sollen, ohne das Niveau der EL grundsätzlich anzutasten. So sollen zum Beispiel die Versicherten von Pensionskassen verpflichtet werden, den obligatorischen Teil ihrer beruflichen Vorsorge als Rente – und nicht als Kapital – zu beziehen, um das Risiko zu vermindern, dass sie rasch einmal auf EL angewiesen sind. Auch sollen unerwünschte Schwelleneffekte reduziert werden.

Die Kommission hörte zunächst Vertretungen der Kantone, Städte und Gemeinden, der Sozialpartner, der Pensionskassen, der Senioren und der Menschen mit Behinderungen sowie zwei Experten an. In der Eintretensdebatte war sie sich einig, dass sie das System der EL optimieren und die vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen detailliert diskutieren will. Hingegen will sie in der jetzigen Phase nichts an der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen ändern, welche die EL zu 70 Prozent finanzieren. Auch eine Neuordnung der Pflegefinanzierung, welche die EL entlasten könnte, betrachtet die Kommission als längerfristiges Projekt. An ihrer nächsten Sitzung wird sie prüfen, ob sie das Thema der anrechenbaren Mietzinsmaxima in die EL-Reform aufnehmen will, wie ihr dies die Schwesterkommission des Nationalrates nahegelegt hat.

Höhere Prämienverbilligung für weniger gut situierte Kinder

Einstimmig ist die Kommission auf die Vorlage aus dem Nationalrat eingetreten, die zum Ziel hat, Familien bei den Krankenkassenprämien zu entlasten (10.407 Pa. Iv. Prämienbefreiung für Kinder [Humbel]; 13.477 Pa. Iv. KVG. Änderung der Prämienkategorien für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene [Rossini]). In der Detailberatung unterstützte die SGK-SR einstimmig die Anpassung des Risikoausgleichs, die es den Versicherern ermöglicht, jungen Erwachsenen einen substantiellen Prämienrabatt zu gewähren. Dies führt dazu, dass auch die Kantone geschätzte 75 Millionen Franken weniger an Prämienverbilligung ausrichten müssen.

Intensiv diskutierte die Kommission, ob die Kantone im Gegenzug verpflichtet werden sollen, die Prämien von Kindern in Haushalten mit unteren und mittleren Einkommen neu um mindestens 80 Prozent zu verbilligen statt wie bisher um mindestens 50 Prozent. Dies würde geschätzte 80 Millionen Franken kosten. Die Befürworter wollen mit der Anpassung des Prozentsatzes sicherstellen, dass die Kantone das bei den jungen Erwachsenen eingesparte Geld im System der Prämienverbilligung behalten. Insgesamt sei die Vorlage für die Kantone ungefähr kostenneutral, betonten sie. Die Gegner lehnten die höhere Prozentvorgabe als Eingriff in die Hoheit der Kantone ab. Diese sollten frei bleiben, ob sie die Prämien der Kinder in weniger gut situierten Familien unter Berücksichtigung der generellen Steuer- und Sozialpolitik um mehr als 50 Prozent verbilligen wollten. Mit 7 zu 6 Stimmen beantragt die Kommission schliesslich, dem Nationalrat zu folgen und den Prozentsatz auf 80 Prozent anzuheben. In der Gesamtabstimmung hiess die Kommission die Vorlage mit 9 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen gut.

Entlastung für Familien mit schwer behinderten Kindern

Die Kommission unterstützt die Vorlage aus dem Nationalrat, die Familien, welche schwerkranke und schwerbehinderte Kinder zu Hause pflegen, gezielt entlasten will (Pa. Iv. Bessere Unterstützung für schwerkranke und schwerbehinderte Kinder, die zu Hause gepflegt werden (Joder; 12.470 n). Sie ist einstimmig darauf eingetreten und hat die Vorlage in der Gesamtabstimmung unverändert angenommen, dies ebenfalls einstimmig. Da auch die am stärksten betroffenen Familien von der geplanten Erhöhung des Intensivpflegezuschlags profitieren sollen, war die Ausnahmebestimmung für den Assistenzbeitrag in der Kommission unbestritten. Die in der Vorlage vorgesehenen Massnahmen führen bei der Invalidenversicherung (IV) insgesamt zu Mehrkosten von rund 26 Mio. Franken pro Jahr. Nach Einschätzung des Bundesrates lässt sich gemäss aktuellen Prognosen das Ziel der Entschuldung der IV per 2030 trotz dieser Mehrkosten realisieren.

Weitere Geschäfte

Die Kommission hat die Differenzen im Bundesgesetz über den Schutz vor Gefährdungen durch nichtionisierende Strahlung und Schall (NISSG; 15.084 s) beraten. Einstimmig hielt sie an der Bestimmung fest, die es dem Bundesrat erlaubt, gewisse Produkteverwendungen mit erheblichem Gefährdungspotenzial für die Gesundheit zu verbieten, wie zum Beispiel das Entfernen von Leberflecken mit starken Lasern (Art. 5 Bst. b). Bei den übrigen Differenzen beantragt die SGK-SR, den Beschlüssen des Nationalrates zu folgen: so soll die Bestimmung, wonach der Bund die wissenschaftlichen Grundlagen für den Vollzug des Gesetzes beschaffen kann, gestrichen werden (Art. 6). Zudem muss der Bundesrat dem Parlament spätestens nach acht Jahren über die Wirksamkeit und Notwendigkeit des Gesetzes berichten (Art. 14a).

In der Differenzbereinigung zum Entwurf zur Pa. Iv. Nachbesserung der Pflegefinanzierung (14.417 s; Egerszegi-Obrist) beantragt die Kommission einstimmig, dass ein Kanton die Restfinanzierung bei ausserkantonalem Pflegeheimaufenthalt nur dann nach den Regeln des Standortkantons des Heims übernehmen muss, wenn er dem oder der Betroffenen keinen Pflegeheimplatz zur Verfügung stellen kann.

Die Kommission hat sich weiter zum Verordnungsentwurf des EDI über die Prämienregionen konsultieren lassen, welcher vorsieht, bei der Einteilung der Regionen neu von Bezirken statt von Gemeinden auszugehen. Sie brachte gewichtige Vorbehalte an (negative Auswirkungen für die Bevölkerung in ländlichen Regionen und Nivellierung der Kostenunterschiede) und unterstrich, dass Änderungen in diesem sensiblen Bereich politisch breit abgestützt sein sollten. In Absprache mit Bundesrat Berset beschloss sie, das Thema zu vertiefen und die Diskussion nach der Frühjahrssession auf der Basis der konsolidierten Ergebnisse der Vernehmlassung fortzusetzen. Im Rahmen dieser Debatte möchte sie sich auch mit der Motion Germann. An bewährten Prämienregionen festhalten (16.4083) auseinandersetzen, weshalb sie dem Ständerat beantragt, ihr diese zur Vorberatung zuzuweisen.

Einstimmig beantragt die Kommission ihrem Rat, dass die Pensionskassen in jedem Fall die jährliche Aufsichtsabgabe übernehmen müssen, welche die kantonalen und regionalen Aufsichtsbehörden der Oberaufsichtskommission abzuliefern haben (Pa. Iv. Überwälzung der Aufsichtsabgabe für die OAK BV. Ergänzung von Artikel 64c mit einem Absatz 4; Leutenegger Oberholzer; 14.444 n).

Einstimmig beantragt die Kommission, die vom Nationalrat geänderte Mo. Ständerat (SGK-SR). Transparenz bei der Spitalfinanzierung der Kantone (16.3623 s) anzunehmen.

Mit 8 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen beantragt die Kommission, die Mo. Nationalrat (SGK-NR). Mehr unternehmerische Freiheit im Gesundheitswesen (16.3906 n) abzulehnen.

Die Kommission tagte am 23./ 24. Januar 2017 in Bern unter dem Vorsitz von Konrad Graber (CVP, LU) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.