Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) lobt die ausgezeichnete Arbeit des Bundesrates in der aktuellen Krise. Gleichzeitig fordert sie jedoch, weitere betroffene Kreise in Massnahmen bei Erwerbsausfall aufzunehmen, Kindertagesstätten zu unterstützen, die Personalressourcen der Spitäler besser zu koordinieren und die öffentlichen Spitäler bei der Kurzarbeit nicht zu benachteiligen.

Die Kommission nahm mit den Bundesräten Alain Berset und Guy Parmelin eine gesundheits- und eine sozialpolitische Lagebeurteilung vor. Aufgrund der ausführlichen Informationen über die gesundheitspolitischen und sozialpolitischen Massnahmen stellte die Kommission mit Befriedigung fest, dass der Bundesrat gestützt auf das Epidemiengesetz im Umgang mit der Krise unter immensem Zeitdruck ausgezeichnete Arbeit leiste. Sie anerkennt die Bemühungen und Erfolge des Bundesrates bei der Gratwanderung, den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten und gleichzeitig den Schaden für Gesellschaft und Wirtschaft möglichst klein zu halten. Die Kommission schätzt, dass der Bundesrat trotz der ausserordentlichen Lage alles daransetzt, den Einbezug der Kantone zu gewährleisten.

Die Kommission begrüsst, dass nun eine Strategie für eine geordnete Lockerung der aktuellen Massnahmen evaluiert wird. Zu prüfen seien zeitlich differenzierte Schritte sowie die nötigen Begleitmassnahmen, um den Schutz der gefährdeten Gruppen weiter sicherzustellen.

Die Kommission würdigt die Ausweitung der Leistungen bei der Arbeitslosenversicherung und die neuen Massnahmen bei Erwerbsausfall. Insbesondere das Instrument der Kurzarbeit erweist sich als sehr leistungsfähig. In einzelnen Punkten ortet die Kommission indessen Handlungsbedarf:

Situation der Selbständigerwerbenden und Prekären

Die Kommission begrüsst die rasche und unbürokratische Umsetzung des Corona-Erwerbsersatzes. Noch sind jedoch viele direkt und indirekt betroffene Erwerbstätige nicht abgedeckt. So müsse Betroffenen in den Gesundheitsberufen, denen die Berufsausübung faktisch verboten wurde, rasch geholfen werden, beispielsweise durch die Ausweitung der aktuellen Massnahmen. Auch prekär beschäftigte Personen, die unregelmässige Arbeiten auf Abruf ausführen, sehen sich mit grossen Problemen konfrontiert und werden bisher nicht unterstützt. Die Kommission fordert den Bundesrat auf, für diese Gruppen möglichst rasch Lösungen zu suchen.

Kindertagesstätten

Kinderkrippen müssen geöffnet bleiben, dürfen zurzeit jedoch kaum Kinder betreuen. Viele Betreuungseinrichtungen sind durch die Krise in ihrer Existenz bedroht. Die Kommission ist der Auffassung, dass die Kindertagestätten durch die Kantone unterstützt werden müssen, aber auch der Bund in der ausserordentlichen Lage seinen Beitrag leisten muss.

Personalressourcen und Kurzarbeit in Spitälern

Die Spitäler und das Gesundheitspersonal leisten in der aktuellen Situation Ausserordentliches. Die Kommission zeigt sich jedoch besorgt über die Herausforderungen, vor denen die Spitäler im Spannungsfeld zwischen der Bereitstellung von Kapazitäten für die Behandlung von COVID-19 Patienten und dem Verbot von nicht dringlichen Eingriffen stehen. Viele Spitäler haben einerseits hohe ausserordentliche Kosten zu tragen, sind gleichzeitig aber in vielen Abteilungen nicht ausgelastet. Einige private Spitäler mussten bereits Kurzarbeit anmelden, während in anderen Bereichen das Arbeitsrecht sistiert wurde, was zu überlangen Arbeitszeiten für das bereits sehr belastete Personal führt. Die Kommission fordert den Bundesrat auf, eine bessere Koordination der Personalressourcen in den Spitälern sicherzustellen. Es ist der Kommission bewusst, dass die Organisation des Spitalwesens in der Hoheit der Kantone liegt. Es sei jedoch zu verhindern, dass einerseits in gewissen Abteilungen Pflegeangestellte zu überlangen Schichten verpflichtet würden, anderseits gewisse Angestellte jedoch nicht arbeiten könnten. Auch der Einsatz von Militär und Zivilschutz sollte im Gesundheitsbereich nicht zu Fehlanreizen führen.

Ausserdem darf die Kurzarbeit im Gesundheitsweisen keine Benachteiligung von öffentlichen Spitälern nach sich ziehen.

Ausschüttung von Dividenden

Zurzeit ist es Unternehmen, die Kurzarbeit angemeldet haben, weiterhin erlaubt, Dividenden auszuschütten. Die Kommission fordert den Bundesrat auf, eine Regelung zu prüfen, die Unternehmen mit Kurzarbeit analog zur Verordnung zur Gewährung von Krediten und Solidarbürgschaften die Ausschüttung von Dividenden verbietet.

Die Kommission wird an ihrer nächsten Sitzung vom 21. April 2020 prüfen, inwiefern ihre Vorschläge aufgenommen wurden und das weitere Vorgehen beschliessen.

Unterstützung für die Nachtrags-Kredite

Einhellig unterstützt die Kommission die beiden A-fond-perdu-Beiträge, die der Bundesrat dem Parlament zur Abfederung der Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie im Bereich der Sozialversicherungen bisher beantragt hat (Nachmeldung des Bundesrates zum Nachtrag I / 2020 vom 20. März 2020 im Rahmen des Geschäfts 20.007). 6 Milliarden Franken sind für den Fonds der Arbeitslosenversicherung (ALV) bestimmt, um die Ausweitung der Kurzarbeitsentschädigung zu finanzieren. 4 Milliarden Franken fliessen in den Fonds der Erwerbsersatzordnung (EO), der einen Erwerbsersatz ausrichtet für Selbständige, die direkt von der Schliessung öffentlich zugänglicher Einrichtungen (Restaurants. Geschäfte, Coiffeurstudios, etc.) betroffen sind. Auch wer wegen einer ärztlich verordneten Quarantäne oder wegen Kinderbetreuung seine Erwerbsarbeit unterbrechen muss, soll aus dem EO-Fonds eine Entschädigung erhalten. Die SGK-S wird ihren Mitbericht an die Finanzkommission des Ständerates formell an ihrer nächsten Sitzung vom 21. April 2020 verabschieden, um allfällige weitere Entwicklungen berücksichtigen zu können.

Die Kommission tagte am 7. April 2020 in Bern unter dem Vorsitz von Paul Rechsteiner (SP, SG) und teilweise in Anwesenheit der Bundesräte Alain Berset und Guy Parmelin.