Der Bundesrat soll sich auf nationaler und internationaler Ebene dafür einsetzen, dass die Versorgung der Schweiz mit Medikamenten und Impfstoffen ausreichend sichergestellt werden kann. Dies verlangt die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) mit einer Motion. Zudem will sie vom Bundesrat wissen, ob er bereit ist, eine zusätzliche Finanzspritze des Bundes für die Arbeitslosenversicherung vorzubereiten.

Mit 10 zu 0 Stimmen bei 3 Enthaltungen beschloss die Kommission, die Motion «Erhöhung der Versorgungssicherheit bei Medikamenten und Impfstoffen» (20.3166) einzureichen. Der Bundesrat soll beauftragt werden, mit den Akteuren im Gesundheitswesen ein Inventar der Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Medikamenten und Impfstoffen zu erstellen und auf nationaler und internationaler Ebene Lösungen zu erarbeiten. Als mögliche Ansätze nennt die Motion die vermehrte Produktion in der Schweiz oder in Europa, internationale Abnahmeverträge sowie eine Ausweitung der Lagerbestände des Bundes und der Kantone. Zudem soll der Bundesrat eine Erweiterung und Anpassung des Mandats der Armeeapotheke prüfen, damit diese bei Engpässen die subsidiäre Funktion einer Bundesapotheke für zugelassene oder nach Rezeptur hergestellte Arzneimittel übernehmen kann.

Mit 7 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen reichte die Kommission die Motion «Mo. SGK-S. Für eine risikobasierte Präventions- und Krisenstrategie zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten» (20.3162) ein, die identisch ist mit einem Vorstoss ihrer Schwesterkommission des Nationalrates. Gleichlautende Kommissionsmotionen werden zu einem verbindlichen Auftrag für den Bundesrat, sobald beide im jeweiligen Rat angenommen worden sind.

Gesetzliche Grundlage der Proximity-Tracing-App kritisch hinterfragt

Eingehend beschäftigte sich die Kommission mit der geplanten Proximity-Tracing-App. Diese verwendet die Bluetooth-Funktechnik und informiert ihre Nutzer, wenn sie sich zu lange in der Nähe einer mit dem Coronavirus infizierten Person aufgehalten haben. Die Kommission nahm zur Kenntnis, dass die Nutzung dieser App in jedem einzelnen Schritt freiwillig sein soll. Zudem soll sie keine Gesundheitsdaten, sondern nur anonymisierte Daten über Kontakte speichern, und zwar dezentral bei den einzelnen Nutzern. Die Verwaltung stellte in Aussicht, dass das Programm öffentlich gemacht und von Hackern auf Schwachstellen getestet werden soll. Noch nicht überzeugt zeigte sich die Kommission bezüglich der gesetzlichen Grundlage für die App, die nach Auskunft der Verwaltung neu nicht in einer Notrechtsverordnung, sondern in einer ordentlichen befristeten Verordnung geregelt werden soll, die auf das Epidemiengesetz sowie auf das Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz abgestützt würde. Die Kommission möchte sich wenn möglich vorgängig zu dieser Verordnung konsultieren lassen.

Zusätzliche Finanzspritze des Bundes für die Arbeitslosenversicherung

Mit einer Interpellation (20.3167) ersucht die einstimmige Kommission den Bundesrat, sich zu den finanziellen Aussichten für die Arbeitslosenversicherung zu äussern, welche in der aktuellen Krise durch die Kurzarbeit von derzeit rund 1,9 Millionen vorangemeldeten Arbeitnehmenden in beispielloser Weise beansprucht wird. Insbesondere möchte die Kommission wissen, ob der Bundesrat die Auffassung teile, dass die pandemiebedingten Mehrkosten nicht den Beitragszahlenden und der Wirtschaft aufgebürdet werden dürften, was die Krise noch verschärfen würde, sondern vom Bund zu tragen seien. Zusätzlich möchte sie wissen, wie er die zusätzliche Finanzierung durch den Bund aufzugleisen gedenke.

Zugunsten der indirekt betroffenen Selbständigen nachgedoppelt

In einem Schreiben an den Bundesrat bekräftigt die Kommission ihre vor einer Woche abgegebene Empfehlung, wonach die Ausgestaltung des COVID-19-Erwerbsersatzes für indirekt betroffene Selbständige nicht zu einem Schwelleneffekt bei einem Einkommen von 90 000 Franken führen dürfe. Die Anspruchsvoraussetzungen müssten so geändert werden, dass alleinverdienende und alleinerziehende Selbständigerwerbende nicht gegenüber Teilzeiterwerbenden diskriminiert würden. Dabei sei das Familieneinkommen zu berücksichtigen. Auch sollen indirekt betroffene Selbständige mit hohen Einkommen wie Ärzte, Zahnärzte oder Rechtsanwälte nicht von dieser Leistung profitieren können.

Nullzinskonto für die Auffangeinrichtung BVG prüfen

Ähnlich wie die SGK des Nationalrates empfiehlt die Kommission dem Bundesrat in ihrem Brief zu prüfen, ob der Auffangeinrichtung BVG ein Nullzinskonto gewährt werden könnte. Die Auffangeinrichtung verwaltet insbesondere auch die Freizügigkeitsgelder von Erwerbstätigen, die ihre Arbeit verlieren. Im Gegensatz zu anderen Freizügigkeitseinrichtungen kann sie Freizügigkeitsgelder nicht ablehnen. Die Kommission plant, die Auswirkungen der Negativzinsen auf die Sozialversicherungen nach der Sommersession generell zu erörtern.

In dem Schreiben legt die Kommission dem Bundesrat zudem nahe, der schwierigen finanziellen Situation der Pensionskassen Rechnung zu tragen, wenn er den Mindestzinssatz für die Verzinsung der Vorsorgegelder für das Jahr 2021 festlegt.

 

Die Kommission tagte am 29. April 2020 in Bern unter dem Vorsitz von Paul Rechsteiner (SP, SG).