Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SiK-N) ist mit 16 zu 8 Stimmen auf die Vorlage zur Änderung des Kriegsmaterialgesetzes (25.024) eingetreten. Sie hat erste Beschlüsse gefasst und wird die Beratung im nächsten Quartal fortsetzen.

Die Vorlage zur Änderung des KMG sah ursprünglich einzig die Aufnahme einer Abweichungs-kompetenz für den Bundesrat bei der Ausfuhr von Kriegsmaterial vor. Der Ständerat ergänzte die Vorlage in der Sommersession mit einer Neuregelung der Wiederausfuhr von Kriegsmaterial. Diese Thematik wird von der SiK-N seit 2023 im Rahmen ihrer Parlamentarischen Initiative 23.403 behandelt.

Die Kommissionsmehrheit ist der Ansicht, dass angesichts der sich stetig verschlechternden geopolitischen Situation die Schweizer Armee gestärkt und ihre Verteidigungsfähigkeit erhöht werden muss. Ein wichtiges Element hierfür ist eine starke und leistungsfähige Sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis (STIB). Mit der Revision des KMG soll der Export von Kriegsmaterial erleichtert und somit die Entwicklung dieser STIB gefördert werden. Die Minderheit kritisiert, dass eine Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes lediglich im Interesse der STIB und nicht der neutralen Schweiz sei, die sich insbesondere für Frieden und den Schutz der Menschenrechte einsetzen soll. Zudem könne die Ukraine, die von ihrem legitimen Selbstverteidigungsrecht gemäss UNO-Charta Gebrauch mache, von den vorgeschlagenen Regelungen nicht innert nützlicher Frist profitieren.

Bezüglich der Ausfuhr von Kriegsmaterial unterstützt die SiK-N die vom Bundesrat vorgeschlagene Abweichungskompetenz mit 16 zu 8 Stimmen, die ihm erlauben würde, im Falle ausserordentlicher Umstände zur Wahrung der aussen- oder sicherheitspolitischen Interessen des Landes von den Bewilligungskriterien für Auslandsgeschäfte abzuweichen (Art. 22b). Weiter beantragt die Kommission indes, die vom Ständerat neu vorgeschlagene generelle Ausnahme für Länder, die ein ähnliches Exportregime wie die Schweiz kennen und im Anhang 2 KMV aufgeführt sind, einzugrenzen. So sollen Ausnahmen für solche Staaten nur im Falle eines bewaffneten Konflikts möglich sein. Ein Empfängerland, das die Menschenrechte schwer und systematisch verletzt, bei welchem die Gefahr besteht, dass die Exportgüter gegen die eigene Zivilbevölkerung eingesetzt oder an unerwünschte Endempfänger abgegeben würden, sollte jedoch nicht Gegenstand der Ausnahmeregelung sein. Weitere Änderungsanträge wurden von der Kommission abgelehnt.

Bezüglich der Neuregelung der Wiederausfuhr von Kriegsmaterial hat die SiK-N die Beratungen aufgenommen und wird diese im nächsten Quartal fortsetzen.

Flexibilisierung des Effektivbestandes der Armee

Die SiK-N beantragt ihrem Rat mit 15 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung, die quantitative Vorgabe des Effektivbestandes der Armee in der Verordnung der Bundesversammlung über die Organisation der Armee (AO) zu streichen. Dieser ist zurzeit auf höchstens 140'000 Militärdienstpflichtige beschränkt. Gleichzeitig beantragt die SiK-N, in der AO zu präzisieren, dass die Armee über einen Sollbestand von mindestens 100'000 Militärdienstpflichtigen verfügt. Die Kommissionsmehrheit erachtet eine starre Vorgabe eines Effektivbestandes insbesondere angesichts der schwierigen geopolitischen Situation als nicht mehr gerechtfertigt. Vielmehr soll der Effektivbestand flexibel ausgestaltet sein, damit der Sollbestand jederzeit sichergestellt und eine Unterschreitung ausgeschlossen werden kann. Entsprechend wird die vom Bundesrat vorgeschlagene und vom Ständerat angenommene Übergangsbestimmung abgelehnt, mit welcher der Effektivbestand von 140'000 Militärdienstpflichtigen während 5 Jahre hätte überschritten werden dürfen. Eine Minderheit sprach sich gegen die Präzisierung eines Mindestsollbestandes aus, da ein Sollbestand eine gewisse Flexibilität zulassen soll, auch nach unten. Eine weitere Minderheit kritisiert, dass seit Anfang 2023 eine rechtliche Grundlage für die Überschreitung des zulässigen Effektivbestands fehlt und somit gegen das Legalitätsprinzip verstossen werde. Sie sieht keine Notwendigkeit für so hohe Effektivbestände und beantragt eventualiter, die vom Ständerat angenommene Übergangsbestimmung abzulehnen.

Mit den von der SiK-N beantragten Änderungen können die Anliegen der Parlamentarischen Initiativen 25.412 und 25.421, den Effektivbestand der Armee zu flexibilisieren, direkt in die Revision der AO aufgenommen werden. Deshalb beschloss die Kommission einstimmig, diesen Initiativen keine Folge zu geben. Mit ihren Beschlüssen zur AO (Entwurf 3) hat die Kommission die Beratung zur Vorlage 25.036 abgeschlossen. Die Entwürfe 1 und 2 der Vorlage hatte sie bereits im Juni beraten (vgl. MM vom 24.06.2025). Die Vorlage wird in der Herbstsession vom Nationalrat behandelt.

Kommission empfiehlt Ablehnung der Neutralitätsinitiative und des Gegenentwurfs

Mit 16 zu 8 Stimmen empfiehlt die SiK-N der APK-N, dem Nationalrat die Volksinitiative «Wahrung der schweizerischen Neutralität» (Neutralitätsinitiative) zur Ablehnung zu beantragen. Zudem empfiehlt die Kommission der APK-N mit 12 zu 12 Stimmen und Stichentscheid der Präsidentin auch den vom Ständerat vorgeschlagenen Gegenwurf abzulehnen. Im Grundsatz ist sich die Kommission einig, dass die Neutralität sicherheitspolitisch von grosser Bedeutung ist. Die Mehrheit der Kommission ist jedoch der Ansicht, dass eine Annahme der Initiative negative Auswirkungen auf die nationale Sicherheits-, Aussen- und Wirtschaftspolitik haben würde. Die bestehende und bewährte Flexibilität in der Neutrali­tätspolitik sei gegenüber der starren Fixierung eines Neutralitätsbegriffs in der Verfassung zu bevorzugen, da mit der Initiative die politische Handlungsfreiheit eingeschränkt würde. Weiter besteht die Befürchtung, dass mit Annahme der Initiative die bestehenden sicherheits- und verteidigungspolitischen Kooperationen stark erschwert und die Verteidigungsfähigkeit der Schweiz entsprechend geschwächt würde. Auch den Gegenentwurf erachtet die Mehrheit als unnötig und als Schwächung der bewährten Neutralitätspolitik. Eine Minderheit ist der Meinung, dass die Annahme der Initiative die sicherheitspolitische Lage der Schweiz verbessern würde, da sie u.a. auf Sanktionen gegen kriegsführende Staaten verzichten und so als neutraler Staat wahrgenommen würde. Zudem würde die vorgeschlagene Verankerung des Neutralitätsbegriffs in der Bundesverfassung die aussenpolitische Verlässlichkeit der Schweiz erhöhen. Eine weitere Minderheit erachtet die Initiative als gefährlich und den Gegenentwurf als notwendig, um der Bevölkerung eine Alternative für die Abstimmung zu bieten, mit welcher an der bewährten Neutralitätspolitik festgehalten werden kann.

Neue Rüstungspolitik des Bundesrates und Top-Projekte des VBS

Die Kommission liess sich über die neue Rüstungspolitik des Bundesrates sowie über den Stand der Top-Projekte des VBS, namentlich über das Programm NDP (Neue Digitalisierungsplattform), das Projekt RLE@NDP der Armee sowie die Drohnen ADS-15, informieren. Die SiK-N wird sich weiterhin vierteljährlich über die Entwicklungen der Top-Projekte ins Bild setzen lassen.

Überdies liess sich die Kommission über die aktuellen Entwicklungen beim Beschaffungsprogramm Air2030 informieren. Bevor die Kommission über andiskutierte Massnahmen Beschluss fassen wird, wartet sie die nächsten Entscheide des Bundesrates ab, die in Bälde gefällt werden sollen.

Die Kommission hat am 11. und 12. August 2025 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Priska Seiler Graf (SP, ZH) und teils in Anwesenheit des Chefs des VBS, Bundesrat Martin Pfister, in Bern getagt.