Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SiK-N) liess sich von der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) über die Prüfung des Risikomanagements des Programms Air2030 informieren. Anschliessend führte die SiK-N mit dem VBS eine vertiefte Diskussion über die Empfehlungen der EFK und konnte Einsicht in vertrauliche Dokumente nehmen. Für eine deutliche Mehrheit der SiK-N konnten die offenen Fragen vom VBS überzeugend beantwortet werden. Anträge für weitere Abklärungen wurden keine gestellt. Am 12. September 2022 wird die SiK-N den Prüfbericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) zum Evaluationsverfahren behandeln und dann formell zum Kauf Beschluss fassen.

Die EFK stellt in ihrem am 8. Juli 2022 veröffentlichten Bericht fest, dass das Risikomanagement des Programms Air2030 klar definiert und angemessen umgesetzt wurde. Dennoch sind gemäss EFK Verbesserungen in Betracht zu ziehen. Insbesondere bestehen gemäss EFK folgende drei Risiken bei der Beschaffung der F-35A: 1. eine rechtliche Unsicherheit beim Begriff des Fixpreises, 2. die fehlende Gerichtsbarkeit sowie 3. das Risiko der Betriebskostenunterschätzung.

Die SiK-N konnte im Rahmen ihrer Diskussion mit dem VBS Einblick in den Teil des Beschaffungsvertrages nehmen, der die Festpreisthematik betrifft. Zudem konnte die SiK-N Kenntnis nehmen von der durch die Behörden des US-Verteidigungsministeriums und von armasuisse im Dezember 2021 unterzeichneten Erklärung über ihr gemeinsames Verständnis des Vertrags («Letter of Offer and Acceptance», LOA). Diese Erklärung bestätigt die Vereinbarung über den Kauf der 36 F-35A durch die Schweiz in Form eines Festpreisvertrages, der auch die US-Teuerung enthält. Die USA sichern der Schweiz weiter zu, dass die Preise der von der US-Regierung im Beschaffungsverfahren eingereichten Offerte entsprechen. Die spezifisch ausgehandelten und vereinbarten Regelungen gehen den anderen standardisierten Bestimmungen des LOA und den zugehörigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor. Der Kommissionspräsident legte der SiK-N zusätzlich eine unterschriebene schriftliche Bestätigung der US-Botschaft in der Schweiz dazu vor, die ihm aufgrund einer von ihm schriftlich gestellten Anfrage zur Verfügung gestellt wurde. Die US-Botschaft hat im Übrigen bereits am 2. Juni 2022 öffentlich auf ihrer Homepage bestätigt, dass die Schweiz von Festpreisverträgen profitiert.

Vor diesem Hintergrund erachtet eine klare Mehrheit der SiK-N die rechtliche Unsicherheit beim Fixpreis als geklärt. Zudem teilt diese Mehrheit der SiK-N die Auffassung des Bundesrates, dass bei Rüstungsbeschaffungsverträgen zwischen Staaten eine allfällige Streitbeilegung über Verhandlungen zu erfolgen hätte und nicht via Gerichte. Schliesslich erachtet eine deutliche Mehrheit der SiK-N auch die Erklärungen des VBS zu den Betriebskosten als plausibel. Für eine Minderheit bestehen weiterhin offene Fragen. Anträge für zusätzliche Abklärungen wurden indes keine eingereicht. An ihrer Sitzung vom 12. September 2022 wird die SiK-N den zurzeit noch ausstehenden Bericht der GPK-N zum Evaluationsverfahren behandeln und dann die Gesamtabstimmung durchführen, damit der Bundesbeschluss zur Beschaffung der F-35A in der Herbstsession beraten werden kann.

Entlastung des zivilen Gesundheitssystems während einer Pandemie

Die SiK-N beantragt ihrem Rat mit 12 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen, die Motion 21.4419 des Ständerates abzuändern. Mit dieser Motion soll der Bundesrat beauftragt werden, Massnahmen vorzuschlagen, wie die Armee zusätzlich zum aktuellen Auftragskatalog befähigt wird, mehrere hundert Patienten über mehrere Monate medizinisch zu betreuen, wenn zivile Stellen überlastet sind oder zu überlasten drohen. Die Mehrheit unterstreicht die Wichtigkeit, dass die Armee den zivilen Gesundheitsbereich unterstützen kann, namentlich im Falle einer Pandemie. Hingegen ist die Mehrheit dezidiert der Meinung, dass die Armee keinen medizinischen Pflegelehrgang einführen soll. Weder entspreche ein solcher Pflegelehrgang den Aufgaben der Armee noch stünde genügend militärische Ausbildungszeit dafür zur Verfügung. Die Minderheit lehnt die Motion ab und betont, dass die bestehenden Fähigkeiten der Armee genügten. Es sei Aufgabe des Gesundheitswesens und nicht der Armee, den Fachkräftemangel bei der Pflege zu beheben. Zudem dürfe die Armee den zivilen Sektor nicht konkurrieren.

Armee und Biodiversität

Mit der Motion 21.4382 soll der Bundesrat, insbesondere das VBS, beauftragt werden, drei zusätzliche Ziele in den Aktionsplan Biodiversität aufzunehmen (1. Grundsätzlich Verzicht auf synthetische Pestizide, 2. Schaffung von Korridoren zum Schutz der Artenvielfalt und von Wildtieren, 3. Beseitigung von Lichtverschmutzung). Mit 18 zu 7 Stimmen beantragt die SiK-N ihrem Rat, die Motion anzunehmen. Die Mehrheit unterstreicht die Bedeutung der militärischen Areale für die Biodiversität in der Schweiz. Sie begrüsst, dass der Bundesrat bereit ist, die Anliegen der Motion im Aktionsplan Biodiversität aufzunehmen. Sie betont aber, dies habe mit Augenmass und mit vertretbarem Kosten-Nutzenverhältnis zu erfolgen. Die Minderheit ist der Auffassung, die Armee leiste im Bereich Biodiversität bereits genug. Die knappen Mittel müssten vielmehr in die Erfüllung der Kernaufgaben der Armee investiert werden.

Keine Abschaffung der ausserdienstlichen Schiesspflicht

Mit 15 zu 10 Stimmen lehnte die SiK-N die parlamentarische Initiative Pointet (21.530) ab. Diese Initiative will die ausserdienstliche Schiesspflicht abschaffen und den entsprechenden Artikel 63 im Militärgesetz aufheben. Die Mehrheit erachtet die ausserdienstliche Schiesspflicht als unerlässlich, um eine rasche Einsatzbereitschaft der Armeeangehörigen zu wahren. Auch moderne Kriege zeigten, dass Schussdistanzen von 300 Meter kein Anachronismus seien. Die Minderheit erachtet die obligatorischen Schiessübungen auf 300 Meter als überholt und ineffizient. Die Schiessausbildung habe ausschliesslich im Rahmen der Rekrutenschulen und Wiederholungskurse zu erfolgen.

Weitere Themen

Die Kommission liess sich vom VBS und vom EJPD namentlich über die aktuelle Lage des Krieges in der Ukraine informieren sowie über die Terrorismusbedrohung.

Die Kommission hat am 29. und 30. August 2022 unter dem Vorsitz von Nationalrat Mauro Tuena (SVP, ZH) und teils in Anwesenheit der Chefin des VBS, Bundesrätin Viola Amherd, in Bern getagt.