Die Staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK-S) ist mit 8 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung nicht auf die Vorlage 22.067 eingetreten, die eine Zulassungserleichterung für Ausländerinnen und Ausländer mit Schweizer Hochschulabschluss vorsieht.

Die Vorlage zur Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG), die vom Bundesrat in Erfüllung einer Parlamentsmotion verabschiedet wurde, hat eine erleichterte Zulassung zum Arbeitsmarkt für an Schweizer Hochschulen ausgebildete Drittstaatenangehörige zum Ziel, um so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. In der Frühjahrssession 2023 weitete der Nationalrat diese Zulassungserleichterung aus auf alle Absolventinnen und Absolventen von Bildungsgängen der Tertiärstufe, worunter auch Personen mit eidgenössischem Fachausweis und eidgenössischen Diplomen sowie Postdoktorandinnen und -doktoranden fallen.

Nun hat sich die SPK-S mit der Vorlage befasst. In ihren Augen besteht kein Handlungsbedarf, da die erforderlichen Bewilligungen im Rahmen der bestehenden Kontingente eingeholt werden können. Ausserdem ist die Kommission der Ansicht, dass die Vorlage als Ganzes gegen Artikel 121a der Bundesverfassung verstösst. Der 2014 von Volk und Ständen angenommene Verfassungsartikel sieht vor, dass die Zahl der Bewilligungen für den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz durch jährliche Höchstzahlen und Kontingente begrenzt wird. Die Vorlage würde jedoch eine Kategorie von Drittstaatenangehörigen schaffen, die nicht der Kontingentierung unterliegt. Daher beantragt die Kommission ihrem Rat, nicht auf die Vorlage einzutreten.

Die Kommissionsminderheit beantragt Eintreten, da sie der Auffassung ist, dass mit der Vorlage der ausgewiesene Fachkräftemangel in bestimmten Sektoren behoben werden könnte. Sie weist zudem darauf hin, dass das Parlament selbst andere Ausnahmen von der verfassungsrechtlichen Kontingentierung eingeführt hat.

Keine Lehrabbrüche von Asylsuchenden, die bereits in den schweizerischen Arbeitsmarkt integriert sind

Die Kommission beantragt einstimmig, die von Nationalrätin Christa Markwalder (RL, BE) eingereichte und vom Nationalrat angenommene Motion 20.3322 abzulehnen. Die Motion beauftragt den Bundesrat, die gesetzlichen Grundlagen und die Praxis dahingehend anzupassen, dass Asylsuchende, die mit einem gültigen Lehr- oder Ausbildungsvertrag bereits im schweizerischen Arbeitsmarkt integriert sind, ihre Lehren und Ausbildungen weiterführen und abschliessen können, auch wenn ihr Asylgesuch abgelehnt wurde. Aus Sicht der Kommission muss die Motion einerseits aus formellen Gründen abgelehnt werden. Der Nationalrat und der Ständerat nahmen nämlich in der Sommer- bzw. in der Wintersession 2022 die Motion 22.3392 («Erweiterte Härtefallregelung zum Zugang zu beruflichen Ausbildungen») der SPK-N an. Diese verfolgt im Wesentlichen dasselbe Anliegen wie die an der Sitzung beratene Motion, ihr Anwendungsbereich ist allerdings weiter gefasst. Der Bundesrat wurde also bereits beauftragt, die erforderlichen Änderungen der rechtlichen Grundlagen auszuarbeiten. Andererseits zeigen die vom Staatssekretariat für Migration (SEM) vorgelegten Zahlen nach Ansicht eines Teils der Kommission, dass potenziell nur sehr wenige Personen von der Motion Markwalder profitieren würden.

Die Kommission hat am 25. April 2023 unter dem Vorsitz von Ständerat Mathias Zopfi (GL, G) in Bern getagt.