Die Kommission beantragt mit 12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung, auf die Vorlage des Bundesrats für die Abschaffung der Industriezölle nicht einzutreten. Zu gross sind aus Sicht der Mehrheit die mit der Vorlage verbunden Risiken und zu klein der Nutzen für die Wirtschaft und die Konsumenten

​Der Bundesrat beantragt dem Parlament mit seiner Botschaft 19.076, die Zölle auf Industrieprodukten per 1. Januar 2022 aufzuheben und die Zolltarifstruktur zu vereinfachen. Diese unilaterale Aufhebung der Industriezölle hätte für den Bund Mindereinnahmen im Umfang von rund 550 Mio. Franken zur Folge. Aus Sicht der Mehrheit wäre es aus finanzpolitischen Überlegungen nicht angebracht, der Bundeskasse diese hohe Summe zu entziehen, zumal die Vorlage aus ihrer Sicht mit weiteren gravierenden Nachteilen verbunden ist: Die Schweiz würde an Verhandlungsmasse bei der Verhandlung neuer Freihandelsabkommen verlieren und der Druck auf die Agrarzölle würde sich dadurch massiv erhöhen. Ob die Konsumentinnen und Konsumenten tatsächlich von tieferen Preisen profitieren würden, sei ausserdem zu bezweifeln, da Zollsenkungen oft nur die Marge für den Handel erhöhen. Eine starke Kommissionsminderheit beantragt Eintreten auf die Vorlage. Sie ist überzeugt, dass die Aufhebung der Industriezölle den Wirtschaftsstandort Schweiz und die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen stärken würde. Der Druck auf die Agrarzölle bestehe seit Jahren unabhängig von der Diskussion um Industriezölle. Die Vorlage brächte insbesondere eine administrative Entlastung für viele Unternehmen und KMU in der Höhe von insgesamt 100 Mio. Franken. Auch die Konsumentinnen und Konsumenten könnten aufgrund des zu erwartenden Preisrückgangs von Einsparungen im Umfang von 350 Mio. Franken profitieren. Der Nationalrat berät die Vorlage in der Frühjahrsession.
 

2. Bussen sollen unter gewissen Bedingungen steuerlich abzugsfähig sein

Seit fast drei Jahren diskutieren die Räte eine gesetzliche Regelung betreffend die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen (16.076). Als letztes hat sich der Ständerat in der Wintersession 2019 dafür ausgesprochen, dass im Ausland verhängte Bussen mit Strafcharakter in zwei Fällen steuerlich abziehbar sein sollen: wenn die Sanktion gegen den schweizerischen Ordre public verstösst oder wenn die steuerpflichtige Person glaubhaft darlegt, dass sie alles Zumutbare unternommen hat, um sich rechtskonform zu verhalten. Die WAK-N beantragt ihrem Rat nun mit 15 zu 10 Stimmen, diese Lösung aufzunehmen. Es sei eine strenge Regelung, die den steuerlichen Abzug von Bussen nur im Ausnahmefall zulasse, aber der Tatsache gerecht werde, dass vom Ausland verhängte finanzielle Sanktionen auch politisch motiviert sein können. Die Kommissionsminderheit hält dagegen, die vorgeschlagene Lösung sei kaum vollzugstauglich, weshalb sie auch von den Kantonen abgelehnt werde. Sie will beim ursprünglichen Vorschlag des Bundesrats bleiben, wonach alle vom Ausland gesprochenen Bussen mit Strafcharakter steuerlich nicht abzugsfähig sind. Dies sei auch politisch die einzig vertretbare Lösung.
 

3. WAK-N hält beim Arbeitslosenversicherungsgesetz an Differenz fest

Mit 17 zu 0 Stimmen bei 3 Enthaltungen beantragt die Kommission beim Geschäft 19.035 «Arbeitslosenversicherungsgesetz. Änderung» am Beschluss des Nationalrates festzuhalten und den neuen, vom Ständerat eingebrachten Artikel 83 Absatz 1ter nicht zu übernehmen. Das SECO habe sich bereiterklärt, mit den betroffenen Kantonen eine gütliche Einigung zu suchen. Eine Sonderlösung für wenige Kantone, die das Projekt ASALfutur zur Erneuerung des Auszahlungssystems der Arbeitslosenversicherung gefährde, sei daher unnötig.
 

4. Eintreten auf Blockchain-Vorlage

Die WAK-N hat die Beratung des Geschäfts 19.074 fortgeführt, mit welchem die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Technik verteilter elektronischer Register (Distributed-Ledger-Technologie, DLT) verbessert werden sollen. Die Vorlage sieht punktuelle Anpassungen in neun Bundesgesetzen vor, die sowohl das Zivil- als auch das Finanzmarktrecht betreffen. Nachdem die Kommission im Januar eine technische Einführung erhalten hatte, wurden nun eine Reihe von Anhörungen durchgeführt. Aus den interessierten Kreisen wurden die Swiss Blockchain Federation, die Bitcoin Association Switzerland sowie Swico, der Verband für eine digitale Wirtschaft, angehört. Aus dem Bank- und Finanzmilieu waren SIX Digital Exchange, die Capital Markets and Technology Association, die Swissquote Bank und Swiss Banking vertreten. Ausserdem wollte die Kommission wissen, was die Geisteswissenschaften von dieser Technik halten, weshalb sie auch einen Vertreter von TA-SWISS, der Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung, zur Anhörung geladen hatte.
Nach den Anhörungen hat die WAK-N einstimmig beschlossen, Eintreten auf die Vorlage des Bundesrates zu beantragen. Sie wird die Detailberatung an ihrer nächsten Sitzung vom 30. und 31. März 2020 aufnehmen.
 

5. Doppelbesteuerungsabkommen: Einführung einer Missbrauchsklausel

Die WAK-N beantragt mit grosser Mehrheit, eine Reihe von Protokollen zur Änderung der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit acht Ländern (19.052, 19.053, 19.054, 19.056, 19.059, 19.060, 19.061, 19.062) zu genehmigen. Die bedeutendste Änderung ist die Einführung einer Missbrauchsklausel, die vorsieht, dass Vorteile des DBA nicht gewährt werden, wenn das Erlangen dieser Vorteile einer der hauptsächlichen Zwecke der entsprechenden Gestaltung oder Transaktion war.
 

6. Keine Anpassung der MWST-Wertfreigrenze im privaten Reiseverkehr

Mit 17 zu 7 Stimmen beantragt die WAK-N, den beiden Standesinitiativen der Kantone St. Gallen (18.300) und Thurgau (18.316) keine Folge zu geben. Die darin skizzierte Lösung zur Eindämmung des Einkaufstourismus wäre aus Sicht der Kommissionsmehrheit in der Praxis nicht umsetzbar. Der Nationalrat berät in der Frühjahrsession bereits eine Motion der FK-N (19.3975) mit ähnlicher Stossrichtung. Diese Diskussion solle abgewartet werden, bevor allfällige weitere Massnahmen geprüft würden. Eine Minderheit beantragt, den Standesinitiativen Folge zu geben.

 

7. Entsendegesetz: Solidarhaftung soll nicht auf Tertiärsektor ausgedehnt werden

Die Kommission beantragt mit 16 zu 8 Stimmen, der parlamentarischen Initiative 19.423 keine Folge zu geben. Diese verlangt, das Entsendegesetz (EntsG) dahingehend zu ändern, dass der Geltungsbereich der Solidarhaftung auf den Tertiärsektor ausgeweitet wird, damit Erstunternehmer zivilrechtlich für die Nichteinhaltung der Nettomindestlöhne und der Arbeitsbedingungen durch Subunternehmen haften. Als Hauptargument gegen diese Initiative wurde vorgebracht, dass im Tertiärsektor nur selten Gesamtarbeitsverträge (GAV) abgeschlossen werden und es dort kaum Mindestlöhne gibt. Deshalb ist die Kommissionsmehrheit der Ansicht, dass die Ausdehnung der Solidarhaftung wirkungslos wäre. Die Kommissionsminderheit ist sich der erwähnten Unzulänglichkeit bewusst, ist allerdings der Auffassung, dass diese Regelung eine präventive Wirkung gegen Lohndumping haben könnte.
 

8. Kommissionspostulat zur Nachhaltigkeit der SNB

Die WAK-N hat sich ferner mit einem Geschäft und mehreren Anträgen in Zusammenhang mit der Schweizerischen Nationalbank (SNB) befasst. Dabei hat sie mit 13 zu 11 Stimmen ein Kommissionspostulat verabschiedet (20.3012), wonach die Rolle der SNB bei der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele des Bundes präzisiert werden soll. Zudem hat sie beschlossen, erst an ihrer Märzsitzung über die parlamentarische Initiative 19.481 und weitere Anträge auf Kommissionsvorstösse, die verschiedene Formen der AHV-Finanzierung durch die Nationalbankgewinne vorsehen, zu befinden. Die Kommission möchte die Präzisierungen der Bundesverwaltung abwarten, um sich ein Bild von den Auswirkungen der verschiedenen Vorschläge machen zu können.

Die Kommission hat am 24./25. Februar 2020 unter dem Vorsitz von Nationalrat Christian Lüscher (FDP/GE) und teilweise in Anwesenheit der Bundesräte Ueli Maurer und Guy Parmelin in Bern getagt.