Die Kommission unterstützt die vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie nach wie vor. Gleichzeitig erwartet sie jedoch insbesondere, dass der Bundesrat einen griffigen Plan dafür vorlegt, wie die baldige Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit vor sich gehen soll. Die Unternehmen seien jetzt auf Planbarkeit und Rechtssicherheit angewiesen.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N) hat sich an ihrer Sitzung vom 21. April 2020 erneut mit den Massnahmen des Bundesrates zur Abfederung der wirt­schaftlichen Folgen der Coronaviruspandemie befasst. Sie begrüsst ausdrücklich, dass der Bundesrat mittlerweile insbesondere ihre Forderung zur Unterstützung indirekt betroffener Selbstständigerwerbender umgesetzt hat.

Die WAK-N ist sich selbstverständlich bewusst, dass der Bundesrat bei seinen Beschlüssen vom 16. April 2020 zur schrittweisen Wiedereröffnung öffentlicher Einrichtungen gesundheitlichen und epidemiologischen Erwägungen Priorität eingeräumt hat. Allerdings ist sie der Ansicht, Wirtschaft und Bevölkerung hätten wenig Verständnis für die langsame Öffnung, die der Bundesrat vorsieht. Zudem erkennt sie in weiteren Bereichen Nachbesserungsbedarf, weshalb sie zahlreiche Kommissionsmotionen verabschiedet hat und in einem erneuten Schreiben mehrere Empfehlungen an den Bundesrat richtet.

Schnellere Öffnung der Wirtschaft

Eine Mehrheit der Kommission fordert vom Bundesrat eindringlich, der gesamte Detailhandel müsse ab dem 27. April 2020 wieder öffnen können. Weiter habe der Bundesrat für die gastgewerblichen Betriebe und die touristischen Infrastrukturen wie Bergbahnen, Schifffahrt, usw. umgehend einen konkreten Plan zu unterbreiten, wie der Ausstieg aus der Corona-Krise erfolgen kann. Die WAK-N fordert den Bundesrat zudem auf, die Benachteiligung der kleinen Geschäften zu korrigieren, indem er entweder das offene Sortiment der grossen Einzelhändler beschränkt oder die kleinen Geschäfte gleichzeitig öffnet; diese sollen nach wie vor von der Kurzarbeitsentschädigung (KAE) profitieren können.

Um ihren Anliegen Nachdruck zu verleihen, hat die Kommission drei Motionen mit folgenden Forderungen verabschiedet: Zum einen soll der gastgewerbliche Stillstand etappiert aufgehoben werden (20.3134; 15 zu 9 Stimmen, 1 Enthaltung); zum andern sollen, sofern die Distanz- und Hygienemassnahmen eingehalten werden können, sämtliche öffentlich zugänglichen Einrichtungen bereits ab dem 11. Mai 2020 wieder öffnen dürfen und auch kleinere Veranstaltungen und Vereinsaktivitäten wieder erlaubt sein (20.3136) 15 zu 8 Stimmen, 2 Enthaltungen); schliesslich sollen für Branchen, die am 11. Mai noch nicht zurück in den normalen Betrieb können, erlaubte Tätigkeiten bezeichnet werden, und auch Schulen und Kinderbetreuungsstätten usw. sollen ihren Betrieb am 11. Mai 2020 wieder aufnehmen müssen (20.3133; 16 zu 6 Stimmen, 2 Enthaltungen). Zu allen drei Motionen liegen Minderheiten vor, deren Unterzeichnende der Meinung sind, man solle weiterhin den Bundesrat aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse und basierend auf den beobachteten Entwicklungen über die weiteren Schritte entscheiden lassen.

Gewerbliche Mieten

In Bezug auf die gewerblichen Mieten ist die Kommission der Ansicht, es werde momentan nur in wenigen Mietverhältnissen eine einvernehmliche Lösung gefunden, der Bund müsse deshalb aktiv werden. Sie hat mit 13 zu 10 Stimmen (2 Enthaltungen) eine weitere Kommissionsmotion (20.3142) verabschiedet, wonach der Bundesrat dafür sorgen soll, dass Betreiber von Restaurants und anderen vom Bundesrat geschlossenen Betrieben ihrem Vermieter für die Zeit der angeordneten Schliessung nur 30 Prozent der Miete schulden. Eine Minderheit sieht in diesem Bereich keinen Handlungsbedarf.

Angestellte Unternehmensleiter

Mit 13 zu 9 Stimmen (2 Enthaltungen) hat die Kommission weiter eine Motion (20.3141) verabschiedet, die vom Bundesrat verlangt, mitarbeitende Unternehmensleiter sollten Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung bis zum selben Höchstbetrag haben, wie er im Rahmen der Erwerbsersatzordnung für Selbstständige gilt. Eine Minderheit lehnt diese Erhöhung ab.

Solidarbürgschaften

Zwei weitere Motionen der WAK-N betreffen die Solidarbürgschaftsverordnung: Einerseits soll der Bundesrat die Dauer einer Solidarbürgschaft auf maximal 8 Jahre verlängern (20.3137; 15 zu 10 Steimmen), andererseits soll er für Kredite unter 500 000 Franken für krisenbetroffene Unternehmen auch nach dem ersten Jahr einen Zinssatz von 0,0 Prozent garantieren (20.3138; 14 zu 9 Stimmen, 1 Enthaltung). Beide Motionen werden von einer Minderheit bekämpft, die eine Anpassung der entsprechenden Bestimmungen für unnötig hält.

Radio- und Fernsehabgaben

Auch bezüglich Radio- und Fernsehabgaben (RTVG) sieht die Kommission angesichts der aktuellen Herausforderungen für die Unternehmen raschen Handlungsbedarf. Arbeiten mehrere Firmen auf dem Bau oder in einer anderen Branche für einen Grossauftrag zusammen, erhält jede Arbeitsgemeinschaft (Arge) dafür zusätzlich zur eigenen Rechnung der verschiedenen Unternehmen eine umsatzabhängige Rechnung. Mit einer Kommissionsmotion (20.3140; angenommen mit 15 zu 7 Stimmen, 3 Enthaltungen) verlangt die WAK-N die Abschaffung dieser Mehrfachbesteuerung. Entsprechende parlamentarische Initiativen fanden in den Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) bereits breite Unterstützung (19.413; 19.411; 19.412).

Ausbildungsplätze

Die Kommission begrüsst die bisher unternommenen Schritte zur Klärung der Situation hinsichtlich der EFZ-Prüfungen und der Ausdehnung der Kurzarbeit auf die Lernenden. Wie bereits ihre ständerätliche Schwesterkommission, fordert sie den Bundesrat auf, seine diesbezüglichen Anstrengungen fortzusetzen und in Absprache mit den Kantonen gezielte und verhältnismässige Massnahmen zu ergreifen, damit die Lehrbetriebe trotz der Gesundheits- und Wirtschaftskrise weiterhin Lernende einstellen und ausbilden können.

Missbrauchsbekämpfung

Nicht zuletzt gilt es aus Sicht der Kommission, den missbräuchlichen oder mehrfachen Bezug von staatlichen Unterstützungsleistungen rigoros zu unterbinden. Mit 21 zu 3 Stimmen (1 Enthaltung) verabschiedete sie eine weitere Kommissionsmotion (20.3139), um diesem Anliegen Nachdruck zu verleihen.

Mitbericht an die Finanzkommission

Die Kommission hat schliesslich auch die Kredite, die der Bundesrat dem Parlament zur Bewältigung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beantragt, im Rahmen ihres Mitberichts zum Nachtrag I zum Voranschlag 2020 (20.007 ns) zuhanden der Finanzkommission des Nationalrates diskutiert. Sie spricht sich ohne Gegenstimme für die Genehmigung der in ihren Sachbereich fallenden Kredite aus.

Die Kommission hat am 21. April 2020 unter dem Vorsitz von Nationalrat Christian Lüscher (FDP/GE) und teilweise in Anwesenheit der Bundesräte Ueli Maurer und Guy Parmelin in Bern getagt.