Bei seiner Einweihung am 1. April 1902 verfügte das Parlamentsgebäude über ein bahnbrechendes Heiz- und Lüftungssystem. Gut ein Jahrhundert später ist der Bau auf Energieeffizienz getrimmt: 70 Prozent der Heizwärme wird bei der Entlüftung zurückgewonnen.
Die Gebrüder Sulzer aus Winterthur, von denen bereits die Heizungsanlage des «Bundes-Rathauses» (heute Bundeshaus West) stammt und die echte Spezialisten auf diesem Gebiet sind, haben eine revolutionäre Idee für das Parlamentsgebäude: eine kohlebefeuerte Zentralheizung, die drei unterschiedliche Heizsysteme betreibt. Der in Winterthur gebaute Heizkessel erreicht Bern auf einem von 12 Pferden gezogenen Anhänger.
Querschnitt des Parlamentsgebäudes – Februar 1902 – 1 : 100 – BBL Archiv
Schema der Gebrüder Sulzer aus Winterthur: Die Luft strömt im Untergeschoss an der Westseite ein und tritt durch die große Kuppel und die darüber liegende Laterne wieder aus. In der Zwischenzeit wird sie entstaubt, gekühlt, gefiltert, vorgewärmt und befeuchtet, nachgewärmt, reguliert und von Ventilatoren in die Beratungsräume geblasen.
Ein Gebäude unter Dampf
Eine Niederdruck-Dampfheizung erwärmt sämtliche Nebenräume mittels Heizkörpern und versorgt auch die erste von den Gebrüdern Sulzer je erbaute Bodenheizung in der Eingangshalle des Parlamentsgebäudes.
Heizverteiler – BBL Archiv
Eine Niederdruck-Warmwasserheizung heizt die Wandelhalle, die Vorzimmer, die Kommissionszimmer und den Ständeratssaal über Heizkörper, die in den Nischen unter den Fenstern platziert sind.
Eine Niederdruck-Warmluftheizung gewährleistet eine ideale Arbeitstemperatur für die Ratsmitglieder. Die Heissluft gelangt über die Lüftung in den Nationalrats- und in den Ständeratssaal.
Arbeiten bei 18 Grad Celsius
Die Ingenieure legen die Grundtemperatur für die Büros und die Sitzungsräume auf 18°C und für die Gänge, Treppenhäuser, Querverbindungen und Toiletten auf 12°C fest. Sie rechnen mit einem Wärmeleistungsbedarf von 1160 kW für die Beheizung des Parlamentsgebäudes.
Messinstrumente Sulzer – BBL Archiv, F. Meyer-Henn
Mit einer mechanischen Lüftung wird im Sommer gekühlt und in der Schlechtwettersaison geheizt. Die Frischluft gelangt über fünf nebeneinander angeordnete Fensteröffnungen in den Stützmauer ins Gebäude. Sie wird durch ein 260 m2 grosses Baumwolltuch gefiltert, anschliessend befeuchtet und dann durch ein zwei Meter dickes Rohr in die Räume geleitet. Man kann sie vom Boden nach oben oder von den Tribünen aus nach unten einströmen lassen. Die Abluft wird durch jalousieartige Öffnungen in der Hauptkuppel ausgeleitet.
Lüftungszentrale BBL Archiv, Fotograf F. Meyer-Henn
Der Feuchtigkeitsgrad und die Temperatur werden viertelstündlich gemessen und das System wird nötigenfalls manuell justiert. Die Gesamtkosten für die Heiz- und Lüftungsanlage belaufen sich letztlich auf 183 000 Franken bei Gesamtbaukosten von 5 795 900 Franken.
Im 21. Jahrhundert
Im Jahr 2006 muss man den Tatsachen ins Auge sehen: Trotz sorgfältiger Wartung genügt der Grossteil der technischen Installationen des Parlamentsgebäudes nicht mehr den modernen Anforderungen in Sachen Hygiene, Brandschutz, Störungsanfälligkeit und Energieeffizienz. Und so werden der nötige Umbau und die erforderliche Sanierung des Herzstücks der Schweizer Demokratie genutzt, um auch die komplette technische Ausstattung zu erneuern.
Die 2008 eingeweihte neue Lüftung ist effizient. So werden rund 70 Prozent der in der Abluft enthaltenen Wärmeenergie zurückgewonnen. Und gleichzeitiges Heizen und Kühlen gehört der Vergangenheit an. Dank ultramoderner Steuerungstechnik wird die Zuluft in Abhängigkeit von der Temperatur und/oder der Luftqualität jedes Raums reguliert.
Belüftungssystem zweites Untergeschoss des Parlamentsgebäudes
– Foto Parlamentsdienste
Ventilationskontrollsystem – Foto Parlamentsdienste
Die neuen Lüftungs- und Heizelemente befinden sich in einer zweistöckigen Haustechnikzentrale unter dem Besuchereingang. Dank der Senkung des Antriebs-, Wärme- und Kälteenergiebedarfs können jährlich bis zu 680 MWh an Wärmeenergie (dies entspricht ca. 68 000 Litern Heizöl) und 56 MWh an Strom eingespart werden. Weiteres Plus: Bis 2030 sollten keine grösseren Unterhaltsarbeiten nötig sein.
Quelle: Bundesamt für Bau und Logistik (BBL)