Die für dieses Jahr ursprünglich geplanten IPU-Vollversammlungen im April (in Genf) und Oktober (in Kigali, Ruanda) mussten aufgrund der Covid-19-Krise abgesagt werden. Angesichts der pandemiebedingten Reiseeinschränkungen war es nicht möglich, physische Sitzungen abzuhalten. Um dennoch die dringendsten organisatorischen Angelegenheiten zu regeln, erachtete das Exekutivkomitee der IPU die Einberufung einer Online-Sondertagung für notwendig. So befassten sich die Mitglieder des Rates vom 1. bis zum 3. November 2020 u. a. mit der Genehmigung des IPU-Budgets 2021, dem Arbeitsprogramm für 2021 und der Wahl eines neuen IPU-Präsidiums.

Für den reibungslosen Ablauf dieser Online-Tagung mussten Sonderregelungen erarbeitet und verabschiedet werden. Die dezentrale Wahl des neuen IPU-Präsidiums erforderte zudem ein verlässliches Stimmabgabeverfahren. Hierfür setzte das Exekutivkomitee eine Arbeitsgruppe ein, der auch Nationalrätin Fehlmann Rielle angehörte. Die Schweiz konnte sich somit an vorderster Front dafür einsetzen, dass die IPU trotz Coronakrise handlungsfähig bleibt.

 Neues IPU-Präsidium:

Die geopolitische Gruppe der Zwölf Plus, der auch die Schweiz angehört, schlug für das neue IPU-Präsidium zwei Kandidierende vor: den Portugiesen Duarte Pacheco, Präsident der geopolitischen Gruppe der Zwölf Plus, und die kanadische Senatorin Salma Ataullahjan. Aber auch andere Länder hatten ihr Interesse an der Präsidentschaft bekundet: Pakistan mit Muhammad Sadiq Sanjrani und Usbekistan mit Akmal Saidov.

 Duarte Pacheco liess den anderen Kandidierenden keine Chance und konnte bereits im ersten (und einzigen) Wahlgang 56 Prozent der Stimmen auf sich vereinen (bei 97 % Stimmbeteiligung). Er wurde im Rahmen der ersten Online-Wahl in der Geschichte der IPU zum 30. IPU-Präsidenten gewählt und folgt damit auf Gabriela Cuevas Barron (Mexiko), deren dreijährige Amtszeit unlängst abgelaufen war. Rund 400 Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus über 140 Parlamenten von IPU-Mitgliedstaaten hatten sich zur Teilnahme an der elektronischen Wahl angemeldet (3 Stimmen pro Parlament, wenn es sich um eine «gemischte» Delegation handelt, ansonsten 1 Stimme). Sie hatten 24 Stunden Zeit, um ihre Stimme abzugeben. Ein externer Experte stellte sicher, dass die drei Voraussetzungen, die für die Durchführung der Abstimmung gegeben sein müssen, erfüllt sind: die Sicherheit der Plattform, die Transparenz und das Wahlgeheimnis.

 Budget der IPU:

Gemäss externer Prüfung sind die Finanzen der IPU gesund. Aufgrund der zahlreichen Online-Sitzungen seit Juni 2020 (Exekutivkomitee, 5. Weltkonferenz der Parlamentspräsidentinnen und -präsidenten, Rat usw.) konnte die IPU trotz der verschiedenen Absagen keine grösseren Einsparungen erzielen. Ein Grossteil der zunächst eingesparten Mittel musste für die Kosten zur Nutzung der Online-Plattformen aufgewendet werden.

 Das konsolidierte Budget 2021 sieht einen Funktionsaufwand von brutto 17,78 Millionen Franken vor, der grösstenteils durch Mitgliederbeiträge finanziert wird, die für 2021 auf 10,92 Millionen Franken geschätzt werden. Zu diesen ordentlichen Einnahmen kommen freiwillige Beiträge von verschiedenen Geldgebern hinzu, die sich auf geschätzte 5,04 Millionen Franken belaufen und 28 Prozent des konsolidierten Budgets ausmachen. Das Budget 2021 sieht keine Erhöhung der Beiträge der Mitgliedstaaten vor.

 Exekutivkomitee der IPU:

Die Schweiz kandidierte für einen Sitz der Gruppe Zwölf Plus im Exekutivkomitee der IPU. So wurde Nationalrätin Fehlmann Rielle an der 206. IPU-Tagung offiziell in dieses Gremium gewählt. Sie hatte das Amt von alt Nationalrätin Kiener Nellen nach deren Ausscheiden aus dem Nationalrat bereits ad interim übernommen. Aufgrund der abgesagten Versammlungen hatte ihre Wahl, die nicht angefochten wurde, noch nicht stattgefunden. Die Amtszeit beträgt insgesamt vier Jahre und dauert noch bis Oktober 2021.

 Komitee für die Menschenrechte von Parlamentsmitgliedern:

Der Rat der IPU verabschiedete die Empfehlungen (F / E) des IPU-Komitees für die Menschenrechte von Parlamentsmitgliedern betreffend die 300 Parlamentsmitglieder aus 19 Ländern, die Opfer von Folter und sexueller Gewalt gewesen sein oder unter schlechten Haftbedingungen gelitten haben sollen. Aufgrund des erhöhten Risikos, sich in überfüllten und geschlossenen Räumen mit Covid-19 anzustecken, schenkte das IPU-Komitee für die Menschenrechte von Parlamentsmitgliedern dem Los von Parlamentarierinnen und Parlamentariern, die weltweit inhaftiert sind oder waren, besondere Aufmerksamkeit.

 Nächste Versammlungen:

Angesichts der Covid-19-Pandemie verzichtet Marokko auf die Organisation der Frühjahrsversammlung (14.–18. März 2021). Die 142. Versammlung sollte demnach im Mai/Juni 2021 in Genf durchgeführt werden. Die 143. Versammlung wiederum sollte – wenn es die gesundheitliche Lage denn zulässt –, vom 6. bis zum 10. November 2021 in Ruanda stattfinden.