(sda) Bei einem Kriminalfall sollen Ermittler künftig mehr Informationen aus DNA-Spuren eines mutmasslichen Täters herauslesen dürfen. Wie der Nationalrat will auch der Ständerat die sogenannte Phänotypisierung erlauben. Allerdings will er die Anwendung enger regeln.

Wenn ein Täter an einem Tatort ein Haar oder einen Hautpartikel verliert, hinterlässt er damit eine DNA-Spur. In der forensischen Ermittlungsarbeit können solche Spuren und damit verbundene Gentests wichtige Ermittlungshinweise liefern, weil sich ein Täterprofil erstellen lässt. In den Niederlanden wird zum Beispiel die sogenannte Phänotypisierung bereits seit 2003 angewandt.

Neu sollen auch Schweizer Ermittlerinnen und Ermittler aus den DNA-Spuren nicht mehr nur das Geschlecht, sondern auch äussere Merkmale wie die Haar- und Augenfarbe, das Alter oder die biogeografische Herkunft bestimmen dürfen. Auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden soll auch die Suche nach einem sogenannten Verwandtschaftsbezug anhand von DNA-Profilen. Die kleine Kammer stimmte der entsprechenden Änderung des DNA-Gesetzes und der Strafprozessordnung einstimmig zu.

Gleiche Informationen wie von Zeugen

Bei der Phänotypisierung gehe es um "etwas Harmloses", sagte Daniel Jositsch (SP/ZH), denn die daraus gewonnenen Angaben könne auch ein Zeuge geben: die Augen- und Haarfarbe oder das geschätzte Alter. "Harmlos" verglichen mit der Tat, bei welcher ein solches Mittel angewandt werde, sagte Jositsch.

Justizministerin Karin Keller-Sutter verwies darauf, dass die Methode auch erlaube, Personen auszuschliessen, die fälschlicherweise verdächtigt werden. Gerade dem "Racial Profiling" könne damit entgegengewirkt werden. Mit "Racial Profiling" sind diskriminierende Kontrollen gegenüber Personen gemeint, die von Polizisten und Polizistinnen als ethnisch oder religiös "andersartig" wahrgenommen werden.

"Weitgehender Eingriff" in Grundrechte

Die vorberatende Rechtskommission hatte aber auch Vorbehalte. Diese Methoden stellten einen weitgehenden Eingriff in die Grundrechte dar, sagte Kommissionspräsident Beat Rieder (Mitte/VS). Die Kommissionsmehrheit sei sich einig gewesen, dass es einen Deliktekatalog brauche.

Die Frage nach einem Katalog stellte sich insbesondere bei der Suche nach Verwandtschaftsbezügen, die mit der Vorlage auch auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wird. Diese Suche ist eine weitere Option, eine Person zu identifizieren, wenn eine DNA-Datenbank keinen Treffer liefert. Ergibt sich in der Datenbank eine Übereinstimmung, wird im Kreis der Verwandten gesucht.

Suche nach geeignetem Katalog

Die Frage, welche Delikte der Katalog enthalten soll, sei das "Filetstück", sagte Mathis Zopfi (Grüne/GL). Minderheitssprecher Jositsch schlug vor, sich an jenem der verdeckten Ermittlung anzulehnen. Dieser Katalog habe sich bewährt. Der Bundesrat unterstützte diese Version, sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter.

Dieser Katalog führe viel zu weit, entgegnete jedoch Rieder. So seien die Methoden etwa auch bei einem Diebstahl erlaubt. Der Rat entschied schliesslich auf Antrag der Kommissionsmehrheit, konkrete Strafhandlungen festzuschreiben - darunter Tötung, Mord und Totschlag, Verstümmelung weiblicher Genitalien, Menschenhandel, Freiheitsberaubung, sexuellen Handlungen mit Minderjährigen, Vergewaltigung, Schändung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Als nächstes muss sich nun der Nationalrat die Frage stellen, ob es einen Deliktekatalog braucht und wie weit dieser gehen soll.

Dauer der Aufbewahrung der Profile

Ebenfalls zu beraten haben wird die grosse Kammer die Dauer der Löschfristen im Falle eines Freispruchs, einer Einstellung oder Nichtanhandnahme. Der Ständerat sprach sich dafür aus, dass die DNA-Profile nur mit Entscheid eines Gerichtes und für höchstens zehn Jahre aufbewahrt und verwendet werden dürfen. Das Gericht müsste dazu feststellen, dass aufgrund bestimmter Tatsachen erwartet wird, dass das DNA-Profil zur Aufklärung künftiger Straftaten dienen könnte. Der Bundesrat und der Nationalrat wollen, dass die Verfahrensleitung darüber bestimmt.

Wenn obengenannte Entscheide wegen Schuldunfähigkeit des Täters erfolgten, soll das DNA-Profil aus Sicht des Ständerats 20 Jahre nach dem abschliessenden Entscheid gelöscht werden. Bundesrat und Nationalrat sahen hier keine klare Regeln vor.

Keine DNA-Entnahme nach Suizid

Der Nationalrat will zudem, dass im Falle eines Suizids ein DNA-Profil der toten Person erstellt und dieses mit der DNA-Datenbank abgeglichen werden kann. Erfolgt kein Treffer, soll das Profil nach einem Jahr gelöscht werden. Der Ständerat strich dies wieder. Eine solche Hervorhebung von Suiziden gegenüber anderen Todesarten sei ungerechtfertigt, sagte Rieder.