Die von der kleinen Kammer am Montag mit 20 zu 18 Stimmen und mit fünf Enthaltungen angenommene Motion von Damian Müller (FDP/LU) verlangt ein Pilotprojekt, das es ermöglicht, abgewiesene Asylsuchende in ein Drittland zu schicken. Dieses würde dafür von der Schweiz entschädigt. Als Beispiel nennt Müller Ruanda.
Verfahren in der Schweiz
Eine Auslagerung des Asylverfahrens bedeute das nicht, stellte Müller klar. Es gehe um Menschen, die in der Schweiz ein Asylverfahren durchlaufen, einen abschlägigen Bescheid erhalten hätten und die keinen internationalen Schutz bräuchten. Die Betroffenen könnten von Ruanda aus in ein anderes Land reisen.
Lisa Mazzone (Grüne/GE) nannte die Motion "realitätsfremd". Ein grosser Teil der Asylgesuche von Eritreerinnen und Eritreern seien Sekundärgesuche nach Geburten und Familienzusammenführungen. Um das Sozialwesen zu entlasten, sollte den Menschen aus Eritrea, die schon lange im Land seien, das Arbeiten erlaubt werden.
Bedenken im Bundesrat
Auch der Bundesrat hatte Bedenken. Abgewiesene Asylsuchende könnten nur in ein Drittland geschickt werden, wenn sie einen Bezug dorthin hätten. Für die Finanzierung des geforderten Pilotprojekts fehle die Rechtsgrundlage, und im Drittland müssten menschenrechtliche Standards gewährleistet sein.
Eritrea akzeptiert nach Angaben des Bundesrates keine unfreiwillige Rückkehr seiner Bürgerinnen und Bürger. Werde das geforderte Projekt umgesetzt, bedeute das de facto eine Umsiedlung in einen Drittstaat.
Der Ständerat hiess noch eine zweite Motion von Damian Müller (FDP/LU) zum Thema Rückführungen gut. Um Algerien dazu zu bringen, bei Zwangsrückführungen zu kooperieren, verlangt dieser Vorstoss, dass der Bundesrat im Rahmen des Schengener Kodex Beschränkungen für das Erteilen von Visa für den Schengen-Raum beantragt. Der Ständerat nahm sie am Montag mit 28 zu 11 Stimmen und 3 Enthaltungen an.
Die Kantone stünden vor immensen Problemen, weil Rückführungen nach Algerien nicht funktionierten, und das trotz Rückführungsabkommen, machte Müller geltend. Wer sich weigere, ins Heimatland zurückzureisen, könne daher de facto in der Schweiz bleiben.
"Zusammenarbeit funktioniert"
Der Bundesrat widersprach in seiner ablehnenden Stellungnahme. Die Zusammenarbeit mit Algerien funktioniere mittlerweile sehr gut, schrieb er. Auch Rückführungen per Flugzeug seien möglich. Algerien sei, abgesehen von der Ukraine, der Drittstaat, in den 2022 die meisten Ausreisen aus der Schweiz erfolgt seien.
Die Pendenzen bei den Dossiers von Algerierinnen und Algeriern blieben aber angesichts der hohen Zahl an Asylgesuchen hoch, sagte Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider im Rat.
Bern soll in Brüssel intervenieren
Auch mit einer dritten Asyl-Motion hatte der Luzerner FDP-Ständerat am Montag Erfolg: Der Ständerat nahm einen Vorstoss an, in dem Müller eine Intervention des Bundesrats in Brüssel fordert. Dies zur Weigerung Italiens, Flüchtlinge von der Schweiz zurückzunehmen, welche zuerst in Italien Europa erreicht haben.
Seit Dezember 2022 tut das Italien nicht mehr. Laut dem Dublin-Abkommen ist jedes Land für jene Asylsuchenden zuständig, in dem sie zuerst Schutz gesucht haben.
Der Bundesrat soll gemäss dem Vorstoss andere Staaten mobilisieren, gemeinsam mit der Schweiz in Brüssel Druck aufzusetzen auf Italien. Im Rat sagte Müller, es sei wichtig, dass auch die Schweizer Legislative in dieser Sache ein Zeichen setze in Richtung Rom.
Ende Mai hatte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) mitgeteilt, Italiens habe der Schweiz die Aufhebung der Rücknahme-Blockade in Aussicht gestellt. Dies, sobald es in Italien genügend Unterkünfte für Flüchtlinge gebe. Dieses Versprechen reiche nicht, so Müller im Ständerat. Die drei Motionen gehen nun an den Nationalrat.