Anders als in der EU soll in der Schweiz vorerst kein Leistungsschutzrecht für Presseverlage eingeführt werden. Das hat die zuständige Ständeratskommission beschlossen.

​Der Entscheid der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) fiel einstimmig, wie Kommissionspräsident Ruedi Noser (FDP/ZH) am Montagabend vor den Medien in Bern sagte.

Die Kommission hatte zunächst vorgeschlagen, bei der Revision des Urheberrechts (17.069) einen Vergütungsanspruch für Journalistinnen und Journalisten sowie ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage ins Gesetz einzubauen.

Textanrisse und Hinweise auf Artikel

Die Betreiber sozialer Netzwerke und anderer Internet-Plattformen sollten den Verlagen eine Vergütung schulden, wenn sie journalistische Inhalte zugänglich machen. Dabei geht es primär um Textanrisse und Hinweise auf Artikel, die Internetnutzern angezeigt werden.

Die Internetplattformen können auf diesem Weg Daten für die Werbevermarktung gewinnen oder zu den Textanrissen Werbung platzieren und damit Geld verdienen – Geld, das den Verlegern entgeht. Die Nutzer begnügen sich nämlich unter Umständen mit dem Textanriss im sozialen Netzwerk und klicken nicht auf den Link, der sie auf das Medienportal führen würde.

Zurück an die Kommission

Den Ständerat überzeugte der Vorschlag seiner Kommission aber nicht. Er entschied in der Frühjahrssession, die Vorlage an die Kommission zurückzuweisen - mit dem Auftrag, die Entscheide zu überprüfen und dabei die aktuellen Rechtsentwicklungen in der EU zu berücksichtigen.

Nun hat die Kommission ihre Vorschläge fallen lassen. Angesichts der Krise der Medien seien ihr die zusätzlichen Bestimmungen zunächst sinnvoll erschienen, sagte Noser. Die nähere Prüfung habe aber ergeben, dass sie sogar kontraproduktiv sein könnten. Sie könnten dazu führen, dass die Internet-Plattformen die Hinweise nicht mehr anzeigten.

In der EU beschlossen

Die EU hatte vor kurzem ein Leistungsschutzrecht beschlossen. Umstritten ist vor allem die Umsetzung mit so genannten Upload-Filtern: Programmen, die geschützte Inhalte schon beim Hochladen ins Internet erkennen und aussortieren.
Die Länder haben nun rund zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen. Aus Sicht der Kommission wäre es nicht sinnvoll, wenn die Schweiz nun vorpreschen würde, sagte Noser, zumal sich das EU-Urheberrecht stark von jenem in der Schweiz unterscheide. Eine allfällige Übernahme der EU-Bestimmungen sollte erst nach eingehender Prüfung erfolgen.

Entwicklung verfolgen

Die Schweiz soll also abwarten und die laufende Urheberrechtsrevision ohne Leistungsschutzrecht durchführen. Der Bundesrat soll aber die Entwicklung in der EU verfolgen und das Schweizer Recht unter diesem Gesichtspunkt überprüfen. Das will die WBK mit einem Postulat verlangen. Schwerpunkt des Berichts soll die Situation der Verleger und Medienschaffenden sein.

Das Urheberrecht müsse angesichts der raschen Entwicklungen ohnehin bald wieder angepasst werden, sagte Noser. Im Ständerat hatten die Befürworter eines Leistungsschutzrechts davor gewarnt, dass sich die Schweiz isolieren könnte. Wenn grosse internationale Unternehmen die von der EU verlangten Upload-Filter entwickelten, sei ausserdem davon auszugehen, dass sie diese auch für die Schweiz anwenden würden.

Video-on-Demand und Bibliotheken

Festgehalten hat die Kommission an ihrem früheren Entscheid zu Video-on-Demand. Sie ist zwar damit einverstanden, dass Filmschaffende eine Vergütung für die Video-on-Demand-Verwendung erhalten. Die Regelung soll der zunehmenden Online-Nutzung von Werken und dem Verschwinden der Videotheken Rechnung tragen. Die WBK schlägt aber vor, Musik in Filmen von einer solchen Vergütungspflicht auszunehmen.

Eine neue Lösung schlägt die Kommission für gemeinnützige Bibliotheken vor, die kostendeckend arbeiten. Sie sollen wie Schulen von tariflichen Vergünstigungen profitieren. Zunächst hatte die WBK vorgeschlagen, dass sie keine Vergütungen an die Verwertungsgesellschaften leisten müssen.

Gegen den Nationalrat stellt sich die Kommission ferner bei der Hotel-Abgabe: Sie will diese nun doch nicht streichen. Geht es nach dem Nationalrat, sollen Hotels, Spitäler und Gefängnisse für die Verwendung öffentlicher Werke in ihren Räumen nicht mehr zahlen müssen. Die Verwendung soll als Eigengebrauch definiert werden. Die Kommission befürchte, dass dies zu Konflikten mit internationalen Bestimmungen führen würde, sagte Noser dazu. Nun ist der Ständerat am Zug.