​Freitag, 13. Dezember 2013

Das Parlament verabschiedet acht Vorlagen

(sda) Mit den Schlussabstimmungen zu acht Vorlagen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die Wintersession abgeschlossen. Parlamentarisch unter Dach kamen:

  • mit 137:56 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 29:12 Stimmen die Ablehnung der Mindestlohn-Initiative;
  • mit 115:0 Stimmen bei 79 Enthaltungen und 32:0 Stimmen bei 9 Enthaltungen ein Tätigkeits-, Rayon- und Kontaktverbot für verurteilte Pädokriminelle im Strafgesetzbuch als inoffizieller Gegenvorschlag zur Volksinitiative "Pädophile sollen nie mehr mit Kindern arbeiten dürfen";
  • mit 143:36 Stimmen bei 16 Enthaltungen und 37:1 Stimmen bei 3 Enthaltungen der Bau und die Finanzierung des 4-Meter-Korridors auf der Gotthard-Achse sowie der Ausbau des Korridors auf der Lötschberg-Achse für 990 Millionen Franken;
  • mit 139:55 Stimmen bei 1 Enthaltung und 35:3 Stimmen bei 3 Enthaltungen die Genehmigung des internationalen Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen;
  • mit 194:0 Stimmen (Nationalrat) und 41:0 Stimmen (Ständerat) die Aufhebung der Bestimmungen zum Vorauszahlungsvertrag, der in der Praxis kaum mehr zur Anwendung kommt;
  • mit 153:0 Stimmen bei 41 Enthaltungen und 41:0 Stimmen der Vertrag zwischen der Schweiz und Kosovo zur Überstellung verurteilter Personen in das jeweils andere Land;
  • mit 195:0 Stimmen und 41:0 Stimmen die Verordnung über die Richterstellen am Bundesstrafgericht sowie mit 195:0 Stimmen und 41:0 Stimmen die Verordnung über Taggelder und Vergütungen der nebenamtlichen Richter am Bundesstrafgericht.

 

Donnerstag, 12. Dezember 2013

Der Nationalrat in Kürze

STEUERAMTSHILFE: Der Nationalrat ist damit einverstanden, die Regeln zur Steueramtshilfe erneut anzupassen. Um Sanktionen anderer Staaten gegen die Schweiz zu verhindern, hat er eine Revision des Steueramtshilfegesetzes gutgeheissen. Die wichtigste Änderung: Steuersünder sollen nicht mehr in jedem Fall vorgängig informiert werden, wenn Daten über sie an andere Staaten übermittelt werden. In Ausnahmefällen soll die Information künftig nachträglich erfolgen. Verzichtet hatte der Bundesrat nach der Vernehmlassung auf eine Lockerung der Regeln zum Umgang mit gestohlenen Daten. Die Linke brachte den Punkt im Nationalrat erneut aufs Tapet. Eine Änderung fand jedoch keine Mehrheit: Auf Basis gestohlener Daten leistet die Schweiz weiterhin keine Amtshilfe.

  • BANKGEHEIMNIS: Der Nationalrat lässt seine Forderung nach einer Einführung von anonymen Trusts und ähnlichen Vehikeln fallen. Er schrieb stillschweigend eine entsprechende Motion ab, der das Parlament 2011 zugestimmt hatte. Aus Unmut über die Doppelmoral einiger Länder, welche die Schweiz wegen des Bankgeheimnis kritisieren und selber anonyme Konstrukte tolerieren, forderten die Räte "gleich lange Spiesse". Der Bundesrat hatte die Abschreibung zum zweiten Mal beantragt. Er argumentierte damit, dass solche Konstrukte der Integrität des Finanzplatzes schaden würden. Ausserdem seien sie international als problematisch gerügt worden, was etwa Grossbritannien zu Gesetzesänderungen bewogen habe.
  • VORANSCHLAG: Das Budget 2014 ist unter Dach und Fach. Der Nationalrat hat sich durchgesetzt: Er lehnte die Anträge der Einigungskonferenz mit 95 zu 93 Stimmen ab und beharrte auf Einsparungen von 150 Millionen Franken beim Sach- und Betriebsaufwand. Scheitert der Antrag der Einigungskonferenz, kommt die Regel im Parlamentsgesetz zum Zug, wonach der tiefere Betrag als beschlossen gilt. Damit wird der Bundesrat beauftragt, beim Sach- und Betriebsaufwand pauschal 150 Millionen Franken zu sparen - gegen den Willen des Ständerates. Das Budget schliesst mit einer schwarzen Null: Bei Einnahmen von 66,245 Milliarden Franken und Ausgaben von 66,124 Milliarden Franken resultiert ein Überschuss von 121 Millionen Franken.
  • AUSSCHAFFUNGEN: Der Nationalrat will den Einsatz von Beruhigungsmitteln bei Ausschaffungen nicht zulassen. Er hat eine parlamentarische Initiative der SVP-Fraktion mit 112 zu 74 Stimmen abgelehnt. Die SVP hatte gefordert, dass Beruhigungsmittel "als letzte Möglichkeit" zugelassen werden. Beruhigungsmittel seien eine der wirkungsvollsten und für alle Beteiligten einfachsten Methoden, argumentierte Adrian Amstutz (SVP/BE). Heute dürften Arzneimittel nur eingesetzt werden, wenn eine medizinische Indikation vorliege. In Einzelfällen würden dennoch Tranquilizer gespritzt. Es bestehe eine "Grauzone". Die Gegner widersprachen: Die geltenden Bestimmungen seien unmissverständlich. Eine Zulassung von Arzneimitteln ausserhalb enger Grenzen würde gegen die Verfassung und gegen internationales Recht verstossen.
  • STRAFRECHT: Das abgekürzte Strafverfahren mit einer Absprache zwischen Täter und Staatsanwaltschaft soll nicht schon wieder abgeschafft oder eingeschränkt werden. Der Nationalrat lehnte eine parlamentarische Initiative von SP-Nationalrat Daniel Jositsch mit 138 zu 47 Stimmen ab. Eingeführt worden war das abgekürzte Verfahren mit der neuen Strafprozessordnung Anfang 2011. In Zürich komme es laut Medienberichten in einem Drittel bis zur Hälfte der Fälle zu solchen "Deals", sagte der Zürcher Strafrechtsprofessor Jositsch. Zwar habe das abgekürzte Verfahren Effizienzvorteile. Es sei aber ein rechtsstaatliches Defizit, dass Gerichte die Taten nicht mehr in einer öffentlichen Verhandlung beurteilen könnten. Die Ratsmehrheit hob hervor, dass Prozesse rascher abgeschlossen seien.

Der Ständerat in Kürze

(sda) AUSLANDSCHWEIZERSCHULEN: Der Ständerat hat am Donnerstag das Auslandschweizer-Ausbildungsgesetz durchgewinkt. Damit erhalten die 17 Schweizer Schulen im Ausland künftig mehr wirtschaftliche Freiheit und grössere Planungssicherheit. Zugleich ermöglicht das geänderte Gesetz, das Modell der dualen Bildung zu exportieren und Berufslehren im Ausland zu unterstützen. Neu soll die Subvention nicht mehr von der Anzahl Schweizer Schüler abhängen, sondern von der Gesamtschülerzahl und der Mehrsprachigkeit. Neu sollen auch Investitionsshilfen für Neugründungen von Schweizer Schulen ausgeschüttet werden können. Schweizer Schulen müssen aber von einer Schweizer Trägerschaft geführt werden.

  • INVALIDENVERSICHERUNG: Der Ständerat will mithilfe von Gesetzesrevisionen sicherstellen, dass die Invalidenversicherung ihre Schulden bei der AHV bis ins Jahr auch tatsächlich 2028 begleicht. Die kleine Kammer hiess eine entsprechende Motion von Urs Schwaller (CVP/FR) mit 29 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen gut. Nach dem Scheitern der IV-Revision 6b will Schwaller das Sanierungsziel weiter verfolgen und stösst damit beim Bundesrat auf offene Ohren. Zudem soll der Bundesrat Massnahmen zur besseren Betrugsbekämpfung erarbeiten und die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Eingliederung psychisch kranker Rentenbezüger verbessern.
  • TRISOMIE 21: Der Ständerat hat oppositionslos einer Motion von Roberto Zanetti (SP/SO) zugestimmt, die verlangt, dass Trisomie 21 - das Down-Syndrom - als Geburtsgebrechen gelten soll. Die medizinischen Massnahmen der Invalidenversicherung würden derzeit überprüft, hielt der Bundesrat in seiner Antwort fest, die Anfang Woche veröffentlicht wurde. Gesundheitsminister Alain Berset erklärte, dass dies nicht einfach sei und die Gleichbehandlung mit anderen Gebrechen garantiert werden müsse. Mit der Anerkennung von Trisomie 21 als Geburtsgebrechen würden nicht automatisch Ansprüche gegenüber der IV ausgelöst. Es würde lediglich die Beweislast für IV-Leistungen umgekehrt.
  • UMWANDLUNGSSATZ: Der Bundesrat wird einen Bericht über die Auswirkungen der Umwandlungssatzsenkung bei der beruflichen Vorsorge verfassen. Der Ständerat hat stillschweigend ein Postulat von Christine Egerszegi-Obrist (FDP/AG) überwiesen. Sie ist der Meinung, dass bei diesem umstrittenen Punkt der Reform der Altersvorsorge "eine rechtzeitige, umfassende Information über die Auswirkungen der Herabsetzung des Umwandlungssatzes sehr wichtig sein wird". Der Bericht soll vor allem klären, wie viele Versicherte von der Senkung des Umwandlungssatzes betroffen sein werden.
  • AUSGLEICHSKASSEN: Im Kassenvorstand von Verbandsausgleichskassen sollen künftig auch Personen einsitzen können, die keinen Schweizer Pass haben. Bei den AHV-Ausgleichskassen der Kantone und des Bundes ist dies bereits heute der Fall. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer Motion von Sebastian Frehner (SVP/BS) zugestimmt. Auch der Bundesrat wehrte sich nicht gegen diese Änderung im AHV-Gesetz.
  • ROBBEN: Ein Importverbot für Robbenprodukte kommt für den Ständerat im Moment noch nicht in Frage. Er sistierte mit 25 zu 14 Stimmen eine Motion aus dem Nationalrat. Dieser hat die Forderung nach einem Importverbot bereits zweimal gutgeheissen, um ein Zeichen gegen die tierquälerische Jagd zu setzen. Die kleine Kammer will jedoch das Ergebnis eines laufenden Streitbeilegungsverfahrens innerhalb der Welthandelsorganisation (WTO) abwarten. Erstinstanzlich wurde bereits entschieden, dass das Verbot der EU für die Einfuhr von Robbenprodukten zulässig ist. Die Ratsmehrheit will nun noch allfällige Rekurse gegen den Entscheid abwarten, bevor die Arbeiten an einem Verbot aufgenommen werden sollen. Bundesrat Alain Berset hatte daran erinnert, dass seit Jahren keine Robbenfelle mehr in die Schweiz importiert worden seien.
  • DIGITALES PARLAMENT: Im Gegensatz zum Nationalrat hat der Ständerat eine Motion von Thomas Aeschi (SVP/ZG) zur Beschleunigung der Entwicklung hin zu einem "digitalen Parlament" abgelehnt. Das Ziel sollte sein, dass möglichst rasch alle Unterlagen elektronisch zugänglich gemacht werden. Das Büro des Ständerates war der Meinung, dass das Motionsanliegen in Arbeit ist und dass die Umsetzung "auf bestmögliche Weise sichergestellt wird, soweit dies machbar und wirtschaftlich ist".
  • PETITIONEN: Der Ständerat hat acht Petitionen abgelehnt. Zu diskutieren gab einzig eine Petition aus der Jugendsession 2012, welche Transparenz bei der Parteienfinanzierung fordert. Luc Recordon (Grüne/VD) forderte seine Ständeratskollegen dazu auf, Forderungen der Jugendlichen von heute umzusetzen, denn sie seien die Erwachsenen von morgen.

 

Mittwoch, 11. Dezember 2013

Der Nationalrat in Kürze

WEITERBILDUNG: Weiterbildung bleibt Privatsache, der Bund legt nur die Grundsätze fest. Dieser Linie ist der Nationalrat bei der Beratung des neuen Weiterbildungsgesetzes am Mittwoch treu geblieben. Er lehnt es ab, Lohnausfälle wegen langer Weiterbildungen teilweise aus der AHV auszugleichen. Auch von einer Woche bezahltem Weiterbildungsurlaub pro Jahr oder anderen Pflichten für Arbeitgeber will er nichts wissen. Das Weiterbildungsgesetz setzt die Bildungsverfassung von 2006 um. Es ist als Rahmengesetz konzipiert und soll Leitlinien im Bereich der Weiterbildung festlegen. Der öffentlichen Hand verbietet es jede Konkurrenz mit privaten Anbietern.

  • LÖHNE: Bundesrat und Parlament empfehlen dem Stimmvolk, die Mindestlohn-Initiative abzulehnen. Nach dem Ständerat hat sich auch der Nationalrat gegen die Initiative der Gewerkschaften ausgesprochen. Die Diskussion hatte er schon in der ersten Sessionswoche geführt. Die Abstimmung musste er jedoch aus Zeitgründen verschieben. Nun hat der Nationalrat entschieden: Mit 128 zu 59 Stimmen bei einer Enthaltung lehnte er die Initiative ab. Mit der Initiative "Für den Schutz fairer Löhne" verlangt der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) einen nationalen gesetzlichen Mindestlohn. Dieser soll bei 22 Franken pro Stunde liegen, was rund 4000 Franken im Monat entspricht. Die bürgerlichen Parteien stellen sich gegen das Volksbegehren, SP und Grüne werben für ein Ja.
  • BUDGET: Das Budget 2014 muss in die Einigungskonferenz. Auch in der dritten Runde der Beratungen konnten sich die Räte nicht in allen Punkten einigen. Bis zuletzt umstritten blieb die Kürzung von 150 Millionen Franken beim Sach- und Betriebsaufwand. Der Nationalrat hat daran festgehalten. Ursprünglich wollte er zusätzlich 50 Millionen Franken beim Personal sparen, rückte dann aber davon ab. Der Ständerat hatte Kürzungen beim Sach- und Betriebsaufwand wie auch beim Personal stets abgelehnt. Die zweite verbleibende Differenz betrifft die Beiträge an das "Schoggi-Gesetz". Diese möchte der Nationalrat um 8 Millionen Franken aufstocken. Die Vorschläge der Einigungskonferenz werden am Donnerstagmorgen von den beiden Kammern beraten.
  • GRUNDSTÜCKBESTEUERUNG: Der Nationalrat will das geltende Steuersystem beim Verkauf von Grundstücken ändern. Er hat eine parlamentarische Initiative von Leo Müller (CVP/LU) mit 93 zu 82 Stimmen bei 6 Enthaltungen angenommen. Müller schlägt einen Systemwechsel vor, der bei der Bundessteuer dazu führen würde, dass die Wertzuwachsgewinne steuerlich befreit wären. Die Befürworter argumentierten, dass heutige System sei viel zu kompliziert. Je nach Kanton und Grundstück werde ein monistisches oder dualistisches System angewendet. Das Ziel sei es, einheitlich ein monistisches System einzuführen. Die Gegnerinnen und Gegner warnten vor hohen Steuerausfällen und grosser Missbrauchsgefahr. Die parlamentarische Initiative geht nun an den Ständerat.
  • FRAUENQUOTE: Der Nationalrat will keine Frauenquote - weder für die Verwaltungsräte börsenkotierter Unternehmen noch für jene der Post oder der SBB. Er hat zwei parlamentarische Initiativen von Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) abgelehnt. Die SP-Nationalrätin wollte zum einen die Zulassung von Unternehmen zum Börsenhandel an die Bedingung knüpfen, dass im Verwaltungsrat beide Geschlechter zu mindestens 40 Prozent vertreten sind. Zum anderen wollte sie eine solche Quote für Verwaltungsräte von bundesnahen Unternehmen im Gesetz verankern. Der Nationalrat sprach sich deutlich gegen beide Anliegen aus. Leutenegger Oberholzer gab vergeblich zu bedenken, die Frauen seien heute in den Führungsetagen stark untervertreten.
  • ADMINISTRATIVHAFT: Der Nationalrat will am heutigen Zwangsmassnahmensystem im Ausländerrecht festhalten. Er hat eine parlamentarische Initiative von Cesla Amarelle (SP/VD) für eine Vereinfachung des Systems abgelehnt. Die Befürworter argumentierten vergeblich, das heutige System mit kurzfristiger Festhaltung, Vorbereitungshaft, Ausschaffungshaft, Durchsetzungshaft und Haft am Flughafen sei zu kompliziert und schade sowohl den Betroffenen als auch den Behörden, die die Gesetze anwenden müssten. Aus Sicht der Mehrheit haben sich die verschiedenen Arten der Administrativhaft in der Praxis bewährt, weil sie den Behörden ermöglichen, differenziert vorzugehen.
  • KRANKENVERSICHERUNG: Die Krankenversicherungspflicht soll weiterhin auch für Sans-Papiers und abgewiesene Asylsuchende gelten. Der Nationalrat hat eine parlamentarische Initiative abgelehnt, mit welcher Lukas Reimann (SVP/SG) dies ändern wollte. Reimann argumentierte, eine Grundversicherung für Personen, die sich rechtswidrig in der Schweiz aufhielten, sei problematisch. Es handle sich geradezu um eine Einladung, vom Gesundheitssystem zu profitieren. Auf eine medizinische Grundversorgung hätten die Betroffenen auch ohne Versicherungspflicht das Recht. Die Mehrheit fand jedoch, eine Änderung wäre problematisch. Wer nicht versichert sei, neige dazu, bei einer Erkrankung erst spät einen Arzt aufzusuchen. Dadurch könne die Behandlung wesentlich teurer werden.
  • INSIEME: Zum gescheiterten Informatikprojekt INSIEME der Eidgenössischen Steuerverwaltung soll keine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) eingesetzt werden. Der Nationalrat hat eine parlamentarische Initiative der SP-Fraktion abgelehnt, die dies verlangte. Die SP argumentierte, bei INSIEME hätten sich offensichtlich gravierende Fehler auf verschiedenen Ebenen aneinander gereiht. INSIEME sei nicht nur an erwiesenen Fehlleistungen der Projektleitung und Aufsicht gescheitert, sondern auch an einer ganzen Reihe "dubioser Verhaltensmuster" in der Verwaltung, zum Beispiel an der wiederholten und bewussten Verletzung des Beschaffungsrechts. Die Gegner verwiesen auf die Arbeitsgruppe, welche das INSIEME-Debakel untersucht.

Der Ständerat in Kürze

(sda) AUSLÄNDERPOLITIK: Der Ständerat hat am Mittwoch das neue Ausländer- und Integrationsgesetz gutgeheissen. Neu soll nur noch eine Niederlassungsbewilligung erhalten, wer integriert ist. Einen Rechtsanspruch auf diese Bewilligung nach 10 Jahren bei guter Integration lehnte der Ständerat mit 20 zu 12 Stimmen ab. Als integriert gilt, wer die öffentliche Sicherheit und Ordnung beachtet, die Werte der Bundesverfassung respektiert, am Wirtschaftsleben teilnehmen will und eine Landessprache beherrscht. Das Gesetz stellt auch höhere Anforderungen an die Behörden: Sie müssen prüfen, ob die Integration gelungen ist. Das Gesetz geht nun an den Nationalrat.

  • ORGANSPENDE: Die Bereitschaft, im Todesfall Organe zu spenden, soll weder im Pass noch auf der Identitätskarte oder auf dem Führerausweis vermerkt werden. Der Ständerat hat eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat knapp mit 14 zu 12 Stimmen abgelehnt. Amtliche Dokumente seien für einen entsprechenden Verweis "schlicht und einfach nicht geeignet", erklärte Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Sie verwies auf die neue Versichertenkarte, auf welcher ein Verweis vermerkt werden könne. Eine sinnvolle Lösung könne im Rahmen der laufenden Arbeiten am elektronischen Patientendossier gefunden werden, sagte Kommissionssprecherin Christine Egerszegi (FDP/AG).
  • PERSÖNLICHKEITSRECHTE: Der Ständerat will mehr über die Risiken und Fortschritte der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) für die Persönlichkeitsrechte wissen. Er hat diskussionslos ein Postulat von Luc Recordon (Grüne/VD) angenommen, der eine Auslegeordnung und mögliche Lösungen verlangt. Recordon fürchtet um die Persönlichkeitsrechte und das Selbstbestimmungsrechts einer jeden Person in Bezug auf die sie betreffenden Informationen. "Unser Rechtssystem begegnet diesen Gefahren nur unzureichend." Dringend ist aus seiner Sicht auch die Einführung eines Rechts auf "digitales Vergessen" - vor allem für Kinder und Jugendliche. Der Bundesrat erklärte sich bereit, die Themen in der Revision des Datenschutzgesetzes zu berücksichtigen.
  • GEMEINDEAUTONOMIE: Der Bundesrat wird die Wirkung des Städte- und Gemeindeartikels der Bundesverfassung untersuchen lassen, welcher seit dem Jahr 2000 in Kraft ist. Oppositionslos überwies der Ständerat ein Postulat von Hannes Germann (SVP/SH). Dieser will wissen, wie der Verfassungsartikel von den Bundesstellen interpretiert wird und welche konkrete Bedeutung er für Gemeinden, Städte, Agglomerationen und Berggebiete hat. Zudem soll der Bundesrat aufzeigen, ob die in den Artikel gesetzten Erwartungen erfüllt wurden und wie sich dieser auf die politischen Entscheidprozesse ausgewirkt hat. Hans Stöckli (SP/BE) liess in der Diskussion durchblicken, dass die Zusammenarbeit von Städten und Gemeinden mit dem EJPD gut funktioniert, dass es aber beim Finanzdepartement etwa bei den Themen Nationaler Finanzausgleich und Unternehmenssteuerreform III Nachholbedarf gibt.
  • BUNDESRICHTERWAHL: Die Bundesversammlung hat mit 198 von 200 gültigen Stimmen Yves Rüedi als hauptamtlichen Richter ans Bundesgericht in Lausanne gewählt. Er tritt die Nachfolge von Bundesrichter Roland Schneider in der strafrechtlichen Abteilung an. Der 37-jährige Glarner ist seit zwei Jahren nebenamtlicher Bundesrichter und in dieser Funktion bereits regelmässig für die strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichtes in Lausanne tätig. Er ist zudem im Kanton Glarus Obergerichtspräsident. Mit der Wahl Rüedis bleibt das Verhältnis der Sprachen, der Parteien und der Geschlechter am Bundesgericht unverändert, da Rüedi wie sein Vorgänger Deutschschweizer und Mitglied der SVP ist.

 

Dienstag, 10. Dezember 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) SCHWEIZ-CHINA: Der Nationalrat hat das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China am Dienstag deutlich gutgeheissen. Er stimmte mit 120 zu 46 Stimmen für den Vertrag. Er will das Abkommen auch nicht dem fakultativen Referendum unterstellen, wie es die Linke angesichts dessen Bedeutung gefordert hatte. Bereits am Montagabend hatte die grosse Kammer einen Rückweisungsantrag der SP abgelehnt, welche Nachverhandlungen zu Menschenrechten gefordert hatte. Das Abkommen muss noch vom Ständerat genehmigt werden, bevor es der Bundesrat ratifizieren kann.
Der Nationalrat will ein Weiterbildungsgesetz, aber keine staatlichen Eingriffe in einen funktionierenden Weiterbildungsmarkt. Bei der Beratung des vom Bundesrat vorgelegten Rahmengesetzes hielt er konsequent daran fest, dass Weiterbildung grundsätzlich in der Verantwortung des Einzelnen liegen soll. Dieses Konzept liegt dem Entwurf zu Grunde, mit dem der Auftrag der 2006 angenommenen Bildungsverfassung umgesetzt werden soll. Bund und Kantone sollen nicht direkt in die Weiterbildung eingreifen, sondern die Rahmenbedingungen verbessern und Grundsätze festlegen. Die Beratungen gehen am Mittwoch weiter.

Der Ständerat in Kürze

(sda) GIGALINER: Im Rahmen der Differenzbereinigung zum 4-Meter-Korridor auf der Gotthard-Achse hat das Parlament ein weiteres Zeichen gegen Gigaliner gesetzt. Es nahm am Dienstag gegen den Willen des Bundesrates die maximale Höhe und Breite von Lastwagen und Fahrzeugkombinationen ins Strassenverkehrsgesetz auf. Bislang waren diese beiden Masse lediglich in einer Verordnung geregelt. "Ich sehe schon, dass man das wie eine Art Pille betrachtet und meint, die Gigaliner seien damit dann für alle Zeiten ausgemerzt", sagte Bundesrätin Doris Leuthard dazu. Mit dem Entscheid ist nun der Weg frei für den 4-Meter-Korridor für den Güterverkehr. 940 Millionen Franken fliessen in den Ausbau der Gotthard-Achse; 50 Millionen wurden für Verbesserungen auf der italienischen Seite der Simplonachse gesprochen. Die Vorlage ist bereit für die Schlussabstimmung.

  • GEWÄSSERSCHUTZ: Kläranlagen sollen auch kleinste Verunreinigungen aus dem Abwasser waschen. Um 100 Anlagen aufzurüsten, hat der Ständerat als Erstrat mit nur einer Gegenstimme einer befristeten Spezialfinanzierung zugestimmt. Handlungsbedarf sei indiskutabel ausgewiesen, sagte Ivo Bischofberger (CVP/AI) namens der vorberatenden Umweltkommission. Neben der Fischgesundheit seien auch die Trinkwasserressourcen gefährdet. Die Kosten einer zusätzlichen Reinigungsstufe bei 100 Abwasserreinigungsanlagen (ARA) werden 1,2 Milliarden Franken kosten. Dreiviertel sollen über eine befristete, verursachergerechte gesamtschweizerische Abgabe gedeckt werden. Damit die ARA-Betreiber einen Anreiz erhalten, möglichst rasch zu handeln, entfällt die Abgabe, sobald die Anlage aufgerüstet ist.
  • WASSERKRAFT: Der Ständerat hat zwei Motionen zur Wasserkraft zur Vorprüfung an seine Kommission überwiesen. Diese soll sich vertieft damit befassen. Hintergrund sind die wegen des Ausbaus von Wind- und Sonnenenergie und der ausländischen Förderpolitik sinkenden Strompreise. Die Wasserkraftwerke sehen ihre Wirtschaftlichkeit gefährdet. Ständerat Werner Luginbühl (BDP/BE) fordert deshalb, dass subventionierte Wind- und Photovoltaik-Anlagen mehr Verantwortung für die Versorgungssicherheit übernehmen müssen. Über den Vorstoss diskutiert hat der Rat nicht. Die Mehrheit befand, die Fragen rund um die Wasserkraft müssten vertieft geprüft werden. Energieministerin Doris Leuthard kündigte an, dass das Bundesamt für Energie diese Woche einen Bericht zum Thema veröffentlichen werde.
  • BUDGET: Der Ständerat gibt im Streit um Budgetkürzungen nicht nach. Bei der Beratung des Voranschlags 2014 hat er die lineare Kürzung beim Sach- und Betriebsaufwand zum dritten Mal abgelehnt. Er entschied stillschweigend, bei seiner Haltung zu bleiben. Am Vortag war der Nationalrat dem Ständerat insofern entgegengekommen, als er Einsparungen beim Personal von 50 Millionen Franken fallen liess. Der Voranschlag geht nun zurück an den Nationalrat. Hält er an der Kürzung beim Sach- und Betriebsaufwand fest, muss das Budget noch diese Woche in die Einigungskonferenz. Kommt dort keine Einigung zu Stande, gilt gemäss Parlamentsgesetz der tiefere Betrag als beschlossen, womit sich der Nationalrat durchsetzen würde.
  • REGIONALVERKEHR: Der Bundesrat soll Massnahmen vorschlagen, um die Finanzierung des regionalen Personenverkehrs langfristig sicherzustellen und dessen Angebot besser auf die beschlossenen Infrastrukturausbauten abzustimmen. Der Ständerat hat eine Motion seiner Verkehrskommission angenommen. Der Bundesrat stellte sich nicht gegen den Vorstoss. Der Bund habe die Arbeiten längst aufgenommen, um das bestehende Bestellverfahren im regionalen Personenverkehr zu verbessern, sagte Verkehrsministerin Doris Leuthard. Im nächsten Jahr werde eine Evaluation vorliegen, kündigte sie an. Geplant seien kurzfristige Massnahmen sowie Gesetzesänderungen, um das System auf eine neue Basis zu stellen.
  • STEUERN: Deutschland verlangt von Schweizer Piloten der deutschen Fluggesellschaft Lufthansa Steuern, selbst wenn diese nur einzelne Tage in Deutschland verbringen. Der Ständerat zeigte Verständnis für den Unmut, lehnte aber einen Vorstoss für ein Eingreifen ab. Es liege keine Diskriminierung vor, da Deutschland seine Gesetze anwende und auch das Doppelbesteuerungsabkommen nicht verletze, hielt die Mehrheit fest. Innerdeutsches Recht könne die Schweiz nicht ändern. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf sagte aber, der Bundesrat strebe eine Änderung des umstrittenen Punktes im DBA an. Piloten und andere Betroffen wendeten sich offenbar in zahlreichen Zuschriften an die Parlamentarier. Der Nationalrat hatte die Motion angenommen.
  • MEHRWERTSTEUER: Ausländische Handwerker, die für Schweizer Kunden arbeiten, sollen die Mehrwertsteuer nicht mehr umschiffen können. Sie sind heute erst ab einem Betrag von 10'000 Franken mehrwertsteuerpflichtig. Doch das ist nur schwer kontrollierbar. Der Ständerat hält den Wettbewerbsvorteil für nicht tragbar und hat nach dem Nationalrat einer entsprechenden Motion zugestimmt. Er unterstützte den Lösungsvorschlag von Nationalrat Ignazio Cassis (FDP/TI), der fordert, dass die Steuerverwaltung Angaben aus dem Online-Meldesystem für EU-Arbeitnehmer in der Schweiz erhalten soll. Der Bundesrat ist nicht sicher, dass diese Meldungen geeignet sind, um das Problem zu lösen. Er ist jedoch bereit, zielführende Vorschläge auszuarbeiten.
  • GRENZSCHUTZ: Der Bundesrat muss im Rahmen des nächsten Geschäftsberichts Auskunft darüber geben, wie er die Aufträge des Parlaments zum Grenzwachtkorps erfüllt. Allenfalls soll er weitere Massnahmen vorschlagen. Der Ständerat hat ein Postulat dazu angenommen. Bereits früher hatten National- und Ständerat den Bundesrat beauftragt, das Grenzwachtkorps aufzustocken. Sie überwiesen eine Motion des Tessiner CVP-Nationalrats Marco Romano. Eine bestimmte Anzahl Stellen verlangt der Vorstoss nicht.

 

Montag, 9. Dezember 2013

Der Nationalrat in Kürze

SCHWEIZ-CHINA: Das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China hat im Nationalrat die erste Hürde genommen. Die grosse Kammer lehnte am Montag die Forderung zu Nachverhandlungen über Menschenrechte ab. Die Ratsmehrheit erachtet es als unmöglich, ein besseres Ergebnis zu erreichen. Bürgerliche Parlamentarier hoben hervor, dass der Bundesrat die indirekte Erwähnung der Menschenrechte erreicht und ein Abkommen zu Arbeits- und Beschäftigungsfragen abgeschlossen habe. Zudem seien auch die beachtlichen Fortschritten des Landes in den vergangenen Jahrzehnten zu würdigen. Der Antrag der SP, das Abkommen mit dem Auftrag zu Nachverhandlungen an den Bundesrat zurückzuweisen, scheiterte mit 130 zu 56 Stimmen bei 6 Enthaltungen. Die Debatte wird am Dienstagmorgen fortgeführt.

  • BUDGET: Der Nationalrat hat im Budget-Streit teilweise eingelenkt. An Einsparungen von 150 Millionen Franken beim Sach- und Betriebsaufwand hält er zwar fest. Beim Personal hingegen verzichtet er auf pauschale Kürzungen in der Höhe von 50 Millionen Franken. Die BDP hatte mit ihrem Einlenken die Möglichkeit für eine Einigung mit dem Ständerat geöffnet, welcher die Einsparungen in der Höhe von insgesamt 200 Millionen Franken schon zweimal abgelehnt hatte. Eine weitere Differenz betrifft die Höhe der Beiträge im Zusammenhang mit dem Schoggi-Gesetz.
  • ÖFFENTLICHER VERKEHR: Auch das Bundesamt für Verkehr hat für die Umsetzung der FABI-Vorlage neue Stellen geschaffen, obwohl Volk und Stände dazu noch ihren Segen geben müssen. Fünf der zwölf bewilligten Stellen sind bereits besetzt. Dies schrieb der Bundesrat in einer schriftlichen Antwort auf eine Frage aus der Fragestunde des Nationalrats. Die FABI-Vorlage zur Neuordnung der Bahnfinanzierung kommt am 9. Februar an die Urne. Der Bundesrat habe den zusätzlichen Personalbedarf in der Botschaft zur Vorlage ausgewiesen, heisst es weiter. Derzeit sorgt die vorsorgliche Besetzung von 34 Stellen im Bundesamt für Strassen für rote Köpfe. Das Personal sollte die Umsetzung des Netzbeschlusses vorbereiten, der in der Vignetten-Vorlage enthalten war und vom Volk abgelehnt wurde.

Der Ständerat in Kürze

KRANKENKASSEN: Die Initiative "für eine öffentliche Krankenkasse" hatte am Montag in der kleinen Parlamentskammer nicht den Hauch einer Chance. Nur 13 Ständerätinnen und Ständeräte empfehlen sie dem Volk zur Annahme. 28 wollen nichts von einer Einheitskrankenkasse wissen, einige anerkennen aber Handlungsbedarf. Vor allem bürgerliche Politikerinnen setzten sich für das heutige System mit 61 Krankenversicherern ein und hielten den dadurch möglichen Wettbewerb hoch. Die Befürworter argumentierten vergeblich mit Transparenz, Kosteneinsparungen und dem Ende der Jagd auf gute Risiken.

  • PERSONENFREIZÜGIGKEIT: Ob die Personenfreizügigkeit mit der EU die Sozialversicherungen belastet, war Thema im Ständerat. Gemäss der schriftlichen Antwort des Bundesrates ist dies nicht der Fall. Eine mündliche Diskussion zum Thema gab es nicht: Der parteilose Schaffhauser Ständerat Thomas Minder, der Auskunft verlangt hatte, verzichtete darauf. Der Bundesrat hatte Zahlen bis 2011 vorgelegt. Diese zeigen, dass die Zuwanderung aus der EU die Sozialversicherungen nicht belastet, sondern entlastet hat: Die Zugewanderten bezahlten mehr Beiträge in die erste Säule ein als sie Leistungen bezogen. Die Zahlen zur Sozialhilfe lassen sich nicht auf diese Weise aufschlüsseln, doch liegt die Sozialhilfequote der Zugewanderten leicht über jener der Schweizer Bevölkerung.
  • OPERATIONEN: Wie die Zahl überflüssiger Operationen reduziert werden könnte, ist aus Sicht von Gesundheitsminister Alain Berset eine wichtige Frage. Allerdings sei es schwierig, Kriterien festzulegen, sagte Berset im Ständerat. Pirmin Bischof (CVP/SO) hatte die Diskussion mit einer Interpellation angestossen. Gemäss einer OECD-Studie lietz die Anzahl bestimmter Operationen pro Kopf der Bevölkerung in der Schweiz deutlich höher als in anderen Staaten etwa beim Kaiserschnitt, der Gebärmutter- und Prostataentfernung, dem Hüftersatz und der Blinddarmentfernung. Es stelle sich die Frage, ob die Operationen stets im Sinne der Patienten seien, sagte Bischof. Hier sei auch der Staat in der Pflicht.
  • ERGÄNZUNGSLEISTUNGEN: Der Ständerat hat über die Zunahme der Kosten bei den Ergänzungsleistungen zu AHV und IV diskutiert. Urs Schwaller (CVP/FR) stellte fest, in seinem Bericht dazu orte der Bundesrat zwar Probleme, kündige aber keine konkreten Massnahmen an. Sozialminister Alain Berset betonte, der Bundesrat wolle es keineswegs dabei belassen, sondern werde im kommenden Jahr Vorschläge präsentieren. Paul Rechsteiner (SP/SG) gab seinerseits zu bedenken, dass die Kostenentwicklung bei den Ergänzungsleistungen eine Folge politischer Entscheide sei, etwa von Sparmassnahmen bei der IV oder Änderungen bei der Pflegefinanzierung.
  • E-ZIGARETTE: Der Bundesrat will bei der Arbeit am geplanten Tabakproduktegesetz prüfen, wie mit E-Zigaretten umgegangen werden soll. Er will dabei die Entwicklungen auf internationaler Ebene berücksichtigen. Dies schrieb er in seiner Antwort auf eine Interpellation, die Thema im Ständerat war. Gesundheitsminister Alain Berset stellte fest, vieles sei noch unbekannt. Raphaël Comte (FDP/NE) hatte wissen wollen, ob der Bundesrat vorhabe, für E-Zigaretten im neuen Gesetz den Begriff "Produkte mit verminderten Risiken" einzuführen.

 

Donnerstag, 5. Dezember 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) KRANKENKASSEN: Der Bundesrat soll bei der verschärften Aufsicht für Krankenversicherungen über die Bücher. Der Nationalrat hat am Donnerstag das neue Aufsichtsgesetz mit 98 zu 83 Stimmen bei 6 Enthaltungen zurückgewiesen. Die bürgerliche Ratsmehrheit beurteilte den vom Bundesrat eingeschlagenen Weg als den falschen. Die Linke und Bundesrat Alain Berset setzten sich für das Gesetz ein, das dem Bund unter anderem die Möglichkeit geben soll, zu hohe Prämien abzulehnen. Verbunden ist die Rückweisung mit dem Auftrag, einzelne Punkte zur Aufsicht im Krankenversicherungsgesetz (KVG) zu "ergänzen". Dabei handelt es sich um weniger umstrittene Punkte. Das Geschäft geht zurück an den Ständerat, der das Gesetz gutgeheissen hatte.

  • NEAT: Dem 4-Meter-Korridor auf der Gotthard-Achse steht fast nichts mehr im Weg: Nach dem Ständerat hat am Donnerstag auch der Nationalrat 990 Millionen Franken für dessen Bau und die Finanzierung gesprochen. Gegen den Willen des Bundesrates profitiert neu auch die Lötschberg-Simplon-Achse. Der Nationalrat erhöhte mit 104 zu 72 Stimmen bei zwei Enthaltungen den vom Bundesrat vorgeschlagenen Gesamtkredit für den Bau und die Finanzierung des 4-Meter-Korridors um 50 Millionen Franken und folgte damit einem Vorschlag des Ständerates. Mit dem Geld sollen Nadelöhre, wie zu kurze Kreuzungsstellen bei Domodossola, behoben werden.
  • ARMEE: Die Armee soll ab 2016 bis zu 5 Milliarden Franken im Jahr ausgeben dürfen. National- und Ständerat haben ihren Willen bekräftigt und den Bundesrat mit einer Motion beauftragt, den Ausgabenplafond der Armee entsprechend zu erhöhen. Der Nationalrat stimmte einer vom Ständerat leicht abgeänderten Motion zu. Dabei handelte es sich nur noch um eine Formalität: Nach langem Seilziehen hatte der Bundesrat im Oktober angekündigt, den Auftrag des Parlaments umzusetzen. Der Bundesrat hätte eigentlich eine tiefere Limite gewollt. Wäre es nach seinem Willen gegangen, wäre der Ausgabenplafond von heute 4,4 auf 4,7 Milliarden Franken erhöht worden.
  • STEUERABZÜGE: Der Nationalrat will kein neues System bei der Besteuerung von Wohneigentum. Er hat eine parlamentarische Initiative der Grünen Fraktion mit 94 mit 75 Stimmen abgelehnt. Der Vorstoss ist damit vom Tisch. Die Grünen forderten, dass die Eigenmietwertbesteuerung abgeschafft wird. Im Gegenzug sollten alle Steuerabzüge auf selbstgenutztem Wohneigentum gestrichen werden. Viele hielten die Eigenmietwertbesteuerung für ungerecht, argumentierte Louis Schelbert (Grüne/LU). Zudem animiere das System dazu, sich zu verschulden. Dies sei ein falscher Anreiz. Die Abschaffung des Eigenmietwerts wird auch von bürgerlicher Seite gefordert, doch stösst die Streichung der Steuerabzüge bei der Mehrheit auf Widerstand.
  • VERABSCHIEDUNG: Der Nationalrat hat Luc Barthassat verabschiedet. Der CVP-Politiker wechselt wie seine Ratskollegen Antonio Hodgers (Grüne) und Mauro Poggia (MCG) in die Genfer Kantonsregierung. Nationalratspräsident Ruedi Lustenberger würdigte ihn als echten Volksvertreter, dessen Vorstösse nicht selten von Erfolg gekrönt waren. Als Beispiel nannte er die Berufslehre für Sans-Papiers.

Der Ständerat in Kürze

(sda) STEUERN: Der Ständerat hält an den Steuerprivilegien für reiche Ausländer fest. Er empfiehlt die Volksinitiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung mit 30 zu 9 Stimmen zur Ablehnung. Zu gross war die Befürchtung, dass der Wegzug der Privilegierten ein Loch in die Kantonskassen reissen würde. Dem wirtschaftlichen Segen der Pauschalbesteuerung hielten die Befürworter der Initiative am Donnerstag im Ständerat die Steuergerechtigkeit entgegen. Laut Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf läuft es aber auf eine Abwägung hinaus, ob man die Verfassung oder den wirtschaftlichen Nutzen höher gewichtet. Die Initiative ist von linken Kreisen lanciert worden, das Anliegen geniesst aber nicht nur bei der Linken Sympathie, wie kantonale Abstimmungen zeigen.

 

Mittwoch, 4. Dezember 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) BUNDESPRÄSIDIUM: Die Bundesversammlung hat Aussenminister Didier Burkhalter mit einem glanzvollen Resultat zum Bundespräsidenten für das Jahr 2014 gewählt. Der 53-jährige Neuenburger FDP-Bundesrat erhielt 183 von 202 gültigen Stimmen und erzielte damit das drittbeste Resultat der letzten zehn Jahre. Priorität haben für ihn die Europafrage und das OSZE-Präsidium. SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga wurde mit 180 von 205 gültigen Stimmen zur Vizepräsidentin des Bundesrates gewählt.

  • VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG: Das Unrecht an Opfern fürsorgerischer Massnahmen bis in die 1980er-Jahre soll gesetzlich anerkannt werden. Der Nationalrat hiess mit 142 zu 45 Stimmen bei 4 Enthaltungen ein Gesetz gut, das die Menschen rehabilitiert, die in der Schweiz ohne Gerichtsurteil weggesperrt worden waren. Nein stimmte die Mehrheit der SVP-Fraktion, allerdings ohne ihre Argumente gegen die Rehabilitierung darzulegen. Vom Gesetz erfasst werden Personen, die bis 1981 von Verwaltungsbehörden in psychiatrische Anstalten und Strafanstalten eingewiesen wurden - wegen "Arbeitsscheu", "lasterhaften Lebenswandels" oder "Liederlichkeit". Den Betroffenen war der Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung in vielen Fällen verwehrt. Nicht enthalten im Gesetz ist eine finanzielle Wiedergutmachung.
  • KRANKENVERSICHERUNG I: Der Nationalrat hat am Mittwoch mit 137 zu 35 Stimmen bei 17 Enthaltungen den Risikoausgleich fix im Krankenversicherungsgesetz (KVG) verankert. Er gibt dem Bundesrat die Kompetenz, zusätzliche Kriterien für die Abbildung des erhöhten Krankheitsrisikos auf dem Verordnungsweg zu ergänzen. Auf Verlangen der SVP hin muss er allerdings zuvor die Krankenkassen anhören und die neuen Kriterien auf ihre Wirkung hin analysieren. Im KVG sollen neu nur Alter und Geschlecht festgehalten werden. Das Geschäft geht nun an den Ständerat.
  • KRANKENVERSICHERUNG II: Der Nationalrat hat die Beratungen zu einem neuen Aufsichtsgesetz über die soziale Krankenversicherung aufgenommen. Aus Zeitgründen fällte er aber keinen Entscheid und verschob die Diskussionen auf Donnerstag. Die geplante schärfere Aufsicht ist stark umstritten. Die SVP will nicht darauf eintreten. FDP, BDP und eine Mehrheit der CVP wollen das Gesetz an den Bundesrat zurückweisen mit dem Auftrag, einige Punkte in das existierende Krankenversicherungsgesetz zu integrieren. Eintreten wollen die Linke sowie eine Mehrheit der GLP. Der Ständerat hat das Gesetz zwar gegenüber dem Bundesratsvorschlag abgeändert, aber gutgeheissen.
  • WOHLFAHRTSFONDS: Die AHV-Beitragspflicht für Leistungen von Personalfürsorgestiftungen soll gelockert werden. Es geht um patronale Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen und Finanzierungsstiftungen, die nicht dem Freizügigkeitsgesetz unterstellt sind. Der Nationalrat hat stillschweigend eine entsprechende Motion seiner Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) angenommen. Der Bundesrat stellte sich nicht dagegen. Die Institution der patronalen Wohlfahrtsfonds sei in den letzten Jahren in Bedrängnis geraten, hatte die SGK argumentiert - unter anderem wegen der AHV-Beitragspflicht auf einem Teil ihrer Leistungen.

Der Ständerat in Kürze

(sda) BUDGET: Der Ständerat lehnt es ab, mit dem Budget 2014 beim Personal 50 Millionen, beim Sach- und Betriebsaufwand 150 Millionen Franken zu sparen. Die Mehrheit hält es für unverantwortlich, dem Bundesrat im Dezember lineare Sparaufträge in dieser Höhe zu erteilen. Der Ständerat hat in diesem Budget-Streit jedoch die schlechteren Karten, da bei Uneinigkeit der tiefere Betrag als beschlossen gilt. Auch die anderen Differenzen liess der Ständerat am Mittwoch stehen. Diese betreffen die Beiträge im Zusammenhang mit dem "Schoggi-Gesetz", die der Ständerat nicht erhöhen will, Naturparks und Medienforschung. Der Nationalrat diskutiert am nächsten Montag wieder über den Voranschlag.

  • STEMPELSTEUER: Der Ständerat hat die Abschaffung der Stempelsteuer auf Eigenkapital verschoben. Die Erleichterung für Firmen im Umfang von jährlich 240 Millionen Franken soll erst mit der Unternehmenssteuerreform III eingeführt werden. Der Ständerat folgte ohne Gegenstimme seiner Wirtschaftskommission und dem Wunsch des Bundesrates und sistierte das Geschäft. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf kündigte an, dass der Bundesrat voraussichtlich noch in diesem Jahr einen Schlussbericht zu einer Konsultation des Reformpakets verabschieden werde. Darin sei auch die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital enthalten.

 

Dienstag, 3. Dezember 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) BUDGET: Der Nationalrat spart beim Bundespersonal, das Budget für die Landwirtschaft stockt er hingegen auf. Ohne die Stimmen von SP und Grünen hat er am Dienstag den Voranschlag 2014 verabschiedet, der statt eines Defizits einen kleinen Überschuss von 163 Millionen Franken vorsieht. Grund sind vor allem Kürzungen bei der Bundesverwaltung von 200 Millionen Franken und das Scheitern der Vignetten-Vorlage, was den Bundeshaushalt um 88,758 Millionen Franken entlastet. Am Mittwoch befasst sich der Ständerat wieder mit der Vorlage. Die Einsparungen in der Verwaltung hat er schon einmal abgelehnt.

  • VOLKSRECHTE: Einmal mehr musste sich der Nationalrat mit dem Finanzreferendum befassen. Bei den Finanzen will er das Volk aber auch in Zukunft nicht mitreden lassen. Deutlich lehnte er eine parlamentarische Initiative der SVP ab, die Ausgaben ab einer gewissen Höhe dem fakultativen Referendum unterstellen wollte. Die SVP zeigte sich überzeugt, dass sich der Einfluss der direkten Demokratie auch auf den Finanzhaushalt des Bundes positiv auswirken würde. Die Gegner befürchteten hingegen eine Blockierung der politischen Prozesse. Mehr Demokratie sei nicht immer bessere Demokratie, sagte die Kommissionssprecherin.
  • STERBEHILFE: Der Nationalrat will den Sterbehilfeorganisationen die Kosten für behördliche Untersuchungen nicht auferlegen. Er hat mit 123 zu 61 Stimmen bei 5 Enthaltungen eine parlamentarische Initiative von Sylvia Flückiger (SVP/AG) abgelehnt. Flückiger wollte erreichen, dass Sterbehilfeorganisationen sämtliche Kosten übernehmen müssen, die der öffentlichen Hand durch die Freitodbegleitungen entstehen. Jede Selbsttötung müsse behördlich untersucht werden, argumentierte sie. Dabei fielen erhebliche Kosten an. Die Gegner gaben zu bedenken, diese Kosten fielen auch bei einem Freitod ohne Begleitung an.
  • GEFÄNGNISSE: Der Nationalrat will nichts ändern an den geltenden Regeln zur Beteiligung Krimineller an den Verfahrens- und Haftkosten. Er hat mit 127 zu 60 Stimmen bei einer Enthaltung eine parlamentarische Initiative von Céline Amaudruz (SVP/GE) abgelehnt. Die SVP-Nationalrätin verlangte, dass Kriminelle, die in der Schweiz keine Steuern bezahlen, die Verfahrenskosten selbst tragen und sich an den Haftkosten beteiligen müssen. Falls sie dies nicht können, sollten sie gemeinnützige Arbeit leisten. Die Gegner argumentierten, schon nach geltendem Recht könne der Verurteilte an den Verfahrenskosten beteiligt werden.
  • UNTERSUCHUNGSHAFT: Der Nationalrat will bei den heutigen Regeln zur Untersuchungshaft bleiben. Er hat eine parlamentarische Initiative von Mauro Poggia (MCG/GE) mit 126 zu 58 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgelehnt. Heute muss die Staatsanwaltschaft Anträge für eine Untersuchungshaft an das Zwangsmassnahmengericht weiterleiten. Poggia wollte, dass ein von der Staatsanwaltschaft erlassener Strafbefehl für eine unbedingte Freiheitsstrafe der Anordnung einer einmonatigen Untersuchungshaft gleichkommt. Aus Sicht der Gegner könnte das Anliegen nicht verfassungs- und EMRK-konform umgesetzt werden.

Der Ständerat in Kürze

(sda) TIEFENLAGER: Mögliche Standortkantone für ein Atommüll-Endlager erhalten derzeit kein Vetorecht. Mit 23 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung hat der Ständerat zum zweiten Mal eine Standesinitiative des Kantons Nidwalden abgelehnt, welche ein solches Recht verlangt. Die Initiative ist damit erledigt. Hängig ist eine ähnliche Standesinitiative des Kantons Schaffhausen, welche die Zustimmung des Standortkantons zu einem Endlager für radioaktive Abfälle verlangt. Zwar wurde auch dieses Kantonsbegehren vom Ständerat abgelehnt. Es geht nun in den Nationalrat. Dieser hatte im Gegensatz zum Ständerat der nidwaldnerischen Initiative zugestimmt.

  • BIOPIRATERIE: Für die Nutzung von genetischem Material zur Forschung oder für Medikamente soll die Schweiz internationale Regeln befolgen. Der Ständerat hiess dazu das Nagoya-Protokoll gut. Dieses regelt die Verwendung von genetischen Ressourcen, die beispielsweise die Pharma-, Kosmetik- oder Biotechindustrie nutzen. Die Rede ist von einem Marktwert von hunderten Milliarden Dollar. Das Protokoll soll dafür sorgen, dass Länder, aus denen Pflanzen- oder Tierressourcen stammen, bei der Vermarktung - etwa von Medikamenten - angemessen an den Vorteilen beteiligt werden. In der Umsetzung im Schweizer Gesetz wich die kleine Kammer leicht vom Bundesrat ab. Sie will nicht, dass die Prüfungen der Behörden zu weit gehen. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat.
  • ARMEE: Die Armee kann für neue Rüstungsvorhaben 740 Millionen Franken einplanen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat dem Rüstungsprogramm 2013 zugestimmt, und zwar ohne Gegenstimme. Unter anderem will der Bundesrat ein sicheres Telekommunikationsnetz aufzubauen beginnen. Dies soll in einer ersten Etappe 209 Millionen Franken kosten. Das Projekt wird insgesamt Milliarden kosten und nach 2025 fertig sein. Weiteres grosses Vorhaben ist der Kauf 130 neuer Mannschaftstransporter für 222 Millionen Franken. 49 Millionen Franken sind für Ersatzteile für die F/A-18-Jets und für Fahrzeuge vorgesehen, 86 Millionen Franken für Unterstützungsbrücken und 74 Millionen Franken für verschiedene Fahrzeuge.
  • NACHRICHTENDIENST: Für die Ausland-Datenbank ISAS des Nachrichtendienstes wird eine gesetzliche Grundlage geschaffen. Der Ständerat hat diese als Erstrat oppositionslos gutgeheissen. Der Bundesrat will damit sicherstellen, dass der Nachrichtendienst die Datenbank weiter benutzen kann. Heute wird das Informationssystem "Äussere Sicherheit" (ISAS) auf Basis einer Verordnung betrieben. Liegt bis Mitte 2015 keine gesetzliche Grundlage vor, muss der Pilotbetrieb eingestellt werden. Da das neue Nachrichtendienstgesetz 2015 möglicherweise noch nicht in Kraft sein wird, wird nun die Gesetzesgrundlage für ISAS vorgezogen. Das neue Nachrichtendienstgesetz soll kommendes Jahr ins Parlament kommen.
  • US-GEHEIMDIENSTAFFÄRE: Der Ständerat will eine Expertenkommission für Datenbearbeitung und Datensicherheit installieren. Er hat am Dienstag mit 21 zu 15 Stimmen eine Motion von Paul Rechsteiner (SP/SG) gegen den Willen des Bundesrates gutgeheissen. Spezialisten sollen sich demnach ein Bild über technologische und politische Entwicklungen machen, deren Bedeutung für die Schweiz abschätzen und Empfehlungen formulieren. Die Arbeit dürfe nicht nur dem Verteidigungsdepartement und der Verwaltung überlassen werden, sagte Rechsteiner und kritisierte die vielen Papiere aus der "Vor-Snowden-Zeit". Verteidigungsminister Ueli Maurer warnte vergeblich "vor übertriebenem Aktivismus" und bat die Ständeräte, im Gesetzgebungsprozess zum Nachrichtendienst- und zum Informationsschutzgesetz Einfluss zu nehmen.
  • JAHRESZIELE 2014: Der abtretende Bundespräsident Ueli Maurer hat dem Ständerat traditionsgemäss die Ziele des Bundesrates für das kommende Jahr präsentiert. Maurer zeigte sich erfreut, dass seit längerem wieder einmal positive Prognosen für die Konjunktur vorliegen. Zu den gewichtigeren Vorhaben des Bundesrats für 2014 gehört unter anderem der Abschluss eines Abkommens mit der EU zu institutionellen Fragen sowie die Beilegung des Steuerstreits mit der EU. Zudem will der Bundesrat das Freihandelsabkommen mit China umsetzen. Innenpolitisch will er unter anderem die Arbeiten an einem Strassenfonds fortsetzen sowie die Reformen der Altersvorsorge, des Gesundheitswesens und der Armee vorantreiben.

 

Montag, 2. Dezember 2013

Der Nationalrat in Kürze

BUDGET 2014: Der Bundesrat hat für nächstes Jahr ein nahezu ausgeglichenes Budget vorgelegt. Trotzdem streicht der Nationalrat 200 Millionen Franken aus dem Voranschlag 2014. Beim Personal hat er am Montag lineare Kürzungen von 50 Millionen Franken beschlossen. Beim Sach- und Betriebsaufwand sollen 150 Millionen Franken gespart werden. Mit einem konkreten Auftrag sind die Einsparungen nicht verbunden; wo sie umgesetzt werden, bleibt dem Bundesrat überlassen. Zuvor hatte der Nationalrat das Konsolidierungs- und Aufgabenüberprüfungspakets (KAP) an den Bundesrat zurückgewiesen. Nun drohen dem Bundeshaushalt ab 2015 rote Zahlen. Die Budgetdebatte wird am Dienstag fortgesetzt.

  • SPARPAKET: Beim Sparpaket muss der Bundesrat von vorne beginnen. Der Nationalrat hat sich zum zweiten Mal gegen das Konsolidierungs- und Aufgabenüberprüfungspaket (KAP) ausgesprochen. Er beschloss mit 112 zu 70 Stimmen bei 3 Enthaltungen, dieses an den Bundesrat zurückzuweisen. Nun muss der Bundesrat neue Vorschläge präsentieren. Für die Rückweisung stimmte eine Allianz aus SVP, SP und Grünen. Der Rechten gingen die Massnahmen zu wenig weit, der Linken zu weit. Der mit der Rückweisung verbundene Auftrag des Nationalrates an den Bundesrat ist denn auch widersprüchlich. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf wehrte sich jedoch vergeblich dagegen.
  • VEREIDIGUNG: Im Nationalrat ist Roger Golay vereidigt worden, Vertreter des Mouvement Citoyens Genevois (MCG). Er ersetzt MauroPoggia, der in die Genfer Regierung gewählt worden war. Der 54-jährige MCG-Präsident Golay möchte im Bundeshaus Mitglied der SVP-Fraktion werden. Am Dienstag wird er sich der Fraktion vorstellen. Seinen Vorgänger Mauro Poggia hatte die SVP-Fraktion nicht aufgenommen, weil dieser ihr zu links stand. Golay war früher Polizist und Präsident der Westschweizer Polizeigewerkschaft sowie des Personalverbandes des Polizeikorps. Seit 2005 sass er im Genfer Kantonsparlament.

Der Ständerat in Kürze

STAATSVERTRÄGE: Der Ständerat hat am Montag einen Gesetzesvorschlag des Nationalrates abgelehnt, der die Kompetenz, Staatsverträge vorläufig anzuwenden, den Parlamentskommissionen übertragen wollte. Mit 33 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung beschloss er sogar hinter die Vorschläge des Bundesrates zurückzugehen und am geltenden Recht festzuhalten. Wie heute sollen die Kommissionen vor der vorläufigen Anwendung eines völkerrechtlichen Vertrags lediglich konsultiert werden. Der Bundesrat hatte aufgrund von zwei Motionen vorgeschlagen, dass die vorläufige Anwendung eines Staatsvertrages mit einer Zweidrittelsmehrheit der Kommissionen verhindert werden kann. Die Vorlage geht zurück an den Nationalrat.

  • PÄDOSEXUELLE: National- und Ständerat sind sich einig zu einem inoffiziellen Gegenvorschlag zur Pädophilen-Initiative, die ein lebenslängliches Arbeitsverbot für verurteilte Pädokriminelle verlangt. Im Abstimmungskampf soll der Gegenvorschlag den Initiativgegnern Munition liefern. Im Vergleich zum rechtsstaatlich problematischen lebenslänglichen Verbot der Initiative räumt die Vorlage des Parlaments den Gerichten etwas mehr Spielraum ein, je nach Schwere des Delikts. Möglich ist dabei auch ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot, wie es die Initiative fordert. Der Ständerat räumte noch ein letztes technisches Detail der Vorlage aus. Übersteht die Vorlage die Schlussabstimmung, könnte sie relativ rasch in Kraft treten. Die Abstimmung über die Pädophilen-Initiative findet frühestens im Mai 2014 statt.
  • STRAFVOLLZUG: Kosovarische Straftäter sollen eine Freiheitsstrafe künftig auch in ihrem Heimatland absitzen können - oder müssen. Der Ständerat hiess als Zweitrat ohne Gegenstimme ein entsprechendes Übereinkommen zwischen der Schweiz und Kosovo gut. Das Übereinkommen zur Überstellung verurteilter Personen gilt gleichermassen für Schweizer im Kosovo wie für Kosovaren in der Schweiz. Grundsätzlich müssen Straftäter mit einer Überstellung einverstanden sein. Allerdings gibt es auch Konstellationen in denen sie gegen ihren Willen in ein Gefängnis im Heimatland überstellt werden können. Dies gilt namentlich für Straftäter, die nach Verbüssen der Freiheitsstrafe sowieso ausgewiesen oder abgeschoben werden.
  • VERMUMMUNG: Zum wiederholten Mal hat sich der Ständerat mit einem Vermummungsverbot beschäftigt. Erneut lehnte er ein solches ab: Diesmal ging es um ein nationales Vermummungsverbot eigens für Demonstrationen und Kundgebungen. Es sei bereits das neunte Mal, dass sich der Ständerat mit der Vermummung beschäftige, sagte Peter Bieri (CVP/ZG) als Sprecher der vorberatenden Sicherheitskommission (SIK). Letztmals hatte der Ständerat im Juni ein Vermummungsverbot abgelehnt, das der Nationalrat gefordert hatte. Die erneute Forderung von Peter Föhn (SVP/SZ) lehnte die kleine Kammer nun mit 34 zu 7 Stimmen ab. Er habe den Vorstoss so kurz nach dem letzten eingereicht, weil es im Volk "am Brodeln" sei, sagte Föhn.
  • GERICHTE: Für den elektronischen Rechtsverkehr bei Gerichten soll der Bund schweizweite Vorschriften festlegen. Der Ständerat überwies ohne Gegenstimme eine Motion mit dieser Forderung. Der Vorstoss stammt bereits aus dem Ständerat. Der Nationalrat zeigte sich zwar mit dem Anliegen nach einheitlichen Vorschriften zufrieden, wehrte sich aber dagegen, zu sehr in die Hoheit der Kantone einzugreifen. Die grosse Kammer wandelte deshalb weitergehende Vorschläge in Prüfaufträge um. Damit zeigte sich nun auch der Ständerat einverstanden. Der Bundesrat plant, bis Ende 2014 einen Vorentwurf vorzulegen.
  • VIGNETTE: Die mehreren hundert Fälle von Vignettenfälschungen pro Jahr soll nicht mehr die Bundesanwaltschaft verfolgen. Der Ständerat überwies als Zweitrat ohne Gegenstimme eine Motion, die eine Verschiebung der Strafverfolgung an die Kantone verlangt. Die Verlagerung soll die Bundesanwaltschaft entlasten. Der Nationalrat hat dem Anliegen auch bereits zugestimmt.

 

Donnerstag, 28. November 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) MINDESTLÖHNE: Der Nationalrat hat sich am Mittwoch und am Donnerstag mit der Mindestlohn-Initiative des Gewerkschaftsbundes befasst. Entschieden hat er aber noch nicht: Weil die Zeit nicht reichte, verschob er die Abstimmung. Mehr als 70 Ratsmitglieder hatten sich zum Thema äussern wollen. Zwar kamen sie alle zu Wort. Noch ausstehend ist jedoch das Votum von Bundesrat Johann Schneider-Ammann sowie jenes der Kommissionssprecher. Ob der Nationalrat nächste oder übernächste Woche entscheidet, ist offen. Fest steht jedoch bereits jetzt, dass er die Initiative ablehnen wird. Die bürgerlichen Parteien stellen sich geschlossen gegen das Volksbegehren, nur SP und Grüne werben für ein Ja. Mit der Initiative "Für den Schutz fairer Löhne" verlangt der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) einen nationalen gesetzlichen Mindestlohn. Dieser soll bei 22 Franken pro Stunde
liegen, was rund 4000 Franken im Monat entspricht.

  • VEREIDIGUNG: Die Grüne Anne Mahrer ist am Donnerstag als neue Nationalrätin vereidigt worden. Die 65-jährige Genferin ist für Antonio Hodgers nachgerückt, der Anfang November in die Genfer Regierung gewählt worden war. Mahrer sass seit 2001 im Genfer Kantonsparlament. Im Jahr 2007 präsidierte sie dieses als erste Grüne. Ferner amtete die gelernte Bibliothekarin/Dokumentalistin als Präsidentin der Kantonalpartei.
  • VERABSCHIEDUNG: Nationalratspräsident Ruedi Lustenberger hat am Donnerstag den Genfer Nationalrat Mauro Poggia verabschiedet. Das Gastspiel auf dem nationalen Politparkett des Vertreters des Mouvement Citoyens Romand (MCR) dauerte lediglich zwei Jahre. Er wurde Anfang Monat in die Genfer Regierung gewählt. Am Montag wird sein Nachfolger Roger Golay als Nationalrat vereidigt.

Der Ständerat in Kürze

(sda) TRANSPLANTATIONEN: In der Schweiz sterben jedes Jahr Dutzende von Menschen, weil kein Spenderorgan zur Verfügung steht. Aber auch in Zukunft dürfen Organe einer verstorbenen Person nur dann entnommen werden, wenn sie oder allenfalls die Angehörigen zugestimmt haben. Der Ständerat hat am Donnerstag einen Wechsel zur Widerspruchslösung abgelehnt. Mit dieser könnten Organe entnommen werden, sofern sich eine Person vor dem Tod nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat. Viele Ratsmitglieder sahen dadurch aber die Persönlichkeit in Gefahr. Ausserdem gab es verbreitete Zweifel, ob der Systemwechsel das gewünschte Resultat bringen würde. Die übrigen Änderungen des Transplantationsgesetzes waren unbestritten.

  • FINANZPLATZ: Der Ständerat zeigt sich zufrieden mit der neuen Zusammensetzung der Expertengruppe Brunetti, welche sich mit der Zukunft des Finanzplatzes beschäftigen soll. Er lehnte bei der zweiten Behandlung eine Motion ab, die eine Beteiligung der Branche gefordert hatte. Dass der Ständerat sich überhaupt nochmals mit seiner eigenen Motion beschäftigen musste liegt daran, dass der Nationalrat den Vorstoss angenommen, aber leicht abgeändert hatte. In der Zwischenzeit hat der Bundesrat aber selbst ein neues Gremium eingesetzt, in dem auch Banken- und Versicherungsvertreter Einsitz haben. Die Gruppe um Brunetti soll sich mit den Herausforderungen für den Finanzplatz befassen. Dabei geht es um die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes sowie um den Marktzugang.

 

Mittwoch, 27. November 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) LÖHNE: Der Nationalrat hat am Mittwoch die Mindestlohn-Initiative beraten, über die das Volk im kommenden Jahr abstimmen wird. Die Diskussion drehte sich um die Frage, was ein gerechter Lohn ist - und ob es Aufgabe des Staates sein könnte, eine Untergrenze festzulegen. Entscheiden wird der Rat erst am Donnerstag. Dass er die Initiative zur Ablehnung empfiehlt, steht ausser Zweifel: Die bürgerlichen Parteien stellen sich gegen das Volksbegehren, nur SP und Grüne plädieren für ein Ja. Mit der Volksinitiative "Für den Schutz fairer Löhne" verlangt der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) einen nationalen gesetzlichen Mindestlohn. Dieser soll bei 22 Franken pro Stunde liegen, was 4000 Franken im Monat entspricht. Der Betrag soll regelmässig der Teuerung angepasst werden.

  • DIPLOMATIE: Die Schweiz übernimmt 2014 den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Der Nationalrat hat den Einsatz von bis zu 5000 Armeeangehörigen zum Schutz des OSZE-Ministerratstreffen in Basel im Dezember 2014 genehmigt. Die Zusatzkosten für die Sicherheit betragen insgesamt 7,4 Millionen Franken, der Bund übernimmt davon 5,4 Millionen. Zusätzlich budgetiert der Bund 10,77 Millionen Franken für die eigentliche Durchführung des Anlasses. Zum OSZE-Ministerratstreffen werden 1200 OSZE-Delegierte und 200 Medienschaffende erwartet.
  • BOTSCHAFTSSCHUTZ: Schweizer Soldaten sollen weiterhin die Schweizer Botschaft in der libyschen Hauptstadt Tripolis schützen. Der Nationalrat hat der Verlängerung des Einsatzes bis Januar 2016 klar zugestimmt. Das Mandat läuft Anfang nächstes Jahr aus. Die Kosten für die neue Einsatzperiode von zwei Jahren sollen sich auf 1,95 Millionen Franken belaufen, sofern die Anzahl eingesetzter Soldaten gleich wie bisher bleibt. Nach früheren Angaben werden maximal 20 Elitesoldaten eingesetzt; die genauen Zahlen gaben die Behörden aus Sicherheitsgründen nie bekannt. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.

Der Ständerat in Kürze

(sda) BERUFLICHE VORSORGE: Versicherer sollen ihre Risikoprämien künftig fairer gestalten. Der Ständerat hat am Mittwoch überraschend und gegen den Willen des Bundesrates eine Motion von Christine Egerszegi (FDP/AG) mit 20 zu 16 Stimmen gutgeheissen. Egerszegi verlangt, dass die Finanzmarktaufsicht (FINMA) künftig bei überhöhten Prämien einschreiten darf. Die Aufsichtsverordnung soll entsprechend ergänzt werden. Ein Dorn im Auge sind der Ständerätin diejenigen Versicherer, welche trotz weniger IV-Renten überhöhte Prämien verlangen. Der Bundesrat wollte das Problem in der Grossreform "Altersvorsorge 2020" lösen, was der Ratsmehrheit zu spät ist. Die Motion geht nun in den Nationalrat.

  • UNTERNEHMENSSTEUERN I: Bei den Gesprächen mit der EU über offene Steuerfragen will der Ständerat dem Bundesrat nicht mitten in den Verhandlungen hineinreden. Er lehnte zum zweiten Mal einen Vorstoss ab, der dem Bundesrat detaillierte Vorgaben für die Verhandlungen machen wollte. Die Motion aus dem Nationalrat verlangte vom Bundesrat unter anderem, dass für die Abschaffung der kritisierten kantonalen Steuerregimes eine zehnjährige Übergangsfrist gelten soll. Zudem sollte die EU eine Garantie abgeben, auf jegliche Abwehrmassnahmen zu verzichten. Mit 15 zu 13 Stimmen bei 3 Enthaltungen lehnte der Ständerat den Vorstoss aber knapp ab. Der Rat schloss sich Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf an, die davor warnte, ein verabschiedetes Verhandlungsmandat nachträglich zu ändern.
  • UNTERNEHMENSSTEUERN II: Für Schweizer Filialen von ausländischen Unternehmen soll der Bundesrat bei den Steuern eine Ungerechtigkeit beheben. Der Ständerat hiess ohne Gegenstimme eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat gut. Bei der Änderung geht es um die pauschale Steueranrechnung ausländischer Quellensteuern, wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen existiert. Dies lässt die Steuerverwaltung heute nicht zu. Diese Regelung könne zu einer Überbesteuerung führen, hielt Fulvio Pelli (FDP/TI) als Motionär fest. Der Bundesrat befürwortet die Änderung ebenfalls. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf kündigte an, die Kantone anhören zu wollen und danach die Verordnung anzupassen.
  • STEUERSYSTEME: Ein Bericht des Bundesrates soll unter die Lupe nehmen, wie attraktiv sich das Schweizer Steuersysteme im Vergleich mit anderen Staaten präsentiert. Der Ständerat nahm eine Motion aus dem Nationalrat ohne Gegenstimme an. Der Motionär Olivier Feller (FDP/VD) regte den Bericht als Reaktion auf internationale Kritik an der Pauschalbesteuerung und den kantonalen Steuerregimes bei den Unternehmenssteuern an. Der Bundesrat befürwortete den Vorstoss. Ein internationaler Vergleich sei im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III ohnehin geplant, sagte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Nicht der Vergleich von Steuergesetzen, sondern ein Vergleich der Praxis in den anderen Staaten sei wesentlich, aber auch schwieriger.
  • APARTHEID: Ein Teil der Dokumente über die Beziehung der Schweiz zum Apartheid-Regime in Südafrika bleibt unter Verschluss. Der Bundesrat will die Archive vorerst nicht öffnen, weil immer noch Klagen gegen Schweizer Unternehmen drohen. Er hatte den Zugang zu mehreren hundert Dossiers 2003 eingeschränkt wegen einer Sammelklage in den USA. Unter den Beklagten waren damals auch Schweizer Unternehmen. Diese sind seit 2009 nicht mehr von der Klage betroffen. Trotzdem will der Bundesrat die Archivsperre beibehalten, bis ein erstinstanzliches Urteil vorliegt, weil die Akteneinsicht in der Schweiz sonst einfacher wäre als in anderen Ländern. Das schreibt der Bundesrat auf eine Anfrage von Paul Rechsteiner (SP/SG), zu welcher der Ständerat eine Diskussion führte.
  • BAUPRODUKTE: Der Ständerat hat die Totalrevision des Bauproduktegesetzes oppositionslos gutgeheissen. Notwendig ist diese Revision, weil die EU eine Bauprodukterichtlinie angepasst hat. Damit Schweizer Produzenten von Bauprodukten gegenüber europäischen Herstellern nicht benachteiligt werden, musste entsprechend das Gesetz totalrevidiert werden. Wichtigste Neuerung ist die Leistungserklärung: Sie dient der europaweiten Vergleichbarkeit der Produktleistungen. Damit übernimmt der Hersteller die Verantwortung für die Konformität des Bauprodukts mit dessen erklärter Leistung. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat.

 

Dienstag, 26. November 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) PÄDOSEXUELLE: Zum Schutz von Kindern vor Pädophilen will das Parlament noch vor der Abstimmung zur Pädophilen-Initiative das Tätigkeitsverbot für Sexualstraftäter verschärfen. Der Nationalrat segnete wie zuvor der Ständerat eine Art indirekten Gegenvorschlag zur Initiative ab. Während die Initiative ein rechtsstaatlich problematisches lebenslängliches Tätigkeitsverbot für verurteilte Sexualstraftäter verlangt, dauern die Verbote nach der Variante der Räte in der Regel maximal zehn Jahre. Die Gerichte haben aber mehr Spielraum. Ein lebenslängliches Verbot ist möglich. Die Beratungen zur Volksinitiative "Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen" schloss das Parlament in der Herbstsession ab. Zur Abstimmung kommt die Initiative frühestens im Mai 2014.

  • BÜRGERRECHT: Der Nationalrat will die Hürden für die Einbürgerung weiterhin höher setzen als der Ständerat. Er hat entschieden, an seinen früheren Beschlüssen festzuhalten. Eine Annäherung zwischen den Räten gibt es bislang nur bei der erleichterten Einbürgerung für Jugendliche. Heute werden die Jahre, die eine Person zwischen dem zehnten und den zwanzigsten Lebensjahr in der Schweiz verbracht hat, bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer doppelt gezählt. Der Ständerat möchte dabei bleiben, der Nationalrat hatte im März beschlossen, die Erleichterung zu streichen. Nun hat die grosse Kammer einem Kompromissvorschlag zugestimmt: Für die Berechnung der Aufenthaltsdauer sollen nur noch jene Jahre doppelt gezählt werden, die der Jugendliche zwischen dem fünften und dem fünfzehnten Lebensjahr in der Schweiz verbracht hat.
  • BUNDESSTRAFGERICHT: Der Nationalrat hat zwei Verordnungen zu den Richterstellen am Bundesstrafgericht angenommen. Die Entscheide fielen mit einer Gegenstimme. Der Ständerat hatte die Erlasse bereits gutgeheissen. Mit den Verordnungen wird die Zahl der ordentlichen Richterstellen am Bundesstrafgericht auf höchstens 16 Vollzeitstellen festgelegt. Heute zählt das Gericht 15,5 Vollzeitstellen. Nebenamtliche Richterinnen und Richter darf das Gericht höchstens 3 zählen. In der zweiten Verordnung haben die Räte die Vergütungen der nebenamtlichen Richterinnen und Richter geregelt, welche denjenigen der nebenamtlichen Richterinnen und Richtern des Bundesgerichts und des Bundespatentgerichts entsprechen.
  • VORAUSZAHLUNGSVERTRAG: Der nicht mehr gebräuchliche Vorauszahlungsvertrag wird aus dem Obligationenrecht gestrichen. Der Nationalrat sprach sich wie zuvor der Ständerat für die Aufhebung aus. Der Entscheid fiel in der grossen Kammer deutlich mit 176 zu 1 Stimmen. Beim Vorauszahlungsvertrag handelt es sich um ein Geschäft, bei dem der Kaufpreis ratenweise im Voraus bezahlt wird und das Kaufobjekt dem Käufer nach Zahlung des ganzen Kaufpreises übergeben wird. Zwar gibt es keine Statistik, allerdings dürfte der Vorauszahlungsvertrag heute praktisch nicht mehr existieren. Die Streichung geht auf eine parlamentarische Initiative zurück, die der damalige CVP-Ständerat Philipp Stähelin (TG) 2007 eingereicht hatte.
  • VERABSCHIEDUNG: Nationalratspräsident Ruedi Lustenberger (CVP/LU) hat am Dienstag den Grünen Genfer Nationalrat Antonio Hodgers verabschiedet, der seit 2007 im Nationalrat sass und vor kurzem in den Genfer Regierungsrat gewählt wurde. Für ihn nachrücken wird die ehemalige Grossrätin Anne Mahrer.

Der Ständerat in Kürze

(sda) Einstimmig hat der Ständerat am Dienstag ein nahezu ausgeglichenes Budget für das Jahr 2014 verabschiedet. Er folgte den Vorschlägen des Bundesrats und veranschlagte für nächstes Jahr bei Einnahmen und Ausgaben von je 66 Milliarden Franken ein geringfügiges Defizit von 119 Millionen Franken. Von pauschalen Kürzungen beim Personal sowie bei Sach- und Betriebsaufwand von insgesamt 200 Millionen Franken wollte die kleine Kammer nichts wissen. Er lehnte die Anträge von Peter Föhn (SVP/SZ) klar ab. Dem Nationalrat, der das Budget nächste Woche berät, liegen die gleichen Kürzungsanträge vor, dort hat ihnen jedoch die Mehrheit der Kommission zugestimmt.

  • ÜBEREINKOMMEN: Die Schweiz wird dem internationalen Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen beitreten. Nach dem Nationalrat hat am Dienstag auch der Ständerat der Ratifikation zugestimmt. Der Beitritt zur Konvention sei ein symbolischer Schritt, wurde im Ständerat moniert. Die Ziele seien in der schweizerischen Rechtsordnung bereits verankert und somit für die Schweiz nicht neu. Der Entscheid fiel mit 32 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Das Übereinkommen will die Chancengleichheit von Menschen mit Behinderungen fördern. Bisher wurde die Konvention von 158 Staaten unterzeichnet und von 138 Staaten ratifiziert.
  • KONSULATE: Der Ständerat hat am Dienstag einstimmig eine Motion abgelehnt, die ein zweijähriges Moratorium für Konsulatsschliessungen forderte. Die Kompetenz für die Ausgestaltung des Aussennetzes liege beim Bundesrat, hiess es in der kleinen Kammer. Zudem gehe die Reorganisation des Schweizer Aussennetzes auf den Sparbeschluss des Parlaments zurück. Im Gegensatz zum Nationalrat waren die Standesvertreter auch der Meinung, dass sich die Präsenz der Schweiz im Ausland verbessert habe. Der Nationalrat hatte sich in der Herbstsession mit grosser Mehrheit gegen den Abbau der konsularischen Dienstleistungen und so genannte "Laptop-Botschafter" gewehrt.

 

Montag, 25. November 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) GASTRONOMIE: Die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen in Restaurants bleiben geheim, sofern die Kantone nichts anderes entscheiden. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat Regeln für mehr Transparenz abgelehnt. Der "Restaurant-Pranger" ist damit definitiv vom Tisch. Mit 107 zu 71 Stimmen bei einer Enthaltung beschloss der Nationalrat am Montagabend, auf die Linie des Ständerates einzuschwenken und die fraglichen Passagen aus dem Gesetz zu streichen. Gesundheitsminister Alain Berset plädierte vergeblich dafür, im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten mehr Transparenz zu schaffen. In einem anderen Punkt sprach sich der Nationalrat für eine Kompromisslösung aus: Hersteller von vorverpackten Lebensmitteln sollen künftig die Herkunft der Rohstoffe deklarieren müssen. Bei verarbeiteten Produkten könnte der Bundesrat jedoch Ausnahmen festlegen. Das Lebensmittelgesetz geht nun zurück an den Ständerat.

  • PRÄSIDIUM: Der Luzerner CVP-Politiker Ruedi Lustenberger leitet für die nächsten zwölf Monate die Sitzungen des Nationalrats und ist damit formell höchster Schweizer. Die grosse Kammer wählte den 63-Jährigen mit 175 Stimmen zu ihrem Präsidenten. In den vergangenen 20 Jahren war nur Hansjörg Walter (SVP/TG) vor zwei Jahren mit mehr Stimmen (185) gewählt worden. Er verstehe sich eher als Handwerker denn als Künstler der Politik, sagte der Schreinermeister Lustenberger. "Als Politiker bauen wir die Schweiz von morgen", sagte er. Die Kundinnen und Kunden seien die Bürger des Landes: "Für sie wollen wir gute Arbeit leisten." Ins Vizepräsidium und damit als voraussichtlich nächster Nationalratspräsident wählte die grosse Kammer den Walliser SP-Nationalrat Stéphane Rossini.

Der Ständerat in Kürze

(sda) BIENENSCHUTZ: Bienen sollen besser vor Pestiziden geschützt werden. Der Ständerat hat am Montag einstimmig eine entsprechende Motion des Nationalrates an den Bundesrat überwiesen. Zum Schutz der Bienen soll bis in zehn Jahren ein bestimmter Prozentsatz weniger Pestiziden eingesetzt werden. Die betroffenen Kreise müssen sich auf ein Massnahmenpaket zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln einigen. Damit haben die eidgenössischen Räte zwei von drei Vorstössen, welche den Schutz der Bienen verbessern wollten, gutgeheissen und einen Bienenschutz light beschlossen.

  • PRÄSIDIUM: Im kommenden Jahr steht der Schaffhauser SVP-Politiker Hannes Germann dem Ständerat vor. Die kleine Kammer wählte den 57-Jährigen mit 42 Stimmen zu ihrem Präsidenten. Ein Wahlzettel war leer eingegangen. Germann löst Filippo Lombardi (CVP/TI) ab. Er übernimmt das Ständeratspräsidium als sechster Schaffhauser und als erster seit 1974. Zudem ist er der sechste SVP-Vertreter in diesem Amt seit Gründung des Bundestaates 1848. In seiner Antrittsrede rief Germann den Ständerat dazu auf, trotz der baldigen Einführung der elektronischen Stimmabgabe "seinen Geist" zu bewahren. Es gelte, den Druck aus den Parteien und von Lobbyisten trotz stärkerer Kontrolle auszuhalten.
  • MEDIZINSTUDIUM: Der Numerus clausus für das Medizinstudium bleibt bestehen. Der Ständerat hat ohne Gegenstimme eine Motion aus dem Nationalrat abgelehnt, welche die Zulassungsbeschränkungen bodigen wollte. Zwar ging der Ständerat mit den Nationalrat darin einig, dass bei der Ärzteausbildung Handlungsbedarf besteht. Abgelehnt hat er den Vorstoss aber, weil er die Anstrengungen von Bund und Kantonen anerkennt. Zwischen 2000 und 2010 wurde die Anzahl Studienplätze für Humanmedizin um 15 Prozent erhöht. Für das Nein waren aber auch föderalistische Gründe ausschlaggebend: Der Numerus clausus liegt in der Kompetenz der Hochschulen oder ihrer kantonalen Träger.
  • GESCHÜTZTE BEZEICHNUNGEN: Der Bundesrat wird auf Wunsch des Ständerats einen Bericht zu Betrugsfällen im Zusammenhang mit geschützten Bezeichnungen von in- und ausländischen Erzeugnissen der Landwirtschaft erstellen. Der Ständerat überwies ohne Diskussion ein entsprechendes Postulat; der Bundesrat zeigte sich mit dem Anliegen einverstanden. Der Bericht soll nicht nur einen Überblick zu den Tätigkeiten in den Kantonen schaffen, sondern auch aufzeigen, wie der Bund den Schutz von Bezeichnungen im Ausland zu gewährleisten.

 

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