Der Nationalrat in Kürze
(sda) PRÄMIEN: Kinder und junge Erwachsene sollen weniger Krankenkassenprämien zahlen. Das hat der Nationalrat am Mittwoch beschlossen. Eine Anpassung beim Risikoausgleich soll es den Krankenkassen erlauben, 19- bis 25-Jährigen einen Prämienrabatt von schätzungsweise 92 Franken zu gewähren. Dadurch sollen weniger junge Erwachsene auf Prämienverbilligungen angewiesen sein, was den Kantonen Einsparungen von bis zu 75 Millionen Franken ermöglicht. Mit dem Geld sollen sie die Kinderprämien von Familien mit tiefen und mittleren Einkommen senken. Künftig müssen sie diese um mindestens 80 Prozent verbilligen. Heute sind es 50 Prozent. Gegen die Vergünstigungen für Kinder und junge Erwachsene hatten sich die SVP und teilweise auch die FDP gestellt.
POLITFORUM: Die Zukunft des Berner Politforums Käfigturm ist ungewiss. National- und Ständerat haben der Institution jede weitere finanzielle Unterstützung versagt. Die beiden Kammer lehnten gleich lautende Motionen ihrer Staatspolitischen Kommissionen ab. Diese hatten gefordert, dass der Bund das Politforum auch in den nächsten Jahren mit 400'000 Franken unterstützt. Bisher zahlte der Bund die Betriebskosten von einer Million Franken pro Jahr. Das Parlament will die Subvention im Rahmen des Stabilisierungsprogramms streichen.
TABAK: Der Nationalrat will dem Bundesrat nicht die Kompetenz geben, die Tabaksteuer weiter zu erhöhen. Das hat er bei der Beratung des Tabaksteuergesetz beschlossen. Der Bundesrat hatte die Kompetenz für Steuererhöhungen selber nicht beantragt, nachdem der Vorschlag in der Vernehmlassung auf Kritik gestossen war. Die Revision beschränkt sich damit auf Anpassung des Vollzugs innerhalb der Zollverwaltung und die steuerliche Gleichstellung von Tabak für Wasserpfeifen und Feinschnitttabak. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.
STROMNETZ: Fehlende Transformatoren sind eine Achillesferse des Schweizer Stromnetzes. Das Parlament hat den Bundesrat nun beauftragt, den Bau solcher Anlagen ausserhalb der Bauzone zu vereinfachen. Der Nationalrat nahm eine Motion aus dem Ständerat mit klar an. Diese zielt insbesondere auf die Stellungnahmen des Bundesamts für Raumentwicklung (ARE), die das Starkstrominspektorat einholen muss. Die Behörden haben inzwischen vereinbart, dass darauf in Bagatellfällen verzichtet werden kann. In der Strategie Stromnetze sind weiter Vereinfachungen des Verfahrens vorgesehen.
STEUERN: Der Nationalrat nimmt einen weiteren Anlauf zur Abschaffung der Heiratsstrafe. Er hat eine Motion von Ständerat Pirmin Bischof (CVP/SO) mit 96 zu 89 Stimmen an den Bundesrat überwiesen. Basis für die künftige Steuerberechnung soll gemäss Motion die gemeinsame Besteuerung sein. Explizit erwähnt im Vorstoss sind Splitting- und Teilsplittingmodelle und die vom Bundesrat ins Spiel gebrachte alternative Besteuerung. Der Bundesrat muss nun eine entsprechende Gesetzesrevision vorlegen. Besiegelt ist das Ende der steuerlichen Benachteiligung gewisser Ehepaare damit aber noch nicht. Denn der Entscheid für ein neues Steuersystem ist umstritten.
LUFTFAHRT: Die Sicherheit in der Luftfahrt soll verbessert werden. Der Nationalrat hat als Erstrat die entsprechende Teilrevision 1+ des Luftfahrtgesetzes ohne Gegenstimmen gutgeheissen. Die Vorlage sei zwar sehr technisch, sagte Verkehrsministerin Doris Leuthard im Rat. Sie beinhalte aber Sicherheitsanpassungen, die nicht auf die lange Bank geschoben werden könnten. So würden neue Instrumente gegen terroristische Anschläge gegen die Zivilluftfahrt geschaffen, effizientere Bewilligungsverfahren eingeführt und die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit von Skyguide mit anderen Anbietern von Flugsicherungsdienstleistungen verbessert.
HANDELSREGISTER: Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat der Modernisierung des Handelsregisters grundsätzlich zugestimmt. Allerdings will die grosse Kammer die Umsatzschwelle, ab der ein Eintrag im Handelsregister Pflicht ist, höher ansetzen. Gemäss Nationalrat sollen Einzelunternehmen ab einem Jahresumsatz von 500'000 Franken zu einem Eintrag verpflichtet werden. Bundesrat und Ständerat hatten sich für 100'000 Franken ausgesprochen.
MEDIEN: Der Bundesrat soll der SRG auch nach 2018 Online-Werbung verbieten. Der Nationalrat hat einer entsprechenden Motion seiner Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen stillschweigend zugestimmt. Auch der Bundesrat will vorerst am Verbot festhalten, schreibt er in seiner Antwort auf den Vorstoss. Er werde die Entwicklung im Bereich Werbeeinnahmen der SRG aber im Auge behalten. Im seinem Service-public-Bericht zog der Bundesrat mittelfristig eine Lockerung des Verbots in Betracht.
SPORTFÖRDERUNG: Das Parlament setzt ein Zeichen für das Programm "Jugend und Sport". Der Nationalrat hat als Zweitrat eine Motion überwiesen, die ausreichend Mittel für diese Sportförderung verlangt. Der Bundesrat hatte sich gegen die Motion ausgesprochen. Dies, weil im Zusammenhang mit dem Aktionsplan Sportförderung bereits eine Erhöhung des Kredits im Voranschlag 2017 vorgesehen ist. Im Finanzplan 2018-2020 soll gemäss Bundesrat zudem der Betrag jährlich um weitere fünf Millionen Franken erhöht werden.
PFLEGE: Pflegeheime dürfen den Krankenkassen nur eigentliche Pflegeleistungen in Rechnung stellen. Medizinische Nebenleistungen müssen separat oder von den Ärzten abgerechnet werden. Das will der Nationalrat ändern. Er hat eine Motion von Ruth Humbel (CVP/AG) mit 153 zu 58 Stimmen angenommen. Sie hatte das heutige System als realitätsfremd, bürokratisch und kostentreibend kritisiert. Mit ihrer Motion verlangte sie, dass Pflegeheime kassenpflichtige Leistungen selbständig und auch pauschaliert mit den Krankenkassen abrechnen können. Bundesrat Alain Berset hatte sich dagegen ausgesprochen. Nach seien Angaben gibt es nur bei der Abrechnung von Material für die Pflege Handlungsbedarf. Entsprechende Gespräche seien bereits im Gang.
GESUNDHEITSWESEN: Der Nationalrat will die Qualitätssicherung im ambulanten Gesundheitsbereich verbessern. Er hat eine entsprechende Motion von Ruth Humbel (CVP/AG) ohne Gegenstimme angenommen. Humbel verlangte mit ihrem Vorstoss, dass im ambulanten Bereich verbindliche Massnahmen zur Sicherstellung der Qualität vereinbart werden. Werden die Massnahmen nicht erfüllt, sollte der Tarif reduziert werden.
PELZHANDEL: In der Schweiz soll vermehrt Pelz aus einheimischer Produktion verkauft werden - der Import von Pelzen mit teils fragwürdiger Herkunft damit vermindert. Der Nationalrat hat am ein Postulat von Lorenz Hess (BDP/BE) mit 130 zu 56 Stimmen gutgeheissen. Hess hatte angeregt, dass vermehrt der Verkauf von Pelzen aus der Schweiz, insbesondere aus der Fuchsjagd, gefördert werden sollte. Importpelze kämen oft von Tieren, die unter erbärmlichen Bedingungen gehalten würden, gab Hess zu bedenken. Der Bundesrat muss nun prüfen, wie die Pelznachfrage in der Schweiz durch einheimische Ressourcen gedeckt werden kann und welche Fördermassnahmen sinnvoll sind.
HORMONFLEISCH: Der Nationalrat will den Import von Hormonfleisch nicht verbieten. Er hat eine entsprechende Motion von Adèle Thorens (Grüne/VD) abgelehnt. Nutztieren Hormone zu verabreichen, ist in der Schweiz seit Jahrzehnten verboten. Thorens forderte mit ihrem Vorstoss, dass das Hormonverbot auch für importiertes Fleisch gilt.
GESUNDHEIT: Der Nationalrat will Kick-back-Zahlungen an Ärzte nicht genauer unter die Lupe nehmen. Solche erhalten Ärzte als Gegenleistung, wenn sie Patienten an bestimmte Spitäler oder Spezialisten überweisen. Wie weit verbreitet diese Praxis in der Schweiz ist, ist nicht bekannt. Die Landesregierung habe keine direkte Kenntnis von Kick-backs, weil die Kantone und nicht der Bund die Aufsicht über Leistungserbringer ausüben, schrieb der Bundesrat in der Antwort auf einen Vorstoss von Bea Heim (SP/SO). Der Nationalrat lehnte den Vorstoss mit 136 zu 54 Stimmen ab.
INVALIDITÄT: Nach Ansicht von SP-Nationalrätin Silvia Schenker (BS) führt die heutige Berechnungsmethode für den Invaliditätsgrad zu einer Benachteiligung von Personen mit tiefem Einkommen und einem tiefen Qualifikationsgrad. Sie wollte den Bundesrat beauftragen, ein System ohne Benachteiligung zu erarbeiten. Der Nationalrat hat ihr Postulat mit 133 zu 58 Stimmen aber abgelehnt. Auch Bundesrat Alain Berset sprach sich dagegen aus. Das geltende Berechnungssystem führe zu keiner Ungleichbehandlung, erklärte er.
PRÄMIENVERBILLIGUNG: Heute entscheiden die Kantone selber, wie viel Geld sie für Prämienverbilligungen ausgeben. Der Bund beteiligt sich mit 7,5 Prozent der Kosten der Grundversicherung. Während der dieser Betrag steigt, fahren viele Kantone ihre Ausgaben zurück. Mit einer Motion wolle Silvia Schenker (SP/BS) den früher geltenden Zusammenhang von Kantons- und Bundesausgaben wieder herstellen. Auch die Ausgaben aller Kantone sollen zur Berechnung herangezogen werden. Der Bundesrat lehnte die Systemänderung ab. Die Kantone hätten bewusst einen grossen Handlungsspielraum in der Frage, sagte Gesundheitsminister Alain Berset. Der Nationalrat lehnte Schenkers Motion mit 133 zu 56 Stimmen ab.
MEDIKAMENTE: Der Nationalrat will den Bundesrat nicht verpflichten, die Wechselkurse von Medikamenten-Importe unter die Lupe zu nehmen. Er hat ein Postulat von Bea Heim (SP/SO) abgelehnt. Sie wollte vom Bundesrat Vorschläge, wie der neuen Währungssituation bei den Medikamentenpreisen Rechnung getragen werden könnte. Diese richteten sich auf einen Euro-Wechselkurs von 1,23 bis 1,25 Franken aus. Das sei Wirtschaftsförderung für die ausländische Pharmaindustrie, sagte Heim. Heims hatte ihr Postulat im März 2015 eingereicht. Derzeit stelle das Bundesamt für Gesundheit stelle beim Vergleich mit den ausländischen Medikamentenpreisen auf einen Wechselkurs von 1,09 Franken ab, sagte Bundesrat Alain Berset. Er erwartet, dass nächstes Jahr aufgrund des Wechselkurses 60 Millionen Franken eingespart werden können.
GESUNDHEIT: Der Nationalrat hat eine parlamentarische Initiative zur Pflegefinanzierung mit nur einer Stimme Unterschied abgelehnt. Ruth Humbel (CVP/AG) hatte mit ihrem Vorstoss verlangt, dass Pflegeleistungen im Anschluss an einen Spitalaufenthalt nach den Regeln der Spitalfinanzierung vergütet werden sollten.
LANDESHYMNE: Der Nationalrat will die Landeshymne nicht zum Staatssymbol erheben und damit gesetzlich schützen. Er lehnte einen entsprechenden Vorstoss von Yvette Estermann (SVP/LU) ab. Sie warnte vor bereits laufenden Bestrebungen der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG), eine neue Hymne in der Schweiz zu etablieren. Es sei nicht nötig, die Hymne per Gesetz zu schützen, zeigte sich Bundesrat Alain Berset überzeugt. Die heutige Hymne sei bekannt und werde geschätzt, der Bundesrat plane nicht, diese abzuschaffen. Sollte trotzdem einmal die Frage nach einer neuen Hymne aufkommen, werde der Bundesrat nicht im Alleingang handeln, versprach Berset. Das Parlament werde auf jeden Fall mit einbezogen.
FAMILIENPOLITIK: Der Nationalrat will keine neues Staatssekretariat für Familie schaffen. Heute sei niemand richtig für das Thema "Familie" zuständig, hatte die ehemalige Nationalrätin Aline Trede (Grüne/BE) ihren Vorstoss begründet. Mit der Schaffung eines Staatssekretariats wäre die Verantwortung klar und die Koordination zwischen Departementen, Verbänden und Parteien sichergestellt. Der Nationalrat lehnte die Motion mit 136 zu 54 Stimmen ab.
NOTSCHLAFSTELLEN: Der Bundesrat muss keinen Bericht zum Angebot und Bedarf an Notschlafstellen in der Schweiz erstellen. Der Nationalrat hat ein entsprechendes Postulat von Ada Marra (SP/VD) abgelehnt. Für die Thematik seien primär die Städte und Kantone zuständig, sagte Bundesrat Alain Berset im Nationalrat. Es sei an ihnen, eine Auswertung vorzunehmen.
VEREINIGTE BUNDESVERSAMMLUNG
GERICHTE: Der bisherige Vizepräsident Ulrich Meyer (SP) ist für die Jahre 2017 und 2018 neuer Präsident des Bundesgerichts. Die Vereinigte Bundesversammlung hat den 63-jährigen Berner zum Nachfolger von Gilbert Kolly (CVP) gewählt. Als neue Vizepräsidentin wählte die Bundesversammlung die St. Galler Bundesrichterin Martha Niquille (CVP). In den weiteren Wahlgeschäften wurde Paul Tschümperlin (CVP) zum Präsidenten des Militärkassationsgerichts gewählt. Der 60-jährige Schwyzer tritt die Nachfolge des auf Ende März 2017 zurücktretenden Theo Bopp (SVP/BE) an. Schliesslich wählte die eidgenössischen Räte Rolf Grädel, bisheriger Generalstaatsanwalt des Kantons Bern, als Mitglied der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft für den Rest der Amtsperiode 2015 bis 2018. Er löst in dieser Funktion David Zollinger ab.
Der Ständerat in Kürze
(sda) FINANZMARKT: Der Anlegerschutz und die Aufsicht über die Finanzdienstleister sollen neu geregelt werden. Der Ständerat hat am Mittwoch als Erstrat zwei Gesetze gutgeheissen, die nach der Finanzkrise entworfen worden waren. Von den ursprünglichen Plänen ist allerdings nicht viel übrig geblieben. Der Ständerat folgte in den meisten Punkten seiner Kommission, die sich gegen einen starken Ausbau des Anlegerschutzes entschieden hatte. In einem Punkt setzte sich jedoch der Vorschlag des Bundesrates durch. Enthält das Basisinformationsblatt oder der Prospekt zu einem Finanzprodukt unrichtige, irreführende oder widerrechtliche Informationen und wird der Kunde dadurch geschädigt, soll die Beweislast künftig bei der Bank liegen: Sie muss beweisen, dass sie keine Schuld trifft.
BUNDESFINANZEN: Das Parlament ist sich auch nach je drei Debatten in beiden Räten nicht einig geworden darüber, bei welchen Budgetposten im kommenden Jahr wie viel gespart werden soll. Der Voranschlag 2017 muss deshalb in die Einigungskonferenz. Am Donnerstag wird entschieden. Nach dem Nationalrat hielt auch der Ständerat an den meisten seiner letzten Beschlüsse fest. Nur für die Bauern gab es kurz vor Weihnachten ein weiteres Geschenk: Im dritten Anlauf beschloss die kleine Kammer eine Aufstockung der Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte nach dem sogenannten "Schoggigesetz" um 26,7 Millionen Franken gegenüber dem Vorschlag des Bundesrats. Bei den übrigen Differenzen sieht es danach aus, dass der bürgerlich dominierte Nationalrat mit seinem Sparkurs beim Bundespersonal und bei externen Dienstleistern am Ende die Oberhand behalten wird.
STRAFVERFOLGUNG: Die Strafverfolgungsbehörden sollen bei schweren Straftaten DNA-Informationen zur Augen-, Haar- und Hautfarbe des Täters auswerten dürfen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer entsprechenden Motion zugestimmt. Er folgte oppositionslos seiner vorberatenden Rechtskommission. Mit dem Ja zur Motion von Nationalrat Albert Vitali (FDP/LU) mit dem Titel "Kein Täterschutz für Mörder und Vergewaltiger" muss der Bundesrat nun einen Gesetzesentwurf ausarbeiten. Das Parlament verlangt, dass die codierenden DNA-Abschnitte zur Feststellung der persönlichen Eigenschaften bei schweren Verbrechen ausgewertet werden dürfen. Es ist der Meinung, dass sich damit die Strafverfolgung verbessern liesse.
KRONZEUGEN: Mitglieder terroristischer Organisationen sollen eine mildere Strafe erhalten, wenn sie den Behörden wertvolle Informationen liefern. Der Ständerat hat eine Motion von Claude Janiak (SP/BL) mit 23 zu 11 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen. Der Bundesrat hatte sich bereit gezeigt, eine entsprechende Regelung zu erlassen. Nicht infrage kommt für ihn aber Straffreiheit für Kronzeugen. Weil er davon ausging, dass der Vorstoss auch das verlangt, beantragte er dem Rat, diesen abzulehnen. Nun will er dem Nationalrat beantragen, den Text abzuändern.
POLITFORUM: Die Zukunft des Berner Politforums Käfigturm ist ungewiss. National- und Ständerat haben der Institution jede weitere finanzielle Unterstützung versagt. Die Kammern haben am gleichen Tag gleich lautende Motionen ihrer jeweiligen Staatspolitischen Kommission beraten und verworfen, der Nationalrat mit 103 zu 82 Stimmen, der Ständerat mit 18 zu 14 Stimmen. Die Ratsbüros und der Bundesrat hatten Ablehnung beantragt. Noch trägt der Bund die Betriebskosten von einer Million Franken pro Jahr. Die Kommissionen hatten gefordert, dass der Bund das Politforum über 2017 hinaus mit 400'000 Franken pro Jahr unterstützt. Mit dem Nein scheint das Schicksal des Politforums trotz breiter Unterstützung besiegelt.
SEXTING: Der Ständerat will keine Strafnorm gegen Sexting, das Weiterverbreiten intimer Fotos oder Videos durch andere. Er hat eine Motion von Nationalrätin Viola Amherd (CVP/VS) mit 25 zu 14 Stimmen abgelehnt. Die Mehrheit vertrat die Auffassung, die geltenden Bestimmungen böten genügend Schutz. Sinnvoller als eine neue Strafnorm sei die Sensibilisierung. Auch der Bundesrat hatte auf existierende Strafnormen verwiesen, die im Zusammenhang mit Sexting schon heute zur Anwendung gelangen können. Neben den strafrechtlichen Bestimmungen zu Pornografie sind das jene zu Drohung oder Nötigung. Hinzu kommen zivilrechtliche Bestimmungen zum Schutz der Persönlichkeit. Mit dem Nein ist der Vorstoss vom Tisch.
BETREIBUNGEN: Wer ungerechtfertigt betrieben wird, kann dafür sorgen, dass Dritte nicht von der Betreibung erfahren. Das Parlament hat dazu eine Gesetzesänderung beschlossen. Der Ständerat hat die letzte Differenz zum Nationalrat ausgeräumt. Das Geschäft ist damit bereit für die Schlussabstimmung. Den Anstoss für die Gesetzesänderung gab eine parlamentarische Initiative von Fabio Abate (FDP/TI).
REGISTER: Der Ständerat ist im Grundsatz einverstanden mit den Vorschlägen des Bundesrats zur Modernisierung des Zivilstandsregisters und des Grundbuchs. Anders als der Nationalrat hat er auch kein Problem damit, beim Grundbuch die AHV-Nummer zu verwenden. Wegen Sicherheitsbedenken hatte der Nationalrat vom Bundesrat dazu neue Vorschläge verlangt. Solche hat die kleine Kammer gleich selber ausgearbeitet. Sie hat beschlossen, dass die Oberaufsichtsbehörde des Bundes eine zentrale Datenbank über die im Grundbuch geführten Personen betreiben soll. Diese verwendet zur Identifizierung die AHV-Nummer, aber nur intern. Für andere Zwecke wird den in der Datenbank verzeichneten Personen eine Grundbuchidentifikationsnummer zugeteilt.
STEUERN: Der Ständerat ist gegen eine Steueramnestie mit Ermässigungen bei den Nachsteuern. Er hat eine Motion aus dem Nationalrat stillschweigend abgelehnt. Damit ist das Anliegen vom Tisch. Schon in der Ständeratskommission war das Anliegen chancenlos. Die deutliche Mehrheit hielt fest, das geltende Recht ermögliche bereits eine straflose Selbstanzeige. "Ermässigungen bei den Nachsteuern würden nur den unehrlichen Steuerpflichtigen zugutekommen", sagte Präsident Martin Schmid (FDP/GR). Zudem bräuchte es dafür eine Übergangsbestimmung in der Verfassung. Der Bundesrat lehnte die Motion ebenfalls ab. Er sieht keinen Handlungsbedarf.
FUSSFESSELN: Ab dem 1. Januar 2018 können die Strafvollzugsbehörden in der ganzen Schweiz elektronische Fussfesseln einsetzen. Der Ständerat bestellt bereits jetzt eine Evaluation. Er hat ein entsprechendes Postulat an den Bundesrat überwiesen. Dieser wird damit beauftragt, die Praxiserfahrungen mit dem Electronic Monitoring während den ersten drei Jahren nach Inkraftsetzung des Sanktionenrechts zu evaluieren und anschliessend einen Bericht vorzulegen. Er soll insbesondere prüfen, ob die Erfahrungen eine Ausweitung des Einsatzbereichs der elektronischen Fussfesseln nahelegen.
TERRORISMUS I: Der Bund soll die Reisebewegungen potenzieller Terroristen beobachten können, ohne dass diese davon Kenntnis haben. Das Parlament will dem Bundesamt für Polizei (fedpol) erlauben, Dschihad-Reisende zur verdeckten Registrierung im Schengener System auszuschreiben. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat oppositionslos an den Bundesrat überwiesen. Damit rennen die Räte allerdings offene Türen ein: Der Bundesrat hat die Arbeiten schon eingeleitet. Im Sommer hat er das Justiz- und Polizeidepartement beauftragt, einen Vernehmlassungsentwurf mit dieser und anderen Massnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus auszuarbeiten.
TERRORISMUS II: Der Ständerat hält es nicht für sinnvoll, losgelöst von anderen Massnahmen eine Ausreisesperre für Dschihad-Sympathisanten zu erlassen. Er hat eine Motion aus dem Nationalrat oppositionslos abgelehnt. Der Vorstoss ist damit erledigt. Die Gegner erinnerten an die Pläne des Bundesrats für eine umfassendere Regelung. Der Bundesrat will die präventiven Möglichkeiten der Polizei zur Bekämpfung des Terrorismus generell verstärken. Geplant ist auch eine Reisedokumentensperre, um Personen an der Ausreise zu hindern.
TERRORISMUS III: Der Bundesrat muss keinen neuen Bericht darüber verfassen, ob Bund und Kantone genügend Massnahmen ergreifen, um Minderheiten wie Juden oder Homosexuelle vor Terror zu schützen. Der Ständerat hat einen entsprechenden Vorstoss abgelehnt. Die kleine Kammer sagte mit 19 zu 13 Stimmen bei 2 Enthaltungen Nein zu einem Postulat von Daniel Jositsch (SP/ZH). Dieser argumentierte, dass Minderheiten durch den IS-Terror vermehrt gefährdet seien. Auch die Schweiz sei vor dieser Gefährdung nicht gefeit. Justizministerin Simonetta Sommaruga hielt entgegen, dass der Bundesrat die gegenwärtige Bedrohung sehr ernst nehme. Die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sei nach geltendem Verfassungsrecht aber grundsätzlich Aufgabe der Kantone.
BAUTEN: Energetisch begründete Ersatzneubauten sollen steuerlich nicht gleich behandelt werden wie energiesparende Sanierungen an bestehenden Gebäuden. Der Ständerat hat eine Motion des zurückgetretenen Grünen-Nationalrats Alec von Graffenried (BE) oppositionslos verworfen. Diese ist damit erledigt. Schon im Rahmen der Energiestrategie 2050 habe die kleine Kammer einer weniger weit gehenden Lösung nur ungern zugestimmt, sagte Kommissionspräsident Werner Luginbühl (BDP/BE). Demnach können Steuerabzüge für Gebäudesanierungen neu über drei nachfolgende Steuerperioden verteilt werden. Zudem können bei Ersatzneubauten die Kosten für den Rückbau des alten Gebäudes abgezogen werden. Der Ständerat ist der Überzeugung, dem Anliegen sei damit genug Rechnung getragen worden.
GRENZE: Das Grenzwachtkorps (GWK) erhält nicht 100 zusätzliche Stellen. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat abgelehnt. Der Vorstoss ist damit erledigt. Die vorberatende Ständeratskommission war nach Gesprächen mit dem Chef des GWK zum Schluss gekommen, eine Aufstockung sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht nötig, wie Isidor Baumann (CVP/UR) ausführte. Das Grenzwachtkorps sei in der Lage, seine Aufgaben zu bewältigen Baumann verwies auf die bereits bewilligten Mittel für insgesamt 48 zusätzliche Stellen sowie die Sparbeschlüsse des Parlaments im Rahmen der Budgetberatungen und des Stabilisierungsprogramms.
FINANZKONTROLLE: Der Direktor der Finanzkontrolle soll mehr Kompetenzen erhalten und besser über Prüfungen informieren. Der Ständerat hat Änderungen des Finanzkontrollgesetzes einstimmig gutgeheissen. Das Hauptziel ist ein besserer Informationsaustausch zwischen Finanzkontrolle, Departementen, Bundesrat und weiteren Akteuren. Das Parlament hatte die Änderungen nach dem Debakel um das Informatikprojekt INSIEME gefordert. Das Geschäft geht an den Nationalrat.
BESCHAFFUNGEN: Der Bundesrat muss einen Bericht vorlegen zur Vergabe von Ingenieur- und Planungsleistungen. Der Ständerat hat ein entsprechendes Postulat von Olivier Français (FDP/VD) angenommen, im Einverständnis mit dem Bundesrat. Er will wissen, zu welchen Stundenansätzen Bundesstellen solche Leistungen vergeben. Der Bundesrat soll zudem mit Blick auf die geplante Revision des Gesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen darlegen, welche Kriterien er als geeignet betrachtet, um Dumpingangebote identifizieren zu können. Die aktuelle Tiefpreispolitik sei ein Problem, befand die Mehrheit im Rat.
HOCHWASSER: Die Beiträge des Bundes an den Hochwasserschutz sollen nicht erhöht werden. Der Ständerat hat eine Standesinitiative des Kantons Bern mit dieser Forderung abgelehnt. Bern verlangt eine um 10 Prozent höhere Beteiligung des Bundes an Hochwasserschutzmassnahmen für Schutzbauten. Wichtige Projekte könnten wegen fehlender Mittel nicht fristgerecht realisiert werden, argumentiert der Kanton. Der Ständerat will aber nichts davon wissen. In seinen Augen erlaubt es die finanzpolitische Situation des Bundes nicht, mehr finanzielle Mittel bereitzustellen. Zudem sei ein grosser Teil der Hochwasserschutzprojekte bereits realisiert, argumentierte die vorberatende Kommission.