Die Kommission für Rechtsfragen beantragt, die Volksinitiative „Verbandsbeschwerderecht. Schluss mit der Verhinderungspolitik – mehr Wachstum für die Schweiz“ abzulehnen.

Die Kommission behandelte verschiedene Geschäfte zum Verbandsbeschwerderecht von Umweltorganisationen.

Mit 17 zu 8 Stimmen beantragt die Kommission, der parlamentarischen Initiative von Nationalrat Schibli keine Folge zu geben ( 04.421 Verbandsbeschwerderecht. Hemmschuh). Diese verlangt, das Beschwerderecht für Umweltschutzorganisationen aufzuheben.  Nach Auffassung der Kommissionsmehrheit ist dieses Beschwerderecht ein bewährtes Instrument, das dazu beiträgt, das Umwelt- und das Raumplanungsrecht richtig umzusetzen. In den Augen der Mehrheit tangiert die Initiative weniger das Beschwerderecht als vielmehr das materielle Umweltrecht. Mit der Änderung des Umweltschutzgesetzes vom 20. Dezember 2006, die am 1. Juli 2007 in Kraft trat (BBl 2007 9), wurde dieses Beschwerderecht namentlich zur Vermeidung von Missbräuchen bereits erheblich eingeschränkt. Eine Minderheit der Kommission beantragt, der Initiative Folge zu geben. Ihrer Meinung nach hemmt das Verbandsbeschwerderecht die Entwicklung der Wirtschaft insofern, als es die Realisation gewisser Vorhaben verlangsamt oder verhindert  und den Unternehmen Mehrkosten verursacht. Auch ist sie der Meinung, dass dieses Beschwerderecht unnütz und es Sache der Behörden sei, für die korrekte Umsetzung des geltenden Rechts zu sorgen.

Die Kommission beantragt mit 14 zu 10 Stimmen, die Volksinitiative „Verbandsbeschwerderecht. Schluss mit der Verhinderungspolitik – mehr Wachstum für die Schweiz“ ( 07.046 ) abzulehnen. In den Augen der Mehrheit ist diese Initiative mit verschiedenen Mängeln behaftet. Zum einen ist sie unklar formuliert: Auf den ersten Blick besagt der Text, dass nur Entscheide vom Verbandsbeschwerderecht ausgeschlossen sind, die unmittelbar vom Volk oder Parlament getroffen werden. Fasst man den Blick weiter, sind davon auch die Entscheide von Verwaltungsbehörden ausgeschlossen, die selbst auf Volks- oder Parlamentsentscheiden beruhen. Zum andern könnte diese Ausnahmeordnung zu unrechtmässigen Unterschieden in der Anwendung von Bundesrecht führen, da die Kantone zu entscheiden haben, bei welchen Vorhaben ein demokratisches Planungsverfahren oder ein behördliches Bewilligungsverfahren zum Zuge kommen soll. Schliesslich wird dadurch, dass die viel zahlreicheren Einzelbeschwerden von der Volksinitiative nicht tangiert werden, eine Ungleichbehandlung geschaffen. Eine Minderheit der Kommission beantragt, die Volksinitiative anzunehmen, dies einerseits aus den gleichen Gründen wie bei der parlamentarischen Initiative Schibli ( 04.421 oben), andererseits um den demokratisch gefassten Entscheiden von Volk und Parlament besser Rechnung zu tragen.

Die Kommission hält allerdings gewisse Massnahmen für notwendig. Mit 13 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen beauftragt sie den Bundesrat in einer Motion, das Bundesgesetz über den Umweltschutz so zu ändern, dass die Umweltschutzmassnahmen nach dem Kriterium der Wirksamkeit und einem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnis eingesetzt und die bereits verfügten Massnahmen, welche diese Kriterien nicht erfüllen, widerrufen werden. Mit 14 zu 7 Stimmen bei 4 Enthaltungen stimmte sie zudem einer Motion zu, welche den Bundesrat auffordert, die im Jahre 2004 eingereichte Motion der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates, welche eine bessere Koordination von Umweltschutz und Raumplanung verlangt  ( 04.3664 ), unverzüglich und vorrangig zu behandeln. Hingegen lehnte sie mit 15 zu 9 Stimmen einen Antrag ab, wonach der Bundesrat eine Gesetzesrevision vorlegen soll, welche die erworbenen Rechte garantiert.

Die Kommission hat im Weitern eine Standesinitiative des Kantons Aargau vorgeprüft ( 04.310 Konkretisierung des Verbandsbeschwerderechts hinsichtlich Verantwortlichkeit, Finanzierung und Verfahrensordnung). Mit 14 zu 9 Stimmen bei 4 Enthaltungen hat sie dieser Initiative Folge gegeben. Sie ist wie die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates der Meinung, dass gewisse Aspekte des Verbandsbeschwerderechts, insbesondere das Verhältnis zu demokratischen Entscheiden, näher zu prüfen sind. Sie hat Kenntnis genommen von der Bereitschaft der ständerätlichen Kommission, in diesem Bereich aktiv zu werden, wie sie anlässlich der Beratung der Volksinitiative im Ständerat im vergangenen Dezember verlauten liess.

Schliesslich stimmte die Kommission einhellig einer Motion zu, welche den Bundesrat auffordert, die Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung den Änderungen des Umweltschutzgesetzes vom 20. Dezember 2006 anzupassen ( 07.3418 Mo. SR (Hofmann Hans). Anpassung der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung).

In einem anderen Bereich sprach sich die Kommission mit 12 zu 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen für eine Motion aus, welche verlangt, das Anbieten von Pornografie auf Mobiltelefonen unter Strafe zu stellen, um Kinder und Jugendliche in ihrer ungestörten sexuellen Entwicklung zu schützen ( 06.3884 Mo SR (Schweiger) Keine kommerzielle Pornografie auf Handys). Die Kommission ist der Meinung, dass vor dem Hintergrund der Jugendgewalt Handlungsbedarf besteht und der Staat klarere Schranken setzen muss. Mit Gesetzesvorschriften lassen sich zwar nicht alle Probleme lösen, sie können aber immerhin dazu beitragen, diese zu vermindern.

Die Kommission setzte zudem die Beratung der Vorlage zur Zivilprozessordnung ( 06.062 ) fort. Des Weiteren ist die Kommission ohne Gegenstimmen auf die Vorlage zur Jugendstrafprozessordnung ( 05.092 Strafprozessrecht. Vereinheitlichung; Vorlage 2) eingetreten. Sie hat die Detailberatung begonnen.
Die Kommission hat am 14. und 15. Februar 2008 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Gabi Huber (FDP, UR) und teils in Anwesenheit von Bundesrätin Widmer-Schlumpf und Bundesrat Leuenberger in Bern getagt.


 Bern, 15. Februar 2008 Parlamentsdienste