Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Ständerats führte  die Detailberatung zur 11. AHV-Revision zu Ende. Ohne Gegenantrag trat sie auf die 4. AVIG-Revision ein und führte eine erste Lesung durch. Die Standesinitiative „Für angemessene Krankenkassenprämien im Kanton Genf“ lehnt sie mit 9 zu 3 Stimmen ab.

11. AHV-Revision (Leistungsseitige Massnahmen) (05.093): Nachdem die Kommission an ihrer letzten Sitzung vom 19. Februar 2009 die Erhöhung des Rentenalters der Frauen und einen auf 10 Jahre befristeten differenzierten Kürzungsausgleich beschlossen hatte (vgl. Medienmitteilung vom 20. Februar 2009), stand heute noch die Koordination mit anderen Gesetzen, insbesondere mit der Beruflichen Vorsorge, zur Beratung. Speziell die Frage der Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers im Falle des Vorbezugs einer ganzen oder halben Rente gab zu Diskussionen Anlass. Die Kommission führte die Detailberatung zu Ende und nahm die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 5 zu 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen an. Ein Antrag, das Geschäft in zwei Vorlagen einzuteilen, wovon die eine die Bereiche Frauenrentenalter und Flexibilisierung umfasst hätte, die zweite die übrigen Teile der Revision, wurde intensiv diskutiert, schliesslich aber mit 8 Gegenstimmen bei 2 Enthaltungen verworfen. Ausschlaggebend dafür waren auch Bedenken, dass dadurch einzelne Teile der Revision nicht oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft treten würden und dadurch das Zusammenspiel der einzelnen Revisionsbestandteile gefährdet gewesen wäre. Die Beratung im Ständerat ist für die Sommersession 2009 vorgesehen.


Die Pa. Iv. Leutenegger Oberholzer „Keine Diskriminierung älterer Arbeitnehmer, Änderung des Freizügigkeitsgesetzes“ (07.436 n) verlangt eine Änderung des Freizügigkeitsgesetzes. Heute ist es möglich, dass Arbeitnehmer, die zwischen dem frühestmöglichen und dem ordentlichen reglementarischen Rentenalter ihre Stelle verlieren oder eine andere Stellen annehmen möchten, die Altersrente ihrer Pensionskasse vorbeziehen müssen. Dies führt zu Nachteilen wie einer lebenslänglichen Kürzung der Rente, steuerlichen Nachteilen im Falle einer Weiterbeschäftigung in einem anderen Betrieb und Anrechnung der Rente im Falle einer Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung. Die Kommission beschloss einstimmig Annahme des Entwurfs, dem der Nationalrat am 19. März 2009 mit 153 zu 1 Stimme zugestimmt hatte. 


Festsetzung der Labortarife: Die anhaltende Kontroverse über die Senkung der Labortarife durch das Eidg. Departement des Innern (EDI) auf 1. Juli 2009 haben die Kommission veranlasst, mit dem Departementvorsteher das Gespräch zu führen. Im Beisein von Bundesrat Couchepin wurde das in der Debatte wahrnehmbare Spannungsfeld zwischen dem politischen Konsens, die Hausarztmedizin zu stärken, und der von Teilen der Ärzteschaft als damit unvereinbar empfundenen Senkung der Labortarife thematisiert. Bundesrat Couchepin bestätigte, dass die angekündigte Senkung der Tarife wie vorgesehen in Kraft treten wird, betonte allerdings, dass mit der Einführung ein Monitoring einhergehen wird.


Mit der 4. Revision des Arbeitsversicherungsgesetzes (AVIG, 08.062s) schlägt der Bundesrat vor, den normalen Beitragssatz von 2 auf 2,2 Prozent zu erhöhen. Zur Entschuldung soll der Beitragssatz zeitlich befristet von 2.2 auf 2, 3 Prozent erhöht und ein Solidaritätsbei-trag von 1 Prozent auf dem bisher nicht versicherten Verdienst zwischen 126 000 und 315 000 Fr. eingeführt werden. Auch auf der Leistungsseite sollen Einsparungen erzielt werden, indem Fehlanreize beseitigt und Wiedereingliederungsmassnahmen verstärkt werden. Nachdem die Kommission an ihrer letzen Sitzung vom 19. Februar 2009 den Arbeitgeber-verband, den Gewerkschaftsbund sowie den Verband Schweizerischer Arbeitsämter (VSAA) angehört hatte, trat sie an dieser Sitzung auf die Vorlage ein und führte eine erste Lesung durch. Dabei blieb sie weitgehend auf der Linie des Bundesrats. Es wurden bisher vier Minderheitsanträge eingereicht. Die Gesamtabstimmung mit allen definitiven Entscheiden ist für den 11. Mai 2009 vorgesehen; somit wird die Vorlage dem Ständerat in der Sommersession 2009 unterbreitet.


Die Standesinitiative Genf „Für angemessene Krankenkassenprämien im Kanton Genf“ (08.311 s) fordert die Bundesbehörden insbesondere auf, dafür zu sorgen, dass die durchschnittlichen Krankenkassenprämien für die Genfer Bevölkerung um mindestens 5 Prozent sinken. Stein des Anstosses waren die im schweizerischen Vergleich sehr hohen Prämien bei gleichzeitig teilweise sehr hohen Reserven der Versicherer. Die Kommission stellt fest, dass das BAG im Auftrag des EDI daran ist, mit den wichtigsten Versicherern im Kanton Genf zu verhandeln. Dies hat schon Wirkung gezeigt: Zwar betrug die durchschnitt-liche Prämie im Kanton Genf im Jahre 2008 418.91 Franken pro Monat (Schweiz: 314.61 Franken), sie ist aber im Jahre 2009 im Gegensatz zu den meisten kantonalen Prämien seither nicht mehr gestiegen, sondern um 0.1 Prozent gesunken. Das Anliegen, die unterschiedlichen Reservequoten auszugleichen und eine Quersubventionierung zwischen Kan-tonen zu unterbinden, wurde vom Ständerat mit der Annahme der Mo. Fetz 08.4046 – Angleichung der kantonalen Reservequoten von Krankenversicherern bis 2012 –  in der Früh-jahrssession 2009 bereits aufgegriffen. Die Kommission nimmt das Anliegen ernst, ist aber der Ansicht, dass die teilweise berechtigten Forderungen des Kantons Genf nicht durch das Instrument einer Standesinitiative umzusetzen sind und beantragt mit 9 zu  3 Stimmen (ohne Enthaltungen), der Initiative nicht Folge zu geben.


Ausserdem hat die Kommission den Bericht des Bundesrates zu den Motionen und Pos-tulaten der gesetzgebenden Räte 2008 (09.017 ns) zur Kenntnis genommen.

  

Die Kommission tagte am 6. und 7. April 2009 in Bern unter dem Vorsitz von Urs
Schwaller (CVP, FR) im teilweisen Beisein von Herrn Bundesrat Pascal Couchepin und von Bundesrätin Doris Leuthard. Als Vertretung des Kantons Genf nahmen Frau Brigitte Schneider-Bidaux, Grosssrätin, und Herr Alain Charbonnier, Grossrat, an der Sitzung teil.

 

Bern, 7. April 2009, Parlamentsdienste