​Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK) spricht sich für ein Verhüllungsverbot in der Öffentlichkeit aus. Sie gibt einer parlamentarischen Initiative Folge, welche eine entsprechende Bestimmung in die Bundesverfassung einführen will.

​Die SPK hat einer parlamentarischen Initiative von Nationalrat Walter Wobmann (V/SO) (14.467 n Pa.Iv. Verbot der Verhüllung des eigenen Gesichts) mit 11 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen zugestimmt. Sie erachtet ein gesamtschweizerisches Verhüllungsverbot, das sich sowohl gegen gewaltbereite Demonstranten als auch gegen religiös-fundamentalistische Verhüllungsgebote richtet, als Beitrag zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit in der Schweiz. In den Augen der SPK ist es ein elementarer Bestandteil der europäischen Kultur, sich in der Gesellschaft mit unverhülltem Gesicht zu begegnen.

Die SPK stellt fest, dass die parlamentarische Initiative dieselbe Zielsetzung verfolgt wie die Verfassungsänderung des Kantons Tessin zur Einführung eines Burqa-Verbots, welche die Eidgenössischen Räte in der Frühjahrssession 2015 als mit der Bundesverfassung vereinbar beurteilt haben. Sie verweist zudem auf das in Frankreich eingeführte Verbot der Ganzkörperverhüllung, das vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mit der Menschenrechtskonvention als vereinbar beurteilt wurde.

Die Minderheit der Kommission lehnt die Einführung eines Verhüllungsverbotes ab, weil sie ein solches als zu starken Eingriff in die persönliche Freiheit erachtet. Die religiös motivierte Gesichtsverhüllung stelle in der Schweiz ein äusserst seltenes Phänomen dar, weshalb ein solches Verbot unverhältnismässig sei. Der Erlass eines Verhüllungsverbots an Kundgebungen und Sportanlässen schliesslich sei nicht Sache des Bundes, sondern liege im Ermessen der Kantone.

Verschiedene Diskussionen über das Parlamentsrecht

Die Kommission hält mit 15 zu 8 Stimmen am Beschluss des Nationalrates fest, dass das Parlament bei der Beratung der Legislaturplanung Änderungen und Ergänzungen dieser Planung beschliessen kann (12.427 / 12.432 n Pa.Iv. Fraktion V. Legislaturplanungsbericht / Pa.Iv. Fraktion CE. Regierungs- statt Legislaturplanungsprogramm). Der Ständerat hatte demgegenüber beschlossen, dass das Parlament von dieser Planung seiner eigenen Gesetzgebungstätigkeit nur Kenntnis nehmen und dazu keine Beschlüsse fassen kann. Lange Diskussionen ohne Möglichkeit einer Beschlussfassung beurteilt die nationalrätliche Kommission als ineffizient; zudem wird damit der Anforderung der Bundesverfassung nicht genügend Rechnung getragen, wonach die Bundesversammlung bei den wichtigen Planungen der Staatstätigkeit mitzuwirken hat.

Wie die Diskussionen über die Bestimmung des Prioritätsrates für die Beratung der „Altersvorsorge 2020“ gezeigt haben, kann dieser Verfahrensentscheid von erheblicher politischer Bedeutung sein. Heute entscheiden darüber allein die beiden Ratspräsidenten. In Zukunft soll in umstrittenen Fällen die aus den beiden Ratsbüros bestehende Koordinationskonferenz entscheiden. Die Kommission hat mit 12 zu 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen einer entsprechenden parlamentarischen Initiative der SVP-Fraktion Folge gegeben (14.461 Pa.Iv. Fraktion V. Bei wichtigen vom Bundesrat eingebrachten Beratungsgegenständen soll die Koordinationskonferenz den Erstrat bestimmen).

Bereits an ihrer vorangehenden Sitzung hat die SPK auch einer parlamentarischen Initiative mit 11 zu 10 Stimmen Folge gegeben, welche eine Ergänzung der Vorschriften für die Offenlegung der Interessenbindungen verlangt (14.472 Pa.Iv. Streiff. Mehr Transparenz bei der Offenlegung der Interessenbindungen von Ratsmitgliedern). Die Ratsmitglieder sollen in Zukunft nicht nur ihren Beruf, sondern auch den jeweiligen Arbeitgeber und die Funktion des Arbeitnehmenden angeben müssen. Damit sollen nichtssagende Angaben wie „Berater“ vermieden werden.

Mit 16 zu 8 Stimmen abgelehnt hat die Kommission eine Initiative, welche den Bundesrat verpflichten will, in seinen Botschaften die Auswirkungen einer Verfassungs- oder Gesetzesänderung auf die Familien in einem gesonderten Kapitel darzulegen (15.416 Pa.Iv. Feri Yvonne. Familienverträglichkeitsprüfung). Der damit verbundene bescheidene Nutzen rechtfertigt nach Auffassung der Kommission den zusätzlichen Aufwand nicht.

Die Kommission hatte an einer früheren Sitzung die Ausarbeitung einer Änderung des Geschäftsreglements des Nationalrates beschlossen, wonach neben den Fraktionspräsidien neu auch die Kommissionspräsidien im Büro des Nationalrates hätten Einsitz nehmen sollen (15.400 Pa.Iv. SPK-NR. Kommissionspräsidien. Vertretung im Büro). Nachdem eine Umfrage bei den amtierenden Kommissionspräsidentinnen und -präsidenten keine Mehrheit für die Verwirklichung dieses Anliegens ergeben hat, verzichtet die Kommission darauf, dieses weiter zu verfolgen.

Die Kommission tagte am 23./24. April 2015 unter dem Vorsitz ihrer Präsidentin, Nationalrätin Cesla Amarelle (S, VD), und ihres Vizepräsidenten, Nationalrat Heinz Brand (V/GR) in Bern.

Bern, 24. April 2015 Parlamentsdienste