Volksinitiative „Für Ernährungssicherheit“
Die vom Schweizerischen Bauernverband lancierte Volksinitiative „Für Ernährungssicherheit“ findet in der WAK-N keine Zustimmung: Die Mehrheit der Kommission empfiehlt sie zur Ablehnung.

1. 15.050 Volksinitiative „Für Ernährungssicherheit“

Die WAK-N hat die noch in der letzten Legislatur aufgenommene Beratung der Volksinitiative, die eine Stärkung der Lebensmittelversorgung aus vielfältiger und nachhaltiger einheimischer Produktion zum Ziel hat, zu Ende geführt (vgl. Medienmitteilung vom 11.11.2015) Sie schliesst sich mehrheitlich der Position des Bundesrates an und beantragt mit 12 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen, die Volksinitiative zur Ablehnung zu empfehlen. Für die Kommissionsmehrheit ist nicht ersichtlich, welchen Nutzen der von der Initiative vorgeschlagene neue Verfassungsartikel 104a bringen würde: Ernährungssicher-heit, nachhaltige Produktion und Kulturlandschutz sind bereits heute in Artikel 104 der Bundesverfassung verankert und auf gesetzlicher Ebene auch umgesetzt. In den letzten Jahren sind mit der Revision des Landwirtschaftsgesetzes und des Raumplanungsgesetzes auch wichtige Entscheide zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik und einer Verbesserung des Kulturlandschutzes getroffen worden. Die Initiative ist aus Sicht der Mehrheit deshalb überflüssig und trägt auch nichts zur Rechtssicherheit bei. Sie würde wohl im Gegenteil eine langwierige neue Debatte um die Ausrichtung der Landwirtschafts¬politik nach sich ziehen. Die Kommissionsminderheit weist darauf hin, dass der Netto-Selbstversorgungsgrad der Schweiz über Jahre hinweg gesunken ist, die Landwirtschaft in den kommenden Jahren im Kontext der internationalen Entwicklungen vor enormen Herausforderungen steht und die Perspektiven alles andere als rosig seien. Es sei vor diesem Hintergrund deshalb nur unterstützen, dass die Initiative die geltenden Verfassungsbestimmungen stärken und ihnen mehr Gewicht verleihen will.

 

2. 15.049 Unternehmenssteuerreformgesetz III

Nachdem der Ständerat in der Wintersession die Vorlage als Erstrat behandelte, befasste sich nun die WAK-N zum ersten Mal damit. Als Einstieg in die Beratung führte die Kommission eine Anhörung durch. An dieser haben Vertreter der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK), des Städteverbands, des Gemeindeverbands, von Economiesuisse, des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds und auch des Schweizerischen Gewerbeverbands teilgenommen. Zusätzlich hat die Kommission die Professoren Xavier Oberson (Universität Genf) und Robert Danon (Universität Lausanne) eingeladen, um mit ihnen über die Tonnage Tax zu diskutieren.

Sowohl in den Anhörungen als auch in der anschliessenden Eintretensdebatte war die Notwendigkeit der Reform unbestritten. Die Reform sei einerseits nötig, um die internationale Akzeptanz und die Rechtssicherheit wieder herzustellen, andererseits aber auch eine Chance die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz zu stärken. Ein Teil der Kommission sieht allerdings die bisherigen Analysen zu den finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Reform als zu ungenau an. Die Kommission ist mit 16 zu 0 bei 5 Enthaltungen auf die Vorlage eingetreten.

Es stellte sich in der Beratung heraus, dass nicht nur die finanziellen Folgen für den Bund, die Kantone und die Gemeinden, sondern auch weitere Fragen wie die zinsbereinigte Gewinnsteuer, die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital, das Teilbesteuerungsverfahren und die Tonnage Tax noch zu Diskussionen in der Kommission führen dürften.

Die WAK-N beginnt mit der Detailberatung an ihrer nächsten Sitzung vom 22./ 23. Februar. Die Beratung im Nationalrat ist für die Frühjahrssession oder die Sondersession geplant.

 

3. 15.414 Pa.Iv. Aebischer. Die Nationalbank ist auch für einen hohen Beschäftigungsgrad verantwortlich

15.415 Pa.Iv. Schwaab. Schweizerische Nationalbank. Die Wahrung der Gesamtinteressen der Schweiz muss die Kaufkraftparität einschliessen

Die Kommission hat über zwei parlamentarische Initiativen diskutiert, die beide der Nationalbank eine neue Aufgabe zuweisen wollen: Die eine (15.414) verlangt, dass diese neben der Preisstabilität auch einen maximalen Beschäftigungsgrad, die andere (15.415), dass sie auch die Kaufkraftparität gewährleisten soll. Mit je 18 zu 6 Stimmen hat die Kommission entschieden, den beiden Initiativen keine Folge zu geben.

Die Kommissionsmehrheit ist der Ansicht, beide Ziele seien im verfassungsmässigen Hauptauftrag der Nationalbank, nämlich dem Handeln im Gesamtinteresse des Landes, enthalten. Das Konjunkturziel im Nationalbankgesetz impliziere eine Verantwortung für die Beschäftigungslage und hänge auch mit der Kaufkraftparität und mit dem Wechselkurs zusammen. Die explizite Aufnahme weiterer Ziele würde den Spielraum der Nationalbank zu sehr einschränken und könnte zu Zielkonflikten führen.
Die Minderheit ist der Ansicht, die SNB habe so grossen wirtschaftlichen Einfluss, dass der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen deutlicher vorgeben müsse. Sie findet, es brauche ein explizites Beschäftigungsziel. Ausserdem brauche die Wirtschaft eine längerfristige Wechselkursstabilität und der Franken sei derzeit massiv überbewertet, deshalb solle auch die Kaufkraftparität explizit als Ziel festgehalten werden.

 

4. 15.410 Pa.Iv. de Buman. Mehrwertsteuer. Dauerhafte Verankerung des Sondersatzes für Beherbergungsleistungen

Mit 14 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung hat die Kommission der Initiative Folge gegeben und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie grundsätzlich beim Sondersatz der Mehrwertsteuer auf Beherbergungsleistungen Handlungsbedarf sieht. Die Situation in der Tourismusbranche sei wegen dem starken Franken sehr angespannt, weshalb der Sondersatz seine Berechtigung noch habe. Ein Teil der Befürworter kann sich jedoch nur eine Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Sondersatzes vorstellen. Die Kritiker und Kritikerinnen der Initiative sehen keinen langfristigen Nutzen einer erneuten Weiterführung des Sondersatzes für die Branche und weisen auf die Steuerausfälle für den Bund von mindestens 170 Mio. Franken pro Jahr hin.)

Die parlamentarische Initiative bedarf noch der Zustimmung der Schwesterkommission, bevor die WAK-N einen Gesetzesentwurf ausarbeiten kann.

 

5. 14.452 Pa.Iv. Maire Jacques-André. AVIG: Kriterien für Bildungsmassnahmen im Falle eines Wiedereinstiegs ins Berufsleben nach Erziehungszeiten.

Die Kommission hat sich mit 12 zu 11 Stimmen erneut für diese Initiative ausgesprochen, nachdem sie ihr bereits mit 14 zu 11 Stimmen Folge gegeben und darauf die zuständige Kommission des Zweitrates, die SGK-S, diesem Beschluss mit 7 zu 3 Stimmen nicht zugestimmt hatte. Die Initiative verlangt, dass Personen, die nach über vier Jahren Kindererziehungszeit wieder in das Erwerbsleben einsteigen möchten, ebenfalls an Kursen teilnehmen können, die von der Arbeitslosenversicherung finanziert werden. Die WAK-N ist der Meinung, dass mit dieser minimalen Erweiterung eines bewährten Instrumentes ein wirksamer Beitrag zur Behebung des Fachkräftemangels geleistet werden kann. Die parlamentarische Initiative kommt nun in den Nationalrat.

 

6. 15.3631 Mo. Ständerat (Hess Hans). Das Cassis-de-Dijon-Prinzip besser zur Wirkung bringen

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 12 zu 12 Stimmen und Stichentscheid der Präsidentin, die Motion Hess anzunehmen. Gemäss dieser Motion soll der Bundesrat veranlassen, dass Hersteller von Produkten ihren Vertriebspartnern in der Schweiz in den Vertriebsverträgen ausdrücklich erlauben, für ihre Produkte auch dann Installations-, Wartungs- oder Garantiearbeiten usw. zu leisten, wenn diese direkt im EWR eingekauft worden sind. Die Kommissionsmehrheit ist der Meinung, dass auf diese Weise der Hochpreisinsel Schweiz entgegengewirkt werden kann. Die Minderheit ist demgegenüber der Auffassung, dass damit die Vertragsfreiheit verletzt würde und solche Fälle durch das geltende Kartellrecht bereits ausreichend geregelt sind.

 

7. weitere Beschlüsse

Die Kommission beantragt ihrem Rat Zustimmung zu den Erlassentwürfen zu den Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein (15.070), mit Oman (15.066), mit Norwegen (15.071) mit Albanien (15.074) sowie zu den Erlassentwürfen zum Abkommen mit Belize und Grenada über den Informationsaustausch in Steuersachen (15.064).

Die Kommission beantragt mit 18 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung Zustimmung zur Motion Comte 15.3792 Erhöhung der Interventionsgrenze von Bürgschaftsorganisationen zugunsten der KMU.

Mit 13 zu 12 Stimmen beantragt sie die Ablehnung der Motion Kuprecht 15.3505, Standortpolitik in den strategischen Zielen des Bundesrates berücksichtigen.

Die Kommission hat einen Rückkommensantrag zur Volksinitiative „Ja zum Schutz der Privatsphäre“ (15.057) mit 17 zu 7 Stimmen angenommen, um über einen direkten Gegenentwurf zu beraten.

 

Die Kommission hat am 18. und 19. Januar 2016 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer (SP, BL) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Ueli Maurer in Bern getagt.

 

 

Bern, 19. Januar 2016 Parlamentsdienste